Projekt:Witze erklären

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Ein Witz ist der Versuch eines Erzählers, durch gesprochene oder geschriebene, besonders strukturierte fiktive Erzählung den Zuhörer oder Leser durch einen für ihn unerwarteten Ausgang (Pointe) zum Lachen anzuregen. Angelehnt an die klassische Rhetorik kann der Witz in folgende Bestandteile gegliedert werden:

  • Mit dem Exordium verschafft sich der Erzähler Aufmerksamkeit und kennzeichnet den Text als Witz;
  • die Expositio stellt Situation und Witzfiguren vor und bestimmt den Rahmen der weiteren Handlung;
  • die Complicatio lässt die Witzfiguren handeln und bietet eine Möglichkeit der Interpretation von Handlung oder Rede der Witzfiguren. Sie bietet dabei scheinbar eine einzige Deutungsmöglichkeit an, unmerklich wird jedoch eine weitere Deutungsmöglichkeit geschaffen;
  • die Pointe überrascht den Hörer durch eine weitere Deutungsmöglichkeit und deckt den in der Complicatio verborgenen Doppelsinn auf. Sie vermittelt die Einsicht, dass das Urteil über den Sachverhalt nicht zwingend einer einzigen Auffassung unterworfen ist.[1]

Im Folgenden sollen zur Förderung des Humors in der Kamelopedia ausgewählte Witze analysiert und dekonstruiert werden.

Beispiele[bearbeiten]

Mann im Blumenladen


Ein Mann hat am Abend sein erstes Date mit seiner neuen Eroberung.
Als Willkommensgeschenk möchte er Blumen kaufen.
Er betritt das Blumengeschäft...
Die Verkäuferin sagt: „Nehmen Sie doch die Rosen, die sind zum Liebkosen!“
Mhhh, ich weiß nicht?!, denkt sich der Mann
Da fährt die Verkäuferin schon fort: „... oder nehmen Sie doch die Pampelmusen, die sind zum Schmusen.“
Da unterbricht sie der Mann: „Ich glaube, ich nehme dann die Wicken da hinten.“

Erklärung

Exordium: Die Aufmerksamkeit des Zuhörers soll durch die etwas heikle Situation eines ersten „Dates“ (= Rendezvous) geweckt werden. Zwei Indizien lassen in diesem Zusammenhang bereits im ersten Satz darauf schließen, dass es sich bei der vorgetragenen Handlung nicht um einen Tatsachenbericht, sondern um eine humoristische Erzählung handelt: zum einen die Anonymität des Protagonisten („Ein Mann […]“), zum anderen die antiquiert anmutende Formulierung „Eroberung“ (welche etwas unglücklich den Anglizismus „Date“ konterkariert).
Expositio: Ausgangssituation der humoristischen Handlung ist der Wunsch des Protagonisten, Blumen als Geschenk für seine abendliche Verabredung („Date“) zu erwerben. Zu diesem Zweck besucht er ein örtliches Blumengeschäfft. Über die genauen Umstände (Tageszeit, Lage und Größe des Geschäffts) erfährt der Leser bzw. Zuhörer nichts. Da aber davon auszugehen ist, dass die erworbenen Blumen bis zum Rendezvous nicht vertroknen sollen, können wir etwa 16:00 bis 17:00 Uhr als Zeitraum der Handlung veranschlagen.
Complicatio: Die handelnde Personen sind ein nicht näher beschriebener Mann (Protagonist) und eine Floristin. Diese führen ein kurzes Verkaufsgespräch, bei der die Verkäuferin – offenbar gut gelaunt – in Versform spricht. Dabei assoziert sie die angepriesenen Blumen mit verschiedenen Gesten von Zuneigung („Liebkosen“, „Schmusen“).
Pointe: Da die Floristin ihre Ware in Reimform darbietet, evoziert der Wunsch des Protagonisten nach „Wicken“, einer Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), das dazugehörige Reimpaar „Ficken“ ohne dies zu benennen. Dies ist lustig und ruft beim Leser Lachen hervor.
Von besonderer Bedeutung für den Humorgehalt ist, wie folgendes Gegenbeispiel belegt, das Unausgesprochenbleiben des vulgärsprachlichen „Fickens“ (= Geschlechtsverkehr):
Ein Mann hat am Abend sein erstes Date mit seiner neuen Eroberung.
Als Willkommensgeschenk möchte er Blumen kaufen.
Er betritt das Blumengeschäft...
Die Verkäuferin sagt: „Nehmen Sie doch die Rosen, die sind zum Liebkosen!“
Mhhh, ich weiß nicht?!, denkt sich der Mann
Da fährt die Verkäuferin schon fort: „... oder nehmen Sie doch die Pampelmusen, die sind zum Schmusen.“
Da unterbricht sie der Mann: „Ich glaube, ich nehme dann die Wicken da hinten, die sind zum Ficken.“

Ebenso unabdingbar sind die von der Blumenverkäuferin vor der eigentlichen Pointe vorgetragenen Verse, da ohne diese keine Reimpaarblidung beim Hörer resp. Leser evoziert wird:

Ein Mann hat am Abend sein erstes Date mit seiner neuen Eroberung.
Als Willkommensgeschenk möchte er Blumen kaufen.
Er betritt das Blumengeschäft...
Die Verkäuferin sagt: „Nehmen Sie doch die Rosen, die kosten nur € 2,50 das Stück!“
Mhhh, ich weiß nicht?!, denkt sich der Mann
Da fährt die Verkäuferin schon fort: „... oder nehmen Sie doch die Pampelmusen, die sind sogar noch günstiger.“
Da unterbricht sie der Mann: „Ich glaube, ich nehme dann die Wicken da hinten.“

Ein weiterer Bestandteil der Pointe ist die eigentlich unverfängliche Situation im performativen Raum eines Floristikfachgeschäftes. Wird die Handlung beispielsweise in den Kontext des Rotlichmileus gerückt, verschwindet der inhärente und überraschende Bruch zwischen Blumenladen und sexueller Konnotation:

Ein Mann betritt ein Bordell...
Der Zuhälter sagt: „Nehmen Sie doch die Jacqueline, die kann besonders gut Blasen!“
Mhhh, ich weiß nicht?!, denkt sich der Mann
Da fährt der Zuhälter schon fort: „... oder nehmen Sie doch die Chantal, die macht es gerne von hinten.“
Da unterbricht ihn der Mann: „Ich glaube, ich nehme dann die Rothaarige.“
Sujet: Der vorliegende Witz gehört sowohl zu den Sprachwitzen, da er im Wesentlichen auf dem ähnlichen Klang zweier oder mehr Wörter basiert, als auch zu den Sex-Witzen.
Zielgruppe: Die Zielgruppe des vorliegenden Witzes dürfte sich beim Stammtisch um die Ecke befinden. Da er jedoch ein Mindestmaß an Sprachgefühl voraussetzt, sollte er – wenn überhaupt – noch vor dem dritten Herrengedeck zum Besten gegeben werden.
Verbesserungsvorschläge:
Ein Mann betritt ein Blumengeschäft und sagt: „Ich will ficken!“

In dieser Version ist der Witz um über 85% kürzer.

Für die Entwicklung eines Spannungsbogens kann man ihn aber durchaus verlängern, so dass die knallharte Verkaufsverhandlung sich wundersam zum romantischen Abenteuer wendet:

Ein Mann hat am Abend sein erstes Date mit seiner neuen Eroberung.
Als Willkommensgeschenk möchte er ihr Blumen kaufen.
Er betritt das Blumengeschäft...
Die Blumenfachverkäuferin rät: „Nehmen Sie doch die Rosen, die sind zum Liebkosen!“
Der Mann nimmt eine, sticht sich an einem Dorn, sieht dass sein Blut röter ist als die Rose,
und meint koppfschüttelnd "Mmm, weiß nicht, ..."
Da fällt ihm die Floristin ins Wort: „... dann nehmen Sie doch die Pampelmusen, die sind zum Schmusen, ...“.
Der Mann nimmt eine, umarmt sie kräftig, bis der saure Grapefruitsaft sich in seine Brust ätzt,
doch bevor er etwas sagen kann, hält die Verkäuferin ihm die Augen zu, nimmt ein paar duftige Blumen
und hält sie ihm unter die Nase mit den Worten "... und das sind die Melissen, unsere Geheimwaffe zum Küssen!".
Noch bevor sie ihren Kussmund gespitzt hat fährt der Mann vergrätzt aus seiner verätzten Haut und schreit
"Jetzt machen Sie keine Zicken, Ich will sie doch nur ficken!"
Da antwortet Sie: "Da hilft nur ein Strauß Wicken". Meint er "Werd ich ihr schicken",
tut ihr tief in die Augen blicken und ergänzt: "Jetzt musst du nur noch nicken..."

Der Vortrag dieser Entführung des Mannes in die wunderbare Reimwelt der Blumenfrau Amelie kann passend zu den Reimen gegen Ende in einen passenden Rap-Rhythmus überführt werden, und als Rap natürlich noch endlos weitergereimt, bis er seiner Amelie am Ende eine Kamelie aus seinem Blumenkasten pflückt und ihm die große Liebe glückt ... Rap-Ad-Hoc-Reime haben auch ihren Witz zum Schmunzeln, noch tiefer ist aber die Wirkung des Rhythmus bei dem man mit muss, und folglich der Zuhörer des Witzes zu Liebesabenteuern angesteckt wird, so dass sich fürderhin Bernd Raffelhüschen keine Sorge mehr um den Fortbestand der Bevölkerung Kameloniens machen muss. Auch die Floristinnen-Gewerkschaft bevorzugt diese Witz-Variante, weil sie politisch korrekt die Blumen-Kompetenz klar aufseiten der Blumenfachverkäuferin belässt und den Witzerzähler entsprechend vom Vorwurf des Sexismus entlastet.

Quellen[bearbeiten]

[1] Seite „Witz“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Oktober 2015, 12:49 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Witz&oldid=147463057 (Abgerufen: 25. November 2015, 18:53 UTC)