Kamelobooks:Limonade

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Limonade müsste eigentlich Lamanade heißen, denn erfunden wurde sie von einem Lama. Und das kam so:

Es war einmal ein Lama in Machu Picchu. Das fragte sich, warum deutsche Touristen fluchtartig reißaus nahmen, wenn es sich ihnen näherte. Da kam einmal ein weitgereistes Alpaka vorbei und erzählte seine Geschichte:

Es sagte stolz, wo es überall schon gewesen war. Zuerst in Sydney, denn es sei zuvor aus einem deutschen Zoo ausgebrochen und hatte danach das Ausbrechervolk schlechthin, nämlich die Aussies kennenlernen wollen, dann in Singapur, in Dubai, in Moskau, in Timbuktu und in New York. Überall hatte es frohe und glückliche Zweibeiner zu Gesicht bekommen, ganz im Gegensatz zum elenden Dasein in einem deutschen Zoo.

Denn das Alpaka war in letzterem neben dem Stinktier dasjenige Lebewesen, das von seinen Besuchern nie freudig, sondern immer mit einer vom Ekel verzerrten Mine betrachtet wurde. Und seine Betrachter wechselten so schnell wie möglich zu einer anderen Zoo-Attraktion. Als solche hatte das Alpaka anscheinend vollkommen versagt.

Nur einmal in seinem elendigen Zoodasein kam ein Geschichtslehrer mit einer ganzen Schulklasse, und dozierte über die historische Bedeutung der Tiere. Beim Alpakakäfig angekommen sagte er ihnen: "Schaut euch dieses Lama an. Der Inka, der Herrscher der Inkas von Peru, Bolivien und Ecuador, ist stets auf einem solchen Huftier seine gefahrvollen Wege über die Anden geritten, denn es schützte ihn, weil es auf jeden Fremden reflexartig gewehrschußartig spuckte. Da kam dem Camélido in seinem Käfig die Erleuchtung: Es, das Alpaka, wurde von den Deutschen gehasst, weil es angeblich auf sie spucke. Des Lehrers Rede ließ seine bildungshungrigen Schützlinge mit Blick gerichtet auf das Alpaka ehrführchtig vor dem Käfig stehen bleiben, statt sie vor dem spuckenden Ungeheuer reißaus nehmen zu lassen, und manche Schüler erkannten in diesem andächtig ruhigen Moment eine weitere Eigenschaft des drolligen höckerlosen Kamelchens aus den Anden: Es hatte einen bösonders kuscheligen Pelz, so dass die auf der Stelle den Streichelzooreflex ihrer Kleinkindertage in den Fingern spürten. Der Lehrer kannte den Tierpfleger des Zoos, der gerade vorbei kam und darum den darum bettelnden Kindern die Käfigtür bereitwillig öffnete, denn so liebevollen Besuch hatte es ja noch nie gehabt, sein Schützling, das Alpaka. Geschickt wand sich das Tier um die hereintretenden Kinder herum, so dass es an der offenen Tür stand, ließ sich nur kurz streicheln, trat mit stolzerfüllter Brust vor die Tür und spuckte sich reflexartig den Weg durch die Masse der streichelzooreflexlosen Kinder frei und nahm Reißaus. Er hörte den Lehrer noch zu den bespuckten Kindern sagen: "Seht ihr, so ein Lama kann eben zwischen Freund und Feind unterscheiden. Reflexartig drehte sich das Lama nochmal kurz um und erlegte den Lehrer mit einem scharfschützenkönigswürdigen Spuckgenickschuss, und der Spuk mit dem PISA-Test-Versager, der Alpakas nicht von Lamas zu unterscheiden vermochte, war vorbei. Es lief davon, und selbst der Hafenkai konnte es nicht stoppen, denn von dort sprang es auf das gerade ablegende Frachtschiff "Arche Noah", welches gerade im Begriff war, eine Ladung deutsches Rotwild an australische Gewerkschaften zu liefern, damit deren wilde Streiks endlich erfolgreicher werden würden. Der Käptn tarnte das Alpaka mit dem Geweih, das zuvor seine Kajütenwand geschmückt hatte, um es als Rothirsch durch den australischen Zoll durchzukriegen.

Soweit die Geschichte des Alpakas aus Deutschland, welches dadurch dem Lama von Machu Picchu die Schuppen von den Augen fallen ließ bezüglich des Grundes für das auffällig merkwürdige Verhalten von deutschen Touristen. Das Lama entschloss sich daraufhin zur Reparatur des stark beschädigten Rufes seiner Gattung in dem vom ersten Wurstkrieg nur gering beschädigten Fleckchen Erde namens Deutschland im fernen Europa, dem irgendwie irren Kontinent, wo angeblich Frauen auf wilden Stieren ritten statt auf friedlichen Lamas.

Just nach Beginn des zweiten Weltkrieges kamen aus Deutschland Schiffe voller Flüchtlinge nach Südamerika, die kamen, um im Zielkontinent Asyl zu finden. Auf der Rückfahrt war viel Platz an Bord der Schiffe, so dass ein gnädiger Kapitän in Lima das darum bettelnde Lama mit auf die Fahrt nach Europa nahm, auf der es Deutsch lernen konnte. Es wurde in Hamburg angelandet, wo des sofort in die deutsche Integrationsmühle geriet. Es bekam ein Jobangebot von einem dubiosen Hamburger Arbeitgeber namens Hagenbeck. Noch bevor der es in einen Zoo-Käfig einsperren konnte, entsprang ihm das von dem weltläufigen Alpaka ja eindringlich vor deutschen Zoos gewarnte Lama. Es irrte durch den Hafen, bis es ein ihm bekanntes Logo erblickte, das von Coca Cola. Es sprang in dem Gebäude des Getränkeherstellers ein paar Treppen hoch, und landete in der Chefetage, klopfte an eine Tür, und es wurde erwartet, d.h. die dort zu einer überlebenswichtigen Besprechung versammelten Manager hielten es vor lauter Aufregung über das zu verhandelnde Malheur für einen der ihren. Die Firma war in Not, denn durch den Krieg war ihr vom amerikanischen Mutterkonzern die Lizenz für die Cola entzogen worden. "Wir brauchen was Neues, da wir das Cola-Konzentrat aus USA nicht mehr kriegen. Etwas ganz neues. Einen besonderen Saft!" Da sagte das Lama zum Erstaunen der Anwesenden: "Ihr könnt mich ja melken!" Die so Verblüfften hatten eh keine andere Wahl, und gesagt, getan, Madame war lange nicht mehr gemolken worden, und da kam viel raus. Alle verfügbaren Getränkegläser vom Konferenztisch wurden benötigt, und neben der cremigen Camélido-Milch kam da noch milchig-halbdurchsichtige (heute würden wir sagen "naturtrübe") Molke zum Vorschein. Auf Machu Picchu war das Lama nämlich bereits als Amme tätig gewesen und wusste genau, was es in sich trug: Den Trunk, der den niedlichen Nachwuchs friedlich macht. Einer der Anwesenden kannte sich mit frischer Milch aus, und probierte erst die klarsichtige Molke und dann die fette Milch. Er sagte: Prächtige Idee! Die Milch schmeckt ausgezeichnet, die Molke aber ist das, was uns die Molkereien noch billig liefern könnten. Ein bißchen Zucker und Fruchtextrakt reingemixt, und schon haben wir ein neuartiges Erfrischungsgetränk mit hinreichend eigenartigem Geschmack, so wie Cola." Ein weiterer Sitzungsteilnehmer sagte "Fanta..." und ein anderer ergänzte "...stisch". Ob aus der ersten dieser beiden abschließenden Bemerkungen zu dem Tagesordnungspunkt der Produktname entstand, ist nicht belegt. Da inklusive Lama vier Teilnehmer an dieser Besprechung teilnahmen, nannte sich später den vieren zu Ehren eine Popgruppe "Fanta 4". In der nächsten Gesprächsrunde gab sich das Lama als Lama aus Lima zu erkennen. Sofort kriegte es den Spitznamen Limo verpasst. In der übernächsten Sitzung mussten sie für die amtliche Anmeldung des Produktes als Lebensmittel es einer Produktkategorie zuordnen. Das Lama Limo aus Lima setzte sich durch mit dem Vorschlag "Limonade". So also kam die Limonade in die Welt.

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