Abb. 1
Der ruandesische Mhima Kissilerobo als Vorzeigetypus eines Hamiten;
die Profilaufnahme soll den Eindruck eines altägyptischen
Pharaonenherrschers erwecken; sein Bild zieht sich wie ein roter Faden
durch das Schrifttum über die Hamiten; siehe auch die Abb. 3, 27, 30,
31.
Max Weiss, Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas…,
1910: Frontispiz.
Zum Geleit…
Seit der älteren Steinzeit
sind die wichtigsten geschichtsbildenden
ethnischen Elemente Afrikas
wesentlich nichtnegerischer Herkunft.
Hermann Baumann 1954 [21961] über die Vorgeschichte Afrikas [Oldenbourgs Abriss
der Weltgeschichte]
Worauf es ankommt, ist,
die Geschichte zu erkunden;
was vermieden werden muss,
ist sie zu verdrängen oder zu verleugnen.
Edward W. Said 1994 über Kultur und Imperialismus
1
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2
2. Methode und Zielsetzung
8
I) Ideengeschichtliche Wurzeln und soziohistorische Bedingungen des Hamiten-Mythos
1. Der Fluch Noahs in der Bibel, dem Talmud, dem Koran und das Erbe der Antike
13
2. Vom verfluchten Hamitengeschlecht zu den versklavten negroiden Hamiten
33
3. Hamiten als Begründer außerbiblischer Hochkulturen
51
4. Von den dynastischen Hamiten zur noachidischen Rassenteilung
55
5. Vom edlen Mohren-Hamiten zum geschichtslosen Afrika
64
6. Von der Hamitenzivilisation zum Ursprung zivilisatorischer Dekadenz
77
7. Kaukasische Hamiten im Licht des Darwinismus
85
II) Die wissenschaftliche Etablierung der Hamitentheorie
1. Die Rolle der historischen Sprachwissenschaft
94
2. Die Rolle der physischen Anthropologie
122
3. Das ethnografische Genre als Quelle für Hamitentheorien
160
4. Die Hamiten im Licht der ethnologischen Kulturhistorie
179
a) Karl Weule
184
b) Wilhelm Schmidt
189
c) Dominik Josef Wölfel
195
d) Leo Valerian Frobenius
204
e) Hermann Baumann
211
5. Die Hamitic in Großbritannien
226
a) Augustus Henry Keane
227
b) Grafton Elliot Smith
228
c) Charles Gabriel Seligman
232
d) Harry Hamilton Johnston
240
III) Die Hamiten-Mythen
1. Das ägyptische Punt
248
2. Das biblische Ophir
256
3. Die „Weiße Dame”
263
4. Die Hamiten als „atlantisches Erbe”
267
Schlussbemerkung
273
Bibliografie
275
Namenindex
317
2
1. Einführung
3
Abb. 2
Ham hisst seine Flagge in Afrika.
Die biblischen Grundlagen der Rassen- und Völkerkunde aus der Reihe „Wissenschaft für Kinder: Bücher
lebendigen Wissens”.
Zeichnung von Erwin Tintner. In: Ernst Heinrich Schrenzel, Kleine Völkerkunde…, 1937: 47.
4
Als der steirische Afrikanist und Ägyptologe Leo Reinisch [1832-1919] in den 1870er
Jahren die sogenannten hamitischen Sprachen afrikanischen Ursprungs deutete, stellte seine
Behauptung zu jener Zeit eine Ausnahme dar. Mit dem imperialen Machtanspruch Europas
auf den afrikanischen Kontinent ging auch die ideologische Rechtfertigung einher, den
sogenannten zivilisatorischen Beitrag Europas in den Mittelpunkt zu stellen. Die Entstehung
kultureller Werte wie Sprache, Schrift, politische Organisationsformen etc. wurden dieser
voreingenommenen Auffassung gemäß außerhalb Afrikas gesucht. Teilweise zu Unrecht!
Wie wir heute wissen, steht der afrikanische Kontinent heute als die „Wiege der
Menschheit“ da.1 Der kulturgeschichtliche Beitrag des afrikanischen Kontinents zur
Menschheitsgeschichte wurde lange Zeit unterschätzt. So blieb auch das Werk und Erbe von
Leo Reinisch innerhalb der Fachwelt der Afrikanistik und darüber hinaus nur wenig
berücksichtigt und die Erforschung der „Hamiten“ nahm einen anderen Verlauf. Bald schon
wurde der linguistische Begriff „hamitisch“ über den kleinen Kreis der Afrikanistik
hinausgehend stereotypisch mit dem Schlagwort „Herrenrasse“ in Verbindung gebracht
[Abb. 3]. Der zunächst wissenschaftliche Begriff bekam dadurch zunehmend politischen
Charakter. Bereits 1930 stellte der Wiener Linguist und Völkerkundler Dominik Josef
Wölfel – der Begründer des Begriffes „Weißafrika“ – fest, dass sich wohl kaum zwei Worte
in der Literatur über Afrika so häufig finden, wie die Ausdrücke „Hamiten“ und „hamitisch“.
Wenige historisch-wissenschaftliche Konzepte haben in der afrikanischen Sprach- und
Geschichtswissenschaft einen derart hohen Stellenwert besessen, wie der Mythos über die
kulturtragenden Hamiten. Diesen Mythos zu entschleiern, und die Hintergründe des
Entstehens der Konzeption auszuloten, ist Ziel der vorliegenden Arbeit.
Seit und vor allem durch Leo Reinisch hat Wien in der Konzeption afrikanischer
Problemstellungen durch Jahrzehnte beachtliche Bedeutung besessen.2 Es liegt daher nahe,
auch von Österreich aus zur Behandlung und Aufarbeitung der Thematik beizutragen. Über
den kolonialpolitischen Aspekt hinaus kommt der Beschäftigung mit der einschlägigen
Materie ein großer Aktualitätsbezug zu. Wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten zu
afrikanischen Themen werden derzeit in Europa noch wenig angestellt und gefördert,
während Untersuchungen über rassenkundliche Fragen allgemein und die Aufarbeitung der
Problematik des NS-Schrifttums und verwandter internationaler Themenstellungen
besonders in den letzten Jahren weithin betrieben werden.
1
Chris Stringer, Ronin McKie, Afrika - Wiege der Menschheit. Die Entstehung, Entwicklung und
Ausbreitung des Homo sapiens…, 1996.
2
Hans Günther Mukarovsky (Hrsg.), Leo Reinisch – Werk und Erbe…, 1987.
5
Abb. 3
Hamiten als Herrenrassentypus
Textbeispiel aus Friedrich Keiter, Rasse und Kultur der Menschenrasse als Weg zur
Rassenseelenkunde…, 1938: 148.
6
Bei der „Hamitentheorie“ handelt es sich um einen eurozentristischen afrikanischen
Kulturmythos, der sich Ende des 19. Jahrhunderts zu einer wissenschaftlichen Theorie
manifestierte. Während der Zwischenkriegszeit erreichte die Hamiten-Forschung, die sich als
eigener Wissenschaftszweig innerhalb der Afrikanistik und Völkerkunde herausgebildet
hatte, ihren Höhepunkt und hielt sich als Disziplin noch weit bis über die Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg. Erst im Zuge der fortschreitenden Dekolonisation Afrikas mit der
Herausbildung der unabhängigen afrikanischen Nationalstaaten klang die These von einer
angenommenen bis nach Südafrika reichenden hamitischen Einwanderung aus Asien
weitgehend ab.
Als das wesentliche Anliegen der „Hamitologie“3 galt es, dem vermeintlich
geschichtslosen Afrika ein historisches Kleid zu verleihen. Damit war vor allem das
prähistorische, also im Wesentlichen vorkoloniale Afrika gemeint, das als schriftlos galt.
Bemerkenswert ist, dass zu ihrer Etablierung sämtliche Hilfswissenschaften zu Rate gezogen
worden sind, um das seit Hegel propagierte „dunkle“ Afrika weißrassisch „aufzuhellen“. Der
Kern der „Hamitenthese“ lautete, dass jegliche auf dem subsaharischen Raum vorgefunden
kulturellen Werte, von einer postulierten „weißen Rasse“ herrühren mussten. Zivilisationen
mit deren hervorgebrachten staatlichen Organisationsformen wären dieser Auffassung
gemäß nicht afrikanischen, sondern außerafrikanischen Ursprungs. Dem damaligen
Rassenverständnis gemäß wurde damit der negriden Rasse praktisch die Eigenverantwortung
für eine selbständige Entwicklung entzogen. Vor allem im Dekolonisationsprozess wurden
die Konsequenzen einer ehemals unter anthropologischen Kriterien betriebenen rassistischen
Kolonialpolitik spürbar.
Die wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung ist gegeben, wenn man bedenkt, dass Carl
Meinhof, Dietrich Westermann bzw. Charles Seligman zu den Begründern der deutschen
Afrikanistik bzw. der British Anthropology gehören. Viele ihrer Werke sind den Bestsellern
der ethnologischen Wissenschaftsliteratur zuzuzählen.
Seit den 1960er Jahren gibt es kleinere ideologiekritische Aufsätze, die die Hamitenfrage
untersuchen.4 Eine umfassende Aufarbeitung, die den gesamten regionalen Teil auf den die
Hamitentheorie angewandt wurde, steht in Erforschung und Deutung noch aus. In der
kritischen Beleuchtung hat sich bislang ein inhaltlicher Wandel des Hamitenbegriffs
bemerkbar gemacht. Verband man bis zur Zeit der Aufklärung mit den Hamiten
3
Im anglophonen Sprachraum setzte sich der Begriff “Hamitic” durch.
4
Beispiele dazu wären Saint-Clair Drake, Détruire le myth chamitique, devoir des hommes cultivés.
Présence Africaine 24-25, 1959: 215-231; Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis: its origin and
functions in time perspective. JAH 10, 4, 1969: 521-532.
7
ausschließlich die negride Bevölkerung, betonte man seit Beginn des 19. Jahrhunderts ein
vermeintlich weißes Element in den schwarz-afrikanischen Bevölkerungsgruppen vorfinden
zu wollen und assoziierte dieses fortan mit dem Hamitenkomplex. Sie wurden als weiß –
also von kaukasischer Herkunft – angesehen.
Neuere Beiträge aus Deutschland stellen die Genese der „Hamitenwissenschaft“ in
vielfach ahistorischer Sichtweise in die Nähe der antisemitisch determinierten NSWissenschaft. Der bedeutende sendungspolitische Aspekt des Kolonialismus und dessen
politische Instrumentalisierung auf die Gesellschaften Afrikas fanden bislang kaum
Beachtung in der wissenschaftsgeschichtlichen Literatur.5 Diese Tendenz ist umso
bemerkenswerter,
da
einige
jüngere
Ethnologen
Großbritanniens
als
eine
der
schwerwiegenden Ursachen des 1994 von der Hutu-Miliz an den Tutsi in Ruanda
begangenenen Völkermordes die Hamitentheorie anführen.6 Eine umfassende Untersuchung
muss deshalb von einer Gegenüberstellung der britischen und deutschen Hamiten-Konzepte
ausgehen.
Die Geschichtsbetrachtung Afrikas während der Kolonialzeit, das heißt die Geschichte
des Wirkens der Europäer in Afrika, stellte den sogenannten zivilisatorischen Beitrag
Europas in den Mittelpunkt. Eine zentrale Tendenz dieser kolonialen Geschichtsschreibung
war die Rückführung allen Fortschritts in Afrika auf den Beitrag von eingewanderten
Gesellschaften. Einwandernde hamitische viehzuchttreibende Nomadenvölker wurden als
die eigentlichen Kulturträger bezeichnet, welche die rückständigen „Neger-Ackerbaugesellschaften“ transformiert hätten. Ein Hauptaspekt der Untersuchung wird daher die
kolonialpolitische Instrumentalisierung der Hamitentheorie für die Vorherrschaft einer
„weißen“ Siedlergesellschaft in Afrika sein. Hierbei erfolgt die Sichtung einschlägiger
Berichte der britischen Kolonialgouverneure, in wie weit die Hamitentheorie als
Rechtfertigung des indirekten Herrschaftsapparates herangezogen wurde und auf eine
Spannung von Traditionalisierung und Fortschritt afrikanischer Gesellschaften und deren
Geschichte setzte.
5
Michael Spöttel, Hamiten. Völkerkunde und Antisemitismus…, 1996; ausgenommen hiervon wäre
Franz Rottmann, Hamiten, Neger, Négritude. Zur Geschichte einer afrikanischen Klassifikation.
Paideuma 42, 1996: 53-63.
6
Peter Rigby, African Images. Racism and the End of Anthropology…, 1996.
8
2. Methode und Zielsetzung
9
Zu einer umfassenden wissenschaftsgeschichtlichen Aufarbeitung ergibt sich folgende
Problemlage: Die Hamitentheorie hatte ihre Blütezeit, als die Vorherrschaft der Europäer in
Afrika nach ihrem erreichten Höhepunkt stagnierte, und die europäischen Kolonialreiche in
Afrika durch selbständige afrikanische Nationalstaaten abgelöst wurden. Für die
Urteilsbildung einer wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung ist zunächst festzuhalten, dass
die Hamitentheorie keinerlei historische Basis aufweisen kann, denn die hypothetische
Einwanderung baut nicht auf stichhaltigen archäologischen Artefakte auf – sie hat jedoch
mindestens ein Jahrhundert lang das Geschichtsdenken der Kolonialhistoriker, der
Ethnologen und Anthropologen wie der Linguisten beschäftigt und brachte ein ganz
spezifisches Afrikabild hervor, dass dem afrikanischen Menschen keinerlei Kultur- und
Geschichtsleistung zuschreiben wollte. Die Hamitentheorie ist in der Nachkriegszeit
aufgegeben worden. Der Begriff „Hamiten“ wurde aus der wissenschaftlichen Literatur zwar
getilgt, im populärwissenschaftlichen Schrifttum lebt er jedoch ungebrochen weiter – ein
Blick in das moderne Kommunikationsmittel Internet beweist diese Behauptung schlagend.
Manche Linguisten halten am Begriff noch fest, jedoch mehr terminologisch als theoretisch.
Die wissenschaftsgeschichtliche Rekonstruktion des Hamiten-Mythos erfolgt aus ihrem
jeweiligen zeitgeschichtlichen Zusammenhang, wobei von einem historisch-chronologischen
Entwicklungsprozess ausgegangen wird. In der Darstellung spannt sich der Bogen von den
ideengeschichtlichen Wurzeln des Hamiten-Mythos, vom antiken und biblischen Weltbild
ausgehend bis hin zur Etablierung als wissenschaftliche Theorie in der Mitte des 20.
Jahrhunderts. Um die einschlägigen Positionen aus den anthropologischen Fächern wie
physische Anthropologie, Prähistorie und Ethnologie sowie der Afrikanistik und der
Geschichtswissenschaft einholen zu können, wurden Quellen auch über den Fachbereich der
Ethnologie hinausgehend eingesehen. Diese sind nach ihren wissenschaftstheoretischen
Bezügen geortet, wie deren interdisziplinäre Beeinflussungen und Verzahnungen aufgezeigt
werden. Um den Bedeutungsgehalt des Hamitenschrifttums in einen umfassenderen
wissenschaftsgeschichtlichen Kontext zu stellen, werden in einem dritten Teil eurozentrische
Geschichtsmythen Afrika betreffend exemplifiziert.
Nach der Durchsicht der in Wien vorhandenen Literatur wurden zunächst die
Fachbibliotheken des Royal Anthropological Institute [RAI] am Museum of Mankind in
London benutzt. Nahezu vollständig konnte dabei das anthropologisch-ethnologische
Schrifttum zu Alfred Cort Haddon, Grafton Elliot Smith sowie Charles Gabriel Seligman
herangezogen werden, die als „Gründerpersönlichkeiten“ der British Anthropology gelten.
Überaus nützlich im Hinblick auf die Genese des britischen Heliozentrismus erwies sich das
neupublizierte Archivmaterial zu Seligman im Archiv der London School of Economics
10
[LSE]. An der School of Oriental and African Studies [SOAS], dem Sprachinstitut der
University of London, konnte der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Vertreter der
deutschen Afrikanistik bzw. der britischen African Studies während der Zwischenkriegszeit
miteinander in Verbindung standen.
Anhand der einschlägigen Publikationen in der Bibliothek der University of Cape Town
[UCT] konnte festgestellt werden, dass die Hamitenfrage in Südafrika weniger im Kontext
des altägyptischen Heliozentrismus stand, sondern viel mehr im praktischen Interesse der
ethnischen Klassifizierung Südafrikas. Dieses „Forschungsprogramm” während der
Apartheidszeit [1948-1994] schloss die verschiedenen anthropologischen Einzeldisziplinen
mit ein, deren Wissenschaftstraditionen nachzugehen war. Vor Ort ließen sich in den
Museen in Bloemfontein und in Pretoria die bedeutendsten paläoanthropologischen Funde
Südafrikas studieren.
Der heutige Betrachter steht bei dem ins uferlose gehenden Schrifttum über die Hamiten
praktisch vor einem Trümmerhaufen. Für die Rekonstruktion der Hamitentheorie wurde
daher zunächst eine umfassende Bibliografie erstellt. Hierbei konnte auf verdienstvolle
Einzelarbeiten zurückgegriffen werden.7 Das Ziel meiner vorliegenden Studie ist nicht die
Behauptung, dass die Hamiten einen objektiven Seins-Status im wissenschaftlichen Sinn
besitzen, sondern die Beweisführung, wie den Hamiten als soziales und intellektuelles
Konstrukt über die Jahrhunderte hinweg eine vermeintliche Existenz zugesprochen wurde
und so ihren realen Platz in der Wissenschaftsgeschichte einnehmen sollten. In diesem Sinne
ist auch der gewählte Begriff „Mythos” zu verstehen.8 Im Gegensatz zur logischen
Erkenntnis bildet der Mythos keine Urteile, sondern will Realitäten darstellen, für die er
keine rationalen Beweise zu erbringen braucht. Ob Anknüpfungspunkte, Ähnlichkeiten bzw.
7
Als Beispiele sind zu nennen: erstens die eingesehenen Bibliografien zu den einzelnen Regionen,
wie diejenige von Marcel d’Hertefelt etwa zu Ruanda und Burundi, zweitens die Quellenangaben des
einschlägigen hamitischen Schrifttums, wie Egon von Eickstedt, Das Hamitenproblem. Homo 1,
1949/1950: 105-123 und drittens schließlich die publizierten Werksverzeichnisse zu den einzelnen
Autoren, wie Gerhard Böhm, Schriftverzeichnis von Leo Reinisch…, 1987: 333-340.
8
An dieser Stelle ist auch auf den von Fritz Kramer geprägten Begriff „imaginäre Ethnografie” zu
verweisen, ein seit den 1970er Jahren eigens herausgebildeter wissenschaftsgeschichtlicher Zweig
innerhalb der deutschsprachigen Ethnologie; vgl. dazu das grundlegende Werk von Fritz Kramer,
Verkehrte Welten. Zur imaginären Ethnographie des 19. Jahrhunderts…, 1977 und auf Afrika
bezogen der Aufsatz von Bernhard Streck, Äthiopen und Pelasger. Zu den Quellen der imaginären
Ethnographie. Paideuma 42, 1996: 169-181.
11
Unterschiede zum bislang gut aufgearbeiteten „Arier-Mythos”9 bestehen, werden die
folgenden Kapitel zeigen.
9
Das heute in mehreren übersetzten Sprachen vorliegende Werk von Léon Poliakovs “Le Mythe
aryen” (1971) zählt zu den Klassikern der anthropologischen Wissenschaftsgeschichte; siehe dazu
auch das Kapitel “The role of the Aryans in history” in Gordon Vere Childe, The Aryans. A Study of
Indo-European Origins…, 1926: 207-212.
12
I. Kapitel
Ideengeschichtliche und
soziohistorische Bedingungen
des Hamiten-Mythos
13
1. Der Fluch Noahs in der Bibel, dem Talmud, dem Koran und das Erbe der Antike
Ideengeschichtlich nimmt der Hamiten-Mythos seinen Ausgangspunkt in der Bibel. Die
Hamiten leiten sich von Ham ab, einer der drei Söhne des Noah. Sem, Ham und Japhet, „von
ihnen kommen”, so heißt es in der Genesis, 1. Moses 9: 19, „alle Menschen auf Erden her.”
Sem und Japhet waren rechtschaffen und gottesfürchtig, Ham war dagegen ohne
Schamgefühl, als er seinen betrunkenen Vater entblößt in seinem Zelt liegen sah. Anstatt
erste Hilfe zu leisten, erzählte er diesen Vorfall seinen beiden älteren Brüdern, die daraufhin
mit abgewandtem Blick und rückwärts gehend die Blöße ihres Vaters mit einem Kleid
zudeckten. Als nun Noah von seinem Rausch erwachte und von dem Vorfall erfuhr, sprach
er über seinen jüngsten Sohn Ham: „Verflucht sei Kanaan und sei seinen Brüdern ein Knecht
aller Knechte! Gott breite Japhet aus und lasse ihn wohnen in den Zelten Sems, und Kanaan
sei sein Knecht.” [Abb. 4, 5]10
Die Interpretation des vermeintlichen Vergehen Hams und die Erörterung der Frage,
weshalb dieser Fluch Kanaan und nicht Ham traf, wäre für unser Thema irrelevant, wenn
nicht beide Motive in der Folge auf den Kontinent Afrika und seine Bewohner projiziert
worden wären.11 Eine wesentliche Eigenheit der biblischen Völkertafel ist, dass sie
dynastische,
sprachliche,
völkische
und
geografische
Klassifizierungen
vermengt.
Entsprechende Zuordnungen lassen sich daher nur bedingt ableiten, obgleich sie mitunter im
Bibeltext bereits vorkommen. Ham wird in den Psalmen poetisch mit dem Land der Ägypter
gleichgesetzt: „Und Israel zog nach Ägypten, und Jakob ward ein Fremdling im Lande
Hams.”12 Obwohl sich die Datierung dieser Bibelstelle als schwierig erweist, wird die
Verknechtung der Israeliten und ihr anschließender Exodus aus „dem Lande Hams” sichtbar
angedeutet.13 Offensichtlich scheint Ägypten in der Bibel als das Kerngebiet der hamitischen
Genealogie auf. Bemerkenswert bleibt, dass im Text der gesamten Bibelpassage Ham nicht
mit den unterworfenen Knechten, sondern mit den herrschenden Sklavenhaltern identifiziert
10
Genesis, I. Mose 9, 26; sämtliche Bibelpassagen sind der Merian-Bibel mit der 1964 revidierten
Textform entnommen.
11
Die umfassendste Arbeit zu dieser Thematik kommt vom 1913 geborenen Emeritus des
theologischen Instituts der Universität Utrecht, Jan M. van der Linden, Over noach met zen zonen. De
Cham-ideologie en de leugens tegen Cham tot vandaag…, 1993; Jean-Paul Messina, La bible et le
destin du people noir. Essai de reflexion critique sur le mythe de la malediction de cham. Melanges de
science religieuse 53, 2, 1996: 183-199.
12
13
Psalm 105: 23; siehe auch Psalm 105: 27; 106: 22.
Gemeinhin wird die Datierung des Auszugs von Ägypten nach Kanaan mit 1280 v. Chr.
angenommen; z. B. Immanuel Geiss, Geschichte griffbereit…, 1979 I: 38.
14
Abb. 4
Die Trunkenheit des Noah.
Ham sieht die Blöße seines Vaters während Sem diese mit einem Tuch abdeckt; Japhet wendet beschämt
seinen Blick ab. Hartmann Schedel, Liber chronicarum…, 1493.
Abb. 5
Die bildliche Darstellung des vermeintlichen Vergehens von Ham findet infolge der Arbeiten des
Schweizer Kupferstechers Matthäus Merian [1593-1650] starke Verbreitung.
Merian-Bibel, Mitte 17. Jhd.
15
wird, einem in der Bibel unkommentierten Widerspruch.14 Der hellenisierte jüdische Stoiker
Philon von Alexandria [20 v.- ca. 45 n.Chr.] mag aus diesem Zwiespalt wohl seinen
moralischen Schluss gezogen haben, wenn er Sem kategorisch als das „Gute”, Cham als das
„Böse” und Japhet als das „Undifferente” bewertete. “These names are symbols of three
things in nature”15, wie Philon nun die wesentlichen Eigenschaften der Noachiden für die
Gelehrten-Nachwelt festsetzte.
Den Veränderungen politischer Grenzziehungen entsprechend werden den Noachiden in
späterer Zeit geografische Bezeichnungen hinzugefügt. Auffallend ist, dass in der jüdischchristlichen Rezeption die Landnahme der drei Noachiden „über die ganze Erde” sich
zunächst – mehr oder weniger – auf den vorderen Orient beschränkt. In den „Jüdischen
Altertümern” des Geschichtsschreibers Joseph Flavius [ca. 37-100] beispielsweise „nahmen
des Chamas Söhne das Land in Besitz, welches sich von Syrien und den Bergen Amanus und
Libanon bis ans Meer und den Ozean erstreckte.”16 Die Gleichsetzung Ham und Afrika
kommt in der jüdischen Tradition selbst in christlicher Zeit also noch nicht vor. Ähnliches
lässt sich bei Epiphanius [315-403], Bischof von Salamis und Kirchenlehrer finden. Bei ihm
tritt der moralische Aspekt des Fluches zunächst in den Hintergrund. In seiner Schrift „Der
Festgeankerte” spricht der Bischof davon, dass Noah von seinen Söhnen einen Eidesschwur
eingefordert und danach durch das Los die ganze Erde als Erbe rechtmäßig verteilt hätte.
„Dem Erstgeborenen Sem fiel als Anteil das Land Persien und Baktrien bis Indien und das
Gebiet von Rhinokurura bis Gadeira gegen Süden zu; dies liegt in der Mitte zwischen
Ägypten und Palästina gegenüber dem Roten Meer [also das heutige Saudi-Arabien]. Cham,
der zweite, bekam das Gebiet von Rhinokurura bis Gadeira gegen Süden zu; Japhet, der
dritte Sohn, das Land von Medien bis Gadeira und bis zu den Rhinokulturen gegen
Norden.”17 Rhinokurura, der Ort, in dem die Verlosung stattgefunden haben soll, stellt die
Grenzzone zwischen Ägypten und Syrien dar, die gleichzeitig auch geografisch die Hamiten
von den Semiten scheidet. Die mitten in der Wüste liegende Stadt soll der Legende nach von
einem ägyptisch-äthiopischen König gegründet worden sein.18 Von gewichtigerer Bedeutung
ist aber, dass Epiphanius als erster den Versuch durchführt, Sprachenteilung und
14
Vgl. dazu auch Hans Walter Wolff, Anthropologie des Alten Testaments…, 51990 [orig. 1970].
15
Philo, Quaestiones et Solutiones in Genesin. In: Supplement I, Book I: 55; vgl. auch Arno Borst,
Der Turmbau von Babel…, 21995 I: 170.
16
17
Joseph Flavius, Jüdische Altertümer…, 1899 I: 6, 34.
Epiphanius, Der Festgeankerte… In: O. Bardenhewer (Hrsg.), Des Heiligen Epiphanius von
Salamis Erzbischofs und Kirchenlehrers ausgewählte Schriften…, 1919: 171.
18
Beer, Rinocorura. In: Paulys Realencyclopädie…, 1914: 841-842.
16
Völkertrennung als einen menschlichen Vorgang zu beschreiben, der des göttlichen Eingriffs
gar nicht bedurfte.19 Es ist hervorzuheben, dass die Vorstellung, wonach bestimmte Erdteile
den Noachiden20 zugewiesen werden, aus der Bibel generell nicht ableitbar ist. Epiphanius
weiß dagegen zu berichten, dass Hams Nachkommen mit der zuvor aufgelisteten
Gebietsaufteilung nicht zufrieden waren. „Der gewaltige Sohn”, so nennt Epiphanius den
Kanaan, „[fiel] in das spätere Palästina oder Judäa ein, da Palästina und die umliegenden
Landschaften durch das Los dem Sem zugefallen [waren] und raubte es.”21 Der
leidenschaftliche Verteidiger der Heiligen Dreifaltigkeit und damit entschiedener Gegner der
monophytischen „Irrlehren” Arians scheint den Aspekt der gewaltsamen Eroberung
umgekehrt zu haben, da dem Bibeltext gemäß semitische Israeliten das von Gott verheißene
Land Kanaan eroberten. Aus heutiger Sicht mag das Erscheinen von Kanaan und dessen
Söhne, die südarabischen Patriarchen Sedan und Dedan innerhalb der Genealogie Hams
überhaupt überraschen, da hinsichtlich linguistischer Kriterien jene zu den semitischen
Sprachen gezählt werden. Die mit einem Fluch beladenen Nachkommen Hams werden also
zunehmend mit der weltlichen Begierde, der Macht und der Gottlosigkeit in Verbindung
gebracht, eine Auslegung, die vor allem beim Kirchenlehrer Aurelius Augustinus
radikalisiert wird.
Ein über eine Familie lastender Fluch könnte die Vorstellung erwecken, dass damit
Unfruchtbarkeit einherginge. Das Gegenteil weiß die Bibel zu berichten. Die Hamiten
erscheinen dort als der fruchtbarste Spross Noahs. Zunächst stimmt es zwar, dass bei Ham
lediglich von vier Söhnen gesprochen wird; Sem hatte fünf und Japhet gar sieben Söhne.
Von den im Bibeltext mit insgesamt 72 angegebenen Nachkommen des Noah werden Ham
jedoch 31, Sem 27 und Japhet lediglich 14 zugeschrieben. Der verfluchte Kanaan zeugte
allein bereits 11 Söhne.22 Dieser Aspekt ist deshalb bedeutsam, da Ham in der Folge nur
einen kleineren Gebietsanspruch zugestanden erhielt, Sem dagegen kam das größte Gebiet
zu. Der symbolische Bedeutungsgehalt der Zahl 72 geht aber bei näherer Betrachtung über
die Sichtweise einer lückenlosen patriarchalen Dynastiereihe hinaus. Neben der jüdischen
19
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 I: 247-248.
20
Ich folge der Aussage von Borst, der auch von noachitisch spricht; Voltaire verwendete bereits
„Noachide”.
21
Epiphanius, Der Festgeankerte… In: O. Bardenhewer (Hrsg.), Des Heiligen Epiphanius…, 1919:
173.
22
Am ausführlichsten dazu das Monumentalwerk von Arno Borst, Der Turmbau von Babel.
Geschichte der Meinungen über Ursprung und Vielfalt der Sprachen und Völker…, 21995 [orig. 19571963].
17
Kabbala verlieh besonders die mittelalterliche Scholastik dieser Zahl eine hohe Bedeutung.
Die 72 Bücher der Bibel, aber auch die älteste griechische Übersetzung des Alten
Testaments, die Septuaginta (LXX), werden mit dieser Zahl assoziiert, da sie von 70 oder 72
Gelehrten bewerkstelligt worden sei. Neben der Vorstellung, der menschliche Leib wäre aus
72 Körperteilen zusammengesetzt, bildete die Zahl 72 bis in die Aufklärungszeit hinein eine
Konstante für die Gesamtzahl aller Sprachen und Völker der Erde.
Die Wortbedeutung von „Ham” ist unbekannt.23 Das mutet zunächst überraschend an, da
für seine beiden Brüder eine solche bekannt ist: Sem wird mit „der Ansehnliche”
wiedergegeben24 und Japhets Name ist mit der Kausativform des hebräischen “pata”
[weitmachen] verknüpft.25 Dennoch haben sich um das hebräische Wort „Ham” zahlreiche
etymologische Auslegungen gerankt. Der österreichische Arabienreisende Eduard Glaser
[1855-1908] beispielsweise identifizierte es mit „Amu”, dem ägyptischen Namen für die
Beduinen und erblickte in den noachidischen Patriarchen Gottheiten.26 Andere wagten gar,
Ham als eine Abkürzungsform von Hammurabi zu deuten, nach dem Namen des frühen
babylonischen Königs. Die eine Richtung orientierte sich am Problemkreis der Herkunft der
Viehzucht in Afrika, die andere an der historischen Tatsache, dass die Assyrer unter
Hammurabi das Land Kanaan erobert hatten, und jene infolge dessen zu „Hamiten”
geworden wären.27 Derartig waghalsige Auslegungsversuche sind bereits im frühen
Christentum, bei den Kirchenvätern zu finden. Der aus Dalmatien stammende Heilige
Hieronymus [ca. 347-419/420] übersetzte das Wort „Ham” ins Lateinische schlicht mit
“calidus”, was soviel wie „das Heiße” bedeutet. Dies kommt der eurozentrischen Sichtweise
für den Kontinent Afrika als das „Land im heißen Süden” bereits nahe. Bis dahin gab es eine
Vielzahl lateinischer Versionen des Bibeltextes, die zum Teil nicht unwesentlich miteinander
differierten. Die von Hieronymus in 25jähriger Arbeit bewerkstelligte lateinische
Übersetzung der gesamten Bibel aus dem Hebräischen – die vulgata [allgemeiner Text] –,
gewann bereits bei seinen Zeitgenossen kanonische Gültigkeit. Die Kirchenväter orientierten
sich bei ihren Auslegungsversuchen jedoch mehr an moralischen Wertmaßstäben, weniger
an geografischen Begrifflichkeiten. Der Heilige Aurelius Augustinus [354-430] folgte als
Kirchenvater der fragwürdigen Übersetzungsstelle von Hieronymus und in der Auslegung
23
Herbert Lang (Hrsg.), Ham. In: Bibellexikon…, 1956: 284.
24
Herbert Lang (Hrsg.), Sem. In: Bibellexikon…, 1956: 1503.
25
Herbert Lang (Hrsg.), Japhet. In: Bibellexikon…, 1956: 777.
26
Eduard Glaser, Jehowah-Jovis und die drei Söhne Noah’s…, 1901; diesbezügliche Vorarbeiten
veröffentlichte Glaser bereits 1891 in der Zeitschrift „Das Ausland”.
27
T. K. Cheyne; J. Sutherland Black (Hrsg.), Ham. In: Encyclopaedia Biblica…, 1901.
18
des Bibeltextes seines 22bändigen Werkes „Der Gottesstaat” fügte er das Element der
Häresie hinzu. Darin stellte sich für Augustinus die Frage „[…] bedeute er [Ham] nicht das
hitzige Geschlecht der Häretiker, deren Glut nicht die Glut des Geistes der Weisheit, sondern
die der Unduldsamkeit ist, in der das Innere der Häretiker so häufig kocht, um den Frieden
der Frommen zu stören.”28 Augustinus scheint hier, die moralisierende Sichtweise vom
bösen Ham des Philon weiter ausgeschmückt zu haben. Die christliche Exegese, stets um die
Tilgung falscher Deutungsversuche bemüht, sieht also in Ham die Quelle der Herkunft
sämtlicher Irrlehren. Dieser Aspekt wird noch radikalisiert, da Augustinus angibt, Ham wäre
über die Blöße des Vaters nicht mit Stillschweigen hinweggegangen, sondern hätte sie seinen
Brüdern obendrein noch verraten.29 Als einer der einflussreichsten christlichen Denker wird
er von afrozentristischen Vertretern gerne als der „erste Kirchenlehrer Afrikas” hingestellt.30
Augustinus, in Thagaste im heutigen Algerien geboren, kam im Gegensatz zu
Hieronymus aus bescheidenen Verhältnissen, seine Mutter Monika war Christin, er selbst
war erst bei seiner Mailandreise 387 zum Christentum übergetreten. In seinen jungen Jahren
war Augustinus eigentlich neun Jahre Mitglied der gnostischen Manichäersekte. Erst sein
Bekehrungserlebnis sollte ihn zum entschiedenen Gegner häretischer Gruppierungen
machen. Nach seinem erstellten Ketzerkatalog gab es achtundachtzig verschiedene
häretische und schismatische Gruppen in der Kirche seiner Zeit. Seine zentrale
Auseinandersetzung mit den häretischen Bewegungen galt dem entschiedenen Kampf des
Donatismus, einer nach 300 in Nordafrika entstandenen, nach dem Bischof Donatus von
Karthago (gest. um 355) benannte Sonderkirche. Mit ihrer eigenen Hierarchie und
Gemeindeorganisation wie mit ihren sozialreformerischen Ideen bildete der Donatismus
zeitweise eine religiöse und innenpolitische Gefahr innerhalb des im Zerfall begriffenen
Imperium Romanum. Das 19. Jahrhundert übersetzt das “calidus” des Augustinus gar mit
„der Schlaue […], der sich von seinen Brüdern abgesondert hat, und sich mit glühendem
Herzen der Häresie hingab.”31
Jedoch nicht nur das Ketzertum wurde mit dem Noachiden Ham verwoben, auch als
Ahnherr der sexuellen Laster steht er da. Der für die Entdeckungsreisen interessante
Landgeistliche aus Essex, Samuel Purchas [ca. 1575-1626], unterstellte Ham, mit sämtlichen
28
Aurelius Augustinus, De civitate dei…, 1979 Liber XVI, 2: 97,
29
Aurelius Augustinus, De civitate dei…, 1979 Liber XVI, 1: 95.
30
Beispielsweise Robert E. Hood [1936-1994], Direktor für “African-American Studies” an der US-
amerikanischen Adelphi Universität, Begrimed and Black. Christian Traditions on Blacks…, 1993.
31
Zitiert nach der Übersetzung der Kösel’schen-Ausgabe „Bibliothek der Kirchenväter”, 1879 III:
334.
19
nach der Sintflut als schändlich geltenden Sexualpraktiken vertraut gewesen zu sein:
“Sodomie, Incest, Buggery: and was therefore branded with the name Chemesenna, that is,
Dishonest Cham [hervorgehoben im Original].”32 Der englische Barockdichter John Milton
[1608-1674] thematisierte unter dem Eindruck der englischen Revolution den Einbruch des
Bösen in die menschliche Seele als Weltthema. Im letzten Buch seines christlichen
Blankvers-Epos “Paradise Lost” (1667) erscheint der Hamitenfluch im Zusammenhang der
göttlich vorherbestimmten Tyrannei. Göttliche Gerechtigkeit degradiert den Knecht aller
Knechte zur „bösartigen Rasse”:
“But Justice, and some fatal curse annext
Deprives them of their outward liberty
Their inward lost: Witness th’irreverent Son [respektlos]
Of him who built the Ark, who for the shame
Done to his Father, heard this heavy curse,
Servant of Servants, on his vicious Race.”33
Selbst nach der Aufklärungszeit, in der deutschen Romantik, konnte die Ham-Mythe
noch als Metapher für opportunen Sophismus verwendet werden. Als Clemens Brentano
[1778-1842], ein Vertreter der Heidelberger Romantiker, 1810 nach Berlin übersiedelte,
setzte er die Berliner mit den Philistern gleich, vergaß aber nicht anzumerken, dass die
Philister Hamiten wären, die nach Meinung vieler Gelehrten „hauptsächlich den Turmbau zu
Babel betrieben, dessen dumme Hoffart ihnen ganz ähnlich sieht, und ich zweifle gar nicht
daran, da das verwirrte Schwätzen der Philister heutzutage noch nach der babylonischen
Sprachverwirrung schmeckt.” Nach Brentano wäre im nüchternen Realitätssinn der Berliner
Literaten der Fluch an Hams Nachkommen wahr geworden.34
Die Folgen derartiger Bedeutungswandel hinsichtlich der Namenentschlüsselung des
Noachiden hätten sich in Grenzen gehalten, wenn nicht noch der Aspekt der „Schwarzheit”
mit all seinen negativen Nebenassoziationen hinzugekommen wäre. In Anlehnung an die
schwarze, fruchtbare Nilerde wurde Ham mit dem Eigennamen Ägyptens “Km-t”, „das
schwarze Land” in Verbindung gebracht.35 Der davon abgeleitete und später rassisch
gedeutete Begriff „Schwarzafrika“ war also zunächst auf das Niltal beschränkt und
bezeichnete einen realen Sachverhalt. „Chemia, wie das Schwarze im Auge”, beschrieb der
32
Samuel Purchas, His pilgrimage, or relations of the world…, 31617: 714.
33
John Milton, Paradise Lost…., 1989 [Orig. 1667] XII: 283.
34
Clemens Brentano, Der Philister vor, in und nach der Geschichte. In: Hermann Hesse (Hrsg,),
Brentano als Erzähler…, 1998: 280; vgl. Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 2: 1559.
35
Karl R. H. Frick, Die Erleuchteten…, 1973: 67.
20
Neuplatoniker Plutarchos von Chaironeia [45- ca. 120] das Land Ägypten, als er nach seinen
ausgedehnten Reisen von dort zurückkehrte und verlieh damit dem Begriff bereits gewisse
anthropomorphe Züge. Im Übrigen beschränkte sich Plutarchos diesbezüglich auf
Gottheiten, wenn auch seine Behauptung, der Pflanzengott Osiris sei schwarzhäutig
gewesen, bereits die Vorstellung weckt, das ägyptische Pantheon wäre afrikanischen
Ursprungs.36 Der Ausdruck í für Ägypten setzte sich zwar nicht durch, das Wort lebte
jedoch in seiner arabischen Form „al-chemie” fort, wodurch auch die Erinnerung des
Ursprungsgebietes der mittelalterlichen „Schwarzkunst” aufrecht erhalten blieb. Im sechsten
nachchristlichen Jahrhundert erinnert allein die latinisierte Schreibweise “Kam” für die
geografische Eigenbezeichnung der Ägypter an den Noachiden. Dieser neue etymologische
Zusammenhang findet sich erstmals beim spätantiken Kompilator Isidorus Hispalensis [ca.
560-636], der das „schwarz-ägyptische” Kam auf den alttestamentlichen Ham zurückführt
und es mit dem “calidus” des Heiligen Hieronymus vermischt. Im “De Deo, Angelis et
Sanctis”, dem siebenten Buch seiner 20bändigen “Etymologiarium” heißt es: “Cham calidus,
et ipse ex praesagio futuri cognominatus. Posteritas enim eius eam terrae partem possedit,
quae vicino sole calentior est. Unde et Aegyptus usque hodie Aegyptiorum lingua Kam
dicitur.”37 Es kommt also zu einer Synthese der jüdisch-christlichen Tradition mit jener der
griechisch-römischen.
Ideengeschichtlich
ist
damit
erstmals
ein
semantischer
Zusammenhang des biblischen Noachiden mit dem heißen Schwarzafrika gegeben.
Der daraus abgeleitete und noch heute verwendete geografische Begriff „Schwarzafrika”
für den Großraum „südlich der Sahara” erscheint damit als Relikt dieser Traditionskette. Da
er jedoch seit dem 19. Jahrhundert eng mit dem Rassenbegriff in Zusammenhang steht und
im
Übrigen
jeglicher
empirischen
Grundlage
entbehrt,
wird
er
von
manchen
38
Afrikahistorikern vehement abgelehnt. Fest steht, dass der fragwürdige Begriff in seiner im
portugiesisch-spanischen Sprachraum eingeführten lateinischen Entsprechung für die
Bezeichnung eines Flusses und zwei souveränen Nationalstaaten in Westafrika bis heute
36
Der Osiris-Mythos in griechisch-deutscher Übersetzung und kommentiert in Theodor Hopfner,
Plutarch über Isis und Osiris. Monographien des Archiv Orientální 9, 2, 1940: 155.
37
Isidori Hispalensis Episcopi, De Deo, Angelis et Sanctis. Libri VII, 6, 17. In: Etymologiarum Siue
Originum…, 1957; vgl auch Ernest Brehaut, An encyclopedist of the Dark Ages: Isidore of Seville…,
1912.
38
Dieser wird jedoch von afrozentrischen Historikern wie beispielsweise Joseph Ki-Zerbo, einem weit
über sein Fach hinaus bekanntgewordenen Gelehrten aus Burkina Faso, bewusst hervorgehoben; vgl.
dazu Joseph Ki-Zerbo, Histoire de l’Afrique Noire…, 1978 und die vom Hammer-Verlag in
Wuppertal herausgegebene Übersetzung mit dem Titel „Geschichte Schwarzafrikas” (1979).
21
fortlebt: nämlich Niger und Nigeria. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass der
1831 von den beiden Geografen Gregoire Louis de Rienzi und Dumont d’Urville eingeführte
Name „Melanesien”, zu deutsch auch „Schwarzinselwelt” für den südwestlichen Großraum
der Pazifik, deutlich von diesem schwarz-magischen Begründungszusammenhang abweicht.
Das „Melanin”, abgeleitet vom griechischen “mélas”, zu deutsch „schwarz”, bezeichnet im
Allgemeinen diejenige Farbe, die durch die enzymatische Oxidation der Aminosäure Tyrosin
bei Tieren und Menschen entsteht. Wenn auch die dabei sichtbar werdenden Hautpigmente
sich
niemals
„schwarz”
präsentieren,
ist
immerhin
ein
empirisch
feststellbarer
Zusammenhang gegeben. Fragwürdig bleibt allerdings, warum die geografisch-rassische
Wissenschaftssprache des 19. Jahrhunderts sich mit Vorliebe auf Afrika bezieht. Jedenfalls
sind diesbezüglich denkbare Bezeichnungen wie „Rotamerika” oder „Gelbasien” in die
Wissenschaftssprache nicht eingeführt worden.39
Der in Leipzig tätige Enzyklopädist Johann Heinrich Zedler [1706-1763] nennt 1733 in
seinem Universallexikon Ham den „Erfinder der Chymie und Alchymie” und begründet dies
dahingehend: Ham sei „nachdem er sich an seinem Vater vergriffen, gantz schwartz worden,
daher noch bis ietzo unter seinen Nachkommen so viel schwartze Völcker seyn sollen.”40
Dabei hebt der Universalgelehrte hervor, dass dem Bibelfluch ein „ziemliches Gewicht”
beizumessen wäre, da „die Schwartzheit” „weder die Chinesen noch die amerikanischen
Völker haben, obleich diese mancherorts in der gleichen Klimazone leben würden,
zutrifft.”41 „Denn nachdem ihn Noah verfluchet, wäre der Fluch alsbald dermassen an ihm
geblieben, dass er zum Zeichen dessen von Stund an eine kohlschwartze Haut bekommen,
dieselbe behalten, und auf seine Kinder und Nachkommen, fortgepflanzet und daher wären
die schwartzen Mohren kommen.”42 Die frühchristliche Tradition kennt, wie bereits gezeigt
wurde, die „schwarzen Hamiten” zwar noch nicht, ein Zusammenhang besteht jedoch mit
der Alchemie, jener „schwarzen Kunst”, aus der zahlreiche gnostische Lehren entstanden
sind. Johannes Cassianus, Mönch und Kirchenschriftsteller [um 360-435] meditierte 10 Jahre
lang in der nitrischen Wüste in Ägypten, bevor er den Entschluss fasste, in Marseille ein
Männerkloster zu gründen und seine Mitwelt über die hintergründigen Zusammenhänge der
Sintflut informiert. Nach Ansicht des Mönchs fühlte sich Ham stets in verwegener Weise
39
Ausnahmen bilden dahingehend beispielsweise das mit Chinesen assoziierte „Gelbe Meer” bzw. der
„Gelbe Fluss”; davon überhaupt auszuklammern sind etwa das „Rote Meer” – rot wie die Wüstenfarbe
– und das „Schwarze Meer”.
40
Johann Zedler, Nigritien. In: Großes vollständiges Universal-Lexikon…, 1740 XXIV: 887-891.
41
Johann Zedler, Nigritien. In: Großes vollständiges Universal-Lexikon…, 1740 XXIV: 887-891.
42
Johann Zedler, Nigritien. In: Großes vollständiges Universal-Lexikon…, 1740 XXIV: 887-891.
22
von den geheimnisvollen Zauberkünsten angezogen, deren Inhalte er akribisch
niederzuschreiben pflegte. Cassianus weiß nun zu berichten, dass Ham kurz vor der Sintflut
diese „unschändlichen Künste und unheiligen Erklärungen” auf Metallplatten geschrieben
und danach eingegraben hatte, um sie auf diese Weise für die Nachwelt zu erhalten.
Cassianus schließt daraus, dass Hams „Blendwerk des Aberglaubens” sich von Kain über
Seth auf Ham und seine Nachkommen, allesamt dem „gottlosen Geschlechte angehörig”,
übertragen hätte. „Cham” ist im Index einer deutschen Übersetzung gar als der „Vater der
Zauberei” angeführt.43 Unmissverständlich deutet Cassianus auf die zu seiner Zeit in großer
Zahl auftauchenden gnostischen Gruppen hin, die wie die frühchristliche Gemeinde um ihre
Anerkennung zu kämpfen bemüht war. Genauso offenbart sich darin bereits der von
Augustinus viel propagierte Dualismus, wonach die Menschen in zwei Gruppen geteilt
werden: in „die eine, die nach dem Menschen, [und in] die andre, die nach Gott lebt.”44 Da
nach Augustinus mit Kain, der erste Gründer eines irdischen Staates, gleichzeitig auch ein
Brudermörder war, wären alle Menschensöhne, die zu diesem Staat gehören und nicht nach
Gott leben, zur Verdammnis verurteilt. Im 19. Jahrhundert werden die Hamiten zum
„gottlosen” und „herrschsüchtigen” Volk abgestempelt. Die von Cassianus angegebenen
„Schriftplatten” geben einen klaren Hinweis auf die von Ägypten ausgegangene Alchemie.
Allgemein sieht sich die Alchemie als eine „hermetische Kunst”, deren Urheber meist der
mythischen Figur Hermes Trismegistos zugeschrieben wird. Der Inhalt eines nur mehr in
lateinischer Sprache erhaltenen Textes war der alchemischen Tradition gemäß auf steinernen
Tafeln eingegraben. Der Inhalt der so bezeichneten “Tabula Smaragdina” wird auch als
Schlüssel des alchemischen Verständnisses genannt. Die Ägypter identifizierten den
Ahnherrn der Alchemie mit Thot, dem Bringer der Schriftkunst; die Griechen setzten ihn in
ihrem Pantheon mit dem Götterboten Hermes als Schutzpatron der Reisenden und Kaufleute
gleich, bei den Römern wurde Hermes schließlich zum Mercurius. Die hermetische
Wissenschaft bildete im Laufe der Zeit ihre eigenen Traditionen. Rein historisch gesehen
wird Hermes Trismegistos mit dem aus Alexandrien stammenden Priester Hermon
gleichgesetzt, der im ersten nachchristlichen Jahrhundert lebte.
In der frühchristlichen Phase ist also ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Ham
der Bibel und den häretischen Lehren gegeben, der in späterer Folge durch die duale
Unterscheidung der magischen Wissenschaften in eine „schwarze” und eine „weiße”
verstärkt und zusehends mit diabolischen Attitüden versehen wurde. Der Begriff
43
Johannes Cassianus 1879 I: 533 in: Sämmtliche Schriften des ehrwürdigen Johannes Cassianus aus
dem Urtexte übersetzt. In der Reihe: Kösel’sche Bibliothek.
44
Aurelius Augustinus, De civitate dei…, 1979 Liber XV 1: 3.
23
„Schwarzmagie” bewertete ja zunächst nichts Negatives. Er beschrieb lediglich das
schmutzige
Aussehen
eines
Alchemisten,
hervorgerufen
–
als
unangenehme
Begleiterscheinung – durch seine metallverarbeitende Tätigkeit. Die Verwendung
gefährlicher Giftsubstanzen führte dabei nicht selten zu körperlichen Verunstaltungen. Der
„Klumpfuß des Saturn” wurde in der hermetischen Tradition stets mit dem giftigen
Schwermetall Blei in Verbindung gebracht und mit dem Tod versinnbildlicht.45
Das bisher Dargelegte spricht also dafür, dass der biblische Fluch Kanaans bei den frühen
Kirchenlehrern die Funktion erfüllte, die Bekämpfung der Häretiker plausibel erscheinen zu
lassen. Dieser Zusammenhang lässt sich bereits in „vorsintflutlicher Zeit“ am Bibeltext
festmachen. Kain trifft der Fluch, als er seinen Bruder Abel erschlug, da Gott zuvor dessen
dargebrachtes Opfer nicht gewürdigt hatte. Den frühchristlichen Theologen erschien daher
die Verfluchung Kanaans wie eine der göttlichen Vorsehung inszenierte Neuauflage der
Verfluchung Kains. Erst die Freimaurerei des 18. Jahrhunderts wird die Söhne Hams von
ihrem Fluch erlösen, indem sie den Noachiden mit der Hiramslegende in Zusammenhang
bringt. Die Verbreitung der Behauptung, Ham wäre der Vater des legendären Königs Menes
und damit Begründer der ägyptischen Dynastie, versetzte der althergebrachten Vorstellung
des verfluchten und damit von Gott abtrünnigen Hamitengeschlechts den Todesstoß.46
Dies erscheint umso bemerkenswerter, da theologischerseits eigentlich, also aus der
Perspektive des Neuen Testaments gesehen, der Fluch von Babel mit dem Pfingstfest als
aufgehoben gelten müsste, als sich im Sprachenwunder Japhetiten, Semiten und Hamiten
vereinten. Im christlichen Glauben erscheint Babel zwar als überwunden, nicht jedoch der
lastende Fluch über Kanaans Söhne. Dieser wird erst durch das Sakrament der Taufe, im
Zusammenhang der expandierenden christlichen Mission, aufgehoben.
Nicht erst die Latiner verlegten den Kontinent Afrika in den Bereich der Sagen und
Mythen, dies taten bereits die Griechen der Antike. Der Begriff Afrika war ihnen unbekannt,
mit “Aithiopia” war ein nicht genau lokalisiertes legendäres Land im Südosten gemeint, das
vom Titanen Okeanos – ein die Erde umgebener Weltstrom oder Ozean – umgeben ist. „Dies
sind die Menschen am Rande”, heißt es in der Odyssee Homers von den „fernen Aithiopen”,
„ihr Volk ist geteilt; bei den einen steigt Hyperion [Vater des Helios] empor, bei den anderen
senkt er sich nieder.”47 Es wird dem Kulturmorphologen Leo Frobenius vorbehalten sein, bei
45
Hans Biedermann, Handlexikon der magischen Künste…, 1973; das „saturnische” Blei stand
dahingehend in der untersten der siebenskaligen Entwicklungsreihe, die durch das „solare” Gold
abgerundet wurde; auch auf Arsenvergiftungen ist zu verweisen.
46
Karl R. H. Frick, Licht und Finsternis…, 1978: 179.
47
Homer, Odyssee…, 91990 I: 23-25.
24
den „Aithiopen” den Ursprung seines hamitischen Sonnenkultes zu suchen.48 Das griechischmythologische Weltbild verlegte Aithiopien also in die östliche Ökumene, die bis nach
Indien reichte. Noch in hellenistischer Zeit glaubte der Makedone Alexander bei seinem
Vorstoß in das Industal, sich im Quellgebiet des Nils zu befinden.49 In der „Ilias” des Homer
werden die „Aithiopier” vom griechischen Pantheon regelmäßig aufgesucht, um dort ihre
Feste zu feiern: „Zeus ist nämlich hinab zum Okeanos zu den Aithiopen gestern speisen
gegangen, von allen Göttern begleitet.”50 Hesiod kennt bereits äthiopische Helden, die er mit
dem trojanischen Sagenkreis zu verknüpfen wusste. „Eos gebar dem Tithonen den Memnon
in eherner Rüstung, ihn den König Aithiopiens…”51 Der Held Memnon, König Äithiopiens
war der Sage nach der Sohn der Göttin der Morgenröte und kam den von den Griechen
bedrängten Troern zu Hilfe, wurde aber von Achilleus getötet. Der erste anthropomorphe
Hinweis findet sich bei Herodot, der „Aithiopia” als das „Land der Brandgesichter”
bezeichnet, um auf die dunkle Hautfarbe der hiesigen Bevölkerung zu verweisen.52
Ähnlich wie Ham ist auch das Wort „Afrika” unbekannter Herkunft, wenn es auch
Versuche gab, den Begriff im Bibeltext wiederzufinden.53 Joseph Flavius und Samuel
Purchas beispielsweise leiteten Afrika nicht von Ham ab, sondern von „Epher” oder „Afer”,
einem Nachkommen Abrahams, der aus der zweiten Ehe mit Ketura hervorgegangen war.54
Das lateinische „Africa” bezeichnete in römischer Zeit keinen Erdteil, sondern ein
politisches Gebiet, das die Küstenebene nördlich der Sahara sowie den mittleren östlichen
und westlichen Abschnitt des Atlasgebirges umfasste und in die Provinzen “Africa
proconsularis”, “Numidia”, “Mauretania Caesarensis” und “Mauretania Tingitana” eingeteilt
war.55
Dieser mythologische Kern des europäischen Afrikabildes wurde im Christentum im
Wesentlichen beibehalten bzw. den veränderten Wertmaßstäben neu angepasst. Die Welt48
Leo Frobenius, Der Sonnenkult…, 1904.
49
Herman Bengtson, Griechen und Perser…, 1965: 301.
50
Homer, Ilias…, 91989 I: 423.
51
Hesiod, Theogonie…, 1991: 985.
52
Siehe dazu auch das ethnologische Standardwerk von Klaus E. Müller, Geschichte der antiken
Ethnographie und ethnologischen Theoriebildung…, 1972/1980.
53
Vgl. Johann Zedler, Africa. In: Grosses vollständiges Universal-Lexikon…, 1732 I: 728-733;
Johann Schmidt, Africa. In: Paulys Encyclopädie…, 1893: 713-715.
54
Vgl. 1 Gen. 25: 2-4; Flavius Josephus, Jüdische Altertümer…, 1899 I 15: 53; Samuel Purchas, His
pilgrimage…, 31617: 703.
55
Die Numidii, Mauri und die Gaetuli galten den Römern als Barbaren und wurden zu „Berber”
zusammengefasst.
25
und Wertvorstellungen des frühen europäischen Mittelalters brachten ein ganz spezifisches
Afrikabild zu Tage. Menschen in „Afrika” und „Indien” wurden zumeist als am südlichen
Erdrand lebende Monster vorgestellt.56 Der geozentrischen Lehre entsprechend, die von einer
Erdscheibe ausging, bildeten die sogenannten Mondberge das Randgebirge des Südens, wo
monströse Menschengruppen vermutet wurden: nämlich Zwerge und Riesen. Freilich hatten
dieses Afrikabild bereits die geografischen Werke des kyrenäischen Eratosthenes [276-194
v. Chr.] und die des alexandrinischen Claudius Ptolemäus [100-160 n. Chr.] geprägt. Jene
waren es, die die verheißungsvollen Mondberge mit der Ursprungsgegend des Nils
verbunden hatten. Im jüdisch-christlichen Weltbild erscheint der Nil aber nun als einer der
vier Ströme, die das Paradies bewässerten. Trotz der Säkularisierung hielt sich dieser
bildliche Zusammenhang auf den Karten Afrikas bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In
den zahlreichen mittelalterlichen Landkarten – meist von arabischen Historikern überliefert57
–, erscheint die Erde als flache, annähernd kreisrunde Landmasse, durchzogen von
Flussschläuchen und Gebirgszügen, umringt von Meeren und Seen. Ihre Umrisse haben
wenig Ähnlichkeit mit der heute bekannten Gestalt von Asien, Europa und Afrika. Aus
diesen Erdperspektiven hat sich ein vereinfachtes Grundschema entwickelt, die sogenannte
T- oder Radkarte. Diese von den Babyloniern erfundene Darstellungsart geht anscheinend
auf eine kulinarische Vorstellung zurück [Abb. 6]. Nach ihr ist die Erde ein aufgeteilter
Kuchen. Das größte Stück davon, die gesamte östliche Hälfte entfällt auf Asien, je ein
Viertelstück auf Europa und Afrika. Alle drei Stücke sind voneinander durch ein dickes T
getrennt. Die bekannteste T-Kartenform stammt vom bereits genannten Isidor von Sevilla,
der diese Einteilung den drei Noachiden zuordnet. Die gebietsmäßige Aufteilung ist bei
Isidor jedoch nicht mehr wie bei Epiphanius gleichwertig und durch das Los bestimmt,
sondern von vornherein ungleich verteilt. Sem bekommt zwei Viertel, da er der Erstgeborene
ist, Japhet und Ham erhalten dagegen jeweils lediglich ein Viertel. “Divisus est autem
trifarie: e quibus una pars Asia, altera Europa, tertia Africa nuncupatur. Quas tres partes
orbis
veteres
non
aequaliter
diviserunt.”58
Der
der
T-Karte
zugrundeliegende
Horizontalbalken “mare magnum sine” steht für das Schwarze Meer bzw. für den Nil,
56
Vgl. dazu die 1240 entstandene Weltkarte aus dem Benediktinerkloster Ebstorf (Original 1943
verbrannt). Als Pilgerkarte ist sie geostet, die Stadt Jerusalem erscheint im Zentrum als der „Nabel der
Welt”.
57
Zum Beispiel in den überlieferten Handschriften von Ibn Chaldun; wobei anzumerken ist, dass
arabische Weltkarten gesüdet waren, das heißt: Afrika lag in der „oberen” Hemisphäre.
58
Isidori, De Terra et Partibus. In: Etymologiarum. Libri XIV, ii, 1.
26
während “mediterranum”, der Vertikalbalken, das Mittelmeer symbolisiert [Abb. 7].59 Die
entworfene Karte des Erzbischofes von Sevilla ist wie alle anderen mittelalterlichen
Landkarten gemäß der räumlichen Lokalisierung des Paradieses geostet. Seine Schriften
bildeten die Hauptgrundlage für die Weltsicht des Mittelalters. Ham und seine
Nachkommen, die der Bibeltext noch mit Ägypten identifizierte, sind nun geografisch auf
den Kontinent Afrika als Ganzes festgeschrieben.
Die Frage, wie die zuvor erwähnten merkwürdigen Monsterstämme nach Afrika gelangt
waren und wie ihre Stellung zu den übrigen Völkern einzuschätzen wäre, stellte ein massives
Problem für die forschenden Theologen dar. Stets um redliche Beantwortung bemüht,
bedienten sie sich des Bibeltextes einerseits und den Überlieferungen aus der Antike
andererseits. Der Historiker Plinius der Ältere [23/24-79] hat in seiner 37bändigen “Naturalis
Historiae” als erster den Versuch gewagt, in enzyklopädischer Kompilation sämtliche
Erscheinungen der Natur darzustellen. Die Auflistung seiner seltsamen Völkerstämme hat
ihm manchen Tadel eingetragen, da er sich nicht scheute, so viele ungereimte, dem Reich der
Fabel angehörende Dinge aufzuzählen: Menschen mit nach hinten gekehrten Füßen, ohne
Nacken, mit Augen auf den Schultern und dergleichen.60 Monstervölker haben in der Antike
eine lange Tradition. Bereits Herodot kannte die Skiapoden, die einbeinigen Schattenfüßler,
menschenähnliche Gestalten mit einem Riesenfuß, der bei starker Sonnenhitze als
Schattenspender stets zu Diensten stand. Herodot verlegte die Skiapoden in das afrikanische
Äthiopien. Augustinus setzte nun jene von Plinius aufgelisteten „merkwürdigen
Seltsamkeiten” in den Kontext der biblischen Schöpfungserzählung. Dabei lässt Augustinus
den hypothetischen Aspekt bei Plinius völlig außer Acht und macht die “monstrosa
hominum genera” zu rechtmäßigen Ebenbildern Gottes, die nun wie alle Menschen von
Adam und Eva abstammen müssten [Abb. 8].61 Übrig blieb die Frage nach der geografischen
Herkunft derartiger Monstervölker. Einer richtigen Auslegung des Bibeltextes gemäß findet
sich nämlich in der Bibel kein den antiken Vorstellungen entsprechendes Monster. Eva gebar
jedoch neben Abel und Seth jenen Kain, der seinen Bruder Abel erschlug.62 Kain wurde
durch diesen Totschlag und des Fluches, der deswegen von Gott über ihn verhängt worden
war, zum Monstrum. Die Ansicht, Kain sei ein solches bereits von Geburt an gewesen,
abgeleitet aufgrund eines Seitensprungs von Eva mit dem Satan, hat sich theologischerseits
59
Alexander Perrig, Erdrandsiedler oder die schrecklichen Nachkommen Chams. Aspekte der
mittelalterlichen Völkerkunde. In: Thomas Koebner (Hrsg.), Die andere Welt…, 1987: 31, 73.
60
Plinius Secundus, Naturalis Historiae…, 1975: VII, §23.
61
Aurelius Augustinus, De civitate dei…, 1979 Liber, XVI 8.
62
Genesis 1. Mose: 4, 11-12.
27
Abb. 6
Babylonische Weltkarte mit Babylon als Weltmittelpunkt, 6. Jhd. v. Chr, London, British Museum.
Dale M. Brown (Hrsg.), Mesopotamiens mächtige Reiche…, 1995: 132.
Abb. 7
Frühchristliche T-Weltkarte des Isidor von Sevilla mit Jerusalem als Weltmittelpunkt, 6. Jhd. n. Chr.
Alexander Perrig, Erdrandsiedler… In: Thomas Koebner, Andere Welten…, 1987.
28
Abb. 8
Mittelalterliche T-Weltkarte aus einem englischen Psalter des 13. Jahrhunderts, British Museum.
Die Monstervölker des Plinius des Älteren erscheinen im christlichen mittelalterlichen Weltbild als
Söhne Hams am südlichen Rande der Erdscheibe, deshalb auch „Erdrandsiedler“ genannt.
Jones Terry, Die Kreuzzüge…, 1995: 23.
29
nicht durchgesetzt. Kain wurde zum menschlichen Urmonstrum schlechthin. Kains
monströse Nachkommen sind jedoch, um im Bild zu bleiben, zusammen mit all den übrigen
Nachkommen Adams in der Sintflut ertrunken, mit Ausnahme der Familie Noahs. Die sich
daraus ergebende Schlussfolgerung hat der Kunsthistoriker Alexander Perrig prägnant
ausgedrückt: „Cham wurde […] zum nachsintflutlichen Doppelgänger des vorsintflutlichen
Mörders und damit zum Produzenten der zweiten Erdrandsiedlerserie.“63 Welche Freude die
spätere Zeit an solchen Wundererzählungen hatte, mag daraus hervorgehen, dass in der
berühmten Weltchronik des Hartmann Schedel, Nürnberg 1493, die von Plinius genannten
seltsamen Menschen nicht nur erwähnt, sondern auch abgebildet werden.64 Die Bedeutung
des Werkes liegt daran, dass sie seit der Verbreitung durch den Buchdruck populär wurde.
Zahlreiche Reisende nahmen seit dem Mittelalter derartige Vorstellungen als Grundlage
ihrer Berichterstattungen. Ihre Überlebensfähigkeit war so groß, dass sie auch mit den
Entdeckungen und den besseren Kenntnissen Afrikas durchaus nicht untergingen, sondern in
pseudowissenschaftlicher Form bis ins 17. und 18. Jahrhundert weiter lebten [Abb. 9].65
Afrika wurde auf diese Weise nicht nur Stammesheimat aller Monstervölker, sondern – da
dessen Stammvater ja dazu verdammt worden war, „der niedrigste Knecht“ seiner Brüder zu
sein – auch zum Sklavenreservoir der Araber und Europäer.
Der Babylonische Talmud [hebr. „Lehre”], das nachbiblische Hauptwerk des Judentums,
wurde in mehrhundertjähriger mündlicher und schriftlicher Überlieferung um 600 n. Chr.
abgeschlossen. Im Sanhedrin [hebr. „Gerichtshof”], einer seiner 37 Traktate wird die
Verfluchung der Nachkommen des Noachiden Ham mehrfach erwähnt. Das Besondere daran
ist, dass das biblische Motiv der Schamverletzung nun bereits als Missachtung eines
sexuellen Gebots erscheint. „Drei vollzogen den Beischlaf in der Arche und alle wurden
bestraft, und zwar: der Hund, der Rabe und Ham. Der Hund wird angeschlossen, der Rabe
spukt und Ham wurde mit seiner Haut bestraft.”66 Dem Talmudtext folgend hatten die
noachidischen Familienmitglieder in der Arche keinen Nachwuchs, da ihnen der Beischlaf
63
Alexander Perrig, Erdrandsiedler… In: Thomas Koebner (Hrsg.), Die andere Welt…, 1987: 46.
64
Hartmann Schedel, Die Schedelsche Weltchronik…, 1978 [Nürnberg, 1493]; dazu auch Elisabeth
Rücker, Die schedelsche weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürer-Zeit…, 1973.
65
Rudolf Wittkower, Die Wunder des Ostens: Ein Beitrag der Geschichte der Ungeheuer. In: Rudolf
Wittkower, Allegorie und Wandel der Symbole in Antike und Renaissance…, 1996 [1977]: 87-151;
als “Marvels of the East” erstmals im Journal of the Wartburg and Courtauld Institute 5, 1942: 159197 in London erschienen; siehe dazu auch die neuere Arbeit von John Block Friedman, The
Monstrous Races in Medieval Art and Thought…, 1981.
66
Sanhedrin, 70a. In: Lazarus Goldschmidt (Hrsg.), Der Babylonische Talmud…, 1964.
30
Abb. 9
Afrikanische Monoculi, Sebastian Münster, Basel, 1542.
In der neuzeitlichen Kartografie werden die Monstervölker des Plinius des Älteren und des Mittelalters
übernommen und auf die rezenten afrikanischen Völker projiziert.
Jeffrey C. Stone (Hrsg.), Norwhich’s Maps of Africa…, 21997: 6.
31
verboten war. Gleich den Tieren gab Ham sich jedoch seinem sexuellen Bedürfnis hin und
musste dies mit einer Veränderung seiner Haut büßen. Ob diese sich „schwarz” färbte, wird
nicht ausdrücklich erwähnt.67 „Und Ham, der Vater des Kanaan, sah die Scham seines Vaters
und sagte es seinen beiden Brüdern draußen. Und Sem und Japhet nahmen das Obergewand
und legten es auf ihre Schulter und gingen rückwärts heran und bedeckten die Scham ihres
Vaters, und ihr Gesicht. Und Noah erwachte von seinem Rausche, und erfuhr, was ihm sein
jüngster Sohn angetan hatte” (Sanhedrin 70a). An dieser Stelle ist der Talmud zunächst
Bibelkonform (Genesis 10, 5). Der Talmud, dessen innere Charakteristik nicht die Stützung
des Überlieferten, sondern die Ergänzung zu diesem kennzeichnet, erörtert nun die
Schuldfrage Hams. Einer der nun zu Wort kommenden Rabbiner führt an, Ham hätte seinen
Vater beschlafen, also gegen das Inzesttabu verstoßen, ein anderer bringt ein, Ham habe
seinen Vater während des Rauschzustandes schlicht kastriert, also entmannt. Der
glaubkräftigen Auslegung der Talmudtextstellen entsprechend fragen die rätselnden
Rabbinergelehrten, weshalb Noah seinem Sohn einen Fluch auferlegt habe. Als durchaus
einsichtiger Grund wird angeführt: Noah konnte aufgrund des fatalen Geschehens keinen
vierten Sohn mehr zeugen, deshalb verfluchte Noah Kanaan, den vierten Sohn Hams. Nur
vereinzelt finden sich Stellen, die die Ursache des anstößigen Verhaltens von Ham erörtern.
In der Genesis Rabbah, dem ältesten Buch der Midrasch [hebr. „Forschung”], wird ein
Begründungszusammenhang angeführt. Als Ham seinen betrunkenen Vater nackt daliegen
sah, schritt Ham zur Tat, und gibt anschließend folgendes von sich: „Adam hatte zwei
Söhne, und der eine erschlug den anderen; Noah hat drei Söhne, daher wünscht er einen
vierten zu zeugen” (Genesis Rabbah 36, 5). Hier kommt also die frühchristliche Tradition,
die eine Verbindung zwischen Kain und Ham herzustellen bereit war, deutlich zum Tragen.
Die an und für sich positive Absicht Hams, einen weiteren Bruderkrieg zu verhindern, wird
nicht weiter kommentiert. Stattdessen werden andere Versionen angeführt, die zur
hamitischen Verfluchung geführt haben soll. Kanaan hätte Noah kastriert, also seinen
Großvater. An anderer Stelle kommt auch noch die Sodomie ins Spiel, die Noah und Ham
gemeinsam getrieben hätten (Sanhedrin 70a). All diesen Auslegungsversuchen ist
gemeinsam, dass die Ursache sittlichen Verstoßes stets auf die Nachkommen Hams
übertragen wird. Das Verhalten des Patriarchen Noah, etwa sein Trinkgelage oder seine
67
Lazarus Goldschmidt, Der Babylonische Talmud…, 1964; in dieser Talmud-Ausgabe ist jene Stelle
mit folgendem Zusatz wiedergegeben: „Der Hund wird [bei der Begattung] angeschlossen, der Rabe
spukt [den Samen] und Ham wurde mit seiner Haut-[farbe] bestraft” (Sanhedrin 70a). Ob mit dem
Motiv des schwarzen Raben die Hautfarbe Hams gemeint ist, wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, der
Gedanke drängt sich jedoch förmlich auf.
32
inzestiös veranlagten homosexuellen Neigungen gegenüber seinem Sohn findet bei den
jüdischen Gelehrten keinen Anlass der Erwägung.68
Weder Ham und Kanaan noch seine beiden Brüder werden im Koran erwähnt. Nuh
dagegen, die arabische Form des Noah, ist im Koran eine beliebte Figur, wie er auch in den
muslimischen Legenden vorkommt. Im Koran hat sich der ehemals jüdische Patriarch der
Bibel in den ersten Strafpropheten der Menschheit verwandelt, dem der islamischen
Rechtstradition gemäß noch sechs weitere folgen sollten. Wie im Bibeltext bereits, tritt auch
hier Nuh als der Retter der noch unbescholtenen Menschheit in Erscheinung, indem er diese
vor der Sintflut warnt. In der Sure 11: 42ff. wird ein anonymer Sohn Nuhs erwähnt.69 Nuh
fordert diesen im Namen Allahs dazu auf, die Arche zu betreten. Anstatt dem Rat seines
Vaters zu folgen, zog der ungehorsame Sohn es lieber vor, einen naheliegenden hohen Berg
zu besteigen. Dennoch sollten Nuhs Sohn und sein Familienanhängsel dieser
Ungehorsamkeit zufolge in der Sintflut umkommen. Nachdem Noah um seinen Sohn trauert,
erwiderte Allah: „Wahrlich, Noah, er gehörte nicht zu deiner Familie, denn er hat ungerecht
gehandelt.”70 Die Koran-Exegese hat den anonym erscheinenden Sohn des Nuh gerne mit
Kanaan identifiziert, ungeachtet dessen, dass dieser eigentlich der Enkel Nuhs ist. Die
islamischen Gelehrten zogen bei ihren Bemerkungen zum Koran auch die biblischen
Noachiden Sem, Ham und Japheth heran. Den mitunter recht freizügigen Umgang in der
Auslegung des Korans veranschaulicht der persisch-arabische Historiker At-Tabari [839923].71 In seiner Weltchronik gibt er den Sohn Nuhs als „Yam” wieder, der Jesus für eine
Weile wieder zum Leben erweckt haben soll. Wichtig bleibt zu vermerken, dass auch die
islamische Tradition Ham und seine Nachkommen abzusondern weiß.
68
David H. Aaron, Early Rabbinic Exegesis on Noah’s Son Ham and the so-called “Hamitic Myth“.
Journal of the American Academy of Religion 95, 63, 4, 1995: 721-761.
69
A. Wensinck; J. H. Kramers, Nuh. In: Handwörterbuch des Islam…, 1976: 589-591.
70
Koran, Sure 11: 46.
71
Eigentlich Abu Jafar Muhammad Ibn Jarir at-Tabari.
33
2. Vom verfluchten Hamitengeschlecht zu den versklavten negroiden Hamiten
Entgegen der Auffassung Edith Sanders72 werden die Hamiten in den frühen
nachchristlichen Jahrhunderten noch nicht mit der „schwarzen Hautfarbe” identifiziert,
jedoch deutlich erkennbar mit negativen Eigenschaften besetzt. Ham ist der sündhafte
Patriarch, der degenerierte Nachkommen hinterließ. Diese Stereotype setzt sich im
Mittelalter fort. Zunächst ist zu sagen, dass das Farbadjektiv „schwarz” im europäischen
Mittelalter durch die verheerenden Pestseuchen besonders negative Assoziationen einnahm.
Neben Trauer, Tod und Krankheit symbolisierte schwarz den Satan und den Antichristen
bzw. den Glauben an die bevorstehende eschatologische Endzeit. Das europäische
Hochmittelalter hat jedoch infolge seiner „orientalisch-äthiopischen Perspektive” Afrikas ein
durchaus positives Afrikabild hervorgebracht. Zu fragen gilt daher folglich, wann die
anthropologische Komponente der „schwarzen Hautfarbe” in die Betrachtung der
mittelalterlichen Geschichtstheologie Eingang erlangte. Im Folgenden wird also der Versuch
gestartet, diejenigen Elemente herauszugreifen, die zu der Sichtweise von vermeintlich
schwarzen Hamiten geführt haben. Um es vorwegzunehmen: es sind im Wesentlichen zwei
konträre Blickwinkel auf Afrika, die das ehemalige biblische Bild von einem verfluchten
Patriarchen hin zu einem degenerierten völkischen Begriff verwandeln: der aristokratischäthiopische und der sklavisch-guinesische.73
Wie das Weltbild im Allgemeinen, so waren auch die Vorstellungen über Afrika im
europäischen Mittelalter in erster Linie mythologisch und in den Kontext der Heilsgeschichte
und ihrer zahllosen philosophischen Interpretationen eingebaut. Mit den Kreuzzügen
eröffnete sich für das christliche Europa auch ein ferner Weltteil. Die Ritter repräsentierten
auf den Kreuzzügen ein geschlossenes christliches Gemeinschaftsgefühl, aus dem ein
eigenes Standesbewusstsein erwuchs. Das erste Auftreten eines freien Bürgertums und die
Herausbildung des Städtewesens brachten auch eine Neuinterpretation der noachidischen
Genealogie hervor. Der in Regensburg lebende Scholastiker Honorius von Autun [ca. 10901156] führte in seiner mittelalterlichen Enzyklopädie “De Imagine Mundi” die ständische
Scheidung der Noachiden ein: Die Freien stammen dahingehend von Sem ab, die Ritter von
Japhet und die Knechte von Ham. Freilich sollte diese Lehre die aristokratische Struktur der
deutschen Reichskirche rechtfertigen, in der lediglich freiständische Personen zu höheren
72
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis…, JAH 10, 4, 1969: 522; siehe auch die kritische
Stellungnahme von David H. Aaron, Early Rabbinic Exegesis on Noah’s Son Ham and the so-called
“Hamitic Myth”. Journal of the American Academy of Religion 95, 63, 4, 1995: 721-761.
73
Bei diesem Begriffspaar stütze ich mich auf Walter Sauer, Das afrikanische Wien…, 1996.
34
Ämtern aufsteigen konnten.74 Dieser Perspektive scheint der Afrikabezug jedenfalls völlig
abhandengekommen zu sein. In der Tat blieb bis zu den euphorischen Kreuzzugsaufrufen der
Kontakt Europas mit Afrika auf die iberische Halbinsel beschränkt. Es mag daher auch nicht
verwundern, wenn der Zisterzienser und Bischof Otto von Freising [1114-1158] kurz vor
seiner Teilnahme am zweiten Kreuzzug die Noah-Geschichte ohne Schwarze oder überhaupt
anthropologische Aspekte anzusprechen, ja sogar, ohne auch nur zu sagen, welcher der
Söhne Noahs denn eigentlich die Sünde auf sich geladen hätte: „Als Noah nach der Sintflut
einen Weingarten pflanzte und Wein trank, wurde er trunken und lag infolge der Trunkenheit
nackt da. Der eine seiner Söhne lachte ihn aus, als er ihn [so] sah, der andere [aber] deckte
ihn zu. Diese beiden Brüder waren also nach der Sintflut die ersten Bürger der beiden
Staaten, von denen wir handeln. Von diesen und dem dritten, also Sem, Ham und Japhet,
deren
Söhne
und
Enkel
sich
überallhin
verbreiteten,
stammt
das
gesamte
Menschengeschlecht ab.”75 Spätestens der zweite Kreuzzug [1147-1149] jedoch, an dem der
eben erwähnte Otto von Freising, dessen Stiefbruder, der staufische Kaiser Konrad III.
[1098-1152] aber auch der aus dem Geschlecht der Babenberger stammende Heinrich II.
teilnahmen, sollte das europäische Bild Afrikas revidieren. Den zuhauf ins Schlachtfeld
eilenden frommen Gottesstreitern wurde zwar durch die militärisch überlegeneren
Seldschuken eine gehörige Niederlage erteilt, diese Schmach zog jedoch eine liebevolle
Hinwendung an den byzantinischen Hof in Konstantinopel nach sich. Durch die Heirat
Heinrich II. mit Theodora Komnena, der Nichte des damaligen byzantinischen Kaisers
Manuel I., gelangten auch „orientalische” Traditionen an die mitteleuropäischen Höfe. Bald
schon beauftragte der gottesfürchtige Heinrich Jasomirgott den Goldschmied und
Emailmaler Nikolaus von Verdun, einen Flügelaltar für das Augustiner Chorherrenstift in
Klosterneuburg bei Wien herzustellen. Unter den 68 vergoldeten und emaillierten kunstvoll
verarbeiteten Kupfertafeln findet sich auch eine bildliche Darstellung der Königin von Saba.
Sie ist mit schwarzer Hautfarbe dargestellt [Abb. 10].76 Nicht zufällig nimmt die bildliche
Darstellung dieser Königin, die in dieser Form überhaupt als die erste in Mitteleuropa gilt,
auf das Alte Testament und den mit der Figur des Königs Salomon verbundenen
Legendenkomplex Bezug. Das Reich Saba wurde mit Äthiopien [Kusch] gleichgesetzt, in
welchem, wie angenommen wurde, der Nil und somit einer der vier Ströme des Paradieses
74
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 II, 2: 771.
75
Otto Bischof von Freising, Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten…, 1960: 64f.
76
Brigitte Vacha; Walter Poch, Die Welt der Babenberger…, 1995.
35
Abb. 10
Nikolaus von Verdun, die Königin Saba vor Salomon, Emailaltar von 1181, Chorherrenstift
Klosterneuburg.
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren..., 1993: 330.
36
entsprang.77 Die „afrikanische” Königin, die nach der Legende dem israelitischen König
Salomo einen Sohn gebar, galt als Stammmutter der äthiopischen Herrscher. Afrika als
geografischer Terminus blieb deshalb auf „Äthiopien” beschränkt und wurde als Teil des
„orientalischen” Asiens gesehen. Es war dem Geschichtstheologen Otto von Freising
vorbehalten, erstmals den äthiopischen Menelik mit dem aus europäisch-mittelalterlicher
Sicht wichtigsten Erzpriester namens Johannes gleichzusetzen.78
Ein ähnlicher äthiopisch-orientalischer „Einzug” fand in Köln statt. Um den
Legendenkomplex der „Heiligen Drei Könige” entstand in der Rheinmetropole ein Kult, der
bis heute die Pilger ungebrochen in Scharen anzieht. Die Heiligen Drei Könige
symbolisierten zunächst die drei Lebensalter des Menschen. Der für das europäische
mittelalterliche Denken so einflussreiche angelsächsische Benediktinermönch und Historiker
Beda [672-735], dem die spätere Zeit den Beinamen „der Venerable – der Ehrwürdige”
beigefügt hat, betrachtete die drei Könige jedoch erstmals als die Vertreter der damals
bekannten drei Erdteile: Europa, Asien und Afrika und verwob damit die Noachiden des
Alten- mit den drei Weisen des Neuen Testaments.79 Für das Verständnis der allegorischen
Gleichsetzungen der drei Magier [Melchior, Balthasar, Kaspar] mit den drei Noachiden
[Sem, Japhet, Ham] und deren Reiche [Nubien und Arabien, Godolia und Saba, Tharsis und
Egryskulla] schließlich der drei biblischen Gaben [Gold, Weihrauch, Myrrhe] ist das
mittelalterliche Afrikabild einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Zunächst ist zu
erwähnen, dass bis ins Mittelalter das heutige Afrika lediglich der Teil „Äthiopien”
entsprach, seit dem Eroberungszug Alexander des Großen 326 v. Chr. konnte es auch Indien
bezeichnen. Meist wurden die beiden Begriffe jedoch einfach als Synonyme gebraucht.
In den frühchristlichen Darstellungen der Heiligen Drei Könige ist kein geografischer
Bezug gegeben, sowohl was Afrika als auch Asien anbelangt. Der „Mohr” ist der
christlichen Ikonographie des zweiten Jahrhunderts noch unbekannt. Die biblischen Magier
sind nirgendwo weder namentlich genannt noch als Könige bezeichnet. Origines von
Alexandria [185-253] war der erste, der von „drei” Magiern spricht. In der
77
Neben Euphrat und Tigris sind in Genesis 2: 8-13 die Paradiesströme Pischon und Gihon erwähnt.
Die Geografen der Antike assoziierten die Stelle „Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das
ganze Land Kusch” mit dem Nil, Pischon wurde mit dem Ganges gleichgesetzt.
78
Walter Sauer, Das afrikanische Wien…, 1996; Quellenmaterial zur legendären Gesandtschaft des
Priester Johannes und die dazu entstandene Heilserwartung in Richard Hennig, Terrae incognitae…,
2
1944: II, III.
79
Herbert Lang (Hrsg.), Weise aus dem Osten. In: Bibellexikon…, 1956: 1700.
37
Katakombenmalerei schwankte die Zahl anfangs zwischen zwei und vier.80 Der Karthager
Tertullian [160-220] setzte die Magier des Evangeliums mit dem Psalmvers 72,10 gleich, der
dem volkstümlichen Bild der „Drei Weisen aus dem Morgenlande” im Wesentlichen
entspricht: „Die Könige von Tarsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen, die Könige
aus Saba und Scheba sollen Gaben geben. Alle Könige sollen vor ihm [Salomo] niederfallen
und alle Völker ihm dienen.” Erst Caesarius von Arles [-542] assoziierte die Magier mit drei
„Königen”. Seitdem die christliche Religion zur römischen Staatsreligion [380] erhoben
wurde, repräsentierte das Motiv der Magierhuldigung die verkörperte Idee eines christlichen
Imperium Romanum.81 In der Kirche San Vitale in Ravenna erscheint unter dem
Triumphbogenmosaik neben dem Kaiserpaar Justinian und Theodora auch die „Huldigung
der Magier”. Nichts Afrikanisches ist an dieser bildlichen Darstellung erkennbar. Erst im 9.
Jahrhundert bekommen die Drei Magier nach etlichen Schwankungen die Namen Kaspar,
Melchior und Balthasar, während ihre Dreizahl wegen der im Matthäusevangelium
genannten drei Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe schon früher angenommen wurde. Als
deren spärlichen Überreste 1164 durch den Raub Friedrich Barbarossas von Mailand nach
Köln gebracht worden waren, erlangte die rheinische Kurfürstenstadt durch den einzigartigen
Reliquienschatz hohes Ansehen. Wiederum war es Nikolaus von Verdun vorbehalten, einen
Schrein für die Gebeine der drei Könige anzufertigen. Auch hier kommt die Synthese
orientalisch-byzantinischer Formen zum Ausdruck. Aus dieser Zeit war auch die Legende
entstanden, dass die Leiber der Heiligen Drei Könige in den Besitz der Heiligen Helena, der
Gemahlin Konstantins des Großen gelangt waren. Von Konstantinopel sollen sie dann durch
Bischof Eustorgius nach Mailand gekommen sein. Als „königliche” Reliquien legitimierten
sie das staufische Königtum und den Anspruch des Kölner Erzbischofs auf die
Königskrönung in Aachen. Die Heiligen Drei Könige repräsentierten durch die Nähe zum
göttlichen Kind von Bethlehem gewissermaßen das von Gott eingesetzte Königtum, und
legitimierten dahingehend das über Karl den Großen und über die Staufer das im Abendland
erneuerte Kaisertum. Unter der Berufung der Heiligen Drei Könige konnte der
Machtanspruch der Heidenwelt geltend gemacht werden.
Entgegen der volkstümlichen Auffassung, die Kaspar als den Mohrenkönig darzustellen
pflegte, wurde diese Rolle zunächst dem Balthasar zugeschrieben. “Rex Balthasar, qui
niger”, soll Elisabeth [1129-1164], eine seit ihrer Kindheit visionär veranlagte Nonne im
80
Ernst Dassmann, Epiphanie und die Heiligen Drei Könige. In: Rainer Budde (Hrsg.), Die Heiligen
Drei Könige…, 1982: 16-19.
81
Johannes G. Deckers, Die Huldigung der Magier in der Kunst der Spätantike. In: Rainer Budde
(Hrsg.), Die Heiligen Drei Könige…, 1982: 20-32.
38
Kloster Schönau in Hessen, in einem ihrer zahlreichen Dankensgebete ausgerufen haben.
Das Bild des „schwarzen Balthasar” setzte sich auch in weltlichen Darstellungen fort. Köln
war im 13. Jahrhundert die bedeutendste Handelsmetropole diesseits der Alpen. Ihre
Aktivitäten reichten bis in das fernöstliche Karakorum. Nicht geringeres Ansehen verlieh ihr
der Sitz desjenigen Erzbischofs, der den deutschen Kaiser zu krönen hatte. Wie auf den
Kreuzzügen im Orient gesehen und gelernt, entwickelten die Kölner Kaufleutegeschlechter
einprägsame Wappen. Zunächst als Kennzeichen von Waffen in Gebrauch, repräsentierten
sie alsbald Stand und Familienabstammung. Das Motiv des schwarzen Balthasars erfreute
sich in der Heraldik zunehmend an Beliebtheit. In dieser Form präsentiert sich erstmals das
Wappenbuch des niederrheinischen Herolds Gelre um 1370. Der Schild des Kaspar zeigt auf
blauem Grund einen goldenen Halbmond und einen sechsstrahligen Stern aus dem gekrönten
Helm wächst als Helmzier ein bärtiges Haupt. Der Schild des Melchior zeigt auf blauem
Grund sechs goldene Sterne; als Helmzier einen Stern. Der Schild des Balthasar zeigt auf
goldenem Grund einen rotgekleideten Mohren, der eine Fähnleinlanze hält; als Helmzier
überragt ein Mohrenkopf den Kübelhelm.82
Es ist also zunächst der „König” Balthasar, der mit der schwarzen Hautfarbe identifiziert
wurde. In einem von Wolfgang von Goethe wieder aufgefundenen Manuskript aus dem 14.
Jahrhundert kommt jedoch Kaspar als der “rex niger” vor. Darin erscheint der Mohrenkönig
jedoch nicht mehr in verehrungswürdiger Form, sondern wird mit der Ketzerei, also
vermeintlich
degenerierten
Christen
in
Verbindung
gebracht.
Anhand
der
berühmtgewordenen Drei-Königslegende des Johann von Hildesheim [gest. 1375], von
Gustav Schwab 1822 erstmals ins Deutsche übertragen, kann dieser Wandel nachvollzogen
werden. „Darnach, so Leute geboren aus dem Lande Tharsis und aus der Insel Egryskulla, da
Jaspar, der Mohrmann, ihr König und Herr, regieret hatte, der dem Herrn die Myrrhen
opferte; die Leute heißen in allem Orient Nestorianer, denn sie wurden verfälscht indem
Glauben und verführet von einem Ketzer, der hieß Nestorius.” […] „Und diese werden in
allen Landen des Orient von allen Christen gehasst und verachtet. Und mit ihrer Ketzerei
sind bei vierzig Reiche und Lande verfälscht worden; und sind zum meisten Teile schwarze,
hässliche Mohrenleute. Und in allen ihren Reichen machen sie in ihren Kirchen Gott, und die
selige Jungfrau, und Sankt Thomam, und die heiligen drei Könige schwarz, und die Teufel
weiß, zum Spotte der andern.”83 Nach dieser Legende gab es also drei Indien, worunter auch
82
Heiko Steuer, Die Heiligen Drei Könige und das Wappen der Stadt Köln. In: Rainer Budde (Hrsg.),
Die Heiligen Drei Könige…, 1982: 97-111.
83
Johannes Hildesheimiensis, Die Legende von den Heiligen Drei Königen…, 1980 [orig. 1925]:
Kap. XXI: 114-115; die Handschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert.
39
das christliche Äthiopien gerechnet wurde, das offensichtlich wenig mit dem heutigen
geografischen Begriff Afrika gemein hatte. Die Legende erwähnt als das erste Indien das
Land und Königreich Nubien und Arabien, da herrschte Melchior, der das Gold opferte;
jenseits des Roten Meeres gab es noch ein Indien, das von Priester Johann beherrscht wurde.
Arabien gehörte jedoch einst dem Erzpriester Johann und nicht dem Melchior. Das zweite
Indien war das Reich Godolia und das alte Königreich Saba, wo Balthasar herrschte, der
Weihrauch opferte. Das dritte Indien war das Reich Tharsis, das von Kaspar regiert wurde,
der Gott Myrrhe gegeben hat. Darunter war auch die Insel Egryskulla, wo der Leichnam des
Heiligen Thomas aufbewahrt war. Kusch, der zweite Sohn Hams, repräsentierte im
ausgehenden Mittelalter weniger Afrikanisches, sondern eher Orientalisches. Zudem kommt
das augustinische Bild des ketzerischen Hamitengeschlechts wieder zum Vorschein. Mit den
frühen Entdeckungsfahrten, die gleichsam mit den Expansionsbestrebungen Europas Hand in
Hand gingen, verlagerte sich das orientalisch-äthiopische Bild Afrikas hin zu einem
guinesischen. Der „edle Mohr” aus dem „indischen” Äthiopien – oder „Mohrenland” wie
Luther das hebräische Wort „Kusch” übersetzt hat – wird zum „schwarzen Teufel”,
gleichsam zum heidnischen Sklaven degradiert. Dieser Wandel setzt erst in der Folge des
Aufstiegs des transatlantischen Sklavenhandels ein, der zunächst die Küste Guineas – das
portugiesische Wort für “ghana” – später auf die Küsten Angolas ausgedehnt wurde. In der
Barockzeit ist der ehemals „königliche Mohr” Kaspar bereits in eine lustige Figur im
Puppenspiel umfunktioniert, während der hebräische Beiname „König des Lichts” allein für
den Melchior bestimmt bleibt.
Hinsichtlich anthropologischer Zuordnungen im Sinne der späteren Rassevorstellungen
zeigt sich die Farbe schwarz im christlichen Mittelalter durchaus als ambivalent.
Hochmittelalterliche Darstellungen weisen daraufhin, dass der Mohr auf der einen Seite als
der geborene Antichrist verdammt sei, da er der verfluchten Ham-Natur angehöre. Auf der
anderen Seite zeigt er sich jedoch in einer durchaus verehrungswürdigen Rolle. Dieses
Wesensmerkmal zieht sich bis in die Neuzeit herauf durch und sei exemplarisch illustriert.
Der Heilige Mauritius, ein aus dem oberen Nil stammender afrikanischer Offizier, soll der
christlichen Legende nach als Anführer der thebaischen Legion vom Tetrarchen Marcus
Maximianus [um 240-310] zur Christenverfolgung eingesetzt worden sein. Als Mauritius
seinen Gehorsam verweigerte, starben der dunkelhäutige nubische Offizier und seine treue
Soldateska den Märtyrertod.84 Seine christliche Loyalität und sein heldenmütiger Charakter
83
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren…, 1995: 34.
84
Zur Mauritius-Legende siehe Johann Zedler, St. Mauritius. In: Großes vollständiges Universal-
Lexikon…, 1739 XIX: 2217; Otto Wimmer, Das Handbuch der Namen und Heiligen…, 1993: 87; der
40
lebten jedoch in der christlichen Legende fort. Die Ottonen machten den Heiligen Mauritius
zum wichtigsten Repräsentanten des deutsch-römischen Reiches. Das Reichsschwert oder
das Schwert des Mauritius, wie es auch genannt wurde, zählte zu den wichtigsten
Hoheitsabzeichen des römisch-deutschen Kaisers vom zehnten Jahrhundert bis zur
Reichsniederlegung 1806. Das Standbild des Heiligen Mauritius im Magdeburger Dom [ca.
1240] weist deutlich negroide Züge auf [Abb. 11]. Etwa zwei Jahrhunderte später ist man
sich seiner positiven Einschätzung jedoch nicht mehr so sicher, wie ein sächsisches Altarbild
veranschaulicht. Als „schwarz vor Verachtung seiner selbst”, umschreibt nun die Legende
die Hautfarbe des nunmehr etablierten Schutzpatrons von Magdeburg. Das 1425/30
entstandene Retabel in der Nikolaikirche von Jüterborg zeigt neben dem Bischof und einem
Priester den Heiligen gerade bei seiner christlichen Taufe [Abb. 12].85 Eigenartigerweise
steckt Mauritius mit seinem Körper zur Gänze im Taufbecken. Ein Engel hält ein weißes
Tuch für das „Bad” bereit, um die sakrale Handlung einzuleiten. Offensichtlich sollte mit
dem Taufakt auch die Vorstellung einer „Weißwaschung” des Mohren assoziiert werden, ein
Zusammenhang, den vereinzelte Theologen so erklärten, dass die Seele eines Mohren nach
seiner Bekehrung zum Christentum ebenfalls „weiß” gewaschen werde. Das Motiv des
abfärbenden Mohren, den man reinwaschen könne, bildete ein beliebtes Motiv in der
Jugendliteratur des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Es ist aber keinesfalls so, dass sich der Übergang von der äthiopischen zur guinesischen
Perspektive abrupt vollzogen hätte. Der mit Albrecht Dürer in engem Kontakt stehende
Maler Matthias Grünewald [1460/1470-1528] stellte den afrikanischen Offizier in der
Begegnung mit dem Märtyrer Erasmus, einem der vierzehn Nothelfer, als einen
Dunkelhäutigen im Renaissancestil dar [1521-1523, Alte Pinakothek München]. Der
transatlantische Sklavenhandel war ja erst im Entstehen begriffen.
Die menschliche Hautfarbe als Kriterium einer rassischen Zuordnung lässt sich im
Mittelalter nur bedingt finden, im Wesentlichen ist es ein Gedanke der Neuzeit. Die
Behandlung Hams und seiner Nachfahren in den mittelalterlichen Genealogien macht dies
deutlich. Eine Pergamentrolle aus dem Jahre 1230 zeigt anhand der „Genealogie Christi“,
Noah und seine Söhne Sem, Ham und Japhet deutlich mit heller Hautfarbe, ebenso Hams
Söhne Canaan, Futh (Phut) und Mersius (Mizraim). Chus (Kusch), der vierte Sohn Hams,
dessen Wohnort mit „Äthiopien” angegeben wird, „das jetzt Afrika heißt”, wird dagegen mit
dunkler Hautfarbe dargestellt. Darauf sind die Abkömmlinge Hams abgebildet. Hams Linie
neuere Beitrag von Erich Sommerauer, Die Lanze des Heiligen Mauritius. In: Walter Sauer, Das
afrikanische Wien…, 1996: 14-16.
85
Werner Jade, Die Taufe des Mohren…, FAZ 6.7.1998: Feuilleton.
41
Abb. 11
Standbild des Heiligen Mauritius, ca. 1240, Magdeburger Dom.
Der aus dem „Sudan“ stammende christliche Märtyrer Mauritius wurde von den Ottonen zum
Reichsheiligen erhoben [siehe auch Mauritiusschwert und -Lanze, Wiener Schatzkammer].
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren..., 1993: 333.
42
Abb. 12
Die Taufe des Heiligen Mauritius, Retabel der Nikolaikirche, Jüterborg, 1425/30.
Die „nachträgliche“ Taufe des dunkelhäutigen Märtyrers erscheint hier als „Weißwaschung“ des
Mohren. Der kausale Zusammenhang von dunkler Hautfarbe und sündhafter Seele wird hier mit der
Taufe gerechtfertigt.
Werner Schade, Die Taufe des Mohren…, FAZ 6.7.1998.
43
wird lediglich über seinen schwarzen Sohn Nimrod – mit dem Turmbau zu Babel dargestellt
– weitergeführt. Nimrod ist merkwürdigerweise wieder hellhäutig, obwohl Chus zuvor mit
Wollhaaren und dunkler Gesichtsfarbe versehen wurde.
Ähnlich geht der Nürnberger Stadtphysiker Hartmann Schedel [1440-1514] mit seinem
hamitischen Stammbaum um. Die heute vorliegende Weltchronik aus dem Jahr 1493 zeigt
Chus als einen „Weißen”. Im darin vorkommenden Holzschnitt von Michel Wolgemut
[1434-1519] erscheint Hams Nachkomme Dadan dagegen mit dunkler Hautfarbe, obwohl
dessen Vater augenscheinlich zuvor hellhäutig dargestellt wurde. Die Autoren der
Pergamentrolle bzw. Hartmann schweigen sich über jegliche Erklärung aus, wie es möglich
sein konnte, dass der weiße Ham dunkelhäutige Nachkommen zu zeugen imstande war
[Abb. 13, 14]. Der Mediavist Horst Borst hat zu den dargestellten bärtigen Patriarchen
Hartmanns kritisch bemerkt, dass sie aussehen würden wie Nürnberger Patrizier.86
Offensichtlich gewannen die Bibelschreiber bis in die frühe Neuzeit hinein, der
menschlichen Hautfarbe wenig Bedeutung ab.
Von weit entscheidender Bedeutung stellte sich während des Mittelalters die
Aufrechterhaltung der Weltordnung heraus. Häretische Schriften rüttelten seit dem 12.
Jahrhundert an der Monogenese als ein Dogma des christlichen Glaubens. Zudem entblößten
die seit dem 13. Jahrhundert mehrenden ethnografischen Berichte den „katholischen”
Anspruch der Kirche als alleinige Weltreligion. Die verschiedenen Apologeten sahen sich
dahingehend gezwungen, die Völkertafel und die groben Einteilungen der alttestamentlichen
Erzählungen von der babylonischen Sprachverwirrung und der anschließenden Zerstreuung
der Menschen in „alle Welt” im wortgetreuen Sinn einer Neuinterpretation zu unterziehen.
Ihre Bemühungen richteten sich dahingehend, das neue ethnografische Material systematisch
auf Adam oder Noah zentriert, in eine bibelkonforme genealogische Ordnung zu bringen, um
den Gedanken der großen Seinskette zu retten.87 Die Verteidigung der Einheit der Schöpfung
durch die Hervorhebung des verwandtschaftlichen Elements – die Unilinearität –, zog die
Konsequenz nach sich, die bestehenden Differenzen zwischen den verschiedenen Völkern zu
nivellieren.
Die Zuordnung nach ethnischen Gruppen erscheint im Mittelalter sehr komplex. Die
legendären Reisen des John von Mandeville, ein in Frankreich lebender Engländer,
verdeutlicht dies exemplarisch. Sein 1356 auf Französisch erdichteter Reisebericht wurde
86
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1041.
87
Arthur Owen Lovejoy, The great chain of being…, 1964 [1933].
44
Abb. 13
Die Abkömmlinge Hams, Ausschnitt einer Genealogie Christi (Rotulus) aus der Kathetrale von St.
Patroklus, Soest, ca. 1230, Berlin, Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz.
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren..., 1993: 278.
Abb. 14
Die Genealogie Hams, Michael Wolgemut und Werkstatt. Hartmann Schedel, Liber chronicarum…,
Nürnberg, 1493.
Der Vergleich dieser beiden Ham-Genealogien veranschaulicht, dass während des europäischen
Mittelalters die dunkle Hautfarbe willkürlich verwendet wurde.
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren..., 1993: 279.
45
bald ins Englische, später sogar ins Lateinische übersetzt.88 Dieser war stets begehrt, wegen
seiner Veranschaulichung zeitgemäßer historischer Themenstellungen. Er gehörte rund 250
Jahre zu den beliebtesten Reisebüchern. Seine Glaubwürdigkeit wurde in dieser Zeit nie
ernsthaft angezweifelt. Als kleine Weltgeschichte dokumentiert Mandeville bewegende
Ereignisse seiner Zeit, wie den gewaltsamen Kontakt der christlichen Kreuzritter mit den
arabischen Sarazenen; oder den nach langer Zeit wieder erfolgten Austausch mit den in
Syrien lebenden christlichen Gemeinden. In besonderem Maße hob Mandeville die
Eroberungszüge der Tartaren heraus, welche er als besonders grausam schilderte. Das
bemerkenswerteste bei Mandeville ist, dass er die noachidische Aufteilung verdrehte: “And
this Cham, for his crueltee, toke the gretter and the best partie, toward the est, that is clept
Asya. And Sem toke Affryk. And Japheth toke Europe. And therfore is alle the erthe
departed in theise iii. parties be theise iii. bretheren.”89 Die hier durchaus als ungewöhnlich
zu bezeichnende Gebietsaufteilung erscheint als ein reiner Gewaltakt, wobei sich Ham unter
seinen Brüdern als der Mächtigste hervortut. Als grausamer Tyrann gibt er sich nicht mit
dem Kontinent Afrika zufrieden, sondern reißt Asien als den besten Erdteil an sich. Diese
Umkehrung verfährt jedoch nicht beliebig. Nach Mandeville wären aus dem Geschlechte
Sems, die Sarazenen hervorgegangen, da sie Semiten sind. Von den in Syrien lebenden
Christen hätte er erfahren, dass die heutigen Israeliten die Söhne Japhets repräsentierten. Der
Name des hamitischen Geschlechts schließlich leite sich schlicht von “Khan”, dem Titel der
Tartaren ab. Das verbreitende Böse, die Verfluchung mitsamt den von Plinius aufgebrachten
Monstervölkern verweist Mandeville partout in das entlegene Asien. In anschaulicher Weise
werden in der 1499 erstellten deutschen Straßburger-Ausgabe die Monstervölker mittels
Holzschnitten dargestellt. Über „Cham” heißt es wörtlich: „Zu der Zeit kamen die Teufel
etliche Male, schliefen mit den Weibern der Nachkommen Chams und zeugten Ungeheuer
und missgestaltete Menschen: ohne Köpfe, andere mit großen Ohren oder nur einem Auge,
oder gar mit Pferdefüßen. Von diesen Nachkommen stammen die Heiden ab, die auf den
Inseln vor Indien leben. Wie sich Cham Sohn Gottes und Herr der Erde nannte, so heißt auch
der Kaiser von China Khan und Herr der Erde. Die Tataren sind die Nachkommen von
Chams.”90 Auf der anderen Seite spricht Mandeville von den afrikanischen Nubiern
88
Der originale Text, um 1355 in Liège geschrieben, ist nicht erhalten; es sind jedoch mehr als 300
Mandeville Handschriften bekannt; siehe auch A. Bovenschen, Johann von Mandeville und die
Quellen seiner Reisebeschreibung. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 23, 1888: 177306.
89
John Mandeville, Mandeville’s Travels..., 1967: 160-161.
90
John Mandeville, Die Reisen des Ritters John Mandeville…, 1965: 143.
46
keineswegs abschätzig, ganz im Gegenteil: „Die Menschen in Nubien sind Christen, doch
sind sie schwarz von der heißen Luft und der Sonne, denn die Sonne brennt gar heiß in
jenem Land. Und nach ihrer Meinung sind sie ums so schöner, je schwärzer ihre Haut ist.”91
Darüber hinaus berichtet Mandeville, er habe einen Mann gesprochen, der „immer gen Osten
wanderte, bis er wieder nach Hause kam.”92 Mandeville hat auch Christoph Kolumbus in
seiner Meinung bestärkt, dass die Erde eine Kugel ist. Abermals zeigt sich, dass die Autoren
des Mittelalters und genauso in der frühen Neuzeit noch den Noachiden eher moralische
Werte in symbolischer Form zuschrieben als den geografischen und ethnischen
Gegebenheiten entsprechen zu wollen. Geschickt werden die genealogischen Stammbäume
mit historischer Erfahrung vermischt. Wie Martin und Borst stichhaltig dargelegt haben,
präsentierte die Völkertafel sich im Mittelalter „als ein wildes Gewächs, das keiner logischen
Gliederung folgt; die geografische, ethnologische, sprachliche und politisch-historische
Gliederung sind ohne Prinzip nebeneinander verwendet; auch eine rassografische oder
klimatologische Gliederung lässt sich nicht ohne Zwang herausschälen.”93
Es wurde bereits angedeutet, dass der Bibeltext die Hamiten sowohl als sklavische
Knechte als auch tyrannische Machtusurpatoren charakterisiert, ein Gegensatz, der im
Kontext des arabischen Sklavenhandels und des Investiturstreits zwischen Kirche und
Kaisertum neue Bedeutung erlangt. Während Mitteleuropa erst durch die Kreuzzüge mit dem
Islam konfrontiert wurde, zeigt sich auf der iberischen Insel ein ganz anderes Bild: Hier hatte
sich seit 711 eine jahrhundertelang währende Kulturtradition islamischer, jüdischer und
christlicher Prägung herausgebildet, die erst infolge des Falls von Granada 1492, der letzten
islamischen Bastion, und der anschließenden Vertreibung der Juden durch die spanischen
Katholiken abreißen sollte. Während dieser Zeit kommt es zu einer Vermischung jüdischer
und christlicher Auslegungsversuche der Bibel. Ein beliebtes Motiv stellt dahingehend die
Entmannung Noahs dar: Nach der jüdischen Tradition kastrierte Ham seinen Vater im
trunkenen Zustand, worauf dieser Kanaan verflucht habe. Diejenigen christlichen Theologen,
die sich mit den hebräischen Mythen auseinandersetzten, führten derartig negativ besetzte
Oraltraditionen Ham betreffend auf den Umstand zurück, dass die Unterwerfung der
Kanaaiten durch die Israeliten rational gerechtfertigt werden müsste.94 Während des
Mittelalters bildete die Haggada [hebr. „Erzählendes”], einem Teil der mündlichen Lehre
91
92
John Mandeville, Die Reisen des Ritters John Mandeville…, 1965: 40.
John Mandeville, Die Reisen des Ritters John Mandeville…, 1965: 119; Mandeville gibt den
Umfang der Erde mit 31500 Meilen an.
93
Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren…, 1993: 279.
94
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis…, JAH 10, 4, 1969: 521-532.
47
[Gemara] des Talmuds, die Hauptquelle für das rabbinische und jüdische Schrifttum.
Reisende des Mittelalters waren offensichtlich sowohl mit jüdischen als auch mit christlichen
Traditionen vertraut, wie der Bericht von Benjamin Ben Jonah von Tudela, einem der
bedeutendsten Reisenden des 12. Jahrhunderts, verdeutlicht. Seine zwischen 1160 und 1173
unternommenen Reisen führten ihn vom nordspanischen Navarra ausgehend in den
Mittelmeerraum bis ins nordöstliche Afrika. Nach einer beschwerlichen Fahrt durch das
ägyptische Wüstengebiet bot sich dem Reisenden am ersten Katarakt des Niltals folgende
gesellschaftliche Situation: “Thence to the land of Assuan is a journey of twenty days
through the desert. This is Seba in the river Pishon (Nile) which descends from the land of
Cush. And some of these sons of Cush have a king whom they call the Sultan Al-Habash.
There is a people among them who, like animals, eat of the herbs that grow on the banks of
the Nile and in the fields. They go about naked and have not the intelligence of ordinary
men. They cohabit with their sisters and any one they find. The climate is very hot. When the
men of Assuan make a raid into their land, they take with them bread and wheat, dry grapes
and figs, and throw the food to these peoples, who run after it. Thus they bring many of them
back to prisoners, and sell them in the land of Egypt and in the surrounding countries. And
these are the black slaves, the sons of Ham.“95 Hier erscheint also die Gleichsetzung der
Söhne Hams und schwarzer Sklave erstmals in expliziter Form. Die Nachkommen Hams
sind demnach die Unfreien, die Barbaren, die der Reisende von den offensichtlich freien
Kuschiten unterschieden wissen wollte. Genealogisch betrachtet war Kusch jedoch ein Sohn
Hams, ein Widerspruch, der bei Benjamin unkommentiert bleibt. Welche soziohistorischen
Umstände führten einen derartigen Wandel in der Betrachtungsweise herbei? Der Bericht ist
kurz vor dem Fall des fatimidischen Kalifats 1171 in Kairo einzuordnen, danach erst konnte
sich das christliche Nubien wieder entfalten. Seit der Besetzung Ägyptens 963 durch die
Fatimiden kam es zu regelrechten Kriegszügen ins obere Niltal. Das Geschäft der Sklaverei
florierte und nahm, wie dem Bericht Benjamins zu entnehmen ist, oft grausame Formen an.
Unklar bleibt bei der Erwähnung der „primitiven Nackten”, um welche ethnische Gruppen es
sich hierbei handelte. Lediglich die Hinweise einer unsteten Wohnbleibe und das Fehlen
einer Kleidung deuten auf eine nomadische Lebensform hin, die etwa an die nilotischen
Dinka oder Nuer denken lässt.96 Wichtig für unser Thema bleibt festzuhalten, dass hier
erstmals die ideengeschichtliche Komponente des verfluchten Hamitengeschlechts mit der
Sklaverei in Afrika in Verbindung gebracht wird. Benjamins Bibelmetapher sollte in der
Folge als Stereotype immens dazu beitragen, den Sklavenhandel in den christlichen Ländern
95
Marcus Nathan Adler, The Itinerary of Benjamin of Tudela…, 1907: 68.
96
Robert L. Hess, Travels of Benjamin Tudela. JAH 6, 1, 1965: 20.
48
legitimieren zu helfen. Unter Betracht der historischen Rekonstruktion der Entstehung des
Hamiten-Mythos, aber auch um der Einordnung des Mittelalters gerecht zu werden, ist die
Wirkungsgeschichte des Reiseberichts wegen ihrer Aussagekraft von Bedeutung. Benjamin,
zwar von manchen als der „größte Reisende des Mittelalters” gewürdigt, sein „Buch der
Reisen” [hebr. Sefer ha-Massa’ot] spielte jedoch für seine zeitgenössische Periode praktisch
keine Rolle. Es ist während des gesamten Mittelalters unbekannt geblieben. Erst als der
Bericht 1543 in hebräischer Sprache in Konstantinopel publiziert wurde, geriet er langsam
ins öffentliche Bewusstsein.97 Allgemeine Verbreitung fand er in der Folge besonders im
franko- und anglophonen, weniger im deutschen Sprachraum; also in jenen Ländern, die am
atlantischen Sklavenhandel am intensivsten beteiligt waren. Zwischen 1625 und 1904 kamen
sechs englische und zwischen 1729 und 1830 vier französische Ausgaben heraus; die erste
deutsche Ausgabe erschien erst 1904.98 Benjamin ist insofern auch bedeutsam, da er erstmals
die Idee der Suche nach den „zehn verlorenen Stämme Israels” auf Afrika übertrug.
Dahingehend identifizierte er die Danakil [Eigenname ist Afar mit der Bedeutung „Freie”],
eine Gruppe von muslimischen Hirtennomaden in Nordäthiopien, mit dem „verlorenen
Israel-Stamm” Dan, als dessen Stammvater nach der Genesis (1. Mose 30: 3-6) der fünfte
Sohn Jakobs gilt. Dadurch kam ein weiteres Moment hinzu, den Bibeltext im Kontext
Afrikas zu sehen. Als dessen Nachkommen identifizierte er die Afer, ein bei Bad-el-Arab
lebende Hirtengruppe. Die Ethnografie des 19. Jahrhunderts bezeichnete diese nomadische
Viehzüchterkultur schlicht als etwas Unafrikanisches, da sie der bibelzentrischen Perspektive
gemäß aus Asien nach Afrika gekommen sein muss. Da im äthiopischen Buch der Jubiläen
8, 15 Ophir als Afra erscheint, war hier ein hypothetischer etymologischer Zusammenhang
gegeben. Aufgrund ihres „hamitischen” Aussehens machte der österreichische kaiserliche
Rat und Geograf Philipp Paulitschke [1854-1899] die Afer in der internationalen
Gelehrtenwelt bekannt.99 Folgerichtig wurden die Hamiten in die Nähe der Genese des
hebräischen Volkes gestellt.
Das geschichtstheologische Bestreben nach eigenen Urahnen zu fahnden, führte zu einem
Ineinanderfließen
der
Herrscher-
und
Völkergenealogien.
Bei
den
einzelnen
Kirchenreformern erfährt die Sichtweise der Noachiden eine völlig neue Einschätzung. Dem
97
Robert L. Hess, Travels of Benjamin Tudela. JAH 6, 1, 1965: 15-24; damit ist Hennig korrigiert, der
die erste Ausgabe mit 1764 angibt; vgl. Richard Hennig, Terrae incognitae…, 21950 II: 423-437.
98
Auch die beiden holländischen Ausgaben aus den Jahren 1666 und 1698 bestätigen diese Annahme;
vgl. Robert L. Hess, Travels of Benjamin Tudela. JAH 6, 1, 1965: 16, Anm. 5.
99
Philipp Paulitschke, Ethnographie Nordost-Afrikas…, 1893; Paulitschke hielt sich zwischen 1880
und 1885 in Nordostafrika auf.
49
Oxforder Theologieprofessor und Reformer John Wyclif [ca. 1320-1384] war es ein
Anliegen, die Kirchengeschichte der sündigen weltlichen Herrschaft bloßzulegen. Durch
Bibelstudien zu einem radikalen Verfechter des frühkirchlichen Armutsideals geworden,
kritisierte Wyclif auf dieser Grundlage die Besitzkirche und bestritt dem Papst jeglichen
politischen Machtanspruch. Dabei kehrte er das Bild der Hamiten als Knechte völlig um. Als
der Erfinder weltlicher Herrschsucht wäre der erste Städtebauer Kain anzuführen; der
hamitische Riese Nimrod erweiterte diese zur Tyrannei, als er den Turm zu Babel erbauen
ließ. Auch in Ägypten knechteten die Hamiten die Juden, und die Reihe der Großreiche, die
ihr Recht auf Eroberung stützten, gipfelte bei den Römern. Bei Martin Luther [1483-1546]
wird der Hamite Nimrod zum Kaiser der Welt hochstilisiert.100 Wyclif regte die erste
Bibelübersetzung ins Englische an. Mit der Ausbildung von Laienpredigern, den
sogenannten Lollarden oder „Unkrautsäer”, rief er indirekt eine Volksbewegung ins Leben,
deren Ideen sich auf die Vorreformation in Prag auswirkten.101 Die Epoche des Humanismus
mit seinen Reformbestrebungen veränderte das noachidische Ständedenken. Luthers
bedeutendster Mitarbeiter, Phillipp Melanchthon [1497-1560], verlagerte 1539 die
landeskirchliche Stände-Trias „Prediger-Fürst-Kirchenvolk” mittelalterliche Ständegenealogie hin zu einem neuen Geschichtsmythos. Das Priestertum verknüpfte er mit den
asiatischen Semiten, den Adel mit dem europäischen Japhetiten und die Dienstbarkeit mit
Ham und Afrika. Letztere wurden auf der Gesellschaft Europas mit den unfreien Bauern
gleichgesetzt.102
Um 1600 war die Gleichsetzung der Hamiten als Negroide weitgehend bekannt. Der aus
Granada stammende maurische Geograf, Al Hasan Ibn Muhammad Al Wassan [1490ca.1550], besser bekannt als Leo Africanus, bereiste ab 1508 Nordafrika, vielleicht auch
Vorderasien. Nachdem er 1520 zum Christentum übergetreten war, engagierte ihn Papst Leo
X., der Sohn des einflussreichen Lorenzo de’Medici, zum christlichen Protegé. In seinem
Hauptwerk “Descrittione dell’Africa” (1526) sind die Afrikaner durchwegs als schwarze
Hamiten angeführt. Es galt in Europa lange Zeit als die wichtigste Quelle über Nordafrika.
Das in arabischer Sprache konzipierte Werk, das Leo Afrikanus 1526 eigens ins Italienische
übersetzte, kam 1805 verhältnismäßig spät in den deutschsprachen Lesekreis. John Pory103,
der 1600 das Werk im Auftrag der Hakluyt-Society ins Englische übersetzte, hob das Motiv
100
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1064.
101
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1003.
102
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1071.
103
Leo Africanus, History and Description of Africa. Translated by John Pory; John Brown (Ed.)…,
1896 XCII-XCIV.
50
der Bestrafung Hams in seinem einleitenden Kommentar hervor, was gravierend zur
modernen Mythenbildung beitrug.104
104
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis… JAH 10, 4, 1969: 521-532.
51
3. Hamiten als Begründer außerbiblischer Hochkulturen
Die jesuitische Chinamission des 17. Jahrhunderts übertrug die Hamiten auf die
„heidnischen Chinesen”. Das christliche noachide Weltbild kam damit mit der dynastischen
chinesischen Geschichtsschreibung in Konflikt. Für über hundertfünfzig Jahre bildete die
Einordnung der chinesischen Kulturgeschichte in die biblische Chronologie einen
Gegenstand der theologischen Diskussion. Mit der Anerkennung einer vor- und
außerbiblischen Kultur, das wesentliche Ergebnis davon, ging auch die Methode des
Vergleichens anderer gleichwertiger Hochkulturen einher. Auf diese Weise erblickten die
jesuitischen Gelehrten in der ägyptischen und chinesischen Dynastienkette etwas
Gemeinsames und fanden in Ham deren ursprünglichen Ahnherrn.
Die europäische Heilsgeschichtsschreibung wurde traditionell in zwei Stränge geteilt: in
die kirchliche und in die weltliche. Die Kirchengeschichte gründete sich auf die Bibel und
die späteren kirchlichen Schriften, die weltliche Geschichte auf andere Dokumente. Doch die
Frühgeschichte des Menschen war, mangels anderer Quellen, eine Domäne der
Kirchenhistoriker. Nur das inspirierende Alte Testament gab darüber Auskunft, alles andere
galt als Fabeln und Mythen. Kirchliche und weltliche Geschichte hatten also dieselbe
Wurzel. Die Gelehrten hatten auf Grund der biblischen Angaben eine sorgfältige
Chronologie erarbeitet, die in mindestens drei Versionen existierte. Nach den hebräischen
masoretischen Texten lagen zwischen Erschaffung der Welt und Sintflut 1656 Jahre, nach
dem samaritanischen Pentateuch nur 1307 Jahre, nach der Septuaginta jedoch 2242 (oder
auch 2262 oder 2256) Jahre. Die fast allgemein akzeptierte Chronologie der „christlichen
Welthistorie” war die der hebräischen Masora, wie sie der deutsche Augustiner Martin
Luther und der irisch-anglikanische Erzbischof James Ussher [1580-1656] präsentierten.
Nach Luther war die Welt im Jahre 3960 v. Chr., nach Usshers Berechnungen um ein halbes
Jahrhundert früher im Jahre 4004 v. Chr. erschaffen worden; beide hielten jedoch den
vorgegebenen masoretischen Zeitraum von 1356 Jahren zwischen Schöpfung und Sintflut
ein. Luther gab in seiner “Supputatio annorum mundi” (1541) sogar die Geburtsjahre Noahs
und seiner Söhne an. Danach erblickten Noah 2905 v. Chr., Japhet 2405 v. Chr., Sem 2403
v. Chr. und Ham schließlich 2401 v. Chr. das Licht der Welt.105 Wie angesehen auch Usshers
“Annales Veteris et Novi Testamenti” (London 1650-1654) war, lässt sich daraus ersehen,
dass seine Chronologie nach 1700 auf den Rändern der englischen autorisierten Version der
Bibel, der Douay Bible, vermerkt wurde. James Usshers letzte komplette Ausgabe seines
105
Der lateinische Text erschien zuerst in Wittenberg 1541. Er ist abgedruckt in „D. Martin Luthers
Werken”…, 1968 DIII: 44.
52
Gesamtwerkes erschien noch nach der Publikation Darwins “Origin of Species” (1859) in
der siebzehnten Edition 1847-64 in Dublin, wo diese Chronologie noch festgeschrieben
stand. Das Alte Testament samt dieser kalkulierten Periodisierung war die Basis der
historiografischen Darstellung und Mitteilungen über die Frühgeschichte anderer Völker
wurden an dessen Daten geprüft, und sofern sie damit nicht in Einklang zu bringen waren,
gewöhnlich als unzuverlässige Sagen abqualifiziert. In der Tat schienen nur die Juden eine
bis in die frühesten Zeiten zurückreichende Geschichtsschreibung zu haben.
Durch die zunehmenden Geschichtsstudien anderer Kulturen blieb die von Luther und
Ussher festgeschriebene Chronologie jedoch nicht unherausgefordert. Isaac de La Peyrère
[1596-1676], jüdischer Herkunft und der kalvinistischen Konfession angehörig, legte 1655
seine präadamitische These der Öffentlichkeit vor – zunächst noch anonym. Darin
beschränkt er Adam lediglich auf den Ahnherrn der Juden. Die Kultur der Chaldäer, Ägypter
und Chinesen wären dagegen älter als die jüdische. Die Sintflut war nicht allgemein, die
Völkeraufteilung betraf nur das Heilige Land, auch die in Genesis 11.1 erwähnte Einheit der
Sprache und die Sprachenverwirrung waren bloß lokal gemeint. Die Präadamiten-Lehre
brachte La Peyrère in den Kerker der Inquisition, er musste widerrufen und rettete sich durch
Konversion.106 Diese höchst moderne Deutung der Bibel wollte den Juden den universalen
Primat entreißen und wirbelte sofort viel Staub innerhalb der Gelehrtenwelt auf. Doch selbst
die papsttreuen Jesuiten mussten einsehen, dass die biblische Chronologie lediglich
kulturrelativitischen Wert besaß. Es waren italienische Jesuiten, die auf den Spuren von
Matteo Ricci bei der China-Mission entdeckten, dass die biblische Chronologie mit den
Geschichtsquellen exotischer Kulturvölker schwer zu vereinbaren ist. Der Jesuitenmissionar
Martin Martini [1614-1661] aus Trient gab 1658 dem Abendland erstmals Kenntnis von den
chinesischen Historien. Er fand in ihnen, dass die Chinesen sich bereits vor der Sintflut von
der übrigen Menschheit getrennt hätten. „Ich bin mir sicher”, schrieb Martini, „dass Ostasien
vor der Flut bewohnt war.”107 Es schien, dass die chronologische Ordnung der christlichen
Heilsgeschichte immer mehr durchlöchert wurde. Nach Martinis Rechnung beginnen die
chinesischen Annalen mit dem ersten Kaiser Fuxi im Jahre 2952 v. Chr. Damit legte er die
Behauptung nahe, dass bereits sieben Kaiser vor der Sintflut [2349] regiert hätten. Martin
blieb jedoch genau bei Usshers Vorgaben, dass die Erde am 23. Oktober 4004 v. Chr.
erschaffen worden sei. Das Erscheinen von Martinis “Sinicae historiae decas prima”108 zog
den sogenannten Ritenstreit nach sich und revolutionierte die europäische Historiografie
106
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1277.
107
Zitiert in Hartmut Walravens, China illustrata…, 1987: Ausstellungskatalog.
108
Martin Martini, Tridentini, e Societate Iesu, Sinicae historicae decas prima…, 1659.
53
einerseits und deren Sprachgeschichte andererseits. 1669 erwog John Webb bereits die
Möglichkeit, dass das Chinesische und nicht das Hebräische die Ursprache der Menschheit
gewesen sein könnte, bevor die babylonische Sprachenverwirrung eintrat. Wenn die
modernen Chinesen nicht dieselbe Sprache redeten wie die Gründer ihres Reiches, so das
durchschlagkräftige Argument Webbs, musste das Chinesische die Ursprache gewesen sein.
Athanasius Kircher [1601-1680] gehörte zu den umstrittensten barocken Universalgelehrten,
die zugleich Bahnbrecher der modernen Wissenschaften, aber durch die feste Verwurzelung
in überkommene Ansichten auch deren Hemmnis waren. Kircher, der sich als einer der
ersten um die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen bemühte, trachtete durch den
Vergleich sämtlicher Religionen eine Ursprache herauszuschälen. Freilich arbeitete er dabei
nicht mit linguistischen Kriterien, seine Leitgedanken bildeten die unterschiedlichen Sitten in
der Gottesverehrung. So war für Kircher ein Zusammenhang zwischen der chinesischen und
der ägyptischen Sprache erwiesen: Die Chinesen besänftigten zornige Götter wie die
Ägypter. Demgemäß hätten die Ägypter und die Chinesen die gleichen Götter. Weiterhin
seien die Riten und die Zeremonien gleich und die Hieroglyphen und die chinesischen
Schriftzeichen seien einander sehr ähnlich. Nach seiner Ansicht wanderte Noahs dritter
Sohn, Cham mit seinem Stamm von Ägypten nach Persien und Baktrien und siedelte sich in
der Nähe des Königreichs Mogor ab, von wo die Kenntnisse der Hieroglyphen nach China
gelangten. John Webb trat der Theorie Athanasius Kirchers insofern entgegen, dass China
von den Ägyptern besiedelt worden sei.109 Webb erachtete die Sprachen für nicht ähnlich.
Sein Grund war, dass die Chinesen nur vom ältesten Sohn Sem aber nicht vom
götzendienenden Nachkommen Ham abstammen könnten.110 Der Dominikaner Domingo
Fernandey de Navarrete, der sich energisch gegen die Jesuitenmission in China wandte,
stellte den jesuitischen Anspruch von der ursprünglichen Religion der Chinesen wiederum in
Frage. Er behauptete, die Chinesen hätten keine Kenntnisse von Gott gehabt. Er stimmte
aber den Berechnungen Martinis zu und identifizierte dann Fuxi mit Noahs Sohn Ham und
damit mit dem persischen Religionsstifter Zoroaster.111
Dieser lebhafte Streit um chinesische oder ägyptische Hamiten führte einen wichtigen
Wandel herbei. Denn von nun an galten Hamiten nicht mehr als seltsame Monster oder
versklavte Neger, sondern als Begründer hochstehender Kulturen, zwar heidnischen
Ursprungs, aber an Größe und Erhabenheit den biblischen Völkern um nichts nachstehend.
109
Athanasius Kircher, Oedipus aegyptiacus…, 1652-1654.
110
John Webb, An historical essay endeavouring a probability that the language of the empire of
China…, 1669.
111
Navarette, An account of the empire of China…, o. J. [span. Orig. Madrid, 1676].
54
Es sei hier gesondert hervorgehoben, dass ideengeschichtlich sich die spätere Betrachtung,
die chinesische und außerafrikanische rassische Einflüsse in bestimmten afrikanischen
ethnischen Gruppen ortet, hiervon ableitet.
55
4. Von den dynastischen Hamiten zur noachidischen Rasseneinteilung
Eine Neuinterpretation in der Betrachtung der biblischen Völkertafel lieferte der
renommierte Leidener Ordinarius Georg Horn [1620-1670], Autor von “Arca Noaesive
Historia” (1666). Als erster anerkannter Universalhistoriker wollte Horn in diesem Epoche
machenden Werk den Zusammenhang aller Menschen und Völker darstellen. Horn,
ursprünglich aus Deutschland stammend, war derjenige, der den Noachiden die drei
bekannten „Rassenfarben” hinzufügte. Er kam jedoch noch ohne den Begriff der Rasse aus.
Nach Horn teilte sich die Nachkommenschaft Noahs folgendermaßen auf: “Alias pro
colorum diversitate commode quoque distinxeris posteros Noachi in albos, qui sunt Scythae
& Japhetaei, nigros, qui sunt Aethiopes & Chamaei, flavos, qui sunt Indi & Semaei
[hervorgehoben im Original].“112 Horn machte aus den Japhetiten also die „Weißen”, aus den
Semiten die „Gelben” und aus den Hamiten die „Schwarzen”. Zu Geografie, Geschichte und
Mythologie trat damit ein neues Klassifikationsprinzip hinzu: das Prinzip der Hautfarbe.113
Dem barocken, gewöhnlich kreativen Entsprechungsdenken gemäß werden die Noachiden
mit einer Fülle von Sinnbildern assoziiert. So hatte Horn kosmologische Entsprechungen vor
Augen als er Japhet mit Neptun, dem Herrn der Inseln, gleichsetzte, weiters Ham mit JupiterAmmon, Kanaan mit Merkur, Noah mit Saturn und Sem schließlich mit Pluto. Es ist
durchaus bemerkenswert, dass dieses vermehrte Rückgreifen auf die griechische Mythologie
seit der Renaissance das jüdisch-christliche Weltbild weniger zum Einzustürzen brachte als
es dieses vielmehr ergänzte. Mit dem bildhaften Denken des barocken Zeitalters ließen sich
die Noachiden mit den klassischen Göttern systematisch gleichsetzen, eine Methode, die auf
den Zeitgenossen Horns Samuel Bochart [1599-1667] zurückgeht, einem kalvinistischen
Pfarrer aus Caen.114
Dennoch werden die herkömmlichen Charaktereigenschaften der Noachiden aufs
Pedanteste beibehalten. Bei Horn erscheint sowohl Ham als auch Kanaan mit einem Fluch
beladen (maledictus); ihr Aussehen daher “nigri instar corvi” – schwarz wie ein Rabe – wie
Horn nun die Andeutungen aus dem Babylonischen Talmud vervollständigt. Sem dagegen
war mit Lob (benedictus) bedacht, sein Aussehen dunkelbraun und herrlich (fusci & pulchri);
Japhet schließlich weiß und mit anmutiger Gestalt (albi & formosi).115 Fast anachronistisch
für das 17. Jahrhundert mutet es an, wenn Horn die herkömmliche noachide Einheit aufrecht112
Georg Horn, Arca Noaesive historia imperiorum et regnorum…, 1666: 37.
113
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1, 1306.
114
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1, 1279.
115
Georg Horn, Arca Noaesive historia imperiorum et regnorum…, 1666: 38.
56
erhalten will. Entgegen der zu dieser Zeit aufkommenden Chinesenschwärmerei führte Horn
deshalb die Chinesen auf den bösen Kain zurück.116 Nur so kann Horn das herkömmliche
Bild beibehalten, indem Noah die Welt in 72 Sprachen und Völker teilte. Da bei Horn die
drei Noachiden jedoch nicht mehr nur einen Sprachstamm oder eine Völkergruppe vertreten,
sondern auch eine Hautfarbe, leitet er in seinem weltgeschichtlichen Entwurf auch das
Denken in menschliche Rassen ein.117 Denn, von nun an, war es nur mehr ein kleiner Schritt
in Richtung der Einteilung nach menschlichen Rassen. Bereits 1684 veröffentlichte der
Asienreisende François Bernier [1620-1688] seine neue Einteilung der Erde “par les
différentes Espèces ou Races à hommes qui l’habitent.”118 Die Klassifikation der Natur nach
Arten oder Rassen kann zwar bis in die Antike zurück verfolgt werden, Bernier, Schüler des
französischen Materialisten Pierre Gascendi [1592-1655], wagte aber als erster, den Begriff
Rasse auf den Menschen anzuwenden. Etymologisch ist das Wort Rasse unbekannter
Herkunft, wenn auch manche es vom Arabischen ableiten wollen. Der sächsische Philosoph
und in Paris tätige Diplomat Gottfried Wilhelm Leibniz [1646-1716] übertrug es erstmals ins
Deutsche, wo es zunächst synonym mit „Stamm” verwendet wird. Hervorzuheben ist, dass
die Gleichsetzung der drei Stammrassen mit den Noachiden nicht unmittelbar mit der
Einführung des menschlichen Rassenbegriffs erfolgte. Weder Carl von Linné noch Friedrich
Blumenbach, wohl die renommiertesten Rassensystematiker des 18. Jahrhunderts, machten
bei ihren Einteilungen Gebrauch von der Bibel. Sie lehnten den noachidischen Mythos, dem
aufklärischen Denken entsprechend, geradezu ab. Umweltfaktoren wie das Klima werden
nun hervorgehoben, um die Unterschiede in Hautfarbe und Gestalt zu erklären. George
Leclerc de Buffon [1707-1808] entwickelte in seinem berühmten Monumentalwerk “Histoire
naturell de l’homme” (1778) als einer der ersten eine Umwelttheorie. Er war davon
überzeugt, dass Klima, Ernährung, Sitte und Bräuche die menschliche Rasse weit mehr
bestimmen würden als etwaige Faktoren der Vererbung. Die Haut der Neger war dieser
Auffassung gemäß wegen der Tropenhitze schwarz, und sie würde sich mit dem kälteren
Klima ändern. Die Klimatheorie wurde auch von deutschen Aufklärern vertreten. „Dass die
Hitze des Erdstriches und nicht ein besonderer Elternstamm hieran schuld sei, ist daraus zu
ersehen,” notierte der in Königsberg lebende Aufklärungsphilosoph Immanuel Kant 1803 in
seiner „Physischen Geografie”, dass in eben demselben Lande diejenigen, die in den flachern
Theilen desselben wohnen, weit schwärzer sind als die in hohen Gegenden lebenden. Daher
am Senegal schwärzere Leute als in Guinea und in Kongo und Angola schwärzere als in
116
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1305.
117
Arno Borst, Der Turmbau von Babel…, 21995 III, 1: 1306.
118
François Bernier, Nouvelles division de la Terre…, Journal des Sçavans 12, 1684: 148-155.
57
Oberäthiopien oder Abessinien.“119 Auf diese Weise erklärte Kant sich die hellere Hautfarbe
der Äthiopier. Die materialistische Klimatheorie fungierte bei den Aufklärern als
Gegenkonzept zur biblischen „Vererbungslehre”. Kant schreibt: „Einige bilden sich ein,
Ham sei der Vater der Mohren und von Gott mit der schwarzen Farbe bestraft, die nun
seinen Nachkommen angeartet. Man kann aber keinen Grund anführen, warum die schwarze
Farbe in einer vorzüglichern Weise das Zeichen des Fluches sein sollte als die weiße.“120
Dennoch war Kant davon überzeugt, dass jeder Mensch zunächst mit „weißer Hautfarbe” zur
Welt kam. Hinsichtlich der Entstehung der schwarzen Hautfarbe, weiß der Buch- und
Verstandesgelehrte, der angeblich seinen Geburtsort Zeit seines Lebens nie verlassen hatte,
einige Merkwürdigkeiten zu berichten: „Die Neger werden weiß geboren außer ihren
Zeugungsgliedern und einem Ringe um den Nabel, die schwarz sind. Von diesen Theilen aus
zieht sich die Schwärze im ersten Monate über den ganzen Körper.”121
Zeitgleich zur Klimatheorie kam das ästhetische Kriterium auf, Menschenrassen zu
klassifizieren, das nun meist mit geistigen Eigenschaften korreliert wurde. Bereits der
schwedische Biologe Carl von Linné [1707-1778] hielt die weiße Rasse allein für
schöpferisch, erfinderisch, ordentlich und mit Gesetzen regiert. Sie schien für ihn die
überlegenste Rasse zu sein. Im Gegensatz dazu waren die Neger mit allen negativen
Eigenschaften besetzt. Sie wurden für faul, unaufrichtig und für unfähig gehalten, sich selbst
zu regieren. Auch der in Göttingen tätige Anatom Johann Friedrich Blumenbach [17521840], der den Mensch im Gegensatz zu Linné nicht nach Rassentypen, sondern nach
Varietäten einteilte, spricht von „anziehendsten Gestaltungen”, benutzte also das ästhetische
Urteil der Schönheit. Seine „kaukasische Varietät” ergab sich aus der Einsicht, dass im
asiatischen Gebiet des Kaukasus die schönsten Menschen lebten. Darum müsse man auch
„das Vaterland des ersten Menschen hier suchen.”122 Blumenbach stützte sich hierbei auf
zeitgenössische Reisebeschreibungen, die folgendes Orientbild vermittelten. „Der Stamm der
Georgier ist der schönste des Orients, und ich kann wohl sagen der Welt. Ich habe in diesem
119
Immanuel Kant, Physische Geographie…, 1803. In: Kant’s gesammelte Schriften…, 1923 I, 9:
314.
120
Immanuel Kant, Physische Geographie…, 1803. In: Kant’s gesammelte Schriften…, 1923 I, 9:
313.
121
Immanuel Kant, Physische Geographie…, 1803. In: Kant’s gesammelte Schriften…, 1923 I, 9:
312.
122
Johann Friedrich Blumenbach, Über die natürlichen Verschiedenheiten…, 31789: 213; diese
Einschätzung geht zurück auf den Reisebericht von Jo. Chardin, Les voyages de Jo. Chardin…,
Amsterdam, 1835 I: 171.
58
Lande kein häßliches Gesicht bemerkt; aber ich habe Engelsgesichter gesehen. Die Natur hat
hier die meisten Weiber mit Reizen geschmückt, welche man sonst nirgends sieht. Mir
scheint es unmöglich sie zu sehen, und sie nicht zu lieben. Reizendere Gesichter, schöneren
Wuchs als die Georgerinnen, kann man nicht mahlen.“123 Für Blumenbach war die weiße
Hautfarbe auch die ursprünglichere, da „eine Verartung in Schwarz leicht ist, weit schwerer
hingegen aus Schwarz in Weiß [...].”124 Für die Entstehung der schwarzen Hautfarbe bei der
Erstellung seiner „äthiopischen Varietät” hatte Blumenbach auch einigen Erklärungsbedarf:
„Ich glaube dann, dass man die nächste Ursache der verbrannten oder schwarzen äußeren
Hautbedeckungen, in einem Übermaße von Kohlenstoff (carbonceum elementum) im
menschlichen Körper suchen müsse, welcher mit dem Hydrogen durch das Fell
ausgesondert, durch den Zutritt eines atmosphärischen Oryxens aber prävcipitirt, und an dem
malpighischen Schleime angesetzt wird. Es ist allgemein bekannt, dass selbst den Negern
ihre Nationfarbe nicht angeboren wird, sondern dass sie dieselbe nach der Geburt, wenn das
Band, welches die Frucht mit der Mutter zusammengehalten hatte, getrennt ist, durch
Hinzukunft der äußern Luft erhalten.“125
Andere erblickten das Schönheitsideal in den „göttlichen” Werken der griechischen
Kunst. Vom anatomischen Ideal der Mäßigung und Ordnung griechischer Skulpturen
inspiriert, entwickelte der holländische Anatom und Maler Peter Camper [1722-1789] den
Gesichtswinkel, den er durch den Vergleich der Schädel von Europäern, Neger und
Affenschädel bestimmte. Zuerst vermaß Camper den Winkel von der Oberlippe zur Stirn und
dann horizontal über das Gesicht. Danach berechnete er die Winkel zwischen diesen beiden
Linien. Bildeten Vertikale und Horizontale einen Winkel von hundert Grad, dann hatte man
den Winckelmann‘schen griechischen Idealtypus. Da eine solche proportionale Perfektion
jedoch selten auftritt, verschaffte Camper sich einen Spielraum für Varianten. Er postulierte
daher, dass jeder Winkel unter siebzig Grad dem Gesichtswinkel der Neger entspräche, und
diese Messzahl stünde den Linien von Menschenaffen näher als denen der Menschen [Abb.
15, 16].
Von da an, war es nur mehr ein kleiner Schritt zu der Behauptung, dass der Grund der
rassischen Unterschiede beim Menschen auf die unterschiedliche Herkunft zurückzuführen
sei. Der Sohn eines Postmeisters, Christoph Meiners [1747-1810], seit 1772 ordentlicher
Lehrer der Weltweisheit und später sogar Königlicher Großbritischer Hofrath in Göttingen,
kam zur Einsicht, dass sämtliche Menschen sich auf zwei Arten unterschiedlicher
123
Johann Friedrich Blumenbach, Über die natürlichen Verschiedenheiten…, 31789: 213.
124
Johann Friedrich Blumenbach, Über die natürlichen Verschiedenheiten…, 31789: 214.
125
Johann Friedrich Blumenbach, Über die natürlichen Verschiedenheiten…, 31789: 98.
59
Abb. 15
Die Entwicklung von Schädel und Gesichtsausdruck vom Affen über den Negroiden zum
durchschnittlichen Europäer und zum griechischen Idealtypus. Aus Peter Camper, Dissertation sur les
Variétés Naturelles…, 1791.
George L. Mosse, Die Geschichte des Rassismus in Europa…, 1990: 136.
Abb. 16
Der „Gesichtswinkel“. Aus Robert Knox, The Races of Men…, 1862.
George L. Mosse, Die Geschichte des Rassismus in Europa…, 1990: 136.
60
Herkunft reduzieren ließen. „Ich war sehr oft dazu geneigt, die dunkelfarbigen und häßlichen
Völker auf der einen, und die weißen und schönen auf der anderen Seite nicht bloß für
verschiedene Stämme”, notierte Meiners in seiner Hauptschrift 1811, „sondern für ganz
verschiedene Arten von Menschen zu halten, die nicht eines gemeinschaftlichen Ursprunges,
oder eine von der andern entsprossen seien.“126 Dieser Glaube an getrennte Ursprünge wurde
Polyphylismus genannt. Der Polyphylismus führte die weiße Rasse auf Adam zurück, die
schwarzen Rassen hingegen mussten auf Ereignisse geschaffen worden sein, die außerhalb
der biblischen Schöpfungsgeschichte lagen. Der Monophylismus konnte Rassen als
Varianten auffassen, der Polyphylismus musste die Unterschiede absolut nehmen.
Soziohistorisch gesehen richtete sich Meiners Schrift gegen die Ideen der Französischen
Revolution, dass alle Menschen von Natur aus gleich, und somit alle Völker Brüder, seien.
Deshalb blieb seine Klassifikation, Menschen im Namen der Wissenschaft in schöne und
hässliche aufzuteilen, nicht unangefochten. „Diese angeblichen Grundsätze fanden bey der
Jugend, bey dem größten Theile der Journalisten und modischen Schriftsteller nur zu viel
Eingang. Man hörte nicht mehr, wenn ich bewies, dass die Neger, die Amerikaner, u. s. w.
von Natur weit unter den Europäern stünden. Man entbrannte vor Unwillen darüber, dass ich
die Rechte des Adels vertheidigte, und mich sogar gegen eine plötzliche Aufhebung der
Knechtschaft der Neger erklärte. Unter den modischen Schriftstellern war keiner in seinen
Angriffen auf mich heftiger und leichter, als der jüngere Forster.“127 Die Rede ist hier von
Johann George Adam Forster [1754-1794], der sich an der französischen Revolution
beteiligte. Er und sein Vater Johann Reinhold Forster [1729-1798] wurden 1772-1775 vom
englischen König dazu ausgewählt, James Cook auf seiner zweiten Weltreise zu begleiten.
Gerade anhand Meiners Rassebegriff lässt sich das gesellschaftliche Konstrukt entlarven, das
in dieses magische Wort hinein projiziert wurde.128 Zwei gesellschaftlich voneinander
getrennte Welten, zwei „Rassen” geradezu, schienen da mit einem Mal aufeinander zu
prallen: hier der Adel, der im Wesentlichen auf die Werte des ancien régime beharrte und
sich deshalb für die Sklaverei aussprach und dort das emporstrebende Bürgertum, das genau
diese Werte ablehnte und sich den Werten eines abstammungsfreien „Weltbürgertums”
verschrieb.
126
Christoph Meiners, Untersuchungen über die Verschiedenheiten der Menschennaturen…, 1811 I:
XVI.
127
Christoph Meiners, Untersuchungen über die Verschiedenheiten der Menschennaturen…, 1811 I:
XIX.
128
Vgl. auch Christoph Meiners, Geschichte der Ungleichheit der Stände unter den vornehmsten
Europäischen Völkern…, 1792.
61
Aus diesem soziohistorisch determinierten Dilemma schien es keinen Ausweg für einen
neuen Inhalt des Rassebegriffs zu geben. So setzt wider Erwarten in einer
postaufklärerischen Phase zunehmend die Rückbesinnung auf die Bibel ein. 1817 bereits
leitete der französische Naturforscher George Baron de Cuvier [1769-1832] seine drei
Menschenrassen von den drei Söhnen Noahs wieder ab und erachtete Japhet als den
Ahnherrn der kaukasischen, Sem als den der mongolischen und Ham als den der
äthiopischen Rasse, deren schwarze Hautfarbe auf den auferlegten Fluch Noahs auf Kanaan
entstanden sei.129 Gerade de Cuvier veranschaulicht, wie sich der Übergang des Optimismus
der
Revolution
zum
Pessimismus
der
Restauration
auch
in
der
Entwicklung
anthropologischer Ideen ausdrückt. 1790, in seiner Jugend, kritisierte er noch die Autoren,
die von angeborener Minderwertigkeit der Schwarzen sprachen und diese neben die
Menschenaffen stellten. In seinem Hauptwerk “Règne animal” (1817) befleißigte de Cuvier
sich selbst dieses klassischen Vergleichs. Ham erscheint nun zum Affen degradiert [Abb. 17,
18]. De Cuvier stellte sich strikt gegen die Vorstellung, das Leben habe seit seiner
Entstehung sich unilinear stetig weiterentwickelt. Die Unterschiede fossiler Wirbeltiere mit
rezenten erklärte sich de Cuvier mit der „Katastrophentheorie”, derzufolge das Leben auf der
Erde periodisch durch große Katastrophen vernichtet und anschließend immer wieder neu
erschaffen worden ist. Die Sintflut bildete dahingehend das „rezenteste” Beispiel für ihn.
Rückblickend sah der irische Anthropologe Augustus H. Keane erst in den Arbeiten de
Cuviers den entscheidenden Beginn für die Auseinandersetzung der monogenetischen und
polygenetischen Theorien.130 Die Lehre vom Hamitentum, wie sie im 19. Jahrhundert
entstanden ist, konnte nur auf der Grundlage der von der Aufklärungsphilosophie
eingeführten Einteilung der Menschheit in Rassen entstehen.
129
George de Cuvier, Le Règne animal distribué d’après son organisation…, 1817 I: 94; 1829 wurde
es neu aufgelegt und nach de Cuviers Tod 1838-1840 ins Englische übertragen; siehe dazu auch Léon
Poliakov, Der arische Mythos…, 1993: 249; Alfred Cort Haddon, History of Anthropology…, 21934:
73.
130
Augustus Keane, Ethnology…, 1896: 164.
62
Abb. 17
Königreich der Tiere. – Durch den Gesichtswinkel wird Prognathie vorgetäuscht.
M. F. E. Guérin-Méneville, Iconographie de G. Cuvier, Représentation d’après nature de l’une des
espèces les plus remarquables et souvent non encore figurées, de chaque genre d’animaux…, 18291844 I: Plate B.
63
Abb. 18
Königreich der Tiere. – In de Cuviers bekanntem zoologischen Werk erscheint der biblische Ham als
äthiopischer Rassetypus zum Affen degradiert.
M. F. E. Guérin-Méneville, Iconographie de G. Cuvier, Représentation d’après nature de l’une des
espèces les plus remarquables et souvent non encore figurées, de chaque genre d’animaux…, 18291844 I: Plate A.
64
5. Vom edlen Mohren-Hamiten zum geschichtslosen Afrika
Edith Sanders hat die Expedition Napoleons nach Ägypten 1798 als den historischen
Katalysator bestimmt, innerhalb der westlichen Welt die Hamiten als weiße Kaukasier zu
sehen.131 Die Ursprünge dieser Betrachtung lassen sich jedoch wesentlich früher festmachen.
Martin Luther war derjenige, der Hams Erstgeborenen, Kush, als „Mohr” wiedergab. Damit
wollte er den Afrikabezug herstellen, leistete dabei jedoch vielen Missverständnissen
Vorschub, da mit den dunkelhäutigen Mohren auch die hellhäutigen Mauren – die Berber –
gemeint sein konnten. Bald schon wurde eine Differenzierung nach der Hautfarbe als
notwendig empfunden, die ohne diese Begriffsverwirrung gar nicht entstehen hätte können.
Heinrich Bünting [1545-1606], ein deutscher Kartograf, teilte demgemäß 1592 Afrika in ein
„schwartses” und ein „weißes Moren Land”, wobei mit letzterem dasjenige regionale Gebiet
in Nordafrika gemeint war, wo die verschiedenen Berbergruppen leben, also die Mauren
[Abb. 19].132
Bis zu de Gobineau, einem der ersten, der definitiv von „weißen Hamiten” spricht,
herrscht jedoch die Ansicht vor, die Ägypter, verkörpert durch Mizraim, wären negroid,
dunkelhäutig und afrikanischen Ursprungs. An der Gestaltung dieses afrozentrischen
Ägyptenbildes wirkte in besonderem Maße die Freimaurerei mit, ein Zusammenhang, der
bislang nur wenig untersucht worden ist. 1717 in England entstanden, war die Freimaurerei
vor allem in Frankreich Träger der Aufklärung. Von den Gedanken der Aufklärung
begeisterte Männer strömten förmlich in die Logen. Unter dem Prinzip der Gleichheit aller
Menschen fanden sie sich über alle trennenden gesellschaftlichen Schienen hinweg
zusammen, um als „bloße Menschen” am sozialen Gerüst einer „moralischen
Internationalen” zu arbeiten. Für den Einsatz der Toleranz auf religiöser Ebene haben sich
vor allem Gottfried Ephraim Lessing [1729-1781] und Jean-Marie Arouet, genannt Voltaire
[1694-1778] ausgesprochen. Auf politischer Ebene ist Charles de Secondat, Baron de La
Brède et de Montesquieu [1689-1755] zu nennen, der als Rechts- und Staatsphilosoph in
seiner kulturphilosophischen Schrift “De l'esprit des lois” für die Gewaltenteilung als Prinzip
des inneren Staatsaufbaus eintrat, wodurch die ausgeübte Willkür des Einzelnen oder von
Gruppen vermieden werden sollte.133 Nach den Vorstellungen Montesquieus sollte eine
Veredelung durch Aufklärung die Gesellschaft ergreifen. Für diesen Prozess gebrauchte er
131
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis… JAH 10, 4, 1969: 521-532.
132
Oscar I. Norwhich, Norwich’s Maps of Africa…, 21997 [1983]: 25.
133
Während die meisten der deutschen und französischen Aufklärer Logenmitglieder waren, ist dies
bei Jean-Jacques Rousseau [1712-1778] und Immanuel Kant [1724-1804] nicht der Fall.
65
Abb. 19
Schwarze und weisse Mohren, Heinrich Bünting, Hannover, 1592.
Martin Luther übertrug Kusch [hebr. kuŝ], erster Sohn Hams, als „Mohr“ ins Deutsche. Für die
Nachwelt war unklar, ob damit die hellhäutigen Berber-Gruppen [Mauren] oder die dunkelhäutigen
Äthiopier gemeint sind. Seit dem 16. Jahrhundert teilen die Kartografen afrikanische Völker in
„weiße“ und „schwarze Mohren“ ein.
Jeffrey C. Stone (Hrsg.), Norwhich’s Maps of Africa…, 21997: 28.
66
als einer der ersten den zum Leitbegriff avancierten Begriff „Zivilisation”, allerdings noch
mit einem negativen Akzent in Abgrenzung zu den als dekadent aufgefassten „höfischen
Sitten”
an
den
französischen
Fürstenhöfen.
Den
visionären
Aspekt
des
„Zivilisationsbegriffs” hob in besonderem Maße Voltaire hervor, der einen Wandel hin zu
einer inneren Pazifizierung der Gesellschaft vor Augen hatte, die sich schließlich durch
gehobene äußere Verhaltensweisen kenntlich machen solle. Etwa zur gleichen Zeit stellte
Jean Jacques Rousseau der Zivilisation die Natur gegenüber und schuf mit seinem Konzept
des zivilisationsfernen “l’homme nature” die Grundlagen für die vor allem in Deutschland
erfolgreiche Zivilisationskritik. Um sich den abwertenden Bezeichnungen „Barbar” oder
„Wilder” zu entledigen, sah sich Johann Gottfried Herder dazu genötigt, 1784 dafür den
Begriff „Naturvolk” einzuführen.134 Den Rassebegriff wollte Herder nicht auf den Menschen
angewandt haben, die Rasseeinteilungen seien künstlich, natürlich gegeben nur die Völker.
Ebenso geht der ethnografische Reisebericht auf der Grundlage wissenschaftlicher
Expeditionen auf die Arbeit von Logenmitgliedern zurück. Exemplarisch erwähnt seien an
dieser Stelle die britische “Endeavour-Expedition” (1768-1771) nach der Südsee und die
Erkundungsreisen nach den Nilquellen in Äthiopien, deren Ergebnisse das Bild der antiken
„Alten Welt” gänzlich revidieren sollte.
Durch die nachhaltige Forderung, die feudale Ständeordnung aufzuheben zugunsten der
Errichtung eines von humanistischen Werten getragenen Weltbürgertums, handelten sich die
Freimaurer den Vorwurf ein, „Thron und Altar” zu unterminieren. Die kritische
Auseinandersetzung der Logenmitglieder mit ihrer eigenen Gesellschaft, ihre intensive
Suche nach einem Ideal in außereuropäischen Gesellschaften, dann noch ihre Hervorhebung
eines gegen den Adelsstand gerichteten „abstammungslosen” Bürgerstandes leitete einen
neuen Mythos ein, nämlich den der Zivilisation. “Ex oriente lux – aus dem Osten kommt das
Licht” – eigentlich bezeichnete dieser Wahlspruch zunächst den Ort der rituellen
Raumordnung innerhalb des Tempels einer Freimaurerloge. Die Seite des Tempels, die
Arbeitsstätte der Maurer, an welcher der Meister des Stuhls sitzt, weist in östliche Richtung.
Von dort, am Altar, empfängt der Suchende das „maurerische Licht”. Da die Sonne, also das
Licht, im Osten aufgeht, wird der Osten als Quelle des geistigen Lichts, der Wahrheit und
der Weisheit angesehen, wie auch allgemein üblich war, die Loge selbst schlicht „Orient” zu
134
Emil Mühlmann, Geschichte der Anthropologie…, 1948: 67; Karl-Heinz Kohl, Entzauberter Blick.
Das Bild vom Guten Wilden und die Erfahrung der Zivilisation…, 1986 [Orig. 1981].
67
nennen.135 Diesen mystischen Erkenntnisweg übertrugen die Freimaurer auf die Entstehung
der menschlichen Zivilisation, eine Assoziation, die sich bereits bei James Bruce von
Kinnrad [1730-1794], der als der Entdecker des blauen Nils gilt, finden lässt: „Wer die
Geschichte der ältesten Nationen lieset”, heißt es bei diesem berühmten schottischen
Afrikareisenden, der „wird finden, dass der Ursprung von Macht und Reichthum im Orient
zu suchen sey, dass sie sich allmählig gegen Westen zogen, und zugleich gegen Süden und
Norden ausbreiteten. Er wird sehen, dass Reichthum und Bevölkerung abnimmt, als sich
dieser Handel wegzieht.“136 De Montesquieu hatte jene Herrschaft mit „orientalische
Despotie” bezeichnet. Eine der ersten Logenvereinigungen Frankreichs wurde mit “Grand
Orient de France” betitelt. Desweiteren kommt dieser mystische Aspekt im Namen der
„Loge zur Wahren Eintracht im Orient von Wien” zur Geltung, aber auch der “Chevalier de
l’Orient” im Hochgradsystem verdeutlicht diese Hinwendung nach dem Osten.
Erst Ende des 19. Jahrhundert entwickelte sich das “ex oriente lux” zu einem Schlagwort,
das den Ursprung sämtlicher Kulturpflanzen und Haustiere aus dem asiatischen
Mesopotamien
ableitet.
Diese
orientzentrische
Sichtweise
erhob
der
baltische
Kulturhistoriker Victor Hehn [1813-1890] zum Axiom des kulturhistorischen Arbeitens.
Hehns 1870 erstmals publiziertes „Kulturpflanzen und Haustiere aus ihrem Übergang aus
Asien nach Griechenland und Italien sowie das übrige Europa” erhielt bis 1911
beachtenswerte acht Neuauflagen und avancierte zu einem normativen Standardwerk vor
allem innerhalb der kulturhistorischen Ethnologenschulen.
Die Universität Göttingen, 1737 von der deutsch-englischen Dynastie Hannover
gegründet, wurde rasch zur Hochburg der deutschen Bildung. Das Vorwort zur deutschen
Übersetzung des vorhin genannten Bruce von Kinnard schrieb 1790 der in Göttingen tätige
Anthropologe und Logenbruder Jakob Friedrich Blumenbach [1752-1840]. Gerade anhand
Blumenbach kann gezeigt werden, dass sich die Aufklärer von der biblischen
Geschichtstheologie strikt distanzierten. Seine 1775 nach Haut- und Haarfarbe, Schädel- und
Gesichtsform geordneten fünf Menschgruppen, kaukasisch, mongolisch, äthiopisch,
amerikanisch und malaiisch sind nicht der biblischen Völkertafel entnommen. Die Dreizahl
der Noah-Söhne als Ursprung des Menschengeschlechts weist er geradezu ab. Damit verlor
auch die Genesis mit seinem Babelturm als bestimmendes Element im Geschichtsdenken
135
Eugen Lennhoff, Osten, Orient. In: Internationales Freimaurer-Lexikon…, 1975: 1167; vgl. dazu
Gustav Adolf Schiffmann, Die Entstehungsgeschichte der Rittergrade in der Freimaurerei um die
Mitte des XVIII. Jahrhunderts…, 1882: 121-130.
136
Johann Friedrich Blumenbach, Vorrede und Anmerkungen. In: James Bruce von Kinnard, Reisen
zur Entdeckung der Quellen des Nils…, 1790 I: 414.
68
zunehmend an Bedeutung. Blumenbachs Hervorhebung einer „kaukasischen Varietät” als
varietas primigenia oder Stammrasse verlegte den zivilen Menschen weißer Hautfarbe
gänzlich in den Orient. Die anderen Varietäten wären aus der kaukasischen durch die
Aussetzung extremer Klimaverhältnisse entstanden. Blumenbachs Afrikabegriff ist daher
genauso von einem metaphorischen Bild des Orients bestimmt, wenn er die Ägypter aus
einer „äthiopischen Varietät” abzuleiten weiß.
Die Mystik der Freimaurerei schöpfte weitgehend aus den altägyptischen MysterienReligionen, ordnete jene aber in eklektischer Weise dem jüdisch-christlichen Weltbild unter
und umgekehrt.137 Obwohl grundsätzlich orientzentriert wird Ägypten nunmehr nicht mehr
orientalisch, sondern „äthiopisch-afrikanisch” gesehen. Daraus entwickelte sich eine
präjüdische und damit afrozentrische Perspektive des Bibeltextes. Die für unser Thema wohl
auffälligste entstandene Loge geht auf Karl Friedrich von Köppen [1734-1797] zurück.
Bereits als 15jähriger in der Berliner Loge „Zu den drei Erdkugeln” aufgenommen
begründete er 1765 den Bund der „Afrikanischen Bauherren”. Die Exotik des Namens leitete
er von der Bibelgestalt Ham ab, den er als den ersten Großmeister des Bundes deklarierte.
Ham ging nach Ägypten, wurde dort König und verfasste die Konstitution “Crata Repoa”,
ein siebengradiges freimauererisches System.138 Zu den geheimen Gesellschaften des 18.
Jahrhunderts gehörten dann zwei hervorzuhebende Hochgradsysteme, die unter dem Namen
„ägyptische” Maurerei bekannt wurden: der Memphis- und der Misraim-Ritus. Insbesonders
in Frankreich erlangten jene nach den Napoleonzügen eine Wiederbelebung.139 Der Name
Misraim, als dritter Sohn Hams wird nun mit der Reichseinigung Altägyptens verbunden.
Durch die Gleichsetzung Menes, des legendären Begründers der altägyptischen Dynastie mit
Misraim, erscheint die gesamte Pharaonenliste als Weiterführung der dynastischen Reihe
Hams. In den Schulen der Magier von Chaldäa erzogen, habe Misraim auf diese Weise die
Wissenschaften und Künste nach Ägypten gebracht, wo er sich anschließend mit der Göttin
Isis vermählte. Als König dieses Landes gründete dieser dann den Misraim-Ritus, der später
bei den Mysterienspielen von Isis und Osiris übernommen wurde – so wie es von Plutarch
überliefert war. Der schwarzhäutige Osiris leitet sich damit über Mizraim von Ham ab,
wodurch der Afrikabezug begründet wird.140
137
138
Karl R. H. Frick, Licht und Finsternis…, 1978: 132.
Hans Biedermann, Das verlorene Meisterwort…, 1986; Eugen Lennhoff; Oskar Posner,
Afrikanische Bauherren. In: Internationales Freimaurer-Lexikon…, 1975 [1932]: 26.
139
F. M. R., Esprit du dogme de la Franche-Maçonnerie…, 1825; zu Menes findet sich im Index
folgender Hinweis: “Menès (fils de Cham), on le dit premier habitant de l’Egypte.”
140
Karl R. H. Frick, Licht und Finsternis…, 1978: 170.
69
Zum anderen kommt in der Hiramslegende141, jener konstitutierenden Überlieferung, die
sich um den Salomonischen Tempel rankt, die phönikische Perspektive zum Tragen. Dem
Bibeltext zufolge war der phönikische König Hiram I. von Tyros [979-945 v. Chr.]142 ein
Verbündeter und Handelspartner von David und Salomon, der für die Erbauung des Tempels
zu Jerusalem wichtiges Baumaterial und Handwerker zur Verfügung stellte. 143 Hiram wird
darin auch in dem Zusammenhang erwähnt, der eine Schiffsexpedition nach Ophir, dem
legendären biblischen Goldland entsandt haben soll. „Und Hiram sandte auf die Schiffe seine
Leute, die gute Schiffsleute und auf dem Meer erfahren waren, zusammen mit den Leuten
Salomos. Und sie kamen nach Ophir und holten dort vierhundertundzwanzig Zentner Gold
und brachten‘s dem König Salomo.”144 Kanaan und Put entsprossen der Völkertafel gemäß
den Lenden Hams. Das historische Verständnis der Aufklärung sieht nun in dem einstigen
verfluchten Patriarchen die Phönizier, also eine präjüdische Kultur. Auf ähnliche Weise
verändert sich auch die Perspektive zu Mose: der aus dem Stamme Levi geborene Befreier
der Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft [Exodus], wird nun zum vermittelnden
Träger der Pharaonenkultur; und damit der semitische Monotheismus auf ein Erbe der
ägyptischen Hamiten reduziert. In späterer Folge wurde dadurch die Beantwortung der
Ophirfrage auf das Innere Afrikas gelenkt.
Der Feldzug Ägyptens 1798 des Feldherrn Bonaparte Napoleon galt nicht nur der
militärischen Strategie, den begehrten Handelsweg nach Indien gegenüber Großbritannien
abzusichern, er galt auch der Aufklärung der „ägyptischen Altertümer”. Napoleon war
durchaus ein Freund der Wissenschaft und Forschung und führte bei seinem militärischen
Vorhaben eine Reihe von Archäologen und andere wissenschaftliche Experten in seinem
Tross mit. Den Forschern gelang die bahnbrechende Entdeckung, dass das alte Ägypten
lange vor den Römern und Griechen eine Hochkultur ausgebildet hatte. Vielleicht mag es
aus heutiger Sicht verwundern, wenn die französischen Gelehrten die alten Ägypter als
negroid beschrieben. Vor den Hintergrund der freimaurerischen Ideologie gestellt erscheint
diese Einschätzung jedoch als durchaus schlüssig. Bei Vivant Denon [1747-1825], der als
Zeichner des napoleonischen Heers unzählige Bilder von den ägyptischen Altertümern
anfertigte, kommt diese Sichtweise besonders markant zum Ausdruck: „Ich glaubte in den
Kopten den alten Aegyptischen Stamm deutlich zu erkennen, eine Abart der schwarzbraunen
141
Abgedruckt in Hans Biedermann, Das verlorene Meisterwort…, 1986.
142
Auch Chiram kommt vor; siehe Herbert Lang (Hrsg.), Chiram. In: Bibellexikon…, 1956: 293;
worin Flavius Josephus als Quelle für die Regierungszeit Hirams angegeben wird.
143
Vgl. das Alte Testament, 2. Sam. 5, 11; 1. Kön. 5, 15-32.
144
Vgl. das Alte Testament, 1. Kön. 9, 26-28.
70
Nubier, so wie man ihre Bildungen in den alten Bildhauerarbeiten findet. Flache Stirnen und
halb wollichte Haare darüber, die Augen nur wenig offen, und nach den Winkeln zu empor
gezogen, hervorstehende Backenknochen, Nasen, die mehr kurz als stumpf sind; der Mund
groß und platt, weit von der Nase entfernt, und begränzt [!] durch breite Lippen.”145 Die
Suche nach dem Ursprung der zivilen Gesellschaft bildete die romantische Kehrseite der
gescheiterten französischen Revolution. Einher ging damit auch die Idee einer geistigen
Morgenlandfahrt als Rückkehr zu den Ursprüngen des Abendlandes. Diesem Zug „nach
Osten” folgten aufklärerische Denker, wenn sie einen Besuch in den Siwah-Oasen den
Jupiter-Amun Tempel abstatteten, einer seit der Antike bekannten Ruinenstätte, gelegen in
der Senke der libyschen Wüste (heutiges Ägypten).146 Diese einsetzende „Ägyptomanie”, die
Nachahmung ägyptischer Formen, folgte einer seit der Antike fundierten Tradition.147
Bereits bei den Griechen, vor allem seit Alexander und später bei den Römern wurde Amun,
„der Verborgene” mit Zeus bzw. Jupiter gleichgesetzt. Zedler weiß noch zu berichten, dass
einige den ägyptischen Gott Amun [Amun-Re] gar nicht als Gottheit sahen, sondern mit dem
Patriarchen Ham gleichsetzten.148 Im Ersch-Gruber ist die Ham-Assoziation zwar nicht mehr
angeführt, dagegen erwähnt er in Anlehnung Herodots, Amun hätte einen Tempel in
Äthiopien gehabt, bzw. Ägypten wäre von Meroe aus besiedelt worden.149 Die von Sanders
hervorgehobene Sichtweise, dass die Ägypter negroid und hochstehend zivilisiert wären,
existierte offensichtlich bereits vor dem Napoleon-Feldzug.150 Ein Besuch bei den
ägyptischen Pyramiden, veranlasste den französischen Reisenden und Philosoph Constantin
François Chasseboef Comte de Volney [1757-1820] über die Bedeutung der afrikanischen
Kulturleistung nachzusinnen. Bei seiner Rückkehr in Paris, nachdem ihn seine Reisen seit
1783 über vier Jahre durch Ägypten und Syrien geführt hatten, kommt er in Anlehnung an
Herodot151 zu folgendem Schluss: „Welch ein weites Feld zum Nachdenken eröffnet sich,
[…] wenn man sich vorstellt, dass diese schwärzliche Menschengattung heut zu Tage unsre
Sklaven und der Gegenstand unsrer Verachtung, die nämliche ist, der wir unsre Künste,
145
Pierre Prud’hon Dominique Vivant Devon, Reisen durch Ober- und Unter=Aegypten während
Bonaparte’s Feldzügen. Aus dem Französischen übersetzt…, 1803: 101 [franz. Original 1802].
146
Frank Bliss, Siwa – die Oase des Sonnengottes…, 1998.
147
Erik Hornung, Das esoterische Ägypten…, 1999.
148
Johann Zedler, Ammon. In: Großes vollständiges Universal-Lexikon…, 1732 I: 1750-1753.
149
Ersch-Gruber, Amun. In: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften…, 1818-1889.
150
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis… JAH 10, 4, 1969: 521-532.
151
„Nach meiner Meinung sind die Kolchier eine Kolonie der Ägypter, weil sie wie diese eine
schwärzliche Haut und krause Haare haben”, Herodot II: 150.
71
unsre Wissenschaften und selbst den Gebrauch der Sprache verdanken; und wenn man
endlich als möglich denke, dass man mitten unter denjenigen Völkern, die sich für die
größten Freunde der Freyheit und Menschlichkeit ausgeben, die barbarische aller
Sklavereyen hat einführen, und beynahe zu einer Aufgabe machen können, ob wohl die
schwarzen Menschen einen Verstand von der Art wie die weißen haben?” [hervorgehoben
im Original].152 Das bedeutet, den weiteren Ausführungen des Barons folgend, „die alten
Aegyptier waren würklich Negern von der Art, wie alle Eingebohrne von Afrika.”153 De
Volneys
Einforderung
des
Gleichheitsanspruches
aller
Menschen
repräsentiert
abolitionistisches Denken und offenbart seinen tiefen Glauben an die bevorstehende
gesellschaftliche Revolution Frankreichs. Darüber hinaus verweist sein offensichtlicher
Philanthropismus in die Logenzirkel der französischen Freimaurerei. Vom Philosophen
Claude Helvétius beeinflusst, einem der damaligen wichtigsten Logenvertreter Frankreichs,
versucht Volney dem afrikanischen Kontinent die rechtmäßige Stellung innerhalb der
europäischen Kulturgeschichte wieder zu geben. Mit dreizehn Auflagen erreichte Volneys
Reisebeschreibung eine hohe Breitenwirkung in der Gelehrtenöffentlichkeit, die zusätzlich
mit dem versehenen Vorwort zur deutschen Übersetzung des Reisenden und Logenbruder
Georg Forster [1754-1794] bei den philanthropen Kreisen im deutschen Sprachraum rasche
Anerkennung fand. Die Farbe der Haut der alten Ägypter entwickelte sich alsbald zum
Streitpunkt der Auseinandersetzung. Der englische Reisende William George Browne [17681813], entschiedener Gegner Volneys, hielt sich von 1791-1798 in derselben Region auf und
versuchte anhand der ägyptischen Mumien glaubhaft zu machen, dass die Ägypter eine
weiße Hautfarbe besessen hätten. Nachdem er über den Philanthropismus des Girondisten
Volney polemisiert, führt er an: „Da nämlich die alten Egypter gleichsam voraussahen, dass
sich vielleicht die Nachkommen dereinst von ihren äußern Ansehen einen ganz unrichtigen
Begriff machen möchten, so sorgten sie dafür, ihre ganze körperliche Gestalt auf eine solche
Art aufzubewahren, dass sowohl die Farbe ihrer Haar, als auch jeder Gesichtszug,
vollkommen kenntlich blieb. Dies geschah durch das Einbalsamieren der Mumien. […]
Diese gleichsam wieder auflebende Zeugen, überführen uns zugleich, dass […] sie vor
andern Bewohnern Egyptens durch ihre dunkelbraune Farbe, schwarze Haare und Augen,
etwas dickere Lippen, Habichtsnasen, und andere charakteristische Kennzeichen, sich
152
Constantin François Volney, Reise nach Syrien und Aegypten in den Jahren 1783, 1784, 1785…,
1788: 65 [franz. Orig. 1787].
153
Constantin François Volney, Reise nach Syrien und Aegypten…, 1788: 64.
72
auszeichnen, folglich mit den Negern ganz und gar keine Aehnlichkeit haben.“154 Brownes
Annahme klingt geradezu absurd, die Sitte der altägyptischen Mumifizierung ginge auf die
Sorge einer späteren Verwechslung mit anderen Völkergruppen zurück. Freilich stand hinter
dieser anthropologischen Debatte die afrikanische Sklavenfrage, um deren Beendigung die
Vertreter der Revolution und Teilnehmer der Abolitionsbewegung bemüht waren. Dennoch
sollte sich langfristig die Sichtweise des offensichtlich antiliberalen Briten George Browne
durchsetzen: die altägyptischen Mumien werden in der Folge der kaukasischen Rasse
zugeordnet. Mittelfristig herrschte jedoch die äthiopische Perspektive Ägyptens vor.
Ob das in Halle tätige Professorenteam Johann Gottfried Gruber [1774-1851] und Samuel
Ersch [1766-1828] regen Logenkontakt gepflegt hatte, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Ihre seit 1818 herausgegebene Monumentalenzyklopädie, die nach ihrem Tod bis 1889 auf
die stattliche Zahl von 159 Bänden heranwuchs, steht jedenfalls, was ihre Aussagen zu
Ägypten und Afrika anbelangt, deutlich in der Tradition der Freimaurerei. Aufschlussreich
ist dahingehend das eigens angeführte Stichwort der bereits erwähnten Freimaurerloge
namens „afrikanische Bauherren”. Der ausführliche Beitrag zum Begriff „Äthiopier” enthält
die überaus bemerkenswerte Passage: „In den hebräischen Urkunden werden die Äthiopes
Chusch genannt, und von den Chamiten abgeleitet. […] Die Chamiten bevölkerten aber auch
Ägypten, Äthiopien und ganz Afrika. Unter ihnen wurde der Name Chusch vorzüglich
gerühmt, weil Nimrod, ein Sohn des Chusch, das älteste Reich in Babylonien stiftete.”155 Die
biblische Völkertafel wird hier in durchaus bemerkenswerter Weise afrozentrisch
interpretiert. Folgerichtig gebühre also den hamitischen Afrikanern der Anspruch, in der
Weltgeschichte als Zivilisationsgründer aufzutreten. Ähnliches wird unter der Heranziehung
der Werke von Plutarch über Ägypten behauptet: „Eines von den Ländern der Erde, das wir
als eine Wiege des Menschengeschlechts betrachten können; […] Nach der heiligen
Tradition wandte sich hieher der Noachide Cham, der Mensch von dunkler Hautfarbe, und
gab dem Lande den Namen.”156 Nämliches wird von der ägyptischen Hieroglyphensprache
154
William George Browne, Travels in Africa, Egypt, and Syria, from the year 1792 to 1798…, 1799:
175. Browne gilt als der erste Europäer, der sich in Darfur aufhielt, einem muslimischen Sultanat in
Bilad as-Sudan, im heutigen Sudan. M. E. Sprengel, gab diese Reisebeschreibung ein Jahr darauf in
seiner großangelegten „Bibliothek der neuesten und wichtigsten Reisebeschreibungen zur Erweiterung
der Erdkunde nach einem systematischen Plane” in Weimar heraus; 1800 erschien es auch in Paris,
herausgegeben von M. de Belloy, Mitglied der Académie Française.
155
Ersch-Gruber, Äthiopes. In: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften…, 1818-1889: 102-119;
sämtliche Beiträge von „A-H” sind noch vor 1848 herausgegeben worden.
156
Ersch-Gruber, Ägypten. In: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften…, 1818-89: 16-39; das
angeführte Autorenkürzel „Hug.” konnte nicht identifiziert werden.
73
behauptet, die vor allem durch die umstrittenen Arbeiten von Athanasius Kircher bekannt
geworden war. Die ägyptische Kultur als Gesamtes müsste diesen Überlegungen einer
afrikanischen vorausgehen: „Wenn eine verwandte Mundart irgendwo übrig ist, so dürfte sie
am ehesten im innern Afrika einem künftigen Forscher begegnen. Denn von daher sind die
Altägypter, nach Lage des Landes zu urtheilen, gekommen, wenn man sie nicht als
Autochthonen denken will. Die erste Besitznahme konnte nur von Oben herab geschehen.
[…] Man könnte sie nach einigen Anzeigen für einen Stamm des Negergeschlechtes
halten.”157 Ob sich der in Wien tätige Ägyptologe Leo Reinisch bei diesem Satz angeprochen
fühlte, kann nicht mehr rekonstruiert werden; er wird jedenfalls der erste sein, der diesen
Aufruf ernst genommen hat: die Herkunft der Hamitensprachen aus dem Innern Afrikas
abzuleiten. Schließlich werden im „Ersch-Gruber” durch die Heranziehung der
anthropologischen Arbeiten Blumenbachs und den detaillierten Beschreibungen von Volney
die steinernen Monumente Altägyptens der afrikanischen Hand zugeschrieben. „Wenn man
nun eines der bekanntesten Werke des ägyptischen Meisels, die Sphinx am Fuße der
Piramyden desfalls zu Rathe zieht, so bieten das hervortretende Kinn, die zurückgeworfene
Stirn, von den Lippen nicht zu reden, unverkenntliche Merkmale des Negergeschlechtes
an.”158
Der Streit um die Hautfarbe der alten Ägypter setzte sich an den philosophischen
Lehrkanzeln Deutschlands fort, namentlich zwischen G. W. F. Hegel und seinem 18 Jahre
jüngeren
Kathederkollegen
Arthur
Schopenhauer
und
wurde
damit
auf
die
geschichtsphilosophische Ebene verlagert. Georg Wilhelm Friedrich Hegel [1770-1831],
neben Karl Marx der wohl bedeutendste geschichtstheoretische Systematiker des 19.
Jahrhunderts, prägte das Geschichtsbild Afrikas insofern, indem er Ägypten von Afrika
ausklammerte. „Egypten wird im Uebergange des Menschengeistes von Osten nach Westen
betrachtet werden”, konnte man Hegel 1830 an der Berliner Universität während seiner
Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte hören, „aber es ist nicht dem
afrikanischen Geiste zugehörig; was wir eigentlich unter Afrika verstehen, das ist das
Geschichtslose und Unaufgeschlossene, das noch ganz im natürlichen Geiste befangen ist,
und das hier bloß an der Schwelle der Weltgeschichte vorgeführt werden musste.“159 Im
157
Ersch-Gruber, Ägypten. In: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften…, 1818-89: 35.
158
Ersch-Gruber, Ägypten. In: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften…, 1818-89: 35.
159
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Geographische Grundlage der Weltgeschichte. In: Vorlesungen
über die Philosophie der Geschichte, 1822-1831…, 51971 XI: 145; zur Frage der Debatte über die
Zugehörigkeit Ägyptens nach Afrika siehe L. Keita, Two Philosophies of African History: Hegel and
Diop. Présence Africaine 91, 1974.
74
Wesentlichen spiegelt sich bei Hegel das “ex oriente lux” der Logenphilosophen wider –
„Ägypten macht den Übergang vom Orientalischen zum Okzidentalischen”160 – nur mit dem
wesentlichen Unterschied: Hegel spielt die afrikanische Kulturleistung im weltlichen
Gesamtgefüge gänzlich herunter; im Übrigen hatte Hegel wie Kant keinen Logenkontakt.
Für Hegel ist Geschichte lediglich die Geschichte von Staaten. Deshalb sind für ihn auch
vorstaatliche Gesellschaften oder Gesellschaften ohne Staat nicht geschichtsfähig. „Die
wahre Bedingung für die Weltgeschichte ist, dass Staaten sind.“161 Daher sind die
afrikanischen Menschen für ihn nicht wirklich Menschen, ihre rudimentäre Geistigkeit lässt
sich auf keine Weise mit dem Geist und seiner Geschichte vermitteln. Der Mensch, das ist
der europäische (männliche) Bürger in einem konstitutionellen Staat. Die Weltgeschichte,
das ist die orientalische und griechisch-römische Vorgeschichte Europas, dessen eigene
Geschichte seit dem „Byzantinischen Reich“ und seine amerikanische Nachgeschichte.
Alles, was außerhalb dieser Grenzen fällt, und was dem Menschlichen und der Geschichte
gleicht, ist in Wirklichkeit zwischen Menschlichem und Tierischem angesiedelt und mit der
Geschichte nicht zu vermitteln.162 Hegel deutete die Geschichte als Fortschritt im
Bewusstsein der Freiheit, die sich im politischen Staat als sittliches Prinzip verkörpere.163
Der afrikanische Mensch hätte diese Freiheit noch nicht erlangt: „in ihrer Heimath herrscht
der entsetzliche Despotismus”.164 Wie für Hegel der afrikanische Kontinent lediglich die
Vorhalle der Weltgeschichte bildete, so betrachtete er die Afrikaner als auf der
Kindheitsstufe stehend, im Übrigen ein Gedanke, der bereits von Friedrich Schiller zum
Diktum in der Betrachtung der unilinearen Menschheitsentwicklung erhoben wurde. „Die
Neger sind als eine ihrer uninteressirten und interesselosen Unbefangenheit nicht
heraustretende Kindernation zu fassen. Sie werden verkauft und lassen sich verkaufen, ohne
alle Reflexion darüber, ob dies recht ist oder nicht. Ihre Religion hat etwas Kinderhaftes.“165
„Hegels Philosophie bedeutet alles für Europa, und sie bedeutet nichts für Afrika“, wie
Heinz Kimmerle das problematische Verhältnis zwischen Hegel und Afrika in seinen
160
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Der Ägyptische Volkscharakter. In: Vorlesungen über die
Philosophie der Weltgeschichte, 1822-1831…, 51971 XI.
161
Heinz Kimmerle, Hegel und Afrika: Das Glas zerspringt. Hegel-Studien 28, 1993: 303-325.
162
Heinz Kimmerle, Hegel und Afrika: Das Glas zerspringt. Hegel-Studien 28, 1993: 324.
163
Heinz Kimmerle, Hegel und Afrika: Das Glas zerspringt. Hegel-Studien 28, 1993: 303-325.
164
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, System der Philosophie. Dritter Teil. Die Philosophie des Geiste,
4
1965 X: 74, Anthropologie.
165
4
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, System der Philosophie. Dritter Teil. Die Philosophie des Geiste,
1965 X: 73, Anthropologie.
75
geschichtswissenschaftlichen Überlegungen auf den Punkt bringt, mit der Randbemerkung,
dass Hegel für Afrika dennoch nützlich sein kann, um den Prozess der Europäisierung
Afrikas zu begreifen.166
Einer der ersten Denker, der die Existenz einer „weißen Rasse” gänzlich leugnete, war
Arthur Schopenhauer [1788-1860]. Schopenhauer promovierte in Jena 1813 „Über die
vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“. Dort traf er Goethe, der ihn in
seine Farbenlehre einführte. Ihm widmete Schopenhauer auch seine zwischen 1814-1819
verfasste Hauptschrift „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Schopenhauers Vorlesungen
waren jedoch nur wenig besucht und seine Dozentur an der Universität in Berlin stand im
Schatten seines Rivalen Hegels. Ganz seinem zugeschriebenen Charakterzug als
„Querdenker” war Schopenhauer davon überzeugt, dass der Mensch in den Tropen Afrikas
entstanden und dementsprechend in seinem Urzustand ein Schwarzer war. Im Gegensatz zu
seinen Zeitgenossen hatte Schopenhauer eine sehr schlechte Meinung von der weißen
Hautfarbe, die er schlicht als Verkümmerung bezeichnete. Im Gegenzug Hegels formulierte
Schopenhauer: „Dies also ist, ohne Unterschied der Rasse, die wahre, natürliche und
eigenthümliche Farbe des Menschengeschlechts, und nie hat es eine von Natur weiße Rasse
gegeben; ja von einer solchen zu reden und die Menschen, kindischerweise, in die weiße,
gelbe und schwarze Rasse einzuteilen, wie noch in allen Büchern geschieht, zeugt von
großer Befangenheit und Mangel an Nachdenken.“167 Der Passus liest sich aber auch wie
eine Vorwegnahme de Gobineaus in negativer Hinsicht. Ähnliche Gedanken hatte
Schopenhauer bereits 1819 in seiner „Welt als Wille und Vorstellung” formuliert. Seine
Schrift fand jedoch lange Zeit keine Beachtung. Nachdem Hegel an Cholera gestorben war,
führte Schopenhauer in Frankfurt am Main ein zurückgezogenes Leben. „Demnach nun
muss jedenfalls der Adam unserer Rasse schwarz gedacht werden”, hält Schopenhauer auch
in seiner Spätschrift “Parerga und Paralipolima” unerbittlich fest, „und lächerlich ist es,
wenn Maler diesen ersten Menschen weiß, in der durch Verbleichung entstandenen Farbe,
darstellen: da ferner Jehova ihn nach seinem eigenen Bilde geschaffen hat, so ist auf
Kunstwerken auch dieser schwarz darzustellen.”168 Beinahe paradox mutet es an, dass die
166
Heinz Kimmerle, Hegel und Afrika: Das Glas zerspringt. Hegel-Studien 28, 1993: 324; Fritz
Kramer (1977: 58) dazu: „Hegel zeichnet eine afrikanische Welt, in der alles anders sein soll als in der
europäischen. Afrika ist eine Verkehrung Europas, und das heißt für Hegel – eine verkehrte Welt.”
167
Arthur Schopenhauer, Zur Philosophie und Wissenschaft der Natur. In: Parerga und Paralipolima,
1851 II §92: 115-194.
168
Arthur Schopenhauer, Zur Philosophie und Wissenschaft der Natur. In: Parerga und Paralipolima,
1851 II §92: 115-194.
76
“Parerga und Paralipolima“ von 1851, Schopenhauers letztes Werk, sehr bald zum Hausund Andachtsbuch des gebildeten Bürgertums in Deutschland anvancierte, dessen „solider
Realitätssinn plötzlich Geschmack am Kitzel des Abgrunds findet.”169 Schopenhauers
Auffassungen vom Aussehen des ersten Menschen waren sowohl in wissenschaftlichen als
auch in theologischen Kreisen revolutionär und standen im Widerspruch zu den gängigen
poly- und monogenetischen Anschauungen. Zudem weist Schopenhauer die Idee des
Ursprungs und der Abstammung von einem Menschenpaar als überholt von sich, und leugnet
dabei gleichzeitig die Übertragung des zeitgenössischen Rassebegriff auf den Menschen.
Schopenhauer kann – wie Charles Darwin übrigens170 – als Vorläufer des heutigen “Out-ofAfrica-Modells”171 betrachtet werden.
169
Rüdiger Safranski, Schopenhauer. Reihe: Philosophie jetzt!…, 1995: 15.
170
Charles Darwin, The origin of species…, 61872: XV.
171
Chris Stringer, Ronin McKie, Afrika – Wiege der Menschheit. Die Entstehung, Entwicklung und
Ausbreitung des Homo sapiens…, 1996.
77
6. Von der Hamitenzivilisation zum Ursprung zivilisatorischer Dekadenz
Es war der britische Sprach- und Altertumsforscher Charles Beke [1800-1874], der die
Hamiten mit dem Zivilisationsgedanken verknüpfte. 1834 legte er sein berühmtes Werk
“Origines Biblicae”172 der Öffentlichkeit vor, worin er den Vorschlag unterbreitete,
sämtliche Sprachen auf drei „Klassen” oder „Familien” zurück zu führen: erstens die
„japhetitische” oder „indo-europäische” Familie; zweitens die „hamitische” oder
„mitzritische” und drittens, die Sprachen Ostasiens und Amerikas, ferner Polynesiens und
Australiens, wofür Beke aber noch keinen übergeordneten Begriff zu finden imstande war.
Ins Auge fällt hier, dass bei dieser Einteilung der biblischen „Weltbevölkerungstafel”173 –
wie sie mittlerweile genannt wurde – zwar festgehalten, das „Semitische” aber gar nicht
mehr ausdrücklich vorkommt. Vor allem bei den deutschen Gelehrten stieß dieses Schema
auf
Ablehnung,
und
Beke
fühlte
sich
dahingehend
sogar
veranlasst,
eine
„Verteidigungsschrift” zu verfassen, in der er hervorhob, dass es bei seinem Entwurf sich
lediglich um einen Versuch handele, „die biblische Geografie und Geschichte von der
irrigen, jüdischen Auslegung zu reinigen, welche hauptsächlich durch die Septuaginta auch
in die christliche Kirche übergegangen ist.”174 Weniger antisemitische Attitüden sind bei
dieser Aussage festzustellen, sondern wie Beke betonte, solle eine „profane Geografie“ die
„sakrale” ablösen. Es wurde bereits gezeigt, dass die meisten Aufklärer in ihren
Weltgeschichts-Entwürfen der Bibel eine klare Absage erteilt hatten. Bei Beke zeigt sich nun
das gegenteilige Bestreben: nämlich die Bibel nach ihrem historischen Sachverhalt rational
ausloten zu wollen. Diese postaufklärerische Auseinandersetzung mit dem Bibeltext hatte
zur Folge, dass der wissenschaftlich begründete „Hamitenbegriff” von Anfang an mit einem
antiklerikalen Beigeschmack versehen wurde, eine Tendenz, die sich markant bei de
Gobineau, aber auch bei den späteren Darwinisten, wie Friedrich Müller als Leitmotiv
veräußert. Die vermehrt historisch-kritischen Auslegungsversuche der Bibel konnten sich
jedoch ihres mythologischen Kerns nicht entledigen, sondern verwickelten sich zusehends in
Widersprüche, die neue Mythen entstehen ließen. “We are led”, fasst Beke seine historische
Untersuchung der Bibel zusammen, “that the first state of society after the Flood, being that
of Noah and his sons, was one of a comparatively high degree of civilisation; and we shall,
probably, not be wrong in asserting that it was, at the least, as high as that of the Egyptians,
172
Charles Beke, Origines Biblicae: or Researches in Primeval History…, 1834. Darin hatte er bereits
den Begriff “Hamitish Hottentots” vorweggenommen; vgl. Beke, 1834: 97.
173
Charles Beke, Vertheidigung gegen Herrn Dr. Paulus in Betreff seiner Recension…, 1836: 8.
174
Charles Beke, Vertheidigung gegen Herrn Dr. Paulus in Betreff seiner Recension…, 1836: 1.
78
Phoenicians and Assyrians, who are nations of antiquity known to us as being their
descendants in the nearest degree.”175 Zunächst fällt auf, dass „hamitisch” geradezu konträr
zum Ham in der Bibel verwendet wird. Hier wird der „vorgeschichtliche” Aspekt erstmals
mit dem Zivilisationsbegriff in Zusammenhang gebracht. Demgemäß erscheinen die
Noachiden als frühe Staatengründer. Zeitlich weit zurücktradiert sind sie nunmehr Vorläufer
der späteren Hochkulturen. Dieser den Hamiten zugeschriebene „Zivilisationscharakter” will
Beke jedoch als Gegensatz zu den „Barbaren” im Innern Afrikas verstanden haben. Im
Übrigen erscheint Bekes Zivilisationsmodell dem evolutionistischen geradezu gegenläufig,
da dessen „Anfang” historisch ungreifbar in eine „urzeitliche” – hier vorsintflutliche Zeit –
entrückt wird.
Jean Babtiste Champollions [1790-1832] vortreffliches Geschick und unermüdliche
Ausdauer ermöglichten ihm, dass er 1822 die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern
vermochte. Nachdem ihm das Pariser Colège de France 1831 kurz vor seinem Tod einen
Lehrstuhl für Ägyptologie geschaffen hatte, gilt er als der Begründer dieses Faches.
Champollion lieferte anhand der dreisprachigen Inschrift des Steins von Rossette den
Nachweis, dass die Hieroglyphenschrift im Gegensatz zu den Schriftsprachen eine
Lautschrift ist. Die Besonderheit dieser Feststellung forderte die Gelehrtenwelt heraus, diese
neu entzifferte Sprache innerhalb der damals als gültig erachteten indoeuropäischen und
semitischen Stammbäume einzuordnen. Für die Gewährleistung einer solchen Aufgabe
musste jedoch erst eine Chronologie der „Ägyptischen Denkmäler” erstellt werden. Nach
einer Vorarbeit von Lepsius war es Christian Carl Bunsen [1791-1860], der eine solche
Herausforderung annahm. Als sprachwissenschaftlich ausgebildeter Theologe stand dieser
außerdem dem König Friedrich Wilhelm IV. als preußischer Botschafter zu Diensten.
Bunsen
schrieb
„Aegyptens
Stelle
in
der
Weltgeschichte”,
ein
fünfbändiges
Monumentalwerk, an dem er seit der Annahme seiner Funktion als Generalsekretär des
archäologischen Instituts in Rom arbeitete.176 Dort hatte er auch Champollion kennengelernt
und auch den jungen C. Richard Lepsius, dessen Freundschaft er gewinnen konnte und
dessen großer Förderer er noch werden sollte. Sein großes Interesse an der ägyptischen
Kultur entstand aber zunächst indirekt in der jahrelangen Zusammenarbeit mit dem
preußischen Diplomaten Barthold Georg Niebuhr [1776-1831], dem Bunsen als Sekretär
diente. Die von Niebuhr herausgegebene „Geschichte Roms” (1830-1843) beruhte zu einem
Großteil auf den Vorarbeiten Bunsens. In der Auseinandersetzung mit der römischen
175
176
Charles Beke, Origines Biblicae…, 1834: 51, Kapitel “A State of High Civilization”.
Christian Carl Josias Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte. Deren Geschichtliche
Untersuchung in fünf Büchern…, 1845-1857 [ins Englische übertragen von 1848-67].
79
Entstehungsgeschichte kam Bunsen zu dem Ergebnis, dass Rassen und Sprache in der Kultur
der Italiker einander deckten. Dieser Ansatz wurde für Bunsen der Ausgangspunkt für seine
intensiven Studien der ägyptischen Kultur. Die ersten drei Bände erschienen 1845; der vierte
und fünfte Band folgten erst 1856 und 1857. In seiner Vorrede stellt er bereits klar, dass die
Erstellung der Chronologie der ältesten Menschheitsgeschichte aus der Sprache erschlossen
werden müsse. Zuwider war ihm die etymologische Arbeitsweise, die stets in Gefahr stand,
ins mythologische abzugleiten. Methodisch folgte er Schlegel, der die historische
Rekonstruktion
zugrundeliegender
sprachgenealogischer
„Sprachstämme”
Beziehungen
anstrebte.
Nach
mittels
vielen
der
recht
Herausarbeitung
komplizierten
Einzelüberlegungen siedelte Bunsen die Sprache des Ägyptischen zeitlich zwischen dem
Semitischen und Indogermanischen an. Die ägyptische Kultur als gesamtes schätzte er aber
als die älteste der Menschheit ein. Diese Behauptung basierte jedoch auf einer
Schlussfolgerung, die sich aus seiner Theorie der vier Weltalter ergab. Die Erschaffung des
Menschen setzte er nämlich um 20.000 v. Chr. in Nordasien an, den Zeitpunkt der Sintflut
um 10.000 v. Chr. Entscheidend ist nun, dass Bunsen sowohl die Herausbildung eines
chamitisch-turanischen Sprachstamms als auch die Einwanderung nach Ägypten
vorsintflutlich um 12.000 ansetzt. Arier und Semiten wären dahingehen lediglich eine
nachsintflutliche Erscheinung und damit deutlich jüngeren Datums. „Ägypten als Zeitmesser
der Weltgeschichte” – mit Bunsens neuer Einschätzung der ägyptische Kultur ging auch die
Frage nach ihrer Stellung zu anderen Hochkulturen Hand in Hand.
Der erste, der Bunsens vorsintflutlichen „Khamitismus” aufgriff, war kein geringerer als
Joseph Arthur Comte de Gobineau [1816-1882]. Ebenso dem Diplomatenkreise angehörig
entwickelte der französische Schriftsteller eine Rassentheorie, in der er die weiße Rasse für
allein kulturfähig und die indogermanischen Arier für deren wertvollste Ausprägung erklärte.
Von den Werken Charles Beke beeinflusst, arbeitete de Gobineau den Zivilisationsgedanken
bei den Hamiten stärker heraus. Deutlich erscheint sein Hamitenbegriff in Bekes
aufgebrachtem antijüdischen und antiklerikalen Kleide. De Gobineau stellte in seinem
4bändigen Œuvre “Essai sur l’inégalité des races humaines” (1853-55) Adam und Noah als
die „Stifter der weißen Rasse”177 hin. „Dass Adam der Stammvater unserer weißen Rasse sei,
müssen wir gewiß für wahr annehmen. Es ist ganz klar, dass die Schrift es so verstanden
177
Joseph Arthur Comte de Gobineau, Die Hamiten. In: Versuch über die Ungleichheit der
Menschenrassen. Deutsche Ausgabe von Ludwig Schemann…, 1898-1901 II: 13; sämtliche Zitate
wurden mit der französischen Originalausgabe verglichen.
80
haben will, da von ihm Geschlechter abstammen, welche unbestreitbar weiß sind.”178 Der
vielbelesene de Gobineau, der von vielen als der „geistige Vater” des Rassismus179
bezeichnet wird, nahm für seine Beweisführung der geistigen Verschiedenheit der
Menschenrassen die Bibel zur Hand. Tatsächlich hielt sich de Gobineau strikt an die
biblische Chronologie. Das Alter der Menschheit nahm er mit fünf- bis sechstausend Jahren
an. Aus der Schöpfungsgeschichte entnahm er, dass die weiße Rasse in Nordasien entstanden
sei, die sich dann in drei Stämme geteilt habe: in die Stämme Ham, Sem und Japhet, die
späteren Arier. Alle drei waren gleichermaßen mit Tugenden und Gaben ausgestattet und
verfügten über die wichtigsten Elemente der Zivilisation: Religion und Geschichte. Von den
zehn „Civilisationen” die de Gobineau in seiner weltgeschichtlichen Darstellung erblickte,
wären sieben arischen Ursprungs. Die beiden anderen Rassen, die de Gobineau mit den
Farben „schwarz” und „gelb” charakterisiert, hätten an dieser Entwicklung keinen Anteil
gehabt. Seine dreigliedrige Rassenaufteilung verfährt jedoch nicht typologisch, sondern
ergibt sich aus der vermeintlichen Ungleichheit ihrer geistigen Befähigung, wonach die
schwarze an der untersten Stufe und die weiße Rasse an der Spitze stehe. Das sich daraus
ergebende Geschichtsbild über die außereuropäischen Gebiete hatte bereits Hegel zum
Paradigma erhoben: „Ich brauche nicht erst darauf hinzuweisen, dass da, wo die schwarzen
Racen nur einander im Kampfe lagen […] keine Geschichte möglich ist. In dieser Lage
befindet sich Amerika, der größte Theil von Afrika und ein nur zu beträchtliches Stück von
Asien. Geschichte entspringt einzig der Berührung mit den weißen Rassen.”180 Das Neue bei
de Gobineau ist, dass er den Begriff „Degeneration” einführt, den er zum Schlüsselbegriff
seiner pessimistischen weltgeschichtlichen Betrachtung erhebt: „Ich meine also, dass das
Wort degenerirt, auf ein Volk angewandt, bedeuten muss und bedeutet, dass dieses Volk
nicht mehr den inneren Werth hat, den es ehedem besaß, weil es nicht mehr das nämliche
Blut in seinen Adern hat, dessen Werth fortwährende Vermischungen allmählich
eingeschränkt haben.”181 De Gobineau kehrt damit den von den Aufklärern vertretenen
178
De Gobineau, Die Unterschiede zwischen den Racen sind dauernd. In: Versuch über…, 1898-1901
I: 154.
179
Michael Denis Biddiss, Father of Racist Ideology…, 1970; Louis Snyder (1962: 46) prägte für de
Gobineau das Schlagwort „Apostel des Ariertums”; siehe dazu auch den anregenden Aufsatz von
Alfred Frisch, De Gobineau und der französische Rassismus. Berichtigung einiger Fehlurteile.
Dokumente. Zeitschrift für den deutsch-französischen Dialog 53, 3, 1997: 224-227.
180
De Gobineau, Geschichte gibt es nur bei den weißen Völkern. In: Versuch über…, 1898-1901 III:
4.
181
De Gobineau, Was man unter dem Worte Degeneration zu verstehen hat. In: Versuch über…,
1898-1901 I: 32.
81
unilinearen evolutiven Geschichtsverlauf, der sich von unten aufsteigend nach oben hin
orientierte, praktisch um. Indem de Gobineau Hegel auf den „Kopf” stellt, ergibt sich seine
pessimistische Grundhaltung, da damit der Anschein erweckt wird, dass es in der Geschichte
Zivilisationen gegeben habe, die in der Entwicklung höher standen. Auch dieser Ansatz ist
grundsätzlich nicht neu, er lässt sich beispielsweise bereits bei Hesiod und in der indischen
Mythologie finden. De Gobineau geht es jedoch nicht wie dem römischen Dichter Ovid
darum, ein „goldenes Zeitalter” als sagenhafte Zeit des Friedens und der Glückseligkeit
nachzuweisen, sondern Gesetzmäßigkeiten darzulegen, die den vermeintlichen Verfall der
Zivilisationen einleiteten. Léon Poliakov hat in seiner brillanten Darstellung des
„Ariermythos” nachgewiesen, dass der geschichtliche Degenerationsgedanke erstmals von
Pierre Louis de Maupertuis [1698-1759] zu einer wissenschaftlichen Theorie ausformuliert
wurde. Zu ungeahntem Erfolg führte sie jedoch erst Georges-Louis Leclerc, Comte de
Buffon [1707-1788], der auch als Begründer der Katastrophentheorie gilt. Letzterer wagte
auch als einer der ersten die biblische Chronologie vehement in Frage zu stellen, indem er
das Alter der Erde von den ehemals 6.000 auf 74.000 Jahre ausdehnte.182
Nach
de
Gobineaus
aristokratisch-exzentrischer
Vorstellung
hafte
dem
Menschengeschlecht ein eigentümlicher „Geist der Absonderung” an, der sich Kreuzungen
widersetze. Er nennt es das Gesetz der „Repulsion”. Die Qualität der weißen Rasse, ihr
Expansionsdrang durch Eroberungszüge hätte jedoch eine entgegengesetzte Tendenz
hervorgebracht: das Gesetz der „Attraktion”. Daher sei die weiße Rasse und folglich auch
deren Zivilisation sehr zerbrechlich, denn die „Beimischungen minderwertigen Bluts”, die
durch das Gesetz der Anziehung unvermeidlich geworden seien, nahmen bald verheerende
Folgen an. Das Hervorzuhebende für unser Thema ist nun, dass de Gobineau mit den
Hamiten diesen Verfallsprozess beginnen lässt. Mit dieser Pseudo-Geschichtsphysik
verschafft er seiner Betrachtungsweise ein plausibles Fundament. Die Hamiten hätten sich
der Qualität der weißen Rasse gemäß in ihren Eroberungszügen von Zentralasien ausgehend
„in ganz Asien und längs der arabischen Küsten bis nach Ostafrika ausgebreitet.”183 Dem
Gesetz der Anziehung gemäß wären sie dadurch mit der schwarzen Rasse in Berührung
gekommen und hätten sich vermischt. De Gobineau, dem es ja obliegt, Ursachen für den
Untergang vergangener Zivilisationen zu finden, beschreibt diesen Vermischungsablauf
entsprechend detailliert: „Die ehemaligen weißen Hamiten verloren mit jedem Tage mehr
und verschwanden endlich ganz. Ihre mulattische Nachkommenschaft, welche ihren Namen
noch sehr wohl als einen Ehrentitel tragen konnte, wurde allmählich ein über und über
182
Léon Poliakov, Der arische Mythos…, 1993: 187-190 [fr. Orig. 1971].
183
De Gobineau, Die Hamiten. In: Der Versuch über…, 1898-1901 II.
82
schwarzes Volk.”184 Den Übergangsprozess von „weiß” auf „schwarz” überträgt de
Gobineau auch auf die Sprache. Hatten die Hamiten anfänglich noch eine der weißen Rasse
spezifische Sprache, deren Eigentümlichkeiten de Gobineau nicht weiter interessiert, stellte
sich nach der Vermischung als Resultat das „Verschwinden der angeborenen Sprache”
infolge der „Überwucherung mit den Mundarten der Schwarzen” ein.185 „Das erste
Herabsteigen der weißen Völker”, so stellt sich der Beginn des Verfalls aller Zivilisationen
für de Gobineau dar, „ist das der Hamiten.”186 Von den Hamiten in Asien ausgehend hätte
sich dieser fatale Prozess über die Semiten, die Kanaaniten, die Assyrer bis hin zu den
Ägyptern und den Äthiopiern nach Afrika erstreckt. Damit gibt de Gobineau den
entscheidenden Impuls für die späteren Linguisten, die eine reine „hamitische” Sprache als
Substrat aus den verschiedenen afrikanischen Sprachen freilegen wollen und diese damit als
rekonstruierbar erachteten. „Nichts in den alten Zeugnissen berechtigt dazu”, schimpfte der
adelige Rebell über die Theologen, „den Patriarchen, […] als durch den väterlichen Fluch
mit den leiblichen Merkmalen der verworfenen Racen befleckt zu betrachten.”187 Indem er
die „Söhne Hams” gleich den Semiten und den Japhetiten der weißen Rasse zugehörig
dachte, wusste de Gobineau, dass er damit die lange theologische Tradition auf den Kopf
stellen werde. „Nie hat der Ausdruck Kanaan [vierte Sohn Hams] ein Negervolk oder auch
ein völlig schwarzes bezeichnet”, führt er unbeirrt fort. Wie aus den vorigen Kapiteln
ersichtlich, hatte de Gobineau damit völlig Recht, die „schwarze Rasse” kommt eben in der
Bibel, wenn sie wörtlich verstanden werden will, nicht vor.188 Den gleichen pseudoaufklärerischen Ton spielt de Gobineau bei seiner Darstellung der biblischen Verfluchung
Hams an. Er interpretiert den Fluch nicht mehr als eine Verurteilung zum Sklaventum,
sondern schlicht als Degeneration, die sich im Zustandekommen der „Mischlingsvölker”
allzu genau nachweisen ließe. De Gobineaus antitheologische Einstellung richtete sich
jedoch vor allem gegen Herder, dessen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der
Menschheit” er lediglich Spekulation zusprach.
Soziohistorisch gesehen spiegelt sich in den Werken de Gobineaus deutlich die
Verteidigung des Adelstandes wider. Ein Stand, der sich durch die natürliche Erbfolge
legitimierte, schien durch die Herausbildung eines freien Bürgertums mit seinen
demokratischen Idealen seit der französischen Revolution und der Unabhängigkeitserklärung
184
De Gobineau, Die Hamiten. In: Der Versuch über…, 1898-1901 II: 17.
185
De Gobineau, Die Hamiten. In: Der Versuch über…, 1898-1901 II: 17.
186
De Gobineau, Die Hamiten. In: Der Versuch über…, 1898-1901 II: 13.
187
De Gobineau, Die Hamiten. In: Der Versuch über…, 1898-1901 II: 14, Anm.
188
Genauso wenig kann von einer weißen oder sonstigen Rasse in der Bibel gesprochen werden.
83
der Vereinten Staaten Amerikas anachronistisch. Dass nun manche Sklaven sich als freie
Bürger bewegen konnten, dass sich bürgerliche Kaufleute mit ihren Unternehmen infolge
des Industrialismus Handelsimperien aufbauen konnten, war aus der Sicht des Adels ein
Verlust von Herrschaft, gleichsam einer in Dekadenz ausufernden Anarchie. Der
berühmtgewordene Briefwechsel zwischen dem französischen Verfechter der Demokratie,
Alexis de Tocqueville [1805-1859] und de Gobineau, illustriert diesen Gegensatz wohl am
deutlichsten.189 Als Diplomat wurde de Gobineau von Alexis de Tocqueville 1849 ins
Außenministerium geholt. Nach der Herausgabe seines Werkes schickt er ein Exemplar an
seinen politischen Förderer und bittet ihn um seine Stellungnahme. Die Reaktion war
eindeutig. „Sehen Sie nicht”, entgegnete de Tocqueville de Gobineau in seinem Brief vom
17. November 1853, „dass aus ihrer Lehre natürlicherweise alle Übel, die die dauernde
Ungleichheit hervorbringt, erzeugt werden: der Hochmut, die Gewalt, die Verachtung des
Gleichen, die Tyrannei und die Gesamtheit in allen Formen?”190 Kategorisch lehnte de
Tocqueville die von de Gobineau vertretene rassische Erklärung der Geschichte ab, da sie
„wahrscheinlich falsch sei, und sicherlich verderblich.” Es war die in Hannover geborene
jüdische Philosophin Hannah Arendt [1906-1975], die im Exil der U.S.A. vorbildlich jene
soziohistorischen Bedingungen für die Entstehung eines vorimperialistischen Rassebegriffs
nachzeichnete.191
In seinem eigenen Lande während der letzten Jahrzehnte seines Lebens völlig vergessen,
verdankte de Gobineau seine Wiederbelebung dem deutschen Professor Ludwig Schemann,
einem begeisterten Wagnerianer, der 1894 in Straßburg eine de Gobineau-Vereinigung
gründete und ihn zum Apostel des Pangermanismus auserkor.
Die Beschäftigung mit den semitischen Sprachen warf die Frage auf, ob auch das
Altägyptische dieser Sprachfamilie einzureihen wäre. Der französische Religionshistoriker
und Orientalist Ernest Renan [1823-1892] schlug in seiner 1855 erschienen Geschichte der
semitischen Sprache vor, für die Familie der Sprache und der Kultur Ägyptens den Terminus
“chamitique” zu gebrauchen, um sie somit vom Semitischen abzugrenzen. “Il faut donc
former pour la langue et la civilisation de l’Egypte une familie à part, qu’on appellera, si l’on
189
Lettre de Alexis de Tocqueville et de Arthur de Gobineau. Revue de Deux Mondes 199 (1907).
Brief vom 17. November 1853. In: Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft…,
1955: 261.
190
Karl Pisa, Alexis de Tocqueville. Prophet des Massenzeitalters. Eine Biographie…, 1984: 209.
191
Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft…, 1955 [am. Orig. “The Origins of
Totalitarianism. (Harcourt) New York, 1951].
84
veeut, chamitiqque.”192 Diesee Differenzieerung zog ein
ne weitreichende Bedeuttungsverschiebung
naach sich. “Onn ne peut dou
uter”, holt Reenan weiter aus, “que less Sémites, enn se portant vers
v le
suud et l’ouest,, n’aient trou
uvé sur quelqques points des
d établisseements cham
mites ou cousschites
anntérieurs. Cela parait certtain, du moiins pour l’Yéémen et l’Ab
byssinie: en général, c’est aux
Chhamites et aux
a Couschiites qu’appaartiennent les premières fondations de la civilisation
m
matérielle enn Orient.”1993 Ähnlich wie Beke, dem eigentlichen W
Wortschöpferr der
Haamitenzivilissation, war Renan
R
zunäcchst von der Linguistik ausgegangen,
a
, dann erst sttattete
err jener Spracche mit „staaatlicher Zivillisation” auss. Rasse und
d Sprache schheinen bei beiden
b
beeliebig miteinnander austaauschbar. Miit einem Mall lösten die Hamiten
H
in dder Frage nacch der
errsten Zivilissation der Menschheiit die Sem
miten ab. Nicht
N
mehrr das asiaatische
Zw
wischenstrom
mland stand
d dahingeheend im Brrennpunkt des
d
Interessses, sondern
n das
affrikanische Niltal,
N
das jed
doch für Bekke, de Goubineau und Renan
R
nicht zzu Afrika, so
ondern
zuum „Orient”” zählte. Die Hervorhebbung einer vermeintlich
h vorschriftllichen und damit
prrähistorischenn hamitisch
hen Zivilisaation zielte eindeutig auf die H
Herabspielung
g des
Seemitischen. „Ich bin der erste, anzuerkenn
nen, dass die semitissche Rasse eine
m
minderwertigeere Gesamtheeit der menscchlichen Kultur ist”194, heißt
h
es bei R
Renan unverb
blümt.
Obbwohl Rennan mit seeiner Worttschöpfung „Antisemitismus” zunnächst nichtt die
Geegnerschaft, sondern eher
e
ein „aanstatt” herv
vorheben wollte, war mit der psseudowiissenschaftliichen Geburtt der prähisttorischen Haamiten auch die Judenfeeindlichkeit in der
euuropäischen Gelehrtenwe
G
elt hoffähig ggemacht worden.195
1922
1933
Ernest Renann, Histoire gén
nérale et systèème comparé des langues séémitique…, 311863 [1855]: 89.
3
Ernest Renaan, Histoire générale…,
g
11863: 35; Neeben Beke geelten Renan uund Lepsius als
a die
W
Wortschöpfer des
d sprachwisssenschaftlicheen Terminus „h
hamitisch”.
1944
1955
Ernest Renann 1855, zitiertt nach Alfred F
Frisch, De Go
obineau…, Do
okumente 53, 33, 1997: 227.
Vgl. dazu Jüdisches Leexikon, 1927 I: 331; Ren
nan leitete daas Wort „Anntisemitismus”” vom
Anntichristen ab.
85
7. Kaukasische Hamiten im Licht des Darwinismus
Den entscheidenden Durchbruch in der Anerkennung des vorsemitischen Hamitismus
verhalf der Darwinismus, im Besonderen der vom Wirtschaftsjournalisten Herbert Spencer
begründeten Sozialdarwinismus. Dass Spencer sein populistisches Schlagwort “survival of
the fittest” weit über den engen Kreis elitärer Gelehrter salonfähig machen konnte, verdankte
er aber der im starken Wandel begriffenen westeuropäischen Gesellschaft. Soziohistorisch
gesehen ist der Sozialdarwinismus in erster Linie Ausdruck einer allgemeinen
Verindustralisierung der europäischen Gesellschaft, die Herausbildung der beiden neuen
komplementären Gesellschaftsschichten: der Arbeiterschicht- und dem Unternehmertum,
eingebettet in den großen Problemkreis des 19. Jahrhunderts der „sozialen Frage”.
Charles Darwin [1809-1882] war in erster Linie Zoologe, und es braucht auch nicht zu
verwundern, wenn er in seinem epochemachenden Werk “Origin of Spezies” (1859) den
Hamitenbegriff gar nicht gebrauchte. Wie schon angedeutet, vertrat Darwin den
„undarwinistischen” Standpunkt, die Menschheit hätte in Afrika ihren Ursprung genommen.
Das schien aber zu der damaligen Zeit niemanden zu interessieren. Entscheidend für die
Gelehrtenwelt waren seine Überlegungen über die Entstehung der pflanzlichen und
tierischen Arten, die er sich von der „natürlichen Zuchtwahl” her ableitete. Danach führt eine
zu große Nachkommenzahl der Lebewesen zu einem Konkurrenzkampf bei dem nur die
jeweils am besten angepassten überleben. Darwin war davon überzeugt, dass nur diese sich
vermehren
würden,
woraus
eine
allmähliche
Umbildung
der
Arten
und
eine
Höherentwicklung folgen müsste. Mit dieser Selektionstheorie stellte er die bis dahin
vorherrschende Meinung, die von der Konstanz der Arten ausging, vehement in Frage.
Während in Großbritannien Darwins Selektionslehre nur allmählich Zustimmung fand,
wurde sie in den deutschen Landen als wissenschaftliche Revolution gefeiert. Der deutsche
Naturforscher Ernst Haeckel [1834-1919] lernte Darwins Theorie in der bereits 1860
erfolgten deutschen Übersetzung kennen und gewann sogleich die Überzeugung der
„Wahrheit des Darwinismus”. Haeckel, der im Gegensatz zu Darwin ein Medizinstudium
absolviert hatte, erweiterte dessen Lehre von der Umwandlung der Arten durch die
Einbeziehung des Menschen. Mit seiner entschiedenen Verfechtung der Vererbung
erworbener Eigenschaften stellte er dahingehend die biogenetische Grundregel auf. Als einer
der ersten in Deutschland vertrat er die These, dass das Prinzip des Fortschritts auch auf der
historische Analyse und politischen Umgestaltung von kulturellen und sozialen Leistungen
anzuwenden sei. Dadurch wurde die Anwendung des Darwinismus auf andere
Einzelwissenschaften ermöglicht. Ernst Haeckel gilt als einer der Schöpfer und
86
Propagandisten des „darwinistischen Hamitismus”, ein Begriff, der noch näher darzustellen
ist.
Charles Darwin hatte sich keineswegs vorgestellt, dass seine Lehre auch von Philologen
übernommen werden würde. Bereits 1863 legt der Sprachwissenschafter August Schleicher
[1821-1868] in einem offenen Sendschreiben an Ernst Haeckel in etwas umständlicher Form
sein Bekenntnis zu Darwin ab: „Von den sprachlichen Organismen gelten nämlich ähnliche
Ansichten, wie sie Darwin von den lebenden Wesen überhaupt ausspricht, theils fast
allgemein, theils habe ich zufällig im Jahre 1860, also in demselben Jahre, in welchem die
deutsche Uebersetzung von Darwins Werk erschien, über den „Kampf ums Dasein“, über
das Erlöschen alter Formen, über die grosse Ausbreitung und Differenzierung einzelner
Arten auf sprachlichem Gebiete mich in einer Weise ausgesprochen, welche, den Ausdruck
abgerechnet, mit Darwins Ansichten in auffälliger Weise zusammen stimmt.“ […] „Darwins
Lehre ist eine Nothwendigkeit.”196 Schleicher gilt als der Begründer der sprachlichen
„Stammbaumtheorie”. „Die Glottik, die Wissenschaft von der Sprache”, führt nun Schleicher
weiter aus, müsste nach derselben Methode verfahren wie die Naturwissenschaften.
Sprachen werden als Organismen betrachtet, die wachsen und wieder vergehen können und
müssten dahingehend dem selben Selektionsprinzip folgen. Dieser Auffassung zufolge gebe
es primitivere (einfach strukturierte) Sprachen und höher entwickeltere (komplexere)
Sprachen. Dieser Unterschied wird nun in direkter Weise mit den geistigen Fähigkeiten der
diese Sprache sprechenden Völker korreliert. Aus diesen rein typologischen Zuordnungen
ließen sich Schleicher zufolge kulturelle Bewertungen und historische Verbindungen
ableiten. Schleicher maß den flektierenden Sprachen den höchsten erreichbaren
Sprachzustand zu. Isolierende Sprachen bildeten dieser Lehre entsprechend dagegen die
niedrigste Stufe, da sie bereits erstarrt wären und sich nicht mehr weiterentwickeln könnten.
Schleicher war davon überzeugt, dass das Kriterium der Flexion sich besonders deutlich bei
den Trägern der Hochkulturen der alten Welt zeige, da sie sich überwiegend flektierender
Sprachen bedient hätten. Während Schleicher die Darwinsche Theorie im Wesentlichen auf
das Indogermanische und das Semitische auslegt, erwähnt er das Hamitische an keiner
Stelle. Die Konsequenzen aus diesen Überlegungen für die afrikanischen Sprachen wird in
der Folge Carl Meinhof ziehen, einer der Begründer der deutschen Afrikanistik.
Auch die vergleichende Geografie in Deutschland konnte sich dem Darwinismus als neue
Strömung nur schwer entziehen. Es mag als merkwürdiger Zufall anmuten, aber im
Todesjahr der beiden Geografen Alexander von Humboldt und Carl Ritter war Darwins
196
August Schleicher, Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft. Offenes Sendschreiben
an Herrn Dr. Ernst Häckel…, 21873 [1863]: 4; 11.
87
Entstehung der Arten erschienen. Erst 1871 war mit Oskar Peschel [1826-1875] nach Ritter
wieder ein Lehrstuhl für Geografie in Leipzig besetzt worden. Das erste wissenschaftliche
Organ in den deutschen Landen, das zuerst grundsätzliche Notiz zur Darwinschen Lehre
nahm, war die 1828 gegründete geografische Wochenzeitschrift „Das Ausland”.197 Diese
Tendenz ist aus der zunehmenden Konkurrenz zu erklären, die seit den Neugründungen
naturwissenschaftlicher Zeitschriften entstanden war. 1858 war durch August Petermann die
„Geografischen Mitteilungen”, 1862 durch Karl Andree „Der Globus” gegründet worden.
Der Darwinismus sollte sich als Erneuerung für „Das Ausland” erweisen. Noch bevor Ernst
Haeckels populäre „Natürliche Schöpfungsgeschichte” (1868) herauskam, bemerkte der
Herausgeber des „Auslands”, Oskar Peschel: „Für das große Laienpublicum besitzt die
Darwinsche Lehre nur das eine Anziehende oder Abstoßende, nämlich die Frage der
Abstammung des Menschen von den Affen.”198 Peschel teilte in seinem Hauptwerk „Die
Völkerkunde” (1874)199 die Menschheit in sieben Menschenrassen und stellte wie Müller
und Haeckel die mittelländische Rasse mit den Hamiten als der zweiten Unterabteilung an
die Spitze seiner mit den Australiern beginnende Evolutionsskala. Oskar Peschel war
Offizierssohn und sächsischer Herkunft. Er zog es jedoch vor in Bayern zu leben. Nach der
Schlacht von Königgrätz 1866 wandten sich Wissenschafter mit deutschpatriotischer
Gesinnung vermehrt dem Darwinismus zu. Oskar Peschel und sein wichtigster Schüler
Friedrich Ratzel, also jene, die die Anthropogeografie darwinistisch betrieben, galten als
entschiedene Anhänger kleindeutscher Politik.
Die Etablierung des darwinistischen Rassenbegriffs innerhalb der vergleichenden
Geografie veränderte auch das Afrikabild grundlegend, eine vermeintliche historische
Tiefenschau des Kontinents schien nun rekonstruierbar. Aus der Sicht der darwinistischen
Evolutionisten lebten Afrikaner nicht nur auf dem gleichnamigen Kontinent, sondern auch in
Asien, Australien und in Polynesien. „Biogeografisch betrachtet erscheint Afrika als eine
197
Oskar Peschel, Eine neue Lehre über die Schöpfungsgeschichte der organischen Welt. 1. Die
Darwin’sche Theorie. Das Ausland 33, 1860: 97-101.
198
Oskar Peschel, Neue Zusätze zu Charles Darwins Schöpfungsgeschichte der organischen Welt.
Das Ausland 40, 1867: 74-80.
199
Oskar Peschel, Völkerkunde. Mit einem Vorwort von Ferdinand Freiherrn von Richthofen…,
Leipzig,
7
1897 [1874]; Peschels siebenteilige von unten nach oben steigende rassische
Evolutionsskala: 1. Australier, 2. Papuanen, 3. Mongolen, 4. Dravida, 5. Hottentotten und
Buschmänner, 6. Neger, 7. Mittelländische Rasse (Hamiten, Semiten, Indogermanen); 1876 bereits als
“The races of man and their geographical distribution” ins Englische übertragen zählte es über
Jahrzehnte hinweg zum Standardwerk der anthropogeografischen Schule.
88
Halbinsel von Asien”200, wie nun Peschel und Ratzel den Rahmen nach der Ursprungsfrage
der „Neger” absteckten. Damit war Afrika als Ganzes zu einem Rückzugsgebiet Asiens
erhoben. Auch der Begriff „pygmaios” galt den Anthropogeografen nicht mehr allein als
Beschreibung der zentralafrikanischen Bambuti-Gruppen, sondern wurde auch auf die
südostasiatischen
„Zwergrassen”
ausgedehnt
und
damit
apriori
eine
genetische
Verwandtschaft angenommen. Solch eine „globale” Perspektive auf das Weltganze war
grundlegend nicht neu, sie leitete sich von den iberischen Seefahrern ab, die bereits im 16.
Jahrhundert den afrikanisch-portugiesischen Namen „Guinea” auf die Papua übertragen
hatten, offensichtlich, um die anthropologische Ähnlichkeit der Bevölkerungen zu
unterstreichen. „Es ist unmöglich, zwischen gewissen melanesischen und afrikanischen
Negern
irgend
einen
Unterschied
zu
finden”201,
lautet
nun
das
Credo
des
anthropogeografischen Afrikabilds, wie es Friedrich Ratzel prägte. Der in München und in
Leipzig tätige Friedrich Ratzel war jedoch kein „Anthropologe”, sondern in erster Linie
Geograf, der zuvor sogar ein Zoologiestudium absolviert hatte und von seinem Lehrer Carl
Ritter [1779-1859] stark beeinflusst war. Carl Ritter war es, der in seiner geografischen
Lehre den Menschen in den Mittelpunkt der Erde gestellt hatte, um damit auf die
Wechselwirkung zwischen Natur und Mensch hinzuweisen. Die Anthropogeografie als
Ganzes ging aus einem Geodeterminismus hervor, der die Abhängigkeit des Menschen von
seinen Naturbedingungen beschreibt. Damit erscheint die Anthropogeografie als Bindeglied
zwischen
darwinistisch
geprägter
Naturbetrachtung
und
historisch
geprägter
Kulturbetrachtung.202 Dabei sollte nicht das von den Darwinisten erhobene Axiom der
natürlichen Zuchtwahl entscheidend werden, sondern die natürliche Umwelt galt nun als
erste Bedingung, um die Frage der Artenvielfalt zu beantworten. So waren „alle
Gebirgsstufen”, „Inseln” im Wesentlichen „Rückzugsgebiete” und damit „natürliche
Versuchsstationen zu neuen Rassenbildungen”,203 wie 1868 der Zoologe Moritz Wagner
[1818-1887] den Umweltgedanken methodisch für die Kulturhistorie umfunktionierte. Um
nicht wie die Klimatheoretiker des 18. Jahrhunderts in die statische Betrachtung der
kausaldeterminierten Wechselbeziehung zwischen Umwelt und Kultur zurückzufallen,
200
201
Friedrich Ratzel, Die Naturvölker Afrikas. In: Völkerkunde…, 21894 I: 666.
Friedrich Ratzel, Die Naturvölker Afrikas. In: Völkerkunde…, 1887-1888 I: 665-671; bereits
Immanuel Kant notierte 1803 in seiner „Physischen Anthropologie”: „Man kann sagen, dass es nur in
Afrika und Neuguinea wahre Neger giebt.”
202
Detaillierter in der Dissertation von Ulrich Eisel, Die Entwicklung der Anthropogeographie von
einer „Raumwissenschaft” zur Gesellschaftswissenschaft…, 1980.
203
Moritz Wagner, Die Darwin’sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen…, 1868: 27.
89
führten
die
Anthropogeografen
als
Gegenthese
den
„historischen
Wanderungsbewegungsgedanken der Völker” ein; sie gingen also von einem dynamischen
Geschichtsbild aus. Damit kam auch der Kolonialgedanke ins Spiel, der nun auch auf die
„Naturvölker”
geltend
gemacht
wurde.
Eine
ganze
Reihe
von
folgenreichen
Wanderungsbewegungen wurden beispielsweise im südlichen Afrika des frühen 19.
Jahrhunderts durch die militärische Expansionspolitik der Zulu ausgelöst; einzelne NguniGruppen mussten bis nach Ostafrika ausweichen, da vom Süden her die von den Briten
vertriebenen holländischen Buren [Voortrekker] sich jenseits des Vaal-Flusses anzusiedeln
begannen; Ndebele-Gruppen, die über den Limpopo-Fluss ausgewichen waren, kamen dort
mit Shona-Gruppen in militärischen Konflikt. Ein solche Kettenreaktion von Wanderungen,
die durch eine Elitegruppe mit militärischer Überlegenheit [bei den Zulu war es die
Einführung des mehrfach einsetzbaren Kurzschwertes] ausgelöst wird, wurde nun zum
Axiom für die Erklärung soziokultureller Umwälzungen, Rassenmischungen und der
Entstehung von Hochkulturen erhoben.204 „Die Migration der Organismen und deren
Colonienbildung ist nach meiner Ueberzeugung”, notiert Moritz Wagner, Begründer des
darwinistischen Migrationsgedanken,205 im Vorwort seines epochemachenden Büchleins,
„die nothwendige Bedingung der natürlichen Zuchtwahl.”206 Dabei definiert er Migration als
„das fortdauerende Streben einzelner Individuen, sich vom Verbreitungsgebiet der
Stammrasse zu entfernen um durch Colonienbildung für sich und ihre Nachkommen bessere
Lebensbedingungen zu finden.”207 Es war Friedrich Ratzel [1844-1904], Anthropogeograf
und entschiedener Darwinist, der den zoologisch-kolonialistischen Migrationsgedanken auf
die menschliche Gesellschaft übertrug.208 „Ein Herrscher sendet eine Truppe Krieger aus”,
heißt es 1888 in seiner dreibändigen Völkerkunde, „um ein Land oder eine Stadt zu erobern,
was diesen nicht gelingt, worauf sie sich ruhig niederlassen und sich mit den Töchtern derer
204
Leroy Vail, The political economy of East-Central Africa. In: David Birmingham; Phyllis M.
Martin, History of Central Africa…, 1983 II: 301.
205
Dem Verfasser ist bekannt, dass Lafiteau als der Vorläufer des Migrationsgedanken gilt; Moritz
Wagner war mit Karl Scherzer [Novara-Expedition] befreundet; zur wissenschaftsgeschichtlichen
Stellung Moritz Wagners siehe H. Ganslmayr, Moritz Wagner und seine Bedeutung für die
Ethnologie. Verhandlungen des 38. Internationalen Amerikanistenkongresses 1968…, 1972 IV: 459470.
206
Moritz Wagner, Die Darwin’sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen…, 1868: VII.
207
Moritz Wagner, Die Darwin’sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen…, 1868: VII.
208
Johannes Steimmetzler, Die Anthropogeographie Friedrich Ratzels und ihre ideengeschichtliche
Wurzeln…, 1956.
90
verheiraten,
welche
Überlagerungsthese,
sie
unterwerfen
wonach
eine
wollen.“209
stratifizierte
Damit
Gesellschaft
formuliert
aus
der
Ratzel
die
ethnischen
Überschichtung eines aus der Fremde kommenden Eroberervolkes erklärt wird. Dieses
ethnologische Theorem, das vom Ansatz her sich bereits bei Ibn Khaldun finden lässt, hat
übrigens der Nilquellen-Entdecker Hanning Speke erstmals ethnologisch ausformuliert.210
Ratzel sah in den Hirtennomaden vor allem diejenigen Gruppen, die sich überkontinental
ausbreiteten und erblickte in der ethnologischen Überlagerungstheorie die Entstehung des
Staates. Bei Hirten und Nomaden, so Ratzel, gehe die Staatenbildung rascher vor sich als bei
Ackerbauern.211
Als Anthropogeograf sieht Ratzel den Zuzug fremder überlegener Eroberervölker sowohl
auf den indischen Subkontinent als auch auf Afrika, drüben die Arier, hüben die Hamiten.
Eine ganze Reihe ethnischer Gruppen wie Nubier, Abessiner, Galla, Somal, Fulbe
Mandingo, Haussa, Wahuma, Sandeh und Mangbettu zählt er zum „indoafrikanischen
Völkerkreis”, den Ratzel wie folgt charakterisiert: „Innerhalb der dunkelhäutigen
Bevölkerung Afrikas gibt es Stämme, deren Gesichtsbildung edleren Formen der Weißen
nahekommt, trotzdem ihre Färbung ebenso dunkel ist wie bei den typischen Negern.”212 Ein
„fremder Einfluss”, so Ratzel und sein Mitarbeiterstab213 der 1894 völlig neuausgearbeiteten
„Völkerkunde”, ist bei allen jedenfalls „höchst wahrscheinlich.”214 Im Index dieser Ausgabe
ist der Begriff „hamitische Völker“ bereits eingeführt, daneben wird auch von „hellen
Stämmen Afrikas” gesprochen.215 Bereits den Ägyptern schien aufgefallen zu sein, so Ratzel,
dass die Hamiten „edle Körperbildung hätten mit heller Hautfarbe heller als alle Nachbarn.
Sie legten diesen Völkern den Beinamen „Tehennu” bei, das heißt die Hellen. Für die
darwinistischen Anthropografen galt es nun, alte Wander- und Völkerstraßen ausfindig zu
machen, auf denen Ideen und materielle Kulturgüter transportiert worden sind.216 „Und
endlich teilen sich in das nördlichste Afrika die hamitischen Sprachen der wahrscheinlich
aus Asien eingewanderten altägyptischen, libyschen und kuschitischen Stämme und die
semitischen der Abessinier und Araber. Alte Verbindungen dieser bisher immer nur
209
Friedrich Ratzel, Völkerkunde…, 1887-1888: 96.
210
Siehe dazu auch das Kapitel „Ethnografisches Genre…”
211
Friedrich Ratzel, Völkerkunde…, 21894 I: 123.
212
Friedrich Ratzel, Afrika und der Indo-afrikanische Völkerkreis. In: Völkerkunde…, 21894 I: 664.
213
Felix von Luschan, Karl Weule, Eduard Seler (alle Berlin) und Heger (Wien).
214
Friedrich Ratzel, Afrika und der Indo-afrikanische Völkerkreis. In: Völkerkunde…, 21894 I: 664.
215
Friedrich Ratzel, Völkerkunde…, 21894.
216
Friedrich Ratzel, Völkerkunde…, 21894 III: 199.
91
auseinander gehaltenen Sprachen aufzusuchen, wird eine Hauptaufgabe der Völkerkunde
sein. Wenig ist hierin geschehen. Anregend war der Lepsiusche Gedanke, das
Hottentottische sei mit den hamitischen Sprachen aus Asien und Afrika eingedrungen.“217
Friedrich Ratzel gilt in der deutschsprachigen Ethnologie neben Fritz Graebner und
Bernhard Ankermann zu den Begründern der kulturhistorischen Ausrichtung. Als
Umweltdeterminist und Vertreter der Überlagerungstheorie der Staatsentstehung folgte er
sozialdarwinistischen
Gedanken.
Bei
Vorkommen
formal
gleicher
Elemente
in
verschiedenen Kulturen schloss er auf vorausgegangene Völkerwanderungen. Sowohl der
Diffusionismus der Kulturkreislehre als auch der Organismus der Kulturmorphologie geht
daraus hervor.218
Mit den hypothetisch angenommenen vorsemitischen Hamiten gab die darwinistisch
orientierte
Kulturgeschichte
einen
neuen
Standard
vor.
Die
sprachhistorischen
Komparatisten prägten den Begriff „Staatssprache”, deren Genese sie bei den Hamiten
ansetzten. Darwinisten sahen hinter der bisherigen typologischen Sprachgliederung in
isolierend, agglutinierend und flektierend eine organisch gewachsene Entwicklungsreihe, das
zum bestimmenden genealogischen Prinzip des Menschen erhoben wurde. Es war der in
Großbritannien tätige Indologe Max Müller [1823-1900], einer der Schöpfer des ArierBegriffs, der diese Konzeption auf die soziogenetische Entwicklung übertrug. Fortan galten
isolierende Sprachen als Familiensprachen, da jene über den Zustand der Familie nicht
hinausgekommen
wären;
die
anfügenden
oder
agglutinierenden
Sprachen
als
Nomadensprachen; allein Völker mit flektierenden Sprachen schließlich hätten es zur
Gründung dauernder Staaten gebracht, weshalb Müller dafür eigens den Begriff
„Staatssprache” einführte.219 Am deutlichsten nahm der von den Darwinisten kreierte
hamitische Staatskulturmythos in den allgemeinen Nachschlagewerken der 70er und 80er
Jahre des 19. Jahrhunderts Einzug. In der dritten Auflage des Meyer-Konversationslexikons
[1874-1878] kommt der wissenschaftliche Hamitenbegriff nämlich noch gar nicht vor. Darin
wird lediglich der biblische Fluch ohne Referenzliteratur mit Nationalitätenhass in
Verbindung gebracht: „Als Stammvater der Kanaaniter ist Ham in der Sagengeschichte der
Israeliten Träger des aus Nationalhass hervorgegangenen Fluchs, wodurch die Unterjochung
der kanaanitischen Stämme als Gebot Jehovahs sanktioniert wurde.”220 In der allgemeinen
217
Friedrich Ratzel, Völkerkunde…, 21894 I: 665, unterstrichen im Original.
218
Woodruff D. Smith, The social and political origins of German diffusionist ethnology. Journal of
the History of the Behavioral Sciences 14, 1978: 103-112.
219
Friedrich Müller, Grundriss der Sprachwissenschaft…, 1876 I: 69.
220
Meyers Konversations-Lexikon, Ham. 31876 VIII: 472.
92
deutschen Real-Encyclopädie von 1884 findet sich dann aber das Stichwort „Hamitische
Völker und Sprachen”, worin es nun heißt, jene „sind die dem 10. Kapitel der Genesis
entnommenen Bezeichnung, unter denen die moderne Ethnologie und Sprachwissenschaft
eine Reihe von Völkern und Sprachen zusammenfassen, welche über den Norden und
Nordosten Afrikas sich verbreiten und weder zu den Negern noch zu den später
eingewanderten Semiten (Abessinier und Araber) gehören.”221 Der einstige Afrikabezug
südlich der Sahara scheint hier völlig abhandengekommen zu sein. Unter Einbeziehung der
Werke von Müller, Lepsius und Cust wurde die ehemalige Hypothese, wonach der
Stammsitz der Hamiten im Südwesten Arabiens angenommen wurde, bereits als
vermeintlich handfeste Tatsache umfunktioniert. Die von Ratzel und Gräbner eingeführte
historische Methode, alte Kulturschichten aus geografischen Rückzugsgebieten zu
rekonstruieren, scheint bei der folgenden Feststellung bereits vorgenommen worden zu sein:
„Diese Einwanderung [der Hamiten] ging lange vor Beginn des ägyptischen Reichs vor sich,
da die Ägypter, welche auch zu den Hamiten gehören, die letzten Einwanderer waren, da sie
sich am Nordosten Afrikas, an der Schwelle Asiens, niedergelassen hatten. Man wird daher
die Einwanderung der Hamiten in Afrika in das 8. Jahrtausend v. Christus versetzen
können.”222 Dieses Zitat stammt aus dem Jahre 1884, also dem Jahr, an dem der europäische
Wettlauf um Afrika einsetzt. Hand in Hand mit der europäischen Kolonisation Afrikas
verbreitete sich die Annahme, hellhäutige Hamiten ließen sich im Innern Afrikas finden.
Daraus wird bereits deutlich, dass die darwinistisch konzipierte Hamitentheorie zunächst die
kolonialpolitische Funktion erfüllte, den vermeintlich dunklen und geschichtslosen
Kontinent in einen geschichtsträchtigen Boden mit entsprechender zivilisatorischen
Unterlage umzuwandeln.
221
Brockhaus’ Conversations=Lexikon, Hamitische Völker und Sprachen…, 131884 VIII.
222
Brockhaus’ Conversations=Lexikon, Hamitische Völker und Sprachen…, 131884 VIII.
93
II. Kapitel
Die wissenschaftliche Etablierung
der Hamitentheorie
94
War die Hamitentheorie und ihr Wandel ideengeschichtlich und soziohistorisch ganz
bestimmten
Bedingungen
unterlegen,
soll nunmehr
nachgezeichnet
werden, wie
Einzelwissenschaften die Hamiten als wissenschaftliche Theorie zu untermauern versuchten.
Die Gliederung entspricht zwar nicht genau dem historischen Ablauf, aber aufgrund der
Materialdichte und aus Gründen der Übersichtlichkeit, erschien es sinnvoll, die Teilung in
linguistisch, anthropologisch, ethnologisch und ethnografisch zu treffen. Es ist dies eine
Differenzierung, wie sie auch die Hamitentheoretiker vorgenommen haben.
1. Die Rolle der historischen Sprachwissenschaft
Der Übergang vom biblischen Ham zum wissenschaftlichen Terminus „Hamiten” vollzog
sich innerhalb der vergleichenden Sprachwissenschaft. Dabei ist die Geschichte einer als
hamitisch klassifizierten Sprachgruppe auf der eine Seite vor dem Hintergrund der
Erforschung der semitischen und indoeuropäischen Sprachgruppen zu sehen. Auf der
anderen Seite forderten die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreich gesammelten
Wortlisten afrikanischer Sprachen eine klare Systematisierung heraus. Die ersten
wissenschaftlichen Versuche, die Geschichte der Sprachen zu ergründen, wurden gegen
Ende des 18. Jahrhunderts unternommen. Gelehrte begannen Sprachgruppen systematisch zu
vergleichen, um etwaige Übereinstimmungen zwischen ihnen auszumachen. Ließen sich
solche Parallelen nachweisen, mussten die Sprachen miteinander verwandt sein. 1781 führte
der in Göttingen tätige Historiker und Philologe August Ludwig Schlözer [1735-1809] nach
Genesis 10, 21-31; 11, 10-26 den Begriff „semitische Sprachen” als „Sprachen der Söhne
des Sem” ein.223 Bis dahin galten Hebräisch, Arabisch, Aramäisch und Äthiopisch als
„orientalische Sprachen” und bildeten zusammen mit asiatischen Sprachen den
Forschungsgegenstand der „Orientalistik”. Semitische Sprachen wie Akkadisch waren
damals noch nicht entdeckt. Die komparative Methode im Sprachvergleich erlaubte jedoch
nicht nur die Klassifikation nach dem Sprachtypus, sondern auch nach der Herkunft. Die
dahingehend benannte genealogische Klassifikation ist vorrangig geschichtlich orientiert und
stützt sich auf die Annahme, dass Sprachen von einem gemeinsamen Vorläufer abstammen.
In Europa waren Belege für einen gemeinsamen Ursprung von Sprachgruppen leicht zu
finden, da Französisch, Spanisch, Italienisch und die anderen romanischen Sprachen
223
August Ludwig Schlözer, Repertoire für Biblische und Morgenländische Literatur…, 1781 VIII:
161 [Eichhorn’s Repertorium, 1781 VIII: 161]; vgl. Hans-Jürgen Sasse, Afroasiatisch. In: Bernd
Heine (Hrsg.), Die Sprachen Afrikas…, 1991: 131-148.
95
eindeutig auf das Lateinische zurückgehen. Der Indoeuropäistik als Sprachwissenschaft
wurde die Basis gelegt, als 1786 der britische Orientforscher und Jurist William Jones [17461794] als Präsident der Bengalisch-Asiatischen Gesellschaft in seinem Vortrag das Sanskrit
zum gemeinsamen Vorläufer der europäischen Sprachen bestimmte. Damit wurde die
Möglichkeit geboten, die sprachliche Rekonstruktion früherer Entwicklungsstufen über die
kontinentale Grenze hinausgehend durchzuführen. Während die genealogische Klassifikation
in Eurasien aufgrund der reichen Schrifttradition recht erfolgreich war, hat sie in Afrika und
anderswo aufgrund der vorhandenen Schriftlosigkeit höchst hypothetischen Charakter.
Ideengeschichtlich ist die Geschichte der sprachlichen Hamitenforschung überhaupt vor
dem Hintergrund der Suche nach der menschlichen Ursprache zu sehen. Europäische
Gelehrte hielten nämlich bis ins 17. Jahrhundert daran fest, dass dafür das Hebräische zu
gelten habe.224 Als Vertreter dieser „Ursprache” wurden die Söhne des biblischen Sem
herangezogen. Der Bibeltext bietet Hinweise dafür, mehrere Semitenvölker vom
geografischen Ort „Arpachsad” herleiten zu können, dem heutigen Grenzland der Türkei und
Armenien (Genesis, 10, 22, 24ff 1, 12ff.). Diese Vorstellung war jedoch wiederum vom
altbewährten Sintflutmythos des Alten Testaments geprägt und beinhaltete einen nicht zu
übersehenden Zirkelschluss. Die Herleitung der Hebräer und ihrer nächsten Verwandten von
Arpachsad hatte ja darin ihren Grund, weil der Berg Ararat als die Landestelle der Arche des
Noah angegeben wurde.225
Das
Wort
„hamitisch”
taucht
als
wissenschaftlicher
Terminus
erstmals
bei
Sprachgelehrten in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts auf. Er gilt als einer der ältesten und
auch umstrittensten Termini in der Afrikanistik, da er von Anbeginn auf ganz
unterschiedlichste Weise Sprachen zu Gruppen zusammenfasste. Zunächst fällt auf, dass
„hamitisch” geradezu konträr zum Ham in der Bibel verwendet wird. Beim bereits
erwähnten britischen Sprach- und Altertumsforscher Charles Beke [1800-1874] zeigt sich
dieser Übergang wohl am deutlichsten. In sprachwissenschaftlicher Hinsicht ergab sich für
Beke die Notwendigkeit einer Herausarbeitung eines „hamitischen Sprachbegriffs” vor allem
deswegen, da der Begriff „semitisch” auf die „ganze Klasse verwandter Sprachen Afrikas
und des südwestlichen Asiens” zu kurz greife und dahingehend die Sprachen der Phönizier,
Kopten und Berber, ferner die „afrikanischen Dialekte” nicht einbeziehe. Nach einem
dreijährigen Abessinienaufenthalt hielt Charles Beke 1845 vor der nur wenige Jahre zuvor
gegründeten Philological Society in London einen Vortrag über die „Sprachen und Dialekte
Abessiniens und der südlich angrenzenden Länder”. Darin gab Beke eine Antwort auf seinen
224
Siehe dazu das Kapitel „Hamiten als Begründer außerbiblischer Hochkulturen”
225
Theodor Nöldeke, Die semitischen Sprachen. Eine Skizze…, 21899 [1887].
96
kurz zuvor erhaltenen Brief des französischen Reiseschriftstellers M. Antoine d’Abbadie
kund: “M. d’Abbadie classes the Agau [eine Zentralgruppe des Kuschitischen] and Gonga
languages together in one family, which he names ‘Chamitic’. To this classification and
denomination I cannot object, inasmuch as they are only in accordance with my own views
with respect to the Hamitish origin of all the languages of Arabia and Africa. But it will be
understood that I do not agree with him in the narrow sense in which he uses the term
‘Chamitic’, as opposed to ‘Semitic’.”226 Hier zeigt sich bereits, dass der sprachliche
Hamitenbegriff in erster Linie in Abgrenzung zum Semitischen definiert worden war, und
weniger auf nachgewiesenen genealogischen Sprachbeziehungen Afrika betreffend. Die
Geburtsstunde des Hamitischen als Sprachgruppe ist also zugleich die einer Kontroverse.
Die dem Vortrag zugrundeliegende Problematik war, ob der sprachliche Begriff „hamitisch”
in Abgrenzung zum Semitischen in eingeschränkter Form eher afrikanische Sprachen oder
viel mehr eine umfassendere Sprachgruppe bezeichnen sollte, in der das Semitische lediglich
als Teil erschien. Diese Unsicherheit hatte durchaus seine Berechtigung, die sich aus der
Sachlage ergab. Eine Reihe von Sprachen auf dem afrikanischen Kontinent, wie etwa das
Amharisch, können aufgrund ihres grammatikalischen Aufbaus mühelos der semitischen
Sprachgruppe angereiht werden. Auf der anderen Seite weisen aber die „berberischen
Sprachen” Strukturen auf, die eine solche Zuordnung wiederum nicht erlaubt.
Diese
komplexe
Sachlage
brachte
innerhalb
der
vergleichenden
historischen
Sprachwissenschaft zwei Standpunkte hervor, die einander diametral im Gegensatz standen.
Der eine fasste die in Afrika vorgefundenen „semitoiden” Sprachen als eigenständige
hamitische Gruppe zusammen, der andere hingegen ordnete die fraglichen Gruppen den
semitischen Sprachen in gleichwertiger Weise zu. Die erste Sichtweise, die in der Folge als
die „Hamitenthese” bekannt werden sollte, ist der Sache nach zweifellos Afrika zentriert, da
sie ihren Blick vom Semitischen freimachen möchte. Die Vertreter des zweiten Standpunktes
dagegen sehen die einzelnen Gruppen (Berberisch, Ägyptisch, Semitisch etc.) als
gleichberechtigte Glieder einer großen Sprachgruppe an. Jene sprechen daher von einem
„Hamito-Semitischen Sprachstamm”. Der in Rede stehende „afrikanische Typus” trat
dadurch ein wenig in den Hintergrund. Die Hamitenthese wurde populär und sollte die
Afrikanistik und die Ethnologie für mehr als ein Jahrhundert dominieren. Dem zweiten
Standpunkt, in der Folge auch „Schwesternfamilien-These” bezeichnet, haftete naturgemäß
ein gewisser Semitozentrismus an, da die beachtliche Dominanz des Semitischen innerhalb
der erweiterten Sprachgruppe nicht beiseite gestellt werden kann. Während die Hamitenthese
226
Charles Beke, On the languages and dialects of Abyssinia and the Countries to the South.
Proceedings of the Philological Society 2, 33, 1845: 94, unterstrichen im Original.
97
mittlerweile verworfen wurde, ist die Schwesternfamilienthese als „Afroasiatische
Sprachgruppe” von wenigen Ausnahmen abgesehen anerkannt.
Das bisher Dargestellte ergibt also zunächst die völlig unerwartete Sachlage. Es hat den
Anschein, dass der sprachwissenschaftlichen Hamitenthese in ihrer ursprünglichen Form
eigentlich nichts Afrophobes oder gar Rassistisches anhaftete. Ganz im Gegenteil: die
Hamitenthese beinhaltete geradezu etwas „Afrozentrisches” und verdient diesbezüglich
unsere Aufmerksamkeit.
Die Entwicklung der afrozentrischen „Hamitenthese” lief analog mit der Erforschung der
Sprachen des inneren Afrika. Ganz deutlich ist diese Hinwendung auf „Afrika” bei Johann
Ludwig Krapf [1810-1881] zu spüren, ein für die Church Missionary Society [CMS] tätiger
Missionar in Ostafrika. Krapf ging bei seinen linguistischen Erkundungen weniger von den
bestehenden semitischen Sprachen aus, sondern vielmehr von den Sprachen in Afrika selbst.
Demgemäß bezeichnete er die Sprachen in Ostafrika als “Hamitic”227 oder “NiloHamitic”228, die er von “Nigro-Hamitic”, den westafrikanischen Sprachen unterschieden
wissen wollte. Allein seine als Adjektiv gebrauchten Termini setzen auf die Hervorhebung
des Afrikanischen. In der Rolle eines Missionars braucht es nicht zu verwundern, wenn
Krapf zu diesem Zweck wiederum das Motiv des vermeintlich dunkelhäutigen Ham
heranzuziehen bereit war. Auf jeden Fall ist Krapfs Hamitenbegriff noch fernab von
jedweder Gleichsetzung mit einer Viehzüchterkultur. In geradezu gegenteiliger Absicht
startete Krapf in seiner bekannt gewordenen Reisebeschreibung „Reisen in Ostafrika” (1858)
den Versuch, die ackerbautreibenden Wakanda als „orphno-hamitisch” oder „schwarzbraunhamitisch” zu klassifizieren. Diese kryptischen Bezeichnungen blieben jedoch unbeachtet.229
Die klare Absage vom „Semitischen” hatte bei Krapf auch eine leidvolle Parallele in seinem
Leben als Missionar. Krapf musste seine missionarische Stellung im „semitisch-sprachigen”
Abessinien stets behaupten zu versuchen, da der dortige Klerus seine Missionsbestrebungen
nicht duldete. Mehrmals wurde Krapf vertrieben, ehe er als CMS-Missionar in Ostafrika Fuß
fassen konnte. An der Küste Tansanias sah der Missionar seine Chance, die christliche
Kultur ins bis dahin für Europäer verschlossene Innere Afrika zu verbreiten.
“Christianisation of Africa”, davon war Krapf überzeugt, “carries discovery of Africa in the
train”.230 Als Missionar und Reisender kam Krapf mit zahlreichen afrikanischen Sprachen in
227
Johann Ludwig Krapf, Outline of the Elements of the Kisuaheli Language…, 1850 [Reprint 1970].
228
Johann Ludwig Krapf, Vocabulary of Six East African Languages…, 1850 [Reprint 1967].
229
Johann Ludwig Krapf, Reisen in Ost-Afrika, ausgeführt in den Jahren 1837-1855…, 1858 [Reprint
1964] I: 234.
230
Johann Ludwig Krapf, Outlines…, 1850: IX.
98
Berührung. Besonders interessierte er sich für das Kisuaheli, in dessen Erlernung er den
Schlüssel für den Zugang ins Landesinnere ansah. Er musste mit Bedauern feststellen, dass
diese Mischsprache bei Sprachwissenschaftern bisher nur wenig gewürdigt worden war,
obwohl die darin enthaltenen afrikanischen Sprachelemente überaus aufschlussreich für den
Sprachvergleich gewesen wären. Dahingehend trat Krapf für eine Philologie ein, die sich
allein auf die afrikanischen Sprachen konzentrieren solle: “It [African Philology] has its own
stamp and typus, which I may call the Hamitic in distinction from the Semitic and
Japhetitic.”231 Für den Missionar stellte sich keineswegs die Frage, wie die Söhne Hams nach
Afrika gekommen waren, da die Bibel ohnehin diesen Ort für die Söhne Hams bestimmt
hatte. Krapfs „Nilo-Hamitisch” beinhaltete sämtliche afrikanische Sprachen vom “Bahr ElAbiad down to the Cape of Good Hope“ und erinnert daher eher daran, was später unter dem
Namen „Bantusprachen” Verbreitung fand. Daneben kennt Krapf auch bereits einen
rassischen Hamitenbegriff, den er mit Leichtigkeit mit der hamitischen Sprache zur Deckung
bringt. “The black colour”, so Krapf über seine “Hamitic Race”, “with which the negroes
were imbued of his descendants must supposed to tinctured his immediate offspring with that
complexion, which under certain climatic (and other) circumstances was to be developed and
realised”.232 Die Eigenschaft der schwarzen Hautfarbe der „Nilo-Hamiten” sieht er also nicht
mehr von einem Fluch her begründet, für ihn ist sie rein klimatisch bedingt, welches er
überhaupt zum allgemeingültigen Axiom des Menschheitsgeschlechts erhebt. Die
philanthropische
Haltung
Krapfs
erlaubt
ihm
zu
argumentieren,
dass
dieselbe
Hautveränderung auch seinen beiden Brüdern widerfahren hätte können, wenn ihnen Afrika
als Wohnort zugewiesen worden wäre.
Das als Adjektiv gebrauchte Wort „hamitisch” kennzeichnete zunächst die klare Distanz
zur biblischen Völkertafel und lässt bereits die Zuordnung gewisser typologischer
sprachlicher
oder
anthropologischer
Eigenschaften
zu.
Aufgrund
der
ständigen
Rückbesinnung auf den Bibeltext kam es jedoch zu einer schädlichen Vermengung von
„geografischer
Zuordnung”
mit
der
„genealogischen
Abstammung”.
Dieser
Grundproblematik unterstand einem circulus vitiosus und lief darauf hinaus, dass
„hamitisch” weder etwas spezifisch Afrikanisches bezeichnen konnte – der Bibel gemäß
kamen die Hamiten ja aus Asien – noch etwas spezifisch Asiatisches, da eine Klassifizierung
rezenter Volks- oder Sprachgruppen als hamitisch ausschließlich auf dem Kontinent Afrika
vorgenommen wurde. Als Ausweg aus dieser Begriffsverwirrung bot die „mosaische
Wissenschaft” – wie sie aus heutiger Sicht von Kritikern belächelt wird –, die Idee der
231
Johann Ludwig Krapf, Outlines…, 1850: 7.
232
Johann Ludwig Krapf, Outlines…, 1850: 31.
99
anthropogeografischen
Völker-Migration,
was
zum
bestimmenden
Axiom
der
afrozentrischen Hamitentheorie erhoben wurde.
Ein historisches Klassifikationssystem auf Basis afrikanischer Sprachen war bis in die
Mitte des 19. Jahrhunderts mangels sprachwissenschaftlicher Erhebung nicht möglich. Den
ersten Schritt in diese Richtung setzte der schwäbische Missionar Sigismund Koelle [18231902], der innerhalb der Church Missionary Society am Fourah Bay College in Freetown
tätig war. Seine 1854 in London publizierte Polyglotta Africana wies eine Kompilation von
annähernd 300 Wörtern aus mehr als 100 afrikanischen Sprachen auf.233 Dieser Vorarbeit
bediente sich der in Berlin tätige Ägyptologe C. Richard Lepsius [1810-1884], der in seiner
„Nubischen Grammatik” die erste Gesamtgliederung und historische Interpretation aller
damals bekannten Völker und Sprachen Afrikas zusammenstellte. Im Hamitenschrifttum
wird der Name C. Richard Lepsius immer wieder als Wortschöpfer für den „hamitischen
Sprachstamm” in Zusammenhang gebracht.234 Lepsius sah neben den rassischen
Einteilungen nach Haaren oder Hautfarbe die Alternative im grammatikalischen Gesetz der
Sprache. Erstere lehnte Lepsius kategorisch ab und forderte dahingehend die strikte
Trennung von Sprache und Rasse. Im Gegensatz zu Darwinisten wie Friedrich Müller war
Lepsius von der Einheit der noachidischen Sprachfamilien überzeugt. Seine Behauptung
beruhte auf dem lautlichen Ausdruck des grammatikalischen Geschlechts, das ausschließlich,
in „der damaligen civilisirten Welt” – die noachidische Völkerfamilie – vorkomme. Im
hamitischen, so ergab es sich für Lepsius, wäre sowohl das maskuline als auch das feminine
Geschlecht zu finden, im semitischen fehle dagegen bereits das maskuline, im japhetischen
schließlich wären davon überhaupt nur wenige Spuren zu finden. Lepsius glaubte daraus ein
genealogisches Prinzip ableiten zu können, das die Erstellung einer kulturgeschichtlichen
Chronologie erlaube. Das grammatikalische Geschlecht wäre „eine von den vielen Anzeigen,
dass der Hamitische Stamm am frühesten seine Urheimath verlassen hat, dann der
Semitische, zuletzt der Japhetische.”235 Auch den Bibeltext konnte Lepsius dafür
heranziehen: sprach jener nicht von Japhet als dem jüngsten Sohn Noah’s? Die
angenommene hamitische Migration nach Afrika unterlag dabei der völligen historischen
Willkür, in methodischer Hinsicht kam sie einem Kunstgriff gleich. Sie war jedoch eine
Notwendigkeit, wenn hamitisch etwas spezifisch Afrikanisches bezeichnen sollte. Die sich
daraus durchaus reizvolle Hypothese ergab: ließ sich in Afrika eine Sprache mit dem
233
Sigismund Koelle, Polyglotta Africana…, 1854 [Reprint 1963].
234
Beispielsweise Carl Brockelmann, Gibt es einen hamitischen Sprachstamm? Anthropos 27, 1932:
797; oder Werner Vycichl, Was sind Hamitensprachen? Africa 8 1935: 76.
235
Carl Richard Lepsius, Nubische Grammatik…, 1880: XXVII.
100
grammatikalischen Geschlecht nachweisen, so könne mit einem Alter gerechnet werden, das
dem Semitischen oder dem Indogermanischen vorausgegangen ist. Da deutsche und
angelsächsische Missionare bei den im südlichen Afrika lebenden Hottentotten das
grammatikalische Geschlecht nachgewiesen hatten, entwickelte sich das „Hottentottische” zu
einem Standpfeiler der sprachlichen Hamitentheorie. Hinzu kam noch, dass das
Hottentottische im Unterschied zu vielen anderen Sprachen in Afrika seit den
Entdeckungsfahrten der Portugiesen Ende des 15. Jahrhunderts in Europa bekannt war.
Bevor also Lepsius das Hottentottische zu einer hamitischen Sprache erhoben hatte, und das
ist von wissenschaftsgeschichtlicher Seite entscheidend, ging eine jahrhundertealte
Diskussion hinsichtlich der Frage nach der Einordnung und Herkunft des durch die
europäischen Kolonisation „verarmten Hirtenvolkes” voraus. Es lohnt sich deshalb an dieser
Stelle, einen diesbezüglichen wissenschaftsgeschichtlichen Exkurs durchzuführen.
Einer der wichtigsten Anknüpfungspunkte der Hamitentheorien bildete die Frage nach
dem Ursprung der Hottentotten236 im südlichen Afrika. Die Behauptung, die Hottentotten
seien nicht autochthon, sondern von Asien her nach Afrika eingewandert, entstand zwar erst
im 19. Jahrhundert. Hinweise dazu lassen sich jedoch bereits beim arabischen
Entdeckungsreisenden al-Mas’udi (franz. Maçoudi) [ca. 900-956] finden.237 Der in Köln
tätige Afrikanist Wilhelm Möhlig hat sich dahingehend ausgesprochen, dass dieser aus Irak
stammende Gelehrte die Legende aufgebracht habe, die Hottentotten stammen aus dem
chinesischen Lande „Wak-Wak”.238 Das stimmt nicht ganz, da diese Zuschreibung erst in
späterer Zeit erfolgte und überhaupt einem geografischen Missverständnis zugrunde liegt,
das einer Aufklärung bedarf. Es stimmt zwar, dass al-Mas’udi über Ostafrika bis nach Indien
gereist war, fest steht aber, dass er niemals „Hottentotten” begegnet war. Für die arabischen
Geografen und Reisenden war „Wak-Wak” ein legendäres Land von unsagbarem Reichtum,
nicht genau lokalisierbar, irgendwo zwischen Indien und Japan gelegen.239 Ohne auf das
Aussehen der Bewohner genauer einzugehen, stand für al-Mas’udi fest, dass Wak-Wak ein
Land war, “qui produit de l’or en abondance et d’autres merveille; le climat y est chaud et la
236
Dem Verfasser ist bekannt, dass der Begriff „Hottentotte” heute ein abschätziges Wort bedeutet. Er
wird jedoch im Text beibehalten, um ihn mit den konventionellen Begriffen „Khoisan” und „KhoiKhoi” nicht zu vermengen; vgl. auch G. S. Nienaber, The origin of the name „Hottentot“. African
Studies 22, 2, 1963: 65-90.
237
238
Friedrich Embacher, Masudi. Lexikon der Reisen und Entdeckungen…, Leipzig, 1882: 203.
Wilhelm J. G. Möhlig, Wakwak. In: Hermann Jungraithmayr; Wilhelm J. G. Möhlig (Hrsg.).
Lexikon der Afrikanistik…, 1983: 262.
239
Rana Kabbani, Mythos Morgenland…, 1993: 15; engl. Orig. “Europe’s myth of Orient” (1986).
101
terre fertile.”240 „Östlich von China befindet sich ein Land namens Waq waq”, wusste auch
bereits der arabische Geograf Ibn Khurdadbih [820-912]241 zu berichten, „das so viel Gold
besitzt, dass die Eingeborenen aus diesem Metall Ketten für ihre Hunde und Halsbänder für
ihre
Affen
herstellen.”242
Das
geografische
Missverständnis
hinsichtlich
dieses
„paradiesartigen Wunderlandes” beruht nun darauf, dass die arabischen Geografen, die nach
dem antiken Vorbild die ostafrikanische Küste nicht von Norden nach Süden, sondern von
Westen nach Osten verlaufen ließen, und Wak-Wak an Sofala anschlossen, jener für die
Araber „östlichste” bekannte Teil Afrikas. Gleichzeitig ordnete al-Mas’udi in seiner
erstellten Weltkarte Wak-Wak dem „Land der Neger” – also Afrika – zu. Für die
Anthropogeografen des 19. Jahrhunderts wie Oskar Peschel und Friedich Ratzel erschien
nun „Wak-Wak” als verlängerter Küstenteil in die südliche Richtung des afrikanischen
Kontinents, dort wo bis ins 18. Jahrhundert die „Hottentotten” gelebt hatten [Abb. 20].243
Diese geografische Missinterpretation brachte die Legende auf, die Hottentotten seien
chinesischen Ursprungs und wurde insofern noch erhärtet, als das rasche Aussprechen dieser
rätselhaften Doppelsilbe an die Verschlusslaute des Hottentottischen erinnerte. Darüber
hinaus lebt seitdem in der vorkolonialen Betrachtung Afrikas die Legende ungebrochen fort,
die nunmehr verarmten Hottentotten hätten, bevor sie die Europäer antrafen, Unmengen an
Reichtum besessen. Die Vorstellungswelt der Holländer des 17. Jahrhunderts über die
Hottentotten war noch davon geprägt gewesen. Selbst van Riebeek stellte Nachforschungen
an, ob die Hottentotten nicht mit Wak-Wak in Verbindung zu bringen wären.244
Die zahlreichen ethnografischen Berichte der Portugiesen und Holländer aus dem
südafrikanischen Kapland zogen das Bestreben einer anthropologischen Klassifikation in der
240
Maçoudi, Les prairies d’or…, 1864 III: 6; eigentlich Abu’l Hasan ‘Ali Mas’udi; vgl. auch die
deutsche Erdmann-Ausgabe von 1978 mit der Übersetzung von Gernot Rotter, der al-Mas’udi auch
den „arabischen Herodot” bezeichnet.
241
Eigentlich Ubaid Allah Ahmad Ibn Choradadhbeth; stand als Leiter im Nachrichtenwesen im
Dienste des Kalifen Mutamid [870-892]; sein Hauptwerk „Buch der Wege und Länder” gibt einen
Einblick in die historische Geografie Vorderasiens.
242
243
Rana Kabbani, Mythos Morgenland…, 1993: 15.
Maçoudi, Les prairies d’or…, 1864 III: 5. Die mittelalterlichen arabischen Weltkarten waren
„gesüdet”, wodurch die innerafrikanischen Mondberge und Wak-Wak zusätzlich hervorgehoben
wurden; vgl. dazu den ausführlichen Kommentar von Richard Hennig, Terrae Incognitae…, 21950 II:
290-294.
244
D. B. Bosman, H. B. Thom (Hrsg.), Daghregister gehouden by den Oppercoopman Jan Anthonisz
van Riebeek, Deel III: 1659-1662…, 1957.
102
Aufklärungsperiode nach sich. John Hunter [?-1809]245, ein schottischer Physiker, der in
Edinburgh Medizin studiert hatte, ordnete in seinem “De hominum varietatibus et harum
causis” (1775) die Hottentotten als eigenständige Varietät der von Carl von Linné erstellten
asiatischen Subspezies zu.246 Damit war der wissenschaftliche Grundstein für eine
außerafrikanische Herkunft der Hottentotten gelegt. John Barrow [1764-1848], dem als
Sekretär in Kapstadt mitunter ausgedehnte Reisen ins Innere Südafrikas vorbehalten waren,
vermeinte bei den Gesichtskonturen der Hottentotten eine auffällige Ähnlichkeit mit den
Chinesen feststellen zu müssen.247 „Nimmt man die außerordentlich platte Nase”, belehrt
Barrow ungeniert in seinem Reisebericht von 1801 darauf los, „und das kurze buschige Haar
aus, so hat sie [die hottentottische Nation] mit den Chinesen sowohl in Ansehnung der Farbe
als der Gesichtsbildung die meiste Ähnlichkeit, so sonderbar es auch scheinen mag, eine
Vergleichung zwischen dem civilisirtesten und sinnreichsten Volke und einer auf der
niedrigsten Stufe der Menschheit stehenden Nation anzustellen.”248 Barrow war von seiner
unorthodoxen Feststellung dermaßen überzeugt, dass er sich nicht scheute, diese in seinem
Reisebericht abbilden zu lassen. Ein junger männlicher Hottentotte mit überzeichneten
schmalen Augenlidern erscheint darin als „Chinese” [Abb. 21].249 Da Barrow sich zuvor
einige Jahre in Chocinchina aufgehalten hatte250, verblasste sein offensichtlich subjektives
Moment zugunsten einer erhöhten Glaubwürdigkeit. Die Bezeichnung „chinesischer
Hottentotte” setzte sich bei den europäischen Kapbewohnern sukzessive durch.251 Auch das
Bestreben Georges Bory de Saint-Vincent’s 1825, jene durch den anthropologischen Begriff
245
Nicht zu verwechseln mit dessen Namensvetter John Hunter [1728-1793], der als Chirurg tätig
war.
246
Der von Hunter eingeführte Terminus lautete “homines sapientes asiatici subnigri”; vgl dazu Ilse
Schwidetzky, Bevölkerungsbiologie der frühgeschichtlichen Zeit. In: Fritz Valjavec (Hrsg.), Historia
Mundi…, 1952: I.
247
Ivan Hannaford, Race…, 1996: 269.
248
John Barrow, Reisen in das Innere von Südafrika…, 1801: 346 [engl. Orig. 1801: 282].
249
John Barrow, An account of travels…, 1801 [21806]; das Bild des „chinesischen Hottentotten” ist
lediglich in der englischen Originalausgabe beigelegt; siehe dazu auch M. van Wyk Smith, The
iconography of the Khoikhoi. JSAS 22, 3, 1996: 323.
250
251
John Barrow, A voyage in Chocinchina in the years 1792 and 1793…, London, 1806.
John Barrow, Reisen in das Innere von Südafrika…, 1801: 195, dt. Ausgabe; eine englische
Neuauflage erfolgte bereits 1806; vgl. dazu die zu Barrow erstellte Biografie von Christopher Lloyd,
Mr. Barrow of Admiralty. A Life of Sir John Barrow 1764-1848…, 1970: 59.
103
Abb. 20
Ibn Khalduns 1401 erstellte arabische Handschrift „Muqaddima“.
Mittelalterliche arabische Weltkarten sind gesüdet, Afrika liegt dem entsprechend in der „oberen
Hemisphäre“; das südliche Afrika und das asiatische „Wak-Wak“ laufen scheinbar ineinander über. Von
diesem Weltbild sind die „chinesischen Hottentotten“ abgeleitet.
Abb. 21
Barrows „Chinese Hottentote“.
John Barrow, An account of travels into the interior of Southern Africa…, London, 1801 [21806].
104
“Homo Hottentotus”252 der Vorstellung eines autochthonen Ursprungs Vorschub zu leisten,
änderte am Vorurteil ihres außerafrikanischen Ursprungs wenig. Der bereits erwähnte
Charles Beke spricht 1834 bezeichnenderweise von “Hamitish Hottentots”.253 Barrows grobe
Fehleinschätzung ist jedoch nicht nur auf ein plumpes Kokettieren mit dem Exotischen
zurück zu führen. Als überzeugter Philanthrop und in den Funktionen als Sekretär des
englischen Grafen von Macartney und Oberrechnungsrat in Kapstadt trachtete Barrow mit
seinem Reisebericht die gesellschaftlichen Missstände in der Kapkolonie aufzudecken und
nahm die Herausforderung an, die holländischen Buren der Sklaverei zu bezichtigen. Seine
Mission galt der Befreiung der geknechteten Hottentotten. Dazu zog er das Konzept des
“Noble Sauvage” heran.254 Barrows Beschreibung zufolge lebten die Buren stets im
Müßiggang und gingen keiner körperlichen Tätigkeit nach, die Hottentotten dagegen
mussten für sie hart arbeiten und fristeten ein unwürdiges Dasein, das der Sklaverei nicht
unähnlich war.255 Dieses sozialkritische Bild verfehlte die Realität der südafrikanischen
Gesellschaft zur Wende des 19. Jahrhunderts zwar nicht, Barrows Aussage, die Sklaven der
Buren seien eigentlich keine primitive Afrikaner, sondern hochzivilisierte Chinesen,
beinhaltete politische Sprengkraft in hohem Maße. Das dahinter stehende politische Kalkül
legte die zweite Besetzung der Briten des Kaps im Jahre 1805 frei.
Barrows Behauptung, die Hottentotten wären chinesischer Herkunft, zog unweigerlich die
Frage nach sich, wie man sich diese interkontinentale Verbindung vorzustellen habe. Dabei
verweist Barrow auf die altägyptische Kultur, der er eine Brückenfunktion zuschreibt. Hier
wird das geistige Erbe des Jesuitenstreits übernommen, wenn Barrow die beiden Kulturen –
die ägyptische und die chinesische – hypothetisch auf eine gemeinsame ältere zurückführt
und deren Reste in den rätselhaften Hottentotten erblickt. Der für die London Missionary
Society [LMS] tätige Missionar Robert Moffat griff den Gedanken des chinesischen
Ursprungs von Barrow auf und stellte die Hottentotten an die Spitze einer hypothetischen
Einwanderung nach Afrika. “It may not be considered chimerical to suppose that when the
sons of Ham entered Africa, by Egypt, and the Arabians, by the Red Sea, that the Hottentot
progenitors took the lead, and gradually advanced in proportion as they were urged forward
252
G. Bory de Saint-Vincent, ‘Homme. In: I. B. Audouin, Dictionnaire classique d’histoire
naturelle…, 1825 VIII: 269-346.
253
Charles Beke, Origines Biblicae: or Researches in Primeval History…, 1834: 97.
253
Charles Beke, Vertheidigung gegen Herrn Dr. Paulus…, 1836: 8.
254
Mangubane Zine, The Body of the Savage: Humanitarian Narratives, 1800-1827. Social Dynamics
23, 1, 1998: 1.
255
Dorothy Hammond, Alta Jablow, The Africa that never was…, 1970: 39-40.
105
by an increasing population in their rear, until they reached the ends of the earth.”256 Moffat
schwebte also eine großflächige Völkerwanderung vor Augen, die von den Hottentotten
angeführt worden sei. Damit hat Moffat das kulturhistorische Axiom der räumlichen Lage
vorweggenommen, das die Hottentotten zurückblickend besonders „alt” erscheinen lässt. Die
Leipziger anthropogeografische Schule erklärte in späterer Folge den Kontinent Afrika als
Gesamtes als Rückzugsgebiet. Moffat, der 23 Jahre in Karroo als Missionar stationiert war,
konnte profunde Kenntnisse in den Lokalsprachen erwerben. Die zahlreichen Gruppierungen
Südafrikas mit heller Hautfarbe: die Hottentotten, Korannas, Namaquas und Buschmänner
wären nicht nur rassisch homogen, sondern auch in sprachlicher Hinsicht auf einen
gemeinsamen Ursprung zurück zu führen. Bereits Moffat zieht dafür das Altägyptische
heran, ohne jedoch näher darauf einzugehen. Damit brachte er aber innerhalb der
Afrikanistik einen Stein ins Rollen, der nicht mehr aufzuhalten schien. Die These, wonach
altägyptische Sprachreste bei südafrikanischen Gruppen wiederzufinden seien, zog die
hottentottische Sprache ins Rampenlicht komparatistischer Betrachtungen.
Dieser Zusammenhang steht 1851 bereits im Mittelpunkt der in lateinischer Sprache
abgefassten Dissertation von W.H.I. Bleek [1827-1875], der während seines Studiums eifrig
die Vorlesungen von C. Richard Lepsius in Berlin besucht hatte.257 Bleek, auf den die
Bezeichnung „Bantusprachen” zurückgeht, war von der nordafrikanischen Herkunft der
Hottentottensprache überzeugt, da sie mehr Ähnlichkeit mit den in Nordafrika
vorkommenden aufweisen würde als mit den benachbarten „schwarzen Nationen”
Südafrikas. Bleek räumte somit dem Hottentottischen innerhalb der Afrikanistik eine
ähnliche Stellung ein, wie dem Sanskrit in der Indoeuropäistik.258
Um wieder zurück zu kommen: der aus einer thüringischen Kleinstadt stammende C.
Richard Lepsius hatte zuerst klassische Philologie und vergleichende Sprachkunde bei
Schleiermacher und Bopp studiert, bevor er 1833 nach seiner Promotion über den in Rom
tätigen preußischen Botschafter Carl Bunsen auf die Ägyptologie zu sprechen kam. Bunsen
war der Lehrer und der große Förderer von Lepsius; beide verband zunächst ein
freundschaftliches Verhältnis. Von 1842 bis 1846 hielt Lepsius sich im Auftrag des
preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. in Ägypten, Äthiopien (bis Dongola und Gebel
Barkal) und der Insel Sinai auf. Der Kontakt mit den afrikanischen Gesellschaften bzw. die
Beschäftigung mit den Lokalsprachen des Bega, Kongara und dem Nubischen führten
Lepsius zur Erkenntnis, dass Rasse und Sprache nicht zur Deckung gebracht werden können.
256
Robert Moffat, Missionary labours and scenes in Southern Africa…, 1842: 5.
257
W.H.I. Bleek, De Nominum Generibus Linguae um Africae Australis…, 1851: 45-60.
258
W.H.I. Bleek, A comparative Grammar of South African Languages…, 1862.
106
Dies stand im Widerspruch zu seinem Lehrer Bunsen, dessen Hauptwerk „Die Ägypter” er
ablehnte.259 Bei seiner genealogischen Gruppierung hielt er an der richtigen Einsicht fest,
dass das Kriterium der Hautfarbe für ein hohes Alter einer Sprache nicht ausschlaggebend
sein kann. „In der That kann es nicht zweifelhaft sein, dass der älteste Afrikanische
Sprachtypus, […] nicht bei den schwärzesten Negervölkern nördlich vom Aequator”, wie
Lepsius in seinem Spätwerk zu Papier bringt, „sondern bei den braunen südlicheren [zu
suchen ist].”260 Man muss sich den „revolutionären Gehalt” dieser Aussage bewusst machen.
Bis Lepsius war auf Afrika bezogen die Assoziaton geläufig: je dunkler die Hautfarbe von
Menschen, desto „altertümlicher” ihre Erscheinungsbild, und umgekehrt: je heller, desto
„jünger”. Lepsius hatte nun mit seinem „grammatikalischen Gesetz” dieses Bild geradezu
umgekehrt. Jetzt hieß es, je heller die Hautfarbe, desto früher musste die Migration nach
Afrika stattgefunden haben. Mit dieser Gegenreaktion auf Bunsen leistete Lepsius indirekt
und paradoxerweise der Überbetonung einer anthropologischen Analyse afrikanischer
Völker nach der Hautfarbe geradezu Vorschub, ein Zusammenhang, der besonders in der
Kontroverse zwischen Robert Hartmann und seinem Schüler Felix Luschan veranschaulicht
zur Geltung kommen wird.261
Für Lepsius bedeutete es zunächst, dass er den Thesen von Moffat und Bleek mit ruhigem
Gewissen Folge leisten konnte: das Hottentottische war nun „erwiesenermaßen” eine
hamitische Sprache und das Volk der Hottentotten musste dem genealogischen Prinzip und
der räumlichen Lage entsprechend noch vor den Ägyptern von Asien nach Südafrika
eingewandert sein. Darauf baute Lepsius sein genealogisches Sprachschichtmodell auf,
wonach sämtliche Sprachen auf drei Sprachfamilien zurück zu führen seien. Aus
grammatikalischer Perspektive standen die nördlich gelegenen hamitischen Genussprachen,
zu denen Lepsius auch das Hottentottische rechnete, im schärfsten Gegensatz zu den
Klassenpräfixen der Bantu-Sprachen. Seine Dreiteilung der Sprachen Afrikas in
Sudanesisch, Bantu und Hamitisch, beinhaltete nun die Hypothese, dass die Sprachen des
Sudans aus einer Mischung der Bantu-Sprachen [südlich des Äquators] und den hamitischen
Sprachen [nördlich des Äquators] hervorgegangen wären. Für diese „junge” Sprachschicht
führte er einen eigenen Begriff ein, den er mit „Misch-Negersprachen” umriss. Sein
„Dreischichtenmodell”, das innerhalb der Afrikanistik zukunftweisend sein sollte, beruhte
auf zwei hypothetischen Säulen: zum einen die historische Migrationsthese, zum anderen das
zum geneologischen Prinzip erhobene grammatikalische Geschlecht.
259
Siehe dazu das Kapitel „Von der Hamitenzivilisation…”
260
Carl Richard Lepsius, Nubische Grammatik…, 1880: XVIII.
261
Siehe dazu das Kapitel „Die Rolle der physischen Anthropologie”.
107
Europäische
Sprachgelehrte
gingen
nun
daran,
weitere
Sprachen
diesem
Dreisprachenmodell zuzuordnen, auch in Westafrika. Ein wichtige Stütze dahingehend
stellte die sprachgeschichtliche Stellung des Haussa dar. Das Haussa war vor allem durch die
Expeditionsreisen des Hamburger Geografen Heinrich Barth [1821-1865] am Nigerbogen in
Europa bekannt geworden. Während seiner zweijährigen Reise 1853-54 nach dem
westlichen Timbuktu konnte er sich profunde Kenntnisse des Haussa erwerben. Diese
Sprache
erhob
262
Konstruktion”
er
aufgrund
ihrer
„gänzlich
verschiedenen
grammatikalischen
bald zu seiner Lieblingssprache. Dahingehend sah er sich veranlasst, den
Haussajungen Dorugu nach Europa mitzunehmen, dem er dem Missionar Jakob Friedrich
Schön [1803-1889] anvertraute. Die daraus entstandenen Sprachaufzeichnungen schufen die
Grundlage für die erste Haussa-Grammatik [1862], worin Schön das Haussa genealogisch
noch dem Semitischen zuordnete.263 Dieser grammatikalischen Besonderheit entsprechend
hob Friedrich Müller das Ful als eigene Nuba-Fula-Gruppe heraus, die vor allem Carl
Meinhof in Abrede zu stellen bestrebt war. C. Richard Lepsius gilt als derjenige, der im
Haussa erstmals eine Hamitensprache erblickte. Bei seiner Klassifikation bediente er sich
jedoch nichtlinguistischen Kriterien, da er die Haussa aufgrund ihres physischen Typus als
keine Neger erachtete. „Nach dem Gesagten wird man wohl nicht anstehen dürfen, die
Haúsa-Sprache für eine stark abseits gedrängte, aber ursprünglich Hamitische und zwar dem
Libyschen Zweig angehörige Sprache ansehen. [...] Wenn ich sie dennoch unter den
Negersprachen bespreche, so geschieht dies, weil der physische Typus, wenn auch der
Gesichtsausdruck regelmäßiger und anmutiger als der weit negerhaftere der Kanuri ist, doch
im Ganzen, wenigstens in gewissen Punkten, dem Hamitischen Typus jetzt ferner steht als
dem der Negervölker, in deren Mitte sie wohnen.”264 Ein ähnliches Schicksal sollte dem Ful
bestimmt sein. Die Fulsprache wurde erst 1884 von Gottlob Adolph Krause [1850-1938] in
Beziehung zum Hamitischen gesetzt. Die Teilnahme an mehreren afrikanischen
Expeditionen und seine langjährigen Aufenthalte in Westafrika (Goldküste und Nigerbogen)
ermöglichten ihm das Erlernen des Haussa, das er neben dem Arabisch ausgezeichnet
beherrschte. Er galt als heftiger Kritiker der europäischen Kolonialpolitik und widmete sich
vor allem dem Problem der Entwicklung der afrikanischen Sprachen und ihrer historischen
Zusammenhänge. Er sieht die „Haussa-Musukaner” als „Mischlinge von Negern und
Hamiten” an, das Ful schätzte er jedoch nicht als eine hamitische, sondern dem
262
263
Heinrich Barth, Sammlung und Bearbeitung Central-Afrikansicher Vocabularien…, 1862: VIII.
Jakob Schön, Magána Hausa: Native Literature or Proverbs, Tales, Fables and Historical
Fragments in the Hausa Language…, 1885.
264
Carl Richard Lepsius, Nubische Grammatik…, 1880: Einleitung, LI.
108
evolutionistischen Bekenntnis entsprechend als eine „proto-hamitische” Sprache ein: „Ich
denke, dass die Fulen und Hamito-Semiten und ihre Sprachen gleichen Ursprungs seien und
dass wir die ersteren als Proto-Hamiten in Anspruch nehmen dürfen.”265 Mit dieser
Behauptung gab er dem Ful in der Rekonstruktion des Hamitischen eine ähnliche
genealogische Stellung wie dem Hottentottischen. “Ful had mystified Africanists for many
decades”, wie Gerhardt Ludwig in seiner wissenschaftsgeschichtlichen Arbeit gesondert
hervorhob, mit der Zusatzbemerkung: “apparantly it was – and still is – a class language.”266
Carl Meinhof dagegen glaubte im Ful die „vermutlich älteste uns zugängliche Form einer
Hamitensprache“ zu erblicken.267
Als Carl Meinhof 1912 seinen sprachhistorischen Hamitenentwurf zu Papier brachte und
damit die „moderne” afrikanistische Hamitik begründete, war das Standardwerk von Lepsius
bereits gänzlich veraltet, nicht zuletzt deshalb, weil sich nicht nur die Sprachenlandschaft,
sondern auch das politische Bild Afrikas seit dem Tod Lepsius 1880 vollkommen verändert
hatte [Abb. 22]. Inzwischen war der zum Teil verzweifelte Widerstand der Autochthonen
gegen
die
europäischen
Kolonialherren
größtenteils
gebrochen,
die
Phase
der
imperialistischen Landnahme eingeleitet und die kolonialen Grenzen gezogen. Vor allem die
infolge systematischer Erhebungen vielfach neu „entdeckten” Sprachen Westafrikas und der
Sahelzone bedurften in klassifikatorischer Hinsicht einer gründlichen Revision. Es war
Dietrich Westermann [1875-1956], der zunächst als Missionar der Norddeutschen
Missionsgesellschaft, seit 1910 auch als Professor des Berliner Orientalischen Seminars, der
durch seine Feldforschungen über Ewe, Ful, Haussa und Shilluk neue Fragen in Bezug auf
die Verwandtschaft der Bantu-Sprachen mit den von Lepsius bezeichneten „MischNegersprachen” aufwarf. In den letzteren, so das Ergebnis Westermanns, war das
grammatikalische Geschlecht nicht zu finden, waren also konsequenterweise nicht mit
„hamitischen Elementen” vermischt, so wie es Lepsius noch postuliert hatte. Westermann
zog daraus den Schluss, dass beiden Sprachfamilien ein gemeinsames „nigritisches
Sprachsubstrat” zugrunde liegen müsste, schließlich sprach er von einer „Urverwandtschaft”
des Bantu und dem Sudanesischen, ein von Westermann eigens eingeführte geografische
Bezeichnung für die Sprachen zwischen dem Atlantik im Westen und Äthiopien, Uganda
und Kenia im Osten. Das bedeutete aber auch, dass die genealogische Abfolge des Dreispra265
Gottlob Adolph Krause, Ein Beitrag zut Erkenntnis der Fulischen Sprache in Afrika. Mitteilungen
der Riebeck’schen Niger-Expedition 1, 1884.
266
Ludwig Gerhardt, The place of Carl Meinhof in African Linguistics. Afrika und Übersee 78 1995:
163-175.
267
Carl Meinhof, Die Sprachen der Hamiten…, 1912: Einleitung.
110
Abb. 22
Carl Meinhofs sprachlicher Hamiten-Entwurf zeigte die von Robert
Moffat erstmals ausformulierte grammatikalische Verbindung
zwischen dem „Hottentottischen“ und dem Altägyptischen auf.
Carl Meinhof, Die Sprachen der Hamiten…, 1912: Anhang
[Ausschnitt].
111
chenmodells von Lepsius „Hamitisch-Bantu-Sudanesisch” nicht mehr aufrecht zu halten
war. Nicht nur das, auch das von Lepsius aufgestellte grammatikalische Gesetz schien in
genealogischer Hinsicht quasi auf den Kopf gestellt. „Dieser Tatbestand hat uns genötigt, die
Theorie von Lepsius zu verwerfen”, wie Carl Meinhof aus Westermanns Vorarbeit resolut
die Konsequenzen zieht und damit den neuen Status quo zum Ausdruck bringt, „und wir sind
davon überzeugt, dass die genuinen Negersprachen im Sudan gesprochen werden, wo auch
die schwärzesten Menschen leben, und das Bantu nicht die Sprache der Unterworfenen in
Zentral- und Südafrika ist, sondern die Sprache der Herren.”268 Damit war die einstige
säuberliche Trennung von Sprache und Rasse wieder verwischt. Das ist insoweit
faszinierend, da Meinhof im gleichen Aufsatz darauf hinweist, dass selbiges nicht geschehen
sollte, ein von ihm unkommentierter Widerspruch.269 Carl Meinhof hatte bereits 1899 die
neue Gleichung konzipiert270, wonach sich aus den beiden älteren Sprachschichten, dem
Sudanesischen und dem Hamitischen, als Mischform das „jüngere” Bantu entwickelt habe.
Dieses genealogische Sprachmodell hatte Meinhof von der „Anthropologie” entlehnt,
genauer aus den Reiseberichten Franz Stuhlmanns und Oskar Baumanns.271 Mit Meinhof war
nun auch der sprachwissenschaftliche Nachweis geboten, dass die Bantu-sprechenden
Gruppen – um im Jargon zu bleiben – keine genuinen Neger waren, sondern eine hamitisch
beeinflusste sekundäre Mischform. „Nicht das Bantu stellt das Ur-nigritische dar”, wie
Meinhof unmissverständlich hervorhebt, „[…], sondern die „Sudan”sprachen sind das
Urnigritische, und das Bantu ist eine Mischsprache, dass ich so sage, von hamitischem Vater
und nigritischer Mutter.”272
Carl Meinhof [1857-1944] war nach seinem Studium in Theologie und Germanistik in
Halle, Tübingen und Greifswald zunächst als Gymnasiallehrer [1879-86] in Wolgast und
Stettin tätig, bevor er seinem Vater folgend die Priesterweihe erlangte. Während seiner
Tätigkeit als Pfarrer in Zizow in Hinterpommern [1886-1903] begann Meinhof sich mit den
Bantusprachen zu beschäftigen, die er mit Hilfe von Missionaren und einem Häuptlingssohn
268
Carl Meinhof, Afrikanistik. Die Entstehung der Bantusprachen. ZfE 70, 1938: 145.
269
Dazu das Zitat „Wir wollen, ehe wir weiter gehen, nicht unterlassen, dass es misslich ist, Sprachen
nach einem rassischen Gesichtspunkt, wie es die Hautfarbe ist, einzuteilen.” Carl Meinhof,
Afrikanistik. Die Entstehung der Bantusprachen. ZfE 70, 1938: 144.
270
Carl Meinhof, Grundriß einer Lautlehre der Bantusprachen… Abhandlungen für die Kunde des
Morgenlandes 9, 2, 1899 [21910].
271
Siehe dazu das Kapitel „Ethnografisches Genre…”
272
Carl Meinhof, Sudansprachen und Hamitensprachen. Zeitschrift für Kolonialsprachen 1, 1911:
164-165.
112
aus Kamerun erlernte. Noch in Zizow veröffentlichte er die Lautlehre der Bantusprachen.
Nach einer Forschungsreise in Ostafrika 1902-1903 erhielt er 1904 die Lehrerlaubnis am
Seminar für Orientalische Sprachen in Berlin, wo er den Direktor des Völkerkundemuseums
Felix von Luschan kennenlernte. Eine erste fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich bereits
ein Jahr darauf, als beide gemeinsam am wissenschaftlichen Kongress in Südafrika
teilnahmen. Daraus sollte sich eine innige Freundschaft entwickeln, und den aus dem
Darwinismus entstandenen Gegensatz (theologische) Missions- und (naturwissenschaftliche)
Kolonialwissenschaft aufhob. Nach der Gründung des Kolonialinstituts 1909 in Hamburg
wurde Meinhof von Franz Stuhlmann nach Hamburg berufen, wo er als ernannter Professor
das Seminar für Kolonialsprachen leitete, Afrika- und Südseesprachen betreffend. Nach der
Gründung der Hamburger Universität 1919 leitete Meinhof das erste deutsche Ordinariat für
Afrikanistik, das er bis 1936 innehatte.
Ähnlich wie sein Freund und Kollege von Luschan wandte sich auch Meinhof in einer
Reihe von Publikationen gegen die These der „Kulturlosigkeit” des afrikanischen
Kontinents, das Erbe Hegels und der Darwinisten. Solche Kulturleistungen der Bewohner
des subsaharischen Raumes wären der frühe Gebrauch des Eisens, der ausgedehnte Hackbau,
die Rinder- und die Schaftzucht, die Existenz von Handwerk, Handel und ansehnlicher
Städte, ja sogar nennenswerter Staatenbildungen, schon vor Erscheinen der Europäer, und
vor allem Meinhofs Fach entsprechend die Verfügung hochentwickelter Sprachen.273 Es
überrascht, wenn in diesem offensichtlich afrophilen Bild, das hier Meinhof zeichnete,
genauso auch das Gegenteil zu finden ist. Es kommt hier vor allem die paternalistische
Haltung eines Missionars zur Geltung. „Weil wir im Durchschnitt sittlich und intellektuell
überlegen sind und einstweilen auch bleiben werden, ist es nicht mehr als in der Ordnung”,
heißt es in Meinhofs 1912 erschienenem „Deutschlands Pflichten in Afrika”, „dass wir uns
als die Herren des Landes ansehen und verlangen, als solche von den Eingeborenen
betrachtet zu werden.”274 Vom missionarischen Pioniergeist ist der Sprung hin zum
unverblümten Bekenntnis des kolonialen Herrentums offensichtlich nur ein geringer. “What
is great in his work”, versuchte in jüngster Zeit der bereits erwähnte Ludwig Gerhardt das
273
Brigitte Reineke; Wolfgang Dodt, Sprache und Kultur im Werk nach Carl Meinhof. EAZ 27, 1986:
463.
274
Brigitte Reineke; Wolfgang Dodt, Sprache und Kultur im Werk nach Carl Meinhof. EAZ 27, 1986:
464.
113
Œuvre Meinhofs auf den Punkt zu bringen, “is his own achievement, and what is not good in
his work, is due to the spirit of his time.”275
Meinhof sah die Bedeutung der Hamitensprachen zunächst im Kontext des Studiums der
semitischen und indogermanischen Sprachenfamilie. Seiner evolutiven Einschätzung gemäß
glaubte er bei den Hamitensprachen die Gesetzmäßigkeiten der Sprache „im Werdezustand“
beobachten zu können, etwas, was in den „fertigen“ Sprachen Asiens und Europas nicht
mehr möglich sei.276 Auf dem Berliner Kolonialkongress 1924 hebt Carl Meinhof diesen
Aspekt gesondert hervor: „Wenn es wahr ist, dass zwischen den Sprachen der Hamiten und
Semiten eine Verwandtschaft besteht, so eröffnet sich hier für sie ein weites Feld der
Tätigkeit, und wenn es weiter richtig ist, dass die afrikanischen Klassensprachen die
Vorstufe zu diesen Hamitensprachen sind, so wird hier ein Weg gezeigt, auf dem wir
verstehen können, wie seiner Zeit flektierende aus agglutinierenden Sprachen entstehen
konnten.“277 Unter dem Eindruck der Arbeiten der Junggrammatiker278, namentlich der
vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen von August Schleicher,
konzipierte Meinhof das Urbantu, eine hypothetische Urform aller Bantusprachen. Meinhofs
reizvolle Absicht bestand darin, mit dieser rekonstruierten Urbantu-Wortstammliste, jene mit
der urindogermanischen in Beziehung zu setzen. „Ich habe die Meinung vertreten”, führt
Meinhof in der von ihm begründeten „Zeitschrift für Eingeborenensprachen” aus, „dass das
grammatikalische Geschlecht in den Sprachen der Indogermanen, der Semiten und Hamiten
auf eine Klassenbildung zurückgeht, von der es gewissermaßen nur der Rest ist.”279 Da bei
den Bantusprachen nach heutigen Erkenntnissen bis zu achtzehn Klassen auftreten, bei den
Genussprachen hingegen maximal drei Geschlechter, klingt die These, wonach „logisch die
Entstehung des Genus verständlicher” sei, „wenn ihr eine Klassenbildung vorausgegangen
ist”280, zunächst plausibel. Abgesehen davon, dass Meinhof hier der Versuchung unterlegen
ist, zwei unterschiedliche Dinge miteinander zu vergleichen. Das Wichtige seiner
Vorgehensweise ist aber, und das ist das eigentlich Revolutionäre bei Meinhof, dass er den
275
Ludwig Gerhardt, The place of Carl Meinhof in African Linguistics. Afrika und Übersee 78, 1995:
171.
276
277
Carl Meinhof, Die moderne Sprachforschung in Afrika…, 1910: 96.
Carl Meinhof, Der Stand der afrikanischen Sprachforschung…, Verhandlungen des Deutschen
Kolonialkongresses…, 1924: 306.
278
Eine in den 1870er Jahren abschätzige, von älteren Kollegen aufgebrachte Bezeichnung für die
Vertreter der Philologen der „Leipziger Schule“, die das Schlagwort prägten: „Lautgesetze haben
keine Ausnahmen.“
279
Carl Meinhof, Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen XV 1925: 180-213; 266-272.
280
Carl Meinhof, Die Entstehung der flektierenden Sprachen…, 1936: 77, Anm. 3.
114
Versuch wagte, arisches Sprachgut von afrikanischem abzuleiten. Wer Meinhofs
außergewöhnliche Gedankenfährte jedoch weiterverfolgt, wird sich bald auf Irrwegen
wiederfinden, die umso mehr belegen, dass Meinhof als Kind seiner Zeit zu betrachten ist.
Meinhof ging nämlich davon aus, dass die Träger des Urbantu keine genuinen Afrikaner
wären, sondern in unbestimmter prähistorischer Zeit nach Afrika eingewandert wären. „Ich
halte es für ausgemacht, dass die Träger der Klassensprachen nicht in Afrika heimisch und
dass sie keine Neger waren. Wo aber ihre Heimat gewesen ist, darüber lässt sich heute noch
keine Vermutung aufstellen.”281 Mit anderen Worten: Meinhof übertrug das Konzept der
„Weißwaschung” der Hamiten auch auf die Bantu-sprechenden Gruppen. Anzunehmen ist,
dass die Überlegung, wonach die Träger des Urbantu ursprünglich dem „kaukasoiden
Rassenkreis” angehörten offensichtlich eine wichtige Rolle spielte. Das Paradoxon daran ist,
dass hier die Historizität Afrikas mit „Nichtafrikanischem” zu steigern versucht wird, jedoch
mit vermeintlich afrophilen Vorzeichen. Was in diesem „sprachgenealogischen Modell”
noch fehlt, ist der Nachweis einer entwicklungsgeschichtlichen Kontinuität des Urbantu hin
zum arischen Sprachenkreis. Als Bindeglied hierfür erwählte Meinhof das sprachhistorische
Hamiten-Modell.
Das 1912 von Carl Meinhof angelegte „Hamitische Sprachwörterverzeichnis“ ist mit
folgendem erläuternden Kommentar versehen: „Es ist ja bei einem Blick auf die
Sprachenkarte evident, dass die hamitischen Sprachen als Sprachen von Leuten kaukasischer
Rasse zusammengetroffen sind mit den Sprachen der Nigritier. Wie es scheint hat sich der
Vorgang im Lauf der Geschichte mehrmals wiederholt, dass hamitische Stämme als
Herrenvolk unter dunkelfarbigen, anderssprachigen Völkern auftraten, sie unterwarfen und
beherrschten. Dabei fand selbstverständlich ein sprachlicher Austausch zwischen der
herrschenden Minorität und der beherrschten Majorität statt. Die Hamiten wurden in
anthropologischer und sprachlicher Hinsicht mehr oder weniger negerähnlich, und die
dunkelfarbigen Afrikaner nahmen umgekehrt hamitisches Blut und hamitische Sprache
auf.”282 Damit war der Mythos eines kulturbringenden hamitischen Herrenvolkes
ausformuliert. Als Missionar fühlte sich Meinhof geradezu verpflichtet, den aus der Bibel
entlehnten Begriff entsprechend einer Korrektur zu unterziehen, wobei er sich dabei
offensichtlich von einem eher hypothetischen anthropologischen Erscheinungsbild leiten ließ
als sich auf sachliche Sprachgesetze zu stützen. „Ich möchte noch ein Missverständnis
281
282
Carl Meinhof, Die Entstehung der flektierenden Sprachen…, 1936: 63.
Carl Meinhof, Die Sprachen der Hamiten…, 1912: 2; Meinhof behandelte sieben
Hamitensprachen: Haussa, Schilh, Somali, Bedauye, Masai, Nama; Ful schätzte er als die älteste
zugängliche Form einer Hamitensprache ein.
115
beseitigen”, heißt es in den „Sprachen der Hamiten”, „das in populären Kreisen häufig ist
und bei der großen Unbekanntschaft der afrikanischen Linguistik sogar Gelehrten begegnet.
Wir nennen „Hamiten” linguistisch n i c h t die Neger, sondern im Gegenteil die Leute,
deren Zugehörigkeit zur kaukasischen Rasse trotz allerei negerischer Beimischung nicht zu
bestreiten ist. Diese „Hamiten“ treten somatisch durchaus an die Seite der „Semiten“. […]
Ob die alttestamtlichen Stellen gen. 9, 18. 19, Gen. 10. Mit der Terminologie
übereinstimmen, ist allerdings eine andere Frage. Ich bin zu der Überzeugung gekommen,
dass in Gen. 9 und 10 die drei großen Völkertypen gemeint sind, die heute noch vorliegen,
dass Sem die weiße, kaukasische Rasse, Ham die schwarze Rasse, Japhet die gelbe,
mongolische Rasse bezeichnet. Dann wären also „Hamiten“ die Nigritier, die ich oben
gerade von den Hamiten unterschieden wissen wollte.“283 Abgesehen davon, dass Meinhof
hier offensichtlich die Noachiden Sem und Japhet vertauschte, stellte er den „biblischen”
Hamiten die „anthropologischen” gegenüber. Deutlich ist dabei die Distanzierung des
Darwinisten Friedrich Müller zu erkennen. „Im Norden hat Müller dann die Sprachen der
lockenhaarigen hellfarbigen Menschen als Sprachen der Hamiten bezeichnet. Der Ausdruck
ist gewählt, weil in der Völkertafel Genesis 10 eine Reihe von Stämmen, die hierzu gehören,
als Nachkommen Hams bezeichnet werden. Ich halte die Sache für ein Missverständnis und
glaube, dass der biblische Bericht bei den Söhnen Hams an dunkelfarbige Rassen gedacht
hat. Aber da der Terminus eingeführt ist, sehe ich keinen Grund ihn abzuschaffen.”284
Die Vorstellung von den hamitischen Herrenvölkern wurde angeregt auf der einen Seite
durch die soziohistorischen Verhältnisse in den ostafrikanischen Königreichen Ruanda und
Burundi und die nomadisierenden Fulbe-Hirten in Westafrika auf der anderen. Meinhof
brachte bereits 1905 in einem Aufsatz beide „Hamiten-Gruppen” mit den Begriffen
Herrenvolk und Herrensprache in Verbindung.285 Als der eigentliche Wortschöpfer gilt
jedoch Felix von Luschan. Meinhof und von Luschan, sie beide standen seit 1898
miteinander in wissenschaftlichem Austausch und beide waren davon überzeugt, dass
283
Carl Meinhof, Die Sprachen der Hamiten…, 1912: VIII.
284
Carl Meinhof, Sudansprachen und Hamitensprachen. Zeitschrift für Kolonialsprachen 1, 1911:
163.
285
Carl Meinhof, Probleme der afrikanischen Linguistik. Wiener Zeitschrift für die Kunde des
Morgenlandes 19, 1905: 82 sowie Carl Meinhof, Über die Sprache der Hottentotten und
Buschmänner. Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen VIII, 1905: 104-176; „Soviel
ich sehe, ist dieser Austausch zwischen Hamiten und Nigritiern in einer Reihe von Fällen
nachzuweisen. Ich bin sogar zu der Überzeugung gekommen, dass die Entstehung der Bantusprachen
sich am einfachsten so erklärt, dass eine dem Ful ähnliche Sprache als Herrensprache unter Nigritiern
auftrat und sich nigritisches Sprachgut assimilierte.”
116
„Hamitenstämme erst unter den umwohnenden Bantu zu einer Herrenstellung und zu
Herrscherfamilien
in
Bantuvölkern
geworden”
sind.
Damit
lieferten
sie
die
wissenschaftlichen Grundlagen für die hierarchische Betrachtung ethnischer Gruppen wie es
die praktische Handhabung der indirekten Verwaltung in den deutschen Kolonien
abverlangte, für Deutsch-Ostafrika im speziellen. Der 1913 vom Sprachwissenschafter und
Ethnologen Ferdinand Hestermann [1878-1959] verfasste Aufsatz über die sprachliche
Gliederung Afrikas zeigt, dass der Begriff „hamitische Herrenrasse”286 bald auch von den
ethnologischen Kulturkreistheoretikern akzeptiert und damit allgemeinen Eingang in die
deutsche Kolonialwissenschaften Afrikas fand.
Angesichts der ausgedehnten britisch-französischen Kolonialbestrebungen Afrikas mag
es eigentlich erstaunlich klingen, wenn die deutsche Afrikanistik innerhalb der heute als
“African studies” zusammengefassten Universitätsfächer eine Vorreiterrolle einnahm. Die
1917 in London gegründete “School of Oriental Studies“ [SOS] hatte ihren Schwerpunkt
eigentlich mehr in der Orientalistik, nur zögerlich wurde der Unterricht afrikanischer
Sprachen ins universitäre Lehrprogramm aufgenommen, und wenn, dann vielfach auf die
Berufung der Ergebnisse der deutschen Afrikanistik. 1947, also erst nach dem Zweiten
Weltkrieg erfolgte die Umbenennung in “School of Oriental and African Studies” [SOAS].
In Frankreich fand zu dieser Zeit die “Ecole des Langues Orientales Vivantes“ noch keine
Beachtung. Allein diese Auflistung erklärt, warum Deutschland eine derart gewaltige Rolle
in der Erforschung des geschichtlichen, ethnografischen und linguistischen Afrika vor dem
Ersten Weltkrieg inne hatte. Belgische, französische und englische linguistische Arbeiten
über Afrika basierten auf deutschen Studien.
Vor diesen Hintergrund gestellt, erscheint es nicht verwunderlich, wenn auch in
Großbritannien Meinhofs Dreisprachenmodell allgemeine Akzeptanz fand, eine Tradition
übrigens, die erst in den 1960er Jahren im Zuge der Einführung des „Afroasiatischen” durch
den US-amerikanischen Linguisten Joseph Harold Greenberg abbrechen sollte.287 Die in
Triest geborene Alice Werner [1859-1935] gilt als Begründerin der modernen Schule der
Afrikanistik an der SOS in London. Werner hatte nach ihrem Studium der Philologie in
Frankfurt als Journalistin und als Lehrerin an der Church of Scotland Mission in Blantyre
286
Ferdinand Hestermann, Kritische Darstellung der neuesten Ansichten über Gruppierungen und
Bewegungen der Sprachen und Völker in Afrika. Anthropos 8, 1913: 222.
287
1966 hatte die SOAS “Hamitic” als Schlagwort zwar aufgegeben, der heutige Leser kann die alten
Etiketten aber noch immer an den Regalen vorfinden, worunter die folgenden Sprachen subsummiert
sind: Ateso, Berber, Berber-Kabyle, Berber-Senhais, Berber-Touareg, Bishari, Fula, Galla, Haussa,
Masai, Nandi, Saho, Sodano, Somali und Suk.
117
[heute Malawi] gearbeitet, ehe sie 1917 an der SOS zur Dozentin für Bantusprachen ernannt
wurde. Ihr 1915 herausgegebenes Hauptwerk “Language Families of Africa” orientierte sich
deutlich an Meinhof, wurde zweimal aufgelegt und avancierte zu einem Standardwerk über
afrikanische Sprachgeschichte. “Nowhere can we find any statement that the “black”
Africans are descendent of Ham,” wie Werner die historischen Hintergründe der “Hamitic”
beleuchtet, “To make Canaan their ancestor is a mere assumption, which contradicts
everything recorded about Canaan’s descendants. The amazing exegesis which, relying on
this assumption, used “the curse of Canaan” as a justification for slavery, is now happily a
thing of the past.”288 Nach ihrer Emeritierung wird sie 1932 gemeinsam mit dem
südafrikanischen Bantuisten N. J. van Warmelo [1904-1989] den Klassiker von Meinhof
„Lautlehre der Bantusprachen” ins Englische übertragen.289 “Hamitic” – das ist das
eigentliche Paradoxon – dieser Begriff war zunächst dazu gedacht, das herkömmliche
eurozentrische Afrikabild zum Einsturz bringen zu lassen, um die geschichtliche
Rehabilitierung Afrikas einzuleiten.
Die Vorstellung der Hamitiker nämlich, dass „über Jahrtausende hindurch immer wieder
neue Wellen hellhäutiger Rassen” nach Afrika geströmt waren, wurde auch von
Ägyptologen weiterentwickelt und modifiziert. Meinhof hatte ja das Ältägyptische noch dem
Semitischen zugeordnet. Eine ganze Generation von Ägyptologen machte sich nun ans
Werk, diese Aussage zu revidieren. Der erste Impuls kam von Hermann Junker [1877-1962],
der 1909 von Berlin nach Wien übersiedelt war und 1912 das Ordinariat für Ägyptologie in
Wien übernahm. Als Schüler Adolf Ermans stand er deutlich in der Tradition Lepsius. 1921
stellte Junker die These auf, dass die Nubier nicht zu den negroiden, sondern zu den
hamitischen Völkern zuzuzählen seien und darum auch die Ägypter bereits in
vordynastischer Zeit eine hamitische Sprache benutzten. Der aus seinem Schülerkreis
stammende Ernst Zyhlarz [1890-1964] arbeitete dann 1936 in der Londoner Zeitschrift
Africa die hamitischen Grundlagen des Altägyptischen heraus. Zyhlarz schätzte das Alter der
Hamitensprachen auf 7000 Jahre und verlieh damit der Fachdisziplin Hamitistik eine
„historische Basis”290. „Das Hamitische als Sprachstamm”, wie Zyhlarz nun versicherte, „hat
es einmal gegeben.”291 „Junker hat mit dem Vorurteil gebrochen,” wie auch Werner Vycichl
hervorhob, „dass südlich von Ägypten die Domäne des Negers beginne; in Wirklichkeit
288
Alice Werner, The language families in Africa…, 21925: 81.
289
Alice Werner; N. J. van Warmelo, Carl Meinhof, Introduction to the Phonology of the Bantu
Languages…, 1932.
290
Ernst Zyhlarz, Das geschichtliche Fundament der hamitischen Sprachen. Africa 9, 1936: 433-451.
291
Ernst Zyhlarz, Das geschichtliche Fundament der hamitischen Sprachen. Africa 9, 1936: 450.
118
waren Nubien und weite Gebiete des Sudans durch Jahrtausende hamitisches Land.” Erst ab
1600 v. Chr. treten wirkliche Negervölker in den Gesichtskreis ägyptischer Kultur.292
Johannes Lukas [1901-1980] startete dann den Versuch, hamitische Grammatikstrukturen in
den tschadischen Sprachen nachzuweisen, um so „den Einfluss der hellhäutigen Hamiten”
auch bei den tschadischen Negern aufzuhellen. Dahingehend führte Lukas den Begriff
tschado-hamitisch ein, worunter er auch das Haussa rechnete. „Hamitik” – das war zu jener
Zeit ein Modewort, das angesichts der wirtschaftlichen Situation Chancen auf eine
wissenschaftliche Karriere versprach. Sowohl Zyhlarz als auch Lukas stammten ursprünglich
aus Böhmen und studierten Ägyptologie in Wien bei Junker und Czermak. Beide mussten
mehrere Jahre hindurch als „wissenschaftliche Hilfsarbeiter“ am 1928 neu eröffneten
Museum für Völkerkunde in Wien ihr Dasein fristen und hatten keine akademischen
Berufsaussichten.
Mit
seinen
„hamitischen
Thesen”
bekam
Lukas
1932/33
ein
wissenschaftliches Stipendium des Internationalen Afrika-Instituts [IAI] in London, dessen
Vorsitz damals Dietrich Westermann inne hatte. Ein Jahr darauf übernahm Lukas den von
Meinhof angebotenen Lehrauftrag am Seminar für afrikanische Sprachen in Hamburg.
Während Lukas nach dem Zweiten Weltkrieg zum Direktor in Hamburg [1954-1970]
avancierte, musste Zyhlharz aufgrund seiner NS-Gesinnung 1945 die Universität verlassen.
Diese vermehrte Hinwendung zum Hamitischen blieb jedoch nicht unherausgefordert.
Von
semitisch-ägyptologischer
Seite
stellte
Carl
Brockelmann
den
hamitischen
Sprachstamm in Afrika, mangels genealogischer Einheit in Frage. „Ich freue mich, zu
sehen”, wie Brockelmann auf der Suche nach solidarischen Mitstreitern vergnügt verstellt,
„dass meine Auffassung den von Drexel (“Anthropos”, XX, 444ff.) entwickelten Gedanken
nicht fernsteht. Mit Recht wendet sich auch Wölfel in der Bibl. Afr. III, 109ff. gegen die
Anwendung des Namens „Hamiten” für vermeintliche Rassen und Kulturgemeinschaften in
Afrika. Man wird daher vielleicht gut daran tun, diesen Terminus ganz zu meiden.”293
Gegen die Auffassung eines einheitlichen Hamitenbegriffs traten auch einige Vertreter
der europäischen Linguistik und Vorgeschichte auf. Aufgrund der Tatsache, dass sich nicht
alle europäische Sprachen – wie das Baskische und Etruskische beispielsweise – vom
Indoeuropäischen ableiten ließen, verstärkte die Suche nach vorindogermanischen
Traditionen sowohl in Europa als auch in Afrika. Hans Conon von der Gabelentz [18401883] gilt wohl als der erste, der die Gelehrtenwelt auf die Verwandtschaft zwischen den
Sprachen der Berber und dem Baskischen aufmerksam machte. 1913 legte dann der seit
1876 in Graz tätige Romanist Hugo Schuchardt [1842-1927], der mit Leo Reinisch in
292
Werner Vycichl, Was sind Hamitensprachen? Africa 8, 1935: 80.
293
Carl Brockelmann, Gibt es einen hamitischen Sprachstamm? Anthropos 27, 1932: 818.
119
Kontakt stand, seine 154 „baskisch-hamitischen” Wortvergleichungen der Öffentlichkeit vor,
um mit Reinisch auf die alte gemeinsame Sprachverbindung zwischen Europa und Afrika
aufmerksam zu machen.294 Ein Standpunkt, der das Ägyptische als Ausgang alles
Hamitischen ansetzte, konnte eine solche Aussage nicht unkommentiert lassen. Schuchardts
Aufsatz wurde posthum Gegenstand einer polemischen Verunglimpfung durch Ernst
Zyhlarz, der diesen sprachlichen Zusammenhang aufs vehementeste in Abrede stellte.295
Die Ideen von Reinisch sprachlicherseits und Sergi anthropologischerseits wurden nun
auch von den Vertretern der europäischen Prähistorie aufgegriffen. „Alle sprachlichen Reste,
die aus der alten Mittelmeerkultur vorhanden sind”, so Carl Schuchardt, Autor von
„Alteuropa” (1918), „der Iberer, Ligurer, Etrusker, Kreter, Pelasger, Lemnier sind für uns
heute noch Bücher mit sieben Siegel. Sie haben offenbar mit den indogermanischen
Sprachen, zu denen das griechische wie das Germanische gehört, nichts oder sehr wenig zu
tun, sind also vorindogermanisch.“296 Carl Schuchardt [1859-1943], war lange Zeit [19081925] Leiter der prähistorischen Abteilung des Berliner Museums für Völkerkunde. Wie von
Luschan lehnte auch er das von Gustaf Kossinnas betrachtete kultische Phänomen rund um
die nordgermanischen Arier ab. Im Gegensatz zu von Luschan, der für die Erklärung des
Vorindogermanischen die Hamitik hervorhob, sah Schuchardt in den Megalithen
Westeuropas das Zentrum der kulturellen Träger der „Vorindogermanen”: „Die Obelisken
müssen nach Form und Bedeutung der Nachfolger der westeuropäischen Menhirs sein”297,
lautete nun das ehemals sprachliche Argument auf die prähistorische Kulturgeschichte
übertragen. „Der breite afrikanische Nordrand erscheint geradezu als die Basis der ältesten
Kultur des Mittelmeeres.“298
Diese megalithische „Westkultur”, wie sie Carl Schuchardt auch nannte, griff nun der
Wiener Dominik Josef Wölfel [1888-1963] auf und versuchte anhand der Methode der
historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft auch für Afrika vorindogermanische Belege
aufzuspüren. Dabei fiel Wölfel auf, dass die Vertreter der Hamitik sich häufig von
nichtsprachlichen Kriterien verführen ließen. „,Hamitisch’”, so lautete Wölfels grundlegende
Kritik zu diesem Begriff, „heißt man in Afrika einfach jeden Einzelmenschen, jede
294
Hugo Schuchardt, Baskisch-hamitische Wortvergleichungen. Revue internationale des études
basques 7, 1918.
295
Ernst Zyhlarz, Zur angeblichen Verwandtschaft des Baskischen mit afrikanischen Sprachen…
Prähistorische Zeitschrift 23, 1932: 69-77.
296
Carl Schuchhardt, Alteuropa…, 41941 [1918]: 276.
297
Carl Schuchhardt, Alteuropa…, 41941 [1918]: 101.
298
Carl Schuchhardt, Alteuropa…, 41941 [1918]: 109.
120
Bevölkerungsgruppe und jedes Volk, sobald man irgendwie irgendwelche europäide
Merkmale bei ihnen findet oder zu finden glaubt.”299 Wölfel trat der Auffassung entschieden
entgegen, das Hamitische mit dem Indogermanischen in Verbindung zu bringen. „Auf den
bisherigen Sprachkarten wurde das Berberische mit einer Reihe von Sprachen des Osthorns
und oft noch vielen anderen als „Hamitisch“ zusammengefasst. Das war schon an sich
falsch, weil damit eine Einheitlichkeit vorgetäuscht wurde, von der keine Rede sein konnte,
auch nicht vom Standpunkt der energischen Vertreter einer unbedingten „hamitischen“
Einheit, denn diese hätten dann dafür eintreten müssen, dass man die eine Karte Europas
einheitlich als „Indogermanisch“ anstreicht.“300 Infolge seiner sprachhistorischen Studien auf
den Kanarischen Inseln kam Dominik Josef Wölfel zum Schluss, dass die dortigen
vorspanischen Bewohner durch ihre isolierte Lage bis an die Schwelle der Neuzeit von
antiker und orientalischer Kultur unberührt geblieben wären und sah in ihr den Rest einer
alten euroafrikanischen Welt. In den Ergebnissen seiner linguistischen Untersuchungen der
„Sprachdenkmäler“ der alten Kanaren sah Wölfel etwas vom Indogermanischen und
Semitischen Getrenntes. Die Sprache der Megalithiker gehöre also einem in der Halbinsel
Europa weitverbreitetem vorindogermanischen Substrat an, im Besonderen einer
Komponente des Baskischen. Um dieses Substrat vom Hamitischen zu scheiden, nannte
Wölfel diesen Sprachkreis „Atlantolibysch“301, den er in seinem Hauptwerk „Eurafrikanische
Wortschichten als Kulturschichten” (1955) herausarbeitete. Johannes Hubschmid stellte
1953 die Hypothese auf, dass in Nordafrika eine vorberberische, Europa und Afrika
verbindende Sprache existiert habe, die in Substraten romanischer Sprachen noch
nachweisbar sei. Hubschmid nannte diese zunächst nach dem vom italienischen
Anthropologen Giuseppe Sergi geprägten Ausdruck „euroafrikanisch”, später jedoch nach
den westlichen Provinzen des Römischen Reiches „mauretanisch”.302 Hans Günther
Mukarovsky [1922-1992], erster Ordinarius am 1978 neugeschaffenen Wiener Institut für
Afrikanistik, stellte anhand des Baskischen und Berberischen mit Einbeziehung des Ful den
„eurosaharischen Sprachstamm“ auf und setzte die seit Wölfel eingeleitete sprachhistorische
Forschungstradition fort, die sich um die Rekonstruktion eines „westmediterranen
299
Dominik Josef Wölfel, Einige afrikanische Axiome und ihre Grundlagen. Bibliotheca Africana III,
2-3 (1929), S. 109-116. Innsbruck, 1929.
300
Dominik Josef Wölfel, Nord- und Weißafrika. In: Hugo Adolf Bernatzik (Hrsg.), Illustrierte
Völkerkunde…, 1939 I: 198.
301
Der Begriff ist erstmals belegt in Dominik Josef Wölfel, Die Hauptprobleme Weißafrikas. Archiv
für Anthropologie und Völkerforschung und kolonialen Kulturwandel 55, 1942: 140.
302
Johannes Hubschmid, Sardische Studien…, 1953.
121
Sprachstammes” bemüht ist.303 In jüngster Zeit neigt der aus dem Schülerkreis Mukarovskys
stammende Gerhard Böhm dazu, das Berberische aus diesem Sprachenkreis wieder
auszusondern. Dabei hält er am prähistorischen Sprachensubstrat des „Atlantolibysch“ fest.
Seine Kritik zielt auf Wölfels Unterschätzung des Alters der Ausbreitung des Berberischen,
sowie die Leugnung einer Verwandtschaft des Berberischen mit den hamitosemitischen
Sprachen. Böhm sieht den Einfluss des Berberischen auf den Kanarischen Archipel lediglich
als eine in der Römerzeit erfolgten, der spanischen vorausgegangenen, „berberischen
Conquista“.304
Als Theorie war der Hamiten-Mythos nicht einfach eine durch die Mode aufgekommene
These, im Gegenteil: Sie war bis ins Detail systematisch durchdacht, durch zahlreiche
Einzelfälle plausibel gestützt und untermauert durch die Belege der einzelnen
Fachdisziplinen, der historischen Linguistik, der physischen Anthropologie und der
kulturhistorischen Völkerkunde. Die Schwachstelle der Hamitentheorie war nicht, dass
Rasse,
Sprache
und
Kultur
miteinander
vermengt
wurden,
etwas,
das
wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten heute gerne hervorheben, sondern die gegenseitige
methodische Abhängigkeit der einzelnen Fachdisziplinen voneinander. Sprachhistoriker
griffen auf anthropologische Fakten zurück, um ihre linguistischen Ergebnisse zu erklären.
Umgekehrt war die Ähnlichkeit der anthropologischen Erscheinungsbilder der „hamitischen
Typen” nur über die sprachhistorischen Zusammenhänge stichhaltig. Bei der Wegnahme nur
einer „Säule” wäre das Theoriengebäude in sich zusammengefallen.
303
Hans Günther Mukarovsky, Die Grundlagen des Ful und das Mauretanische…, 1963; - Über den
Grundwortschatz des Euro-Saharischen. Mitteilungen zur Kulturkunde 1, 1966: 135-166; Mukarovsky
erhärtete seine Wortvergleichungen mit dem lexikostatistischen Verfahren.
304
Gerhard Böhm, Sprache und Geschichte im Kanarischen Archipel…, 1996 I: Kulturgeschichte.
122
2. Die Rolle der physischen Anthropologie
Es ist geradezu erstaunlich, dass erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts sich die Frage nach
dem physischen Erscheinungsbild der kaukasischen Hamiten stellt. Anthropologische
Beschreibungen liegen bis dahin noch nicht vor, gehen dann aber Hand in Hand mit der
Entwicklung des wissenschaftlich begründeten [Mess]-Rüstzeugs der Anthropologie. Initiiert
wurde die Anwendung quantitativer Methoden in der Biologie durch Adolphe Quétélet
[1796-1874], einem belgischen Statistiker, als er 1835 sein Hauptwerk305 der Öffentlichkeit
vorlegte. Eine exakte Rasseneinteilung schien dadurch bestimmbar. Der nächste Schritt in
diese Richtung kam von Anders Adolf Retzius [1796-1860], ein schwedischer Physiker und
vergleichender Anatomist, der 1842 den Kopfindex einführte. Seine auf früheren Arbeiten
beruhende Feststellung ergab, dass anhand der Einteilung der menschlichen Kopfform nach
Länge und Breite die exakte Bestimmung menschlicher Rassen möglich wäre. Der
Kopfindex drückte den Prozentsatz der Länge und Breite eines Schädels aus. Der längere
Durchmesser eines Schädels wurde dabei als 100 angenommen. Die im Verhältnis dazu
stehende Breite fiel selten unter den Wert 70 bzw. über 90. Indizes mit den Zahlenwerten
unter 75 wurden als dolichocephal [lang- oder schmalschädelig] beschrieben, Werte über 80
galten dagegen als brachycephal [kurzköpfig oder breitschädelig].306 Im Grunde genommen
ist gegen eine prinzipielle Quantifizierung von Menschenschädel nichts einzuwenden,
lediglich die davon abgeleitete Einteilung nach höher- und niedrigen Rassen ist abzulehnen,
da breit- und langköpfige Menschen in allen Gesellschaften vorzufinden sind. Dennoch
wurde der Kopfindex bei Anthropologen als objektiver Wertmaßstab zur Bestimmung von
höheren und niedrigen Rassen herangezogen. Gegen Ende des 19. Jahrunderts war diese
Methode allgemein anerkannt, weitere wie der Nasenindex wurden eingeführt.
Retzius hatte bereits 1860 den Versuch unternommen, die Europäer in dolichocephale
und brachycephale Gruppen einzuteilen und diese mit soziolinguistischen Einheiten zu
korrelieren. Für Retzius ergab sich die Gewissheit, dass der keltisch-germanische
Sprachstamm den langschädeligen Typus in Westeuropa repräsentiere, während die
Breitschädeligkeit bei slawisch-lettisch sprechenden Völkern in Osteuropa vorkomme.
Neben dieser offensichtlich politischen Bewertung, trug das Beifügen weiterer
Wertkorrelationen wie „schön”, „intelligent” für schmalschädelig, dagegen „hässlich”,
305
Adolphe Quétélet, Sur l’homme et le développement de ses facultés ou essai de physique
sociale…, 1835: I, II.
306
Es ist mir bekannt, dass die Anthropometrie weit differenzierter vorgegangen ist; siehe dazu das
klassische Handbuch von Rudolf Martin, Lehrbuch der Anthropologie…, 1914 [21928].
123
„dumm” für kurzschädelig das übrige dazu bei, die dolicephale Rasse als die überlegenere
der beiden erscheinen zu lassen. Das entscheidende Kriterium bildete aber die Datierung.
Der moderne Mensch [Homo Sapiens] wurde in der Folge auf der Grundlage des Fundes von
Cro-Magnon [1868], ein etwa 40.000 Jahre alter Schädel, allgemein als dolicephal
beschrieben. Rundköpfe konnten dagegen nur bis ins achte Jahrtausend zurückverfolgt
werden. Die Dolicephalität galt daher als der ältere und damit ursprünglichere Typus. Die
einsetzende „Brachycephalisation”, ein Fachausdruck, der den allmählichen Vorgang der
Verrundung des Langschädels beschreiben sollte, wurde mit Degenerierung assoziiert. Durch
die Gleichsetzung schmalschädelig mit höherwertig schien endlich der wissenschaftliche
Beweis erbracht, höhere von niederen Rassen scheiden zu können. Retzius Methode war
dafür verantwortlich, den Wandel herbeigeführt zu haben, Rassen nicht mehr nach der
menschlichen Hautfarbe, sondern dem Kopfindex nach zu bestimmen. Dieses Verfahren
schien für die Hamitentheoretiker geradezu geeignet, ihre Vorstellungen von grazil und edel
aussehenden Hamiten statistisch erhärten zu lassen.
Derjenige, der den Hamiten erstmals eine anthropologische Gestalt verlieh und den
Mythos damit auf naturwissenschaftlichen Boden stellte, war der in Wien lehrende
Orientalist Friedrich Müller [1834-1898]. Nach Abfassung seiner Dissertation über „arischsemitische Sprachkreise” habilitierte sich der gebürtige deutschsprachige Böhme bereits als
26jähriger
an
der
Wiener
Universität.
Müller
war
einer
der
aufstrebendsten
Sprachwissenschafter seiner Zeit, zielstrebig, ehrgeizig, bis zu vierzehn Stunden täglich soll
er an seinem Schreibtisch gearbeitet haben. Was ihn über seine zeitgenössischen
Fachkollegen Leo Reinisch und C. Richard Lepsius hervorhob, war wohl die verdiente
Bezeichnung Universalgelehrter. Verständlich, dass Müller auserwählt wurde, die
wissenschaftliche
Auswertung
der
zusammengetragenen
linguistischen
und
anthropologischen Materialen von der Mannschaft der österreichischen Novara-Fregatte
(1857-1859) zu übernehmen. Nach seiner Erstellung der Gliederung sämtlicher Sprachen auf
anthropologischer Grundlage zählte Müller zu den renommiertesten Linguisten im deutschen
Sprachraum.307
Wissenschaftsgeschichtlich gesehen war sein nachhaltigster Beitrag jedoch kein
linguistischer, sondern ein anthropologischer. Darum sei er hier auch als „Anthropologe”
behandelt. 1868 ersetzte Müller nämlich die von Blumenbach eingeführte kaukasische Rasse
307
Friedrich Müller, Reise der oesterreichischen Fregatte Novara um die Erde, in den Jahren 1857,
1858, 1859…, 1867: Linguistischer Theil; Friedrich Müller, Grundriss der Sprachwissenschaft…,
1876-1887.
124
durch die Bezeichnung „mittelländische Rasse”.308 Dahinter steckte weniger die Absicht,
eine inhaltliche Änderung der „weißen Rasse” vorzunehmen, Müller meinte den
geografischen Ort hervorheben zu müssen, wo die „hervorragendsten Völker ihre
Ausbildung und Blüte erlangt hätten”.309 Freilich war diese Namensänderung auf eine Kritik
der biblischen Völkertafel gerichtet. Beeinflusst von Schleicher und Haeckel zählte Friedrich
Müller zu den ersten Anhängern Darwins im deutschen Sprachraum. Zum gleichaltrigen
Haeckel verband Müller ein sehr freundschaftliches Verhältnis, das sich nicht nur in der
gegenseitigen Widmung ihrer wissenschaftlichen Werke widerspiegelte: In Haeckels
„Natürliche Schöpfungs-Geschichte” (1868) findet sich bereits Müllers Wortschöpfung der
„mittelländischen Rasse”310, bei der Einteilung der Menschenrassen nach Haaren verhielt es
sich wiederum umgekehrt. „Die Statur des Mittelländers ist unter allen Rassen die größte”,
wie Müller in seiner Auswertung des anthropologischen Sammlungsbestandes der Novara
notiert, „sie ist durch starke Muskelentwickelung ausgezeichnet, daher die Arbeitsleistung
des Mittelländers jene aller andern Rassen übertrifft. – Der Kopf ist oval, die
Gesichtsbildung länglich. Die Stirn ist breit und gewölbt, die Nase edel geformt und
hervorspringend. Die Augen sind bogenförmig und voll. Der Mund ist proportionirt, die
Lippen schön geschwungen und roth gefärbt.”311 „Es ist nun ein großer Irrthum zu glauben”,
führt Müller in seiner „Allgemeinen Ethnographie” (1873) aus, „der Adam der hebräischen
Sage bedeute den Menschen überhaupt, während er doch wie schon die Etymologie des
Wortes darthut, nur den fleischrothen Menschen, den Kaukasier oder Mittelländer
bezeichnet. […] Adam ist nicht Stammvater aller Mittelländer, sondern nur der 3
vornehmsten Culturvölker der Mittelländer: Indogermanen (Japhetiten), Semiten und
Hamiten.”312 Ähnlich wie de Gobineau und Beke maß Müller dem Bibeltext lediglich den
Wert einer Lokalsage zu und stellte ihre „allumfassende Wissenschaftlichkeit” in Abrede.
Alternativ wies er auf die von den amerikanischen Anthropologen Samuel George Morton
[1799-1851]313,
308
Josiah
Nott
und
George
Gliddon
eingeführten
typologischen
Friedrich Müller, Reise der oesterreichischen Fregatte Novara…, 1868: Anthropologischer Theil,
Dritte Abteilung: Ethnographie.
309
310
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873].
Ernst Haeckel, Wanderung und Verbreitung des Menschengeschlechts. Menschenarten und
Menschenrassen. In: Natürliche Schöpfungs-Geschichte…, 81889 [1868].
311
Friedrich Müller, Reise der oesterreichischen Fregatte Novara…, 1868: 188, anthropologischer
Theil.
312
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873]: 3.
313
George Morton gilt als der Begründer der American School of Ethnology; vgl. dazu Thomas Virgil
Peterson, Ham and Japhet. The mythic world of whites in the antebellum south…, 1978: 75.
125
Menschendarstellungen auf ägyptischen Stelen hin, anhand derer sich, anthropologisch
gesehen, bei weitem exaktere „Rassentafeln” erstellen ließen.314
Das Wesentliche seiner Kritik war, dass er die der Bibel zugrundeliegende sprachliche
Einheit in Zweifel zog, jedoch an ihrer rassischen festhält. Müller hat es ein immer wieder
„auftauchendes Gespenst” genannt – die behauptete Urverwandtschaft indogermanischer,
hamitischer und semitischer Sprachen –, und würde ohne „mit dem Religionsunterrichte
aufgesogenen biblischen Sage von Noah und seinen drei Söhnen Sem, Cham und Japhet gar
nicht aufgekommen sein.”315 Müller glaubte an die polygenetische Entwicklung der Sprache,
und stand damit im Gegensatz zu den Auffassungen seines Wiener Kollegen Leo Reinisch.
Seiner genealogischen Sprachengliederung zufolge führt er 78 verschiedene Sprachstämme
an, angesichts der zahlreichen bislang zusammengefassten isolierten Sprachen ließen sich
jedoch ungefähr 100 annehmen.316 Hamiten, Indogermanen, Semiten, Basken und Kaukasier
zählten nach Müller im rassischen Sinne zu den „Mittelländern”, eine Lehrmeinung, die
fortan von den führenden Darwinisten wie Ernst Haeckel und Oskar Peschel ungeteilte
Zustimmung erfuhr. Die menschliche Rasse war somit zu einer anthropologischen Größe
geworden, abgekoppelt von Volk und Sprache und konnte unabhängig von Ethnologie und
Sprachwissenschaft erforscht werden. Entwicklungsgeschichtlich gesehen ging sie jedoch
den anderen beiden voraus. Im „wildesten Naturzustande” existierten dieser neuen
Anschauung nach zwar Rassen, jedoch ohne Volk, Sprache und Sitte – ein „völlig
ermangelndes Wesen” wie Müller den Urzustand des Menschen beschreibt.
Indem Müller die Söhne Noahs einer Rasse subsumierte, setzte er jene postaufklärerische
Tradition fort, den Bibeltext rein naturwissenschaftlich auszulegen und dabei ihres religiösen
Kerns zu entledigen. Innerhalb dieser kritischen Auseinandersetzung traten die Hamiten
zusehends ins Rampenlicht. Beke war 1834 zu dem Schluss gekommen, in den Hamiten den
Übergang von der „Barbarei” zur „Zivilisation” zu sehen und schrieb ihnen demzufolge
erstmals die Staatengründerrolle zu. Im Gegensatz dazu erblickte de Gobineau dann 1853 in
den Hamiten den Beginn der zivilisatorischen „Degeneration”, die von einer ursprünglich
314
Josiah C. Nott; George R. Gliddon, Types of mankind, or Ethnological Researches…, 1854; es
wurde zwischen 1854 und 1871 zehnmal aufgelegt; vgl. dazu Lanth, Ueber die Menschenrassen auf
ägyptischen Denkmälern. Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte 4, 1870: 31; 1. Die Ludu oder Rudu (Altägypter), 2. Die Aamu (Semiten
in Palästina), 3. Die Nahasiu (schwarze Bevölkerung im innern Afrikas) und 4. schließlich die
Tahamu oder Tehennu (asiatische und nordafrikanische Indogermanen).
315
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873]: 6.
316
Friedrich Müller, Grundriss der Sprachwissenschaft…, 1876 I: 77.
126
angenommenen noachidischen reinen weißen Rasse ausgegangen war. Durch den Einfluss
Darwins erscheinen bei Müller nun die Noachiden als Endglied einer evolutiven Kette,
eingebettet in einen größeren rassischen Zusammenhang. Von einer Naturgeschichte des
Menschen ausgehend bilden die Hamiten bei Müller den Übergang von Natur zur Kultur,
jene Entwicklung, deren krönender Abschluss sich in den Indogermanen widerspiegele. „Der
Indogermane verherrlicht sich weder durch Aufthürmen gewaltiger Colosse, wie der
Hamite”, wie Müller nun den Vergleich innerhalb der drei noachiden Kulturvölker zieht,
„noch durch sinnlose Vernichtung der Menschenwerke zur Ehre des Einen Gottes, wie der
Semite, sondern durch Werke reiner Menschlichkeit, welche immer als das Höchste dastehen
werden, was der gebildete Mensch überhaupt zu leisten vermag.”317 Von diesem Ideal wären
die Hamiten jedoch noch weit entfernt; ihre Völker und Nationen kennzeichnen zwar das
Bestreben „große Reiche mit kolossalen Bauten” aufzubauen, genauso aber spiegele sich
darin ihre „Versunkenheit in der Materie” wider. Eigentlich wären die Hamiten reine
„Utilitarier, die jeglicher „Poesie ermangeln”. Bei ihnen wäre die Individualität, die Basis
jeder höheren Entwicklung, noch nicht zum Durchbruch gekommen.318
Von den insgesamt dreizehn Rassen der menschlichen Spezies, repräsentiere allein die
„mittelländische Rasse” diese „höchste Entwicklung der Menschheit”.319 Allein jene Rasse
wäre dazu fähig, „was wir Geschichte zu nennen gewohnt sind.” Hegels idealistische
Konzeption war von nun mit dem Begriff Rasse auf den Boden der Naturwissenschaft
verankert worden. Entstanden war Müllers neuer Standard zunächst aus der richtigen
Beobachtung, dass klimatische Einflüsse und die menschliche Hautfarbe nicht ursächlich
zusammenhingen. „Die schwärzesten Menschen finden sich nicht, wie man erwarten sollte,
unter dem Aequator, wie auch die weißesten Menschen nicht an den Polen angetroffen
werden.”320 Ähnlich wie Haeckel erhebt Müller körperliche Merkmale wie Haare,
Augenfarbe zu Kriterien rassischer Einteilungen. Dahingehend wären „die Farben Blond und
Roth Eigenthümlichkeiten der mittelländischen Race und finden sich häufig mit einer blauen
Iris vereinigt.”321 Daraus steckte Müller erstmals die geografischen Grenzen ab, in denen
sich hamitische Völker finden ließen. „Unter dem Ausdruck [Hamiten] verstehen wir jene
Volksgruppe, welche ursprünglich über die Länder zwischen dem Euphrat und Tigris und die
Küsten Palästinas sich verbreitete, von da nach Afrika überging und daselbst das Nilthal
317
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873].
318
Friedrich Müller, Reise der oesterreichischen Fregatte Novara…, 1867: 187, Linguistischer Theil.
319
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873]: 77.
320
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873]: 270.
321
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873].
127
samt den südlich davon gelegenen Küstenstrichen, sowie die Nordküste Afrikas mit
Einschluss der canarischen Inseln bevölkerte.”322 Dieser Entwurf richtete sich vor allem
gegen die Konzeption von Georg Gerland und Georg Waitz, die in ihrer ethnografischen
Weltkarte das in Rede stehende Gebiet den semitischen Völkern zugesprochen hatten [Abb.
23]. Das vom Marburger Psychologen Theodor Georg Waitz [1821-1864] begonnene und
von Georg Gerland weitergeführte sechsbändige Monumentalwerk „Anthropologie der
Naturvölker” (1859-1872) betonte im Gegensatz zu de Gobineau, die Einheit des
Menschengeschlechts in den Vordergrund zu rücken. Bemerkenswert ist auch, dass Waitz
beim Lesen de Gobineaus dessen so strapazierten Hamitenbegriff einfach ausklammerte. Das
Œuvre von Waitz war gänzlich noch ohne Hamiten ausgekommen und avancierte in Kürze
zum
ethnografischen
Standardwerk,
weit
über
den
deutschsprachigen
Lesekreis
323
hinausgehend, da es auch auf Englisch zur Verfügung stand.
Durch Müller war nun der Hamitenbegriff aus Afrika nicht mehr wegzudenken. Müller
erstellte nämlich eine Sprachenkarte Afrikas auf rassischer Grundlage und beeinflusste damit
die deutsche Afrikanistik bis zum Zweiten Weltkrieg nachhaltig. Der Inhalt seiner Lehre
bestand in der eigentlich paradoxen Behauptung, dass von den fünf Rassen Afrikas die
„mediterrane Rasse” nicht autochthon wäre, da sie aus Asien nach Afrika eingewandert sei
und sich heute über den ganzen nordafrikanischen Teil bis zum Äquator erstrecke. Die
restlichen vier wären von dieser nach dem Gesetz vom „hitzigen Kampf ums Dasein” in den
Süden abgedrängt worden. „Alle diese Wanderungen der vier autochthonen Racen Afrikas
sind aber nicht freiwillig, sondern unter dem Zwange äußerer Verhältnisse unternommen
worden. Und zwar war es die massenhafte Einwanderung der mittelländischen Race und
davon speciel des hamitischen Volksstammes, welche die Autochthonen Afrikas zwang, den
ihnen geistig und körperlich überlegenen fremden Einwanderern Platz zu machen und sich
nach dem Süden des Continents zurückzuziehen.”324 Das Entscheidende für die
Nachhaltigkeit seiner These war nun, dass Müller eine Datierung dieser Einwanderung vor322
Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie…, 21879 [1873]: 499.
323
Theodor Franz W. Waitz, Die Anthropologie der Naturvölker…, 1859-1872 I-VI; auch Maximilian
Perty, der 1859 ein Handbuch über die Ethnografie verfasste, kam ohne den Hamitenbegriff aus; vgl.
dazu Maximilian Perty, Grundzüge der Ethnographie…, 1859.
324
„Afrika beherbergt gegenwärtig fünf von einander verschiedene Racen, nämlich die hottentottische
im äußersten Süden und Südwesten, die Kaffern-Race, von der Hottentotten-Race aufwärts bis an und
über den Aequator, die Neger-Race im sogenannten Sudan, die Fulah-Race, eingeteilt zwischen der
Neger-Race und von Osten nach Westen in einer Linie sich hinziehend, und endlich die
mittelländische Race im Norden und Nordosten bis zum Aequator herab.” Friedrich Anton Heller von
Hellwald, Das alte Culturgebiet der Hamiten. Das Ausland 46, 1873: 308.
129
Abb. 23
Dieses „vordarwinistische“ ethnografische Standardwerk von 1872
kennt noch keine Hamiten.
Theodor Franz W. Waitz, Georg Gerland, Anthropologie der
Naturvölker…, 1859-1872 VI: Anhang.
130
nahm. Obwohl er dafür keine wissenschaftlichen Fakten heranzuziehen wusste, verlieh er
damit den Anschein von historischer Exaktheit. Nach Müller wäre die Sprache der Semiten
und der Hamiten um 12.000 v. Chr. im nördlichen Hochland des Iran entstanden, wo sie
völkisch und linguistisch eine Einheit bildeten. Aus einem nicht hervorgehendem Grund
erfolgte schließlich eine völkische Trennung und vor etwa 6.500 Jahre wanderten von da aus
zuerst die Hamiten, dann die Semiten in Richtung Süden; etwa 1000 Jahre währte dann die
Einwanderung nach Afrika, die um 5000 v. Chr. mit der Zuwanderung der alten Ägypter im
Niltal ihren Abschluss fand. Müllers demografischen Angaben zufolge lebten 1868 etwa 20
Millionen Hamiten auf dem Erdball.
Die Müller’sche These von einem vorsemitischen Kulturgebiet in Nordafrika wurde nun
von Friedrich Anton Heller von Hellwald [1842-1892] in die Öffentlichkeit getragen, ein aus
einer angesehenen österreichischen Offiziersfamilie stammender Publizist. Von Hellwald
hatte von 1872 bis 1881 die Schriftleitung des in Stuttgart herausgegebenen darwinistisch
orientierten Wochenblatts „Das Ausland” über. Neben Rezensionen verfasste er zahlreiche
populärwissenschaftliche Werke, in denen er von den Thesen Müllers ausgehend
kulturhistorische, anthropologische und ethnografische Themen abhandelte.325 Heller von
Hellwald zählte zu den radikalsten Verfechtern des Darwinismus. Da er sich der
monistischen Lehre Ernst Haeckels verschrieben hatte, musste er 1881 die Redaktion
zurücklegen. In seiner 1873 erstellten Müller-Rezension findet sich nun der Kulturmythos
der
Hamiten
erstmals
ausformuliert.
Darin
schreibt
von
Hellwald
sämtliche
kulturgeschichtliche Errungenschaften der Menschheit den Hamiten zu. „Diesen Hamiten
wäre auch die Erfindung der Schrift”, führt Heller von Hellwald über ein vermeintlich „altes
Culturgebiet der Hamiten” aus, „die Erbauung der Städte, das Religionssystem und die
Entwicklung der verschiedenen Wissenschaftszweige, insbesondere der Astronomie, mit
Einem Worte all jenes zuzuschreiben, was gemeiniglich als Attribute der semitischen Cultur
in jenen Gegenden angesehen zu werden pflegt.”326 Was sich in der Sprachwissenschaft in
den 1840er Jahren abgezeichnet hat, wurde nun auch in der Kulturgeschichte eingefordert:
das Herausschälen hamitischer Traditionen aus den semitischen Kulturleistungen. „Alle
wesentlichen Cultureinrichtungen der Semiten tragen den hamitischen Typus deutlich an
sich”, wie nun Müller und von Hellwald auf radikale Weise vorgeben.327 Damit wird bereits
mit dem Tylor’schen “Survival”, jenem bestimmenden Axiom der Kulturhistorie
325
Friedrich Heller von Hellwald, Culturgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung bis zur
Gegenwart…, 1875 [31883]; - Die Erde und ihre Völker. Ein geographisches Hausbuch…, 1877.
326
Friedrich Heller von Hellwald, Das alte Culturgebiet der Hamiten. Das Ausland 46, 1873: 698.
327
Friedrich Heller von Hellwald, Das alte Culturgebiet der Hamiten. Das Ausland 46, 1873: 699.
131
argumentiert: die semitische Kultur weise eine bisher von der Ethnologie übersehene
hamitische Unterlage auf; diese wäre daher nicht originär, sondern glänze lediglich in
„erborgtem Licht”.328 Als hamitisch wurden nun sämtliche staatliche Organisationen von
Babel, Niniveh und Ägypten bezeichnet; weitere „hamitische” Grundlagen bildeten die Form
einer despotisch organisierten Gesellschaft, der Aufbau kolossaler Denkmäler oder die
Mumifizierung. In diesem Zusammenhang ganz besonders interessant erscheint der Hinweis
der ausgeprägten Landwirtschaft basierend auf künstlicher Bewässerung: diese ließe sich bei
„allen hamitischen Völkern” finden. Ganz konträr den späteren Hamitenkonzepten schätzte
Müller und von Hellwald die Viehzucht als typischen Ausdruck semitischer Kultur ein. „Wir
sehen daher in den alten Culturstaaten […] Reichthum und Bildung als vorherrschenden
Besitz einer bestimmten Klasse, während der übrige Teil des Volkes zu beständiger Arbeit
und Verdummung verurtheilt ist. Mit dem Ansehen des Reichthums steigt auch das Ansehen
des Besitzers, die Verachtung des Besitzlosen. Eine Folge davon sind die Ueberhebung und
die despotische Gesinnung des einen, die Demuth und die klassische Unterwürfigkeit des
anderen. In solchen Staaten gibt es nur Herren und Sklaven, Gelehrte und Dummköpfe. […]
Daher steht der Ackerbauer höher als der Nomade.”329 Die einstigen hamitischen Sklaven
waren damit zu einem hamitischen Volk von „Herren” umfunktioniert. Paradoxerweise
setzte das wissenschaftliche Bestreben ein, diese Herrenvölker gerade auf demjenigen
Kontinent zu suchen, der durch 400 Jahre europäischer Sklaverei gezeichnet war. Wiederum
konnte die Bibel als Anleitung herangezogen werden: Waren nicht die „hamitischen”
Ägypter diejenigen, die die „semitischen” Israeliten versklavt hatten und somit als erstes
„Herrenvolk” der Kulturgeschichte dastehen? Rückblickend gesehen zeichnete sich hier die
Neubeantwortung der Frage nach der Entstehung der Hochkultur ab.
Müllers großer Gegenspieler in der Frage nach der Herkunft der Hamiten war der in Wien
tätige
Afrikanist
Leo
Reinisch
[1832-1919].
In
einer
Zeit
als
darwinistische
Sprachwissenschafter genealogische Gesetzesmäßigkeiten in den einzelnen Sprachkreisen zu
finden bestrebt waren, hielt Reinisch am monogenetischen Modell der ursprünglichen
Einheit der Sprachen fest. 1873, im selben Jahr als Müller seine „Allgmeine Ethnographie”
publizierte, legte Reinisch sein Werk „Der einheitliche Ursprung der Sprachen der Alten
Welt”330 der Öffentlichkeit vor. Ähnlich wie Schopenhauer und Darwin propagierte Reinisch
328
Friedrich Heller von Hellwald, Das alte Culturgebiet der Hamiten. Das Ausland 46, 1873: 699.
329
Friedrich Heller von Hellwald, Prof. Friedrich Müller’s ethnologische Forschungen. Das Ausland
46, 1873: 273-275.
330
Leo Reinisch, Der einheitliche Ursprung der Sprachen der Alten Welt. Nachgewiesen durch
Vergleichung der afrikanischen, erythräischen und indogermanischen Sprachen mit Zugrundelegung
132
den monogenetischen Ursprung der Menschheit in Afrika. „Die Menschenracen der alten
Welt (von Europa, Asien und Afrika) sind Species einer einzigen Art, sind Abkömmlinge
einer einzigen Familie, welche ihre ursprünglichen Stammsize an den äquatorialen Seen von
Afrika inne hatte von wo aus die Nachkommen dieser anfänglich dem Laufe der Flüsse
folgend sich nach den verschiedenen Richtungen des afrikanischen Festlandes und zulezt
nach Europa und Asien verbreitet haben.”331 Der von den Darwinisten vertretene Gedanke
einer hamitischen Einwanderung von Asien nach Afrika war Reinisch völlig fremd, vielmehr
glaubte er daran, dass es sich umgekehrt verhielt.332 Damit stellte er Müllers prähistorische
hamitische Migrationstheorie von Asien nach Afrika quasi auf den Kopf. Der Gedanke von
Ägyptens Verbundenheit mit dem „übrigen Afrika” gehört zum Erbe von Leo Reinisch.333
Ein daraus resultierender Wissenschaftsstreit, wie es sich etwa zwischen Virchow und
Haeckel um den Neandertalerfund zugetragen hatte, blieb jedoch aus. Müller und Reinisch
respektierten einander freundschaftlich. Dieser Umstand ist sicherlich darauf zurück zu
führen, dass beide dieselbe wissenschaftliche Sozialisation verband. Zunächst als
Studienkollegen
in
Wien,
dann
als
Amanuensis
an
der
Wiener
Hof-
und
Universitätsbibliothek, standen sie beruflich über mehr als ein Jahrzehnt hinweg in engem
Kontakt. Die Hof- und die Universitätsbibliothek, geistige Studierstätten für Sprachgelehrte,
versprachen
damals
noch
eine
steile
Universitätskarriere.
Noch
während
ihrer
Bibliothekarstätigkeit erwarben 1859 beide den Doktorgrad an der Universität Tübingen und
beide habilitierten sich kurze Zeit darauf an der Universität Wien.334 Dazu kommt noch, dass
die wissenschaftlichen Karrieren der beiden jungen Gelehrten von Erzherzog Ferdinand
Max, dem jüngeren Bruder des Kaisers Franz Joseph I. entscheidend gefördert wurden.
Ferdinand Max hatte einerseits die österreichische Weltumsegelung „Novara” (1857-59)
gefördert und andererseits die ägyptische Sammlung auf Schloss Miramar anlegen lassen.
Für Reinisch wurde 1873 ein eigener Lehrstuhl für „Ägyptologie und Altertumskunde“
eingerichtet, weshalb ihm auch der Beiname eines „Vaters der Ägyptologie und Afrikanistik
in Österreich“ zukommt.335
des Teda…, 1873; vgl. dazu Kárel Petráček, Leo Reinisch: Der einheitliche Ursprung der Sprachen
Alten Welt und die afrikanische Urheimat…, 1987: 309-332.
331
Leo Reinisch, Der einheitliche Ursprung…, 1873: IX.
332
Erich Sommerauer, Der Nachlass Reinisch in der österreichischen Nationalbibliothek…, 1988.
333
Gertraud Thausing, Leo Reinischs Erbe in Wien…, 1987: 289-294.
334
Reinisch war Student von 1854-58; Amanuensis 1857-1865; 1859 Diss.; 1861 Hab.; Müller war
Student von 1853-57; Amanuensis 1858-; 1859 Diss., 1860 Hab.
335
Ferdinand Anders, Leo Reinisch: Sein Lebensweg…, 1987: 9-36.
133
Im Gegenzug zu Müllers Rassenbegriff des „Mittelländers“, der die weiße Rasse ins
Rampenlicht zog, prägte Reinisch den sprachlichen Terminus „erythräisch”, indem er die
hamitischen und die semitischen Sprachen zu einer Einheit zusammenschloss. Es war genau
diejenige Auffassung, wogegen Müller so vehement ankämpfte.336 1890 ließ Reinisch diesen
Fachterminus zwar wieder fallen und verwendete stattdessen „chamito-semitisch”. Der
Begriff mit seiner afrozentrischen Sichtweise sollte jedoch in den Schriften Leo Frobenius
wiederbelebt werden. Reinisch erblickte die eigentliche Heimat der sogenannten „semitohamitischen Völkerfamilie” zu beiden Seiten des Erythräischen [Roten] Meeres. Simon Leo
Reinisch
stammte
aus
bescheidenen
Verhältnissen
einer
Bauernfamilie
in
der
Weststeiermark – im Gegensatz zu Müller, der von einer begüterten Beamtenfamilie
stammte – und vertrat während des gerade im Entstehen begriffenen Pangermanismus
unkonventionelle Thesen. „Wenn nun aber die Indogermanen und die chamito-semitischen
Völker einem Urvolk entstammen und die letzteren Nachweise ihre erste Heimat im
äquatorialen Afrika gehabt haben”, spinnt Reinisch seine Afrika-Hypothese in konsequenter
Weise weiter, „so müßten dann auch die Indogermanen von dorther gekommen sein. Ire
Auswanderung aus Afrika dürfte über das mittelländische Meer nach Europa erfolgt sein,
wie derjenige Zweig der Kuschiten, welcher in Arabien zum Stammvolk der Semiten
erwuchs, und dahin über das Rote Meer ausgewandert ist.”337 Für Reinisch waren auch die
Aegypter „in vorhistorischer Zeit aus dem Innern des afrikanischen Festlandes kommend
und dem Laufe des Nil folgend in ihre späteren Wonsize herabgestigen, in denen wir sie in
den geschichtlichen Zeiten sesshaft finden.”338 Den Rassebegriff erklärte Reinisch für
wissenschaftlich nicht haltbar und lehnte ihn geradezu ab: „Ich bin aber schon lange vom
Glauben abgekommen, dass Racenunterschiede eine ursprünglich gemeinsame Herkunft von
Völkern ausschließen sollten. Jedermann kann zwar auf den ersten Blick z. B. einen Neger
von einem Europäer unterscheiden, wird aber gar in vielen Fällen den Unterschied nicht
anzugeben vermögen, wenn er nur die Skelette solcher Typen vor sich hat.”339 Bei diesen
unkonventionellen Überlegungen zu Afrika scheint der aufklärerische Geist des 18.
Jahrhunderts durch, wie ihn das Freimaurerwesen geprägt hatte. Mit Reinisch nimmt diese
Tradition ihr Ende, der Darwinismus sollte sich durchsetzen.
Das von Müller in Wien konzipierte Migrationsmodell der Hamiten wurde nun von
deutschen darwinistischen Sprachwissenschaftern aufgegriffen und auf den afrikanischen
336
Bernd Heine, Reinisch und das Erythräische – Sprachgeschichte und Evolution…, 1987: 241-250.
337
Leo Reinisch, Die sprachliche Stellung des Nuba…, 1911: 173.
338
Leo Reinisch, Der einheitliche Ursprung…, 1873: IX.
339
Leo Reinisch, Die sprachliche Stellung des Nuba…, 1911: 171.
134
Kontinent adaptiert. Zunächst war es Adolf Walter Schleicher [1854-1894]340, ein aus
Antwerpen stammender Technikingenieur, der sich nach einer Reise nach Kairo kurzfristig
entschloss, sich intensiv mit der Entstehung der afrikanischen Sprachen auseinander zu
setzen. Dafür ging er an das neu errichtete Seminar für orientalische Sprachen in Berlin, wo
der Inspektor der evangelischen Missionen in Ostafrika Carl Gotthilf Büttner [1848-1893]
den Swahili-Unterricht leitete. Sein 1889 begonnenes reguläres Studium führte ihn jedoch
auch nach Wien zu Reinisch und Müller. Im Schnellverfahren eignete er sich das
sprachwissenschaftliche Rüstzeug an, mit dem er das afrikanische Migrationsmodell
linguistisch belegen wollte. In „Afrikanische Petrefakten” (1891), seinem Hauptwerk,
erscheint die asiatische Einwanderungstheorie von Müller zu einem prähistorischen Modell
ausgebaut. „Wie der Geologe manchmal durch den Fund eines Petrefakts sich zu orientiren
vermag”, fordert Schleicher für sein Sprach-Schichtmodell, „so kann der Sprachforscher
durch die Entdeckung einer einzigen grammatischen Eigenthümlichkeit die Richtung des
Weges, den er zu gehen hat, erkennen.”341 Anhand dieser grammatikalischen
Sprachschichten leitet Schleicher vier prähistorische Einwanderungswellen ab, die von
Mesopotamien nach Afrika gelangt seien. Von Interesse ist, dass er dabei der Müllerschen
Konzeption nicht genau folgt. Bei Schleicher erscheint die hamitische Einwanderung
nämlich als die spätest erfolgte. Nach Schleichers Auffassung waren in der sogenannten
Primärzeit erstmals „kräftig, höher organisierte Völker” von Asien nach Afrika gelangt,
denen „Negervölker” in der Sekundärzeit folgen. Entsprechend setzten „Bantuvölker” in der
Tertiärzeit diese Entwicklung fort, worauf in der Quartiärzeit schließlich die „Hamiten” nach
Afrika gelangt wären.342 Zu fragen bleibt bei diesem Einwanderungsmodell, wer die
Autochthonen Afrikas waren. „Stellen wir die Hypothese auf”, wie es diesbezüglich
überraschend bei Schleicher heißt, „dass Afrika, der ungegliedertste aller Kontinente, nur
durch die Landenge von Suez mit Asien verbunden, früher einmal ganz ohne Bevölkerung
war, und dass der urgeschichtliche Völkerhumus, welcher zuerst nach Afrika gelangte, auch
von der mesopotamischen Ebene ausging, so war derselbe von Anfang an auf den sich
trichterförmig verengenden Weg zwischen der nordarabischen Wüste und dem
340
Nicht zu verwechseln mit dem „Stammbaum-Sprachforscher” August Schleicher.
341
Adolf Walter Schleicher, Afrikanische Petrefakten…, 1891.
342
Adolf Walter Schleicher, Afrikanische Petrefakten…, 1891: 3; davon besonders das Kapitel „Die
Einwanderung und die Schichtung der afrikanischen Völker” und die dazu beigelegte Karte. Der
Ausdruck Petrefakt ist der Geologie und Biologie entlehnt und bezeichnet dort versteinerte Pflanzen
und Tiere.
135
mittelländischen Meer angewiesen.”343 Die von den Anthropogeografen wie Peschel und
Ratzel vertretene Vorstellung, Afrika sei „einst” unbewohnt gewesen, bildete wohl eines der
Hauptaxiome der evolutiven Einwanderungstheorien Afrikas. Wie willkürlich, wie
zwanghaft geradezu während der Aufbruchszeit der Kolonisation Afrikas solche
Einwanderungshypothesen ausformuliert wurden, zeigt Franz Praetorius, ein aus Breslau
stammender Äthiopist. Er hat das Modell Schleichers geradezu wieder auf den Kopf gestellt:
„Wieviel früher als die ältesten Hamiten mögen die Bantuvölker, wie viel früher doch als
diese die Völker der Sekundärzeit eingewandert sein?”344 Praetorius, der Afrika selbst nie
bereist hatte, legte den Hamitensprachen keinen historischen Wert bei, da sie nicht in
schriftlicher, sondern lediglich in oraler Form vorlägen. „Wenn auch einzelne Worte und
Formen gewiss erst später Eingang gefunden haben mögen,” stellt Praetorius über die
hamitischen Sprachen nüchtern fest, „so hat sich die äthiop. Schriftsprache doch im Grossen
und Ganzen bekanntermaßen bereits vor 1500 Jahren fixirt; die in Betracht kommenden
hamitischen Sprachen kennen wir dagegen erst seit diesem Jahrhundert, und im allgemeinen
sind wir geneigt, solchen literaturlosen Sprachen wie die letzteren eine ganz besonders
rasche Veränderlichkeit anzuschreiben.”345 Zwei junge Ethnografen werden jedoch das
Einwanderungsmodell von Schleicher eifrig studieren, aufgreifen und diesem ihre
ethnografischen Beobachtungen im ostafrikanischem Raum unterordnen. Es sind dies Franz
Stuhlmann und Oskar Baumann. Das ist wissenschaftsgeschichtlich wohl der wichtigste
Aspekt.
Eine wichtige Komponente für die Genese des anthropologischen Hamitenbegriffs bildete
die deutsche Vorgeschichtsforschung, die sich ab Anfang der 1890er Jahre sukzessive vom
pangermanischen Gedankengut vereinnahmen ließ. „Germanisch” – war dieser Auffassung
gemäß nichts Sprachliches mehr, sondern ein Ausdruck einer neuen Geisteshaltung, die nun
mit einem eigenständigen Rassenbegriff zu erhärten versucht wurde, frei von jüdischen oder
römischen Einflüssen. Von dieser deutschnationalen Gesinnung ließen sich nun deutsche
Prähistoriker verleiten, bestimmte prähistorische Elemente als „germanisch” zu deuten.
Gustaf Kossinna [1858-1931] ist da zu nennen, einer der einflussreichsten Vertreter dieser
Richtung. 1895 hielt er in Kassel vor der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft einen
Vortrag über „Die vorgeschichtliche Verbreitung der Germanen in Deutschland”, wo er
seine Hypothese als Faktum preisgab, dass anhand von Stilformen der Keramik und der
Urnenfelderkultur ein bestimmtes „germanisches Volk” zur Deckung gebracht werden
343
Adolf Walter Schleicher, Afrikanische Petrefakten…, 1891: 1.
344
Franz Praetorius, Hamitische Bestandteile im Äthiopischen. ZDMG 43, 1889: 318.
345
Franz Praetorius, Hamitische Bestandteile im Äthiopischen. ZDMG 43, 1889: 318.
136
könnte. Das von ihm 1911 herausgegebene Hauptwerk „Die deutsche Vorgeschichte, eine
hervorragend nationale Wissenschaft” wurde ein wissenschaftlicher Bestseller mit insgesamt
acht Neuauflagen [11912-81941].346 „Freilich ein großer Teil jener Vorrechte, die in dem
Schlagworte “ex oriente lux” zusammengefaßt wurden”, diesen Gedanken stellt Kossinna an
den Anfang seiner Überlegungen, „entpuppte sich nur zu bald als begründet in bloßen
Vorurteilen europäischer Geschichtsauffassung, die da einst gipfelten im Glauben, dass das
Hebräische des Alten Testaments oder das Sanskrit der Veden die Ursprache der Menschheit
gewesen sei. […] Ich erwähne endlich nur noch zwei Erscheinungen, die früher als
Geschenke des Orients an Europa betrachtet wurden, nunmehr aber als Ureigentum Europas
sich erwiesen haben. Die eine ist der Erwerb des edelsten Haustieres, des Pferdes, als Reitund Zugtier des Menschen, von dem jetzt feststeht, dass vielmehr umgekehrt die
Indogermanen, genauer die Arier, bei ihrer Umsiedlung von Europa nach Vorderasien es der
semitischen Welt gebracht haben.”347 Kossinnas „Germanomanie” lieferte den Stoff für jene,
die nun ihre wissenschaftliche Suche nach dem Ursprungsland der „Arier” von Asien
(Ostthese) nach Nordeuropa (Nordthese) verlagerten [Abb. 24].348
Indirekt traten dadurch auch die Hamiten in das Rampenlicht wissenschaftlicher
Betrachtung. Die Tatsache nämlich, dass sich nicht alle Europäer dem propagierten
dolicephalen nordischen Typus, bestenfalls noch blond und blauäugig, unterordnen ließen,
brachte einige Anthropologen dazu, an der Methode der Anthropometrie Zweifel zu hegen.
Neben dem Pathologen Rudolf Virchow [1821-1902] war davon einer der ersten Giuseppe
Sergi [1841-1936], seit 1880 erster italienischer Lehrstuhlinhaber für Anthropologie in
Bologna, seit 1884 auch in Rom tätig. Sergi war entschiedener Gegner der herkömmlichen
Methode der Schädelmessung. Am internationalen Anthropologen-Kongress in Moskau
1893 präsentierte er die Klassifikation der Menschenrassen nicht auf Basis des Kopfindexes,
sondern strich die morphologische Betrachtung der Schädel zur Bestimmung von
Menschenrassen hervor. Ausgehend von der Tatsache, dass bei der Suche nach einem Ideal346
Davon vier allein in der NS-Zeit [51933-81941]; siehe dazu auch das in 14 Bänden vorgesehene
Monumentalwerk „Das deutsche Volk”; drei Bände davon umfasste die „Vorgeschichte der deutschen
Stämme”, die Kossinna gewidmet waren; Hans Reinerth (Hrsg.), Germanische Tat und Kultur auf
deutschem Boden. Reichsamt der Vorgeschichte der N.S.D.A.P. (Bibliographisches Institut) Leipzig,
1940: I-III.
347
Gustav Kossinna, Die deutsche Vorgeschichte…, 1912: 6-7; die klassische Widerlegung dazu
stammt von Gordon Vere Childe, The Aryans. A Study of Indo-European Origins…, 1926.
348
F. W. Putzgers Historischer Weltatlas…,
58
1940: 1; Wolfgang Schulz, Altgermanische Kultur in
4
Wort und Bild…, 1937; vgl. auch Bettina Arnold, The past propaganda: totalitarian archaeology in
Nazi Germany. Archaeology 64, 1990: 464-478.
137
Abb. 24
Das deutsch-nordische Weltbild
Es ist dem Weltbild „ex oriente lux“ entgegengesetzt.
F. W. Putzgers Historischer Weltatlas…, 581940: 1.
138
Typus mit einer Streuung zu rechnen ist, führte er dahingehend in Anlehnung Blumenbachs
den Begriff „Varietät” ein.349 Damit gilt Sergi als Erneuerer in der naturwissenschaftlichen
Bestimmung „vorgeschichtlicher Rassen” und ihrer Beziehungen zueinander. 1897 gab Sergi
in Turin sein Hauptwerk “Africa” heraus, mit dem bezeichnenden Untertitel “Antropologia
della stirpe camitica (specie euroafricana)”. Es wurde noch im selben Jahr ins Deutsche,
1901 auch ins Englische übersetzt350, hatte also einen großen Einfluss auf die
anthropologische Gelehrtenwelt. Wegen der unorthodoxen Aussagen war es jedoch
umstritten. Sergi behauptete nämlich, dass den nach Europa eingewanderten Ariern eine aus
Afrika stammende hamitische Rasse vorausgegangen war. Über den Zweck seiner Arbeit
sprach Sergi sich dahingehend aus, „dass ein uralter, aus Afrika stammender
Menschenschlag alle Länder, die das Mittelmeerbecken umschließen, in Besitz genommen
hatte und sich dann nördlich vom Becken über Europa verbreitete. Ich behaupte, dass diese
Ausbreitung durch das Vordringen eines neuen Stammes aufgehalten wurde, welcher aller
Wahrscheinlichkeit nach aus dem asiatischen Orient auswanderte und den urmittelländischen
Stamm nach den äußersten Gegenden des europäischen Kontinents zurückdrängte, während
er sich in manchen zentralen Ländern neben ihn niederließ und sich mit ihm vermischte.
Dieser neue Stamm ist es, den man unter dem Namen Arier versteht.“351 Sergi war also der
Auffassung, dass die europäische Bevölkerung aus einer Mischung von afrikanischen
Hamiten und asiatischen Ariern entstanden wäre. Damit durchbrach Sergi das von Friedrich
Müller und anderen Darwinisten aufgestellte linguistische Tabu, den hamitischen und den
indogermanischen Sprachenkreis rassisch zu verknüpfen. Für Sergi war der von den
Pangermanisten vorgestellte „blonde und blauäugige” Arier ein asiatischer Barbar, der für
den Niedergang der großen mediterranen Zivilisationen verantwortlich war. „Wenn auch
Besitzer von Bronze, waren die Arier doch wild und roh”, und Sergi meinte damit eigentlich
jene, die das anthropologische Fach politisch zu missbrauchen versuchten. „Germanismus
nenne ich die Theorie, welche zu beweisen sucht, dass die alten Arier Germanen waren”,
heißt es in Sergis Kampfansage gegen die Ariertümelei, „somit ist die Hypothese, dass das
blonde Volk das ursprüngliche, echtarische sei, für sie mehr als eine Hypothese, eine These;
349
Giuseppe Sergi, The varieties of human species…, 1894: 7-61; a prefatory note by D. G. Brinton.
350
In der deutschen Ausgabe „Ursprung und Verbreitung des mittelländischen Stammes” fehlen viele
Bilddarstellungen, die Karte ist jedoch besser ausgearbeitet; 1901 als „The Mediterranean Race“ ins
Englische übertragen.
351
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: Vorrede zur
deutschen Ausgabe.
139
und die Beweisführungen, welche die These bestätigen sollen, gehen immer von der
Voraussetzung aus, dass die Arier blond wären.”352
Sergi erblickte in seiner “stirpe camitica” den ältesten Typus des „mittelländischen
Stammes” und ersetzte diesen durch den Begriff „eurafrikanische Rasse“. Damit stammten
die Hamiten nicht mehr, wie Müller meinte, aus Asien, sondern aus Afrika [Abb. 25]. Das
Markante seiner „euroafrikanischen Rasse” sei ihre braune Hautfarbe, wie Sergi nun
hervorhob, die sich trotz ihrer vielen Schattierungen [Varietäten] als eine einheitliche und
damit selbständige Rasse zeige. Das war ein Novum. Bis Sergi gingen die Anthropologen
davon aus, dass das „braun” durch Mischung zweier originären Rassen, der „weißen”
einerseits und der „schwarzen” andererseits hervorgegangen wäre. „Gewöhnlich meint man,
der braune Typus sei durch Mischung entstanden und reihe sich den Varietäten der
sogenannten weißen Rasse an”, wie Sergi nun seinen Gegenentwurf einleitet, „und die
Anthropologen machen die mittelländischen Völker zu einem Zweige dieser Rasse. Das
scheint mir nicht richtig zu sein, weil aus der Art, wie sich die braune Varietät zu findenden
äusseren physischen Kennzeichen verhalten, hervorgeht, dass sie ursprünglich sind, da sie
innerhalb der Grenzen und in der Gesamtheit der Völker, welche dazu gehören, konstant
sind.”353 Das Bemerkenswerte bei Sergi ist nun, dass sich seine Behauptung an Bildvorlagen
der einschlägigen Reiseliteratur [Oskar Baumann, Franz Stuhlmann, Robert Hartmann]354
orientiert, deren hamitische Einwanderungsthese vom Norden her jedoch widerlegt. Indem er
die Wahuma, die Massai usw. als gegebene „braune Hamiten” akzeptiert, kann er nämlich
den Gedanken ihrer vermeintlichen Einwanderung aus Asien einfach ausklammern. Im
Übrigen hatte er dafür den augenscheinlichsten Hinweis: in Asien war ein solcher Typus
rezent nicht zu finden und das Argument einer historischen Fiktion schlagkräftig. „Aegypter,
Hethäer, Pelasger, Ligurer, Iberer, Libyer; Dardanier, Syrier, Phrygier; Sabiner, Sokuler;
Römer, Latiner; Sarder; Phöniker und Numider – alle zusammen bilden einen Stamm
afrikanischen Ursprungs, einen großen schönen Menschenschlag, der sich im Mittelmeer
ansiedelte.”355 Das Gegenkonzept zum Ariertum tritt damit offen zu Tage, das Sergi hier
aufstellte. Er rechnete dazu auch die als dolicephal geltenden Skandinavier und Teutonen –
eine
Provokation,
jedenfalls
ein
offensichtlicher
Widerspruch
für
die
meisten
pangermanistisch geprägten rassischen Arierforscher.356 „Die deutschen Anthropologen
352
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: 9-10.
353
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: 102.
354
Der Bildteil ist nur in der italienischen Originalausgabe zu finden.
355
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: 101.
356
Louis Leo Snyder, The Idea of Racialism…, 1962: 44.
140
Abb. 25
Als Gegenreaktion zum politischen Pangermanismus entstand die Sichtweise, dass afrikanische Hamiten
Europa vor der Ausbreitung der Indogermanen besiedelt hatten. Der italienische Anthropologe Giuseppe
Sergi erblickte in den Wahuma den Ursprung einer eigenständigen „euroafrikanischen“ Hamitenrasse.
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: Anhang.
141
Abb. 26
The Diffusion of Afroasiatic
Sergis afrozentrische Sichtweise findet sich in Martin Bernals umstrittenem Werk „modern”
aufbereitet.
Martin Bernal, Black Athena. The Afroasiatic Roots of Classical Civilization…, 1987/1991 I-II: 531.
142
werden erstaunt sein und ungläubig den Kopf schütteln”, prognostizierte Sergi im Vorwort
seiner 1897 herausgegeben deutschen Ausgabe, wenn sie hören, „dass der Schädeltypus der
Reihengräber nicht arisch ist.”357
Sergis
These,
„braune”
Hamiten
aus
Ostafrika
hätten
wesentlich
an
der
Rassenzusammensetzung Europas beigetragen, stieß jedoch nicht nur auf Ablehnung. Sie
trug zu einem wesentlichen Überdenken der Arierfrage bei.358 Zu nennen wäre hier der
amerikanische Anthropologe D. G. Brinton, der sich nun die arischen Stämme aus einer
Mischung von Blonden und Brünetten erklärte, mit der Majorität der letzteren.359 Es waren
vor allem die Anthropologen Europas, die nun mit Sergi ein geeignetes Werkzeug gefunden
haben, dem anthropologischen „Germanismus” wie ihn Chamberlain360, Kossinna,
Günther361 und Woltmann362 vertraten, etwas entgegenzuhalten. Im angelsächsischen
Sprachraum wird der Anatom Grafton Elliot Smith, das sei hier schon vorweggenommen,
den hamitischen Panägyptozentrismus propagieren, und im deutschen Sprachraum ist es der
österreichische Anthropologe Felix von Luschan, der zusammen mit dem Afrikanisten Carl
Meinhof die Hamiten populär machen wird. Martin Bernals vieldiskutiertes Werk “BlackAthena” (1987/1991) liest sich vor diesen Hintergrund gestellt wie ein modern aufbereiteter
Sergi. Bezeichnenderweise fehlt das Œuvre von Sergi in Bernals Bibliografie [Abb. 26].363
Felix von Luschan, legte 1922 in allgemein-verständlicher Form seine anthropologischen
Ansichten in seinem Werk „Völker, Rassen, Sprachen”364 nieder, in dem er auch das
357
358
Giuseppe Sergi, Ursprung und Verbreitung des Mittelländischen Stammes…, 1897: VI.
Der belgische Anthropologe Paul Buyssen siedelte den Ursprung der drei als dolicephal
klassifizierten Rassen – mediterran, nordisch, negrid – auf dem afrikanischen Kontinent an und wären
aus den Pygmäen hervorgegangen; die Einwanderung nach Europa erfolgte noch in prähistorischer
Zeit; siehe dazu Louis Snyder, The Idea of Racialism…, 1962: 45-46.
359
D. G. Brinton, Races and Peoples…, 1890.
360
Houston Stewart Chamberlain, Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts…, 1899 [411941]: I-
II.
361
Hans Friedrich Karl Günther, Rassenkunde Europas. Mit besonderer Berücksichtigung der
Rassengeschichte der Hauptvölker indogermanischer Sprache…, 1922.
362
Ludwig Woltmann, Politische Anthropologie. Eine Untersuchung über den Einfluss der
Deszendenztheorie auf die Lehre von der politischen Entwicklung der Völker…, 1903.
363
Martin Bernal, Black Athena. The Afroasiatic Roots of Classical Civilization…, 1987/1991 I-II;
siehe auch Mary R. Lefkowitz; Guy MacLean Rogers (Hrsg.), Black Athena Revisited…, 1996.
364
Felix von Luschan, Völker, Rassen, Sprachen…, 1922 [21927]; vgl. auch den bereits 1910
herausgegebenen Aufsatz „Rassen und Völker”, in: J. Pflugk-Harttung (Hrsg.), Weltgeschichte…,
1910 I: 41-79.
143
„Judenproblem” von verschiedenen Seiten vorurteilsfrei beleuchtete. In renommierten
Enzyklopädien über das Judentum erscheint der Name von Luschan eigens hervorgehoben,
weil er als einer der wenigen „christlichen Anthropologen” die arische Rassenideologie
wissenschaftlich bekämpfte.365 Von Luschan lehnte den Begriff Rasse wegen seiner
Unschärfe ab.366 In einem Vortrag 1905 über die „anthropologische Stellung der Juden” im
„Verein zur Abwehr des Antisemitismus” heißt es bezeichnenderweise: „Dass die
antisemitische Bewegung kurzsichtig und undankbar und roh ist, das haben wir schon lange
erwartet.”367 Seit dem Fund des Neandertalers 1856 trete die Frage nach der Zahl der
menschlichen Rassen ganz in den Hintergrund und das Wort „Rasse“ selbst hätte mehr und
mehr an Bedeutung verloren und würde am besten ganz aufgegeben werden, wenn es nicht
durch ein weniger Vieldeutiges zu ersetzten wäre. In seinen Werken ist daher eher die
Einteilung des Menschen nach Kontinenten, das heißt nach geografischen Gesichtspunkten
zu finden.
Dennoch hält von Luschan an der biblische Einteilung der Menschheit nach den drei
Söhnen Noahs fest, da sie „durchaus den im alten Orient vorhandenen Kenntnissen
entspreche.“368 Felix von Luschan zählt gemeinsam mit Carl Meinhof zu den Begründern der
modernen Hamitenwissenschaft. Bis zur Jahrhundertwende stand der Hamitenbegriff allein
auf der Säule der Sprachwissenschaft. Vor diesen Hintergrund gestellt, versuchte von
Luschan
mit
seiner
anthropologischen
Hamitentheorie
Afrika
kulturgeschichtlich
aufzuwerten.
Zehn
Thesen,
die
eine
von
humanem
Geist
getragene
Auffassung
vom
Menschengeschlecht bekunden, beschließen das Werk, deren wichtigste folgende sind.
Erstens: die gesamte Menschheit besteht nur aus einer einzigen Spezies: homo sapiens;
zweitens: es gibt keine wilden Völker; und drittens: es gibt keine an sich minderwertigen
Rassen. Ethnologische Wissenschaftshistoriker, wie Michael Spöttel, die die Genese der
„Hamitenwissenschaft“ in ahistorischer Sichtweise in die Nähe der antisemitisch
determinierten NS-Wissenschaft stellen, verkannten bei von Luschan, dass er sich dezidiert
gegen die rassistischen arischen Rassentheorien aussprach. Von Luschan als Antisemit und
365
Vgl. Ephraim Fishoff (Rabbi Prof. of Sociology, Wisconsin State University), Felix von Luschan.
Encyclopaedia Judaica 1972, 11: 583.
366
Der Wortlaut „Deutliche Ablehnung rassistischer Gedankengänge” findet sich als Einschätzung
auch in der wissenschaftlsgeschichtlichen Arbeit von Hans Grimm, Felix von Luschan als
Anthropologe. Von der Kraniologie zur Humanbiologie. EAZ 27, 1986: 415.
367
Zitiert in Hans Grimm, Felix von Luschan als Anthropologe… EAZ 27, 1986: 420.
368
Felix von Luschan, Völker, Rassen, Sprachen…, 1922: 1.
144
als „Vorläufer des Nazi-Chef-Ideologen Alfred Rosenbergs” zu bezeichnen, so Michael
Spöttel in seiner Studie über „Die Hamiten” (1996), erschienen im renommierten Peter
Lang-Verlag, ist schlichtweg als falsch zu bewerten und daher korrekturbedürftig.369
Von Luschan begann sich erst spät mit Afrika auseinanderzusetzen und entwickelte seine
anthropologische Hamitentheorie zunächst unabhängig vom afrikanischen Kontinent.
Ähnlich wie Friedrich Müller beschäftigte von Luschan zunächst die Frage der
vorsemitischen Kultur Palästinas und kam dabei unweigerlich auf die prähistorische
Hamitenfrage zu sprechen. Doch wollte er diese nicht linguistisch, sondern rein
anthropologisch beantwortet haben. Von Luschans ging bei der Hamitenfrage apriori von
einem Mischtypus aus und lehnte daher das Œuvre von Friedrich Müller und von Robert
Hartmann dezidiert ab.370 Der in Hollabrunn in Niederösterreich geborene Felix von Luschan
studierte zunächst in Wien, dann in Paris bei Paul Broca [1824-1880], der 1876 an der
Universität Paris die “Ecole d’Anthropologie” gegen den klerikalen Widerstand als eine
private Gründung eröffnet hatte. Von Luschan unternahm eine Reihe von Expeditionen in
den Balkan, nach Nord- und Südafrika, Neuguinea und Anatolien. Ab 1885 war er als
wissenschaftlicher Mitarbeiter des Berliner Museums für Völkerkunde tätig, wo er 1904
schließlich die Funktion des Direktors übernahm. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod
1924 aus.
Innerhalb der Wissenschaftslandschaft wurde von Luschan erstmals bekannt durch die
unter seiner Leitung erfolgten Ausgrabungen 1883 in Sendschirli [Zincirli/Türkei], der
Ruinenstätte des alten Samal, der Hauptstadt eines späthethitischen Königreiches [1200-709
v. Chr.]. Die damit in Zusammenhang stehenden anthropologischen und ethnologischen
Forschungen Luschans in Kleinasien und Syrien führten schließlich zur Herausarbeitung
einer „armenischen Rasse“ mit extremer Kurz- und Hochköpfigkeit und stark
hervortretender Nase, welche er als „hethitischer Typus” in den Skulpturen von Sendschirli
369
Michael
Spöttel,
Hamiten.
Völkerkunde
und
Antisemitismus…,
1996:
8-10;
zur
wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung von Luschan siehe Hans Fischer, Völkerkunde im
Nationalsozialismus…, 1990: 73 und die interdisziplinär angelegte Aufsatzreihe an der Berliner
Humboldt-Universität aus der DDR-Zeit: Hans Grimm, Felix von Luschan als Anthropologe. Von der
Kraniologie zur Humanbiologie. EAZ 27, 1986: 415-425; Liane Jakob-Rost, Felix von Luschan als
Archäologe. EAZ 27, 1986: 427-439; Walter Rusch, Der Beitrag Felix von Luschan für die
Ethnographie. EAZ 27, 1986: 439-455; wissenschaftsgeschichtlich interessant ist, dass die
Hamitenfrage bei den DDR-Autoren nicht einmal Erwähnung findet.
370
Felix von Luschan, Hamitische Typen…, 1912: 241.
145
wiederzufinden glaubte.371 Auf Basis seiner anthropometrischen Untersuchungen und
Methoden des Kopfindexes einer großen Anzahl von Juden, kam von Luschan für die
damalige Zeit zu dem überaus kühnen Schluss, dass es keine reine jüdische Rasse gebe. In
seiner frühen Karriere formulierte er, dass die Juden eine Mischung von Semiten, Hethitern
und arischen Amoritern seien.372 Eigentlich folgte diese Behauptung weitgehend dem
Bibeltext, der für die Abstammung des jüdischen Geschlechts einen Amoriter als Vater und
eine Hethiterin als Mutter angibt.373 In der Völkertafel sind die Amoriter den Kanaanitern
zugeordnet und gehören nicht den Semiten, sondern den Hamiten an. Ohne weiteres lässt
sich die vorisraelitische Bevölkerung Palästinas daher der verfluchten Nachkommenschaft
Hams zuordnen.
Aus seinen anthropologischen Studien kam von Luschan zu der bis heute anerkannten
Einsicht, dass es keine menschliche Rasse in seiner reinen Form geben könne. Sowohl in der
Gegenwart als auch in der Vergangenheit trete jede Rasse bereits als Mischtypus auf. Diese
grundlegende Kritik in der Rassenfrage stieß nicht nur bei den arierzentrischen
Pangermanisten auf Ablehnung, sondern auch bei Vertretern jüdischer Zionisten, wie aus
einem Briefwechsel in der Zeitschrift der 1901 gegründeten Gesellschaft für Rassenhygiene
zwischen Felix von Luschan und Elias Auerbach [geb. 1882], einem aus einer alten
jüdischen Rabbinerfamilie stammendem Arzt, deutlich wird. „Die Juden sind nicht, wie ein
jüdischer Autor es kürzlich aussprach”, so die Position Auerbachs, „die Mischrasse kat
exochen, sondern eine relativ „reine”, eine wahrhafte Inzuchtrasse. Ihre eigentümliche
Dauerhaftigkeit, die fast als Volk niemals sterben würde, wenn es ewig aus denselben
nationalen Bestandteilen zusammengesetzt bliebe.”374 Ganz entgegengesetzt dazu die
Stellungnahme des „christlichen Anthropologen” von Luschan: „Für mich gibt es nur eine
jüdische Religionsgemeinschaft, keine jüdische Rasse. Ich möchte das auch deshalb mit
Nachdruck betonen, weil einige von den Autoren, die sich in den letzten Jahren bemühen,
371
Walter Hirschberg, Felix Ritter von Luschan. Österreichisches Biographisches Lexikon…, 1972 V:
372.
372
Felix von Luschan, Die anthropologische Stellung der Juden. Korrespondenz-Blatt der deutschen
Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 21, 1892.
373
Vgl. dazu die bemerkenswerte Stelle des Propheten Ezechiel 16, 3; 16, 44-45: „Nach Geschlecht
und Geburt bist du aus dem Lande der Kanaaniter, dein Vater war ein Amoriter und deine Mutter eine
Hethiterin.” Siehe auch Herbert Lang (Hrsg.), Amoriter. In: Bibellexikon, 1956: 62-63; Samuel
Krauss, Amoriter. In: Jüdisches Lexikon, 1928 I: 286.
374
Elias Auerbach, Die jüdische Rassenfrage. Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie
einschließlich Rassen- Gesellschaftshygiene… Alfred Ploetz (Hrsg.), 4, 3, 1907: 361; Auerbach
übersiedelte noch 1909 nach Haifa, wo er eine Stelle als Arzt annahm.
146
die rein semitische Abstammung der Juden beweisen, anscheinend ganz bewusst unter dem
Einflusse jener immer wieder von neuen auftauchenden Irrlehren sind, denen zufolge
Rassenreinheit eine Art Gewähr für ganz besondere Tüchtigkeit bieten soll. Die große
Mehrzahl der modernen Anthropologen ist allerdings anderer Meinung und sieht im
Gegenteile gerade in der Mischung hochstehender Rassen einen wichtigen Faktor der
Weiterentwicklung.”375 Felix Kahn, Mitarbeiter des Jüdischen Lexikons, zitierte Felix von
Luschan, um die Haltlosigkeit des anthropologischen Arierbegriffs hervorzuheben: „Der
indogermanischen Sprachfamilie entspricht keine arische Rasse, und die Völker, die heute
indogermanische Sprachen reden, gehören sehr zahlreichen und untereinander völlig
unterschiedlichen Rassen an. [...] Nur ganz unheilbare Chauvinisten reden heute noch von
einer arischen Rasse, und für den Fachmann ist der Begriff einer arischen Schädelform
genauso absurd, als wenn man etwa von einer langschädligen Sprache reden wollte.“376
Der darwinistische Hamitenbegriff war durch den Streit evolutionistischer und
diffusionistischer Konzeptionen „entafrikanisiert” und zunehmend in Misskredit geraten.
Dazu kam noch, dass der österreichische Rassenideologe und Sektengründer Josef Adolf
Lanz, genannt Jörg Lanz von Liebenfels [1874-1954], seine populärwissenschaftlich
abgefassten Aufsätze „Anthropozoon biblicum” (1903-1905)377 herausgab. Darin propagierte
er die Abstammung der dunklen Rassen aus dem inzestuösen Verkehr zwischen Ariern und
Affen.378 Mit seiner 1905 begründeten Zeitschrift Ostara – Zeitung für Blonde Leute bekam
die rassenmystische Lehre der „Ariosophie” ein eigenes Forum. Von Luschan setzte daran,
diese negativen Bewertungen aus dem Weg zu räumen, indem er ausdrücklich die
erstaunliche Begabung der Afrikaner hervorhob, sich fremde Kulturgüter in der kürzesten
Zeit zu eigen zu machen. „Bananen, Kokosnuss, Baumwolle, Bambus und reichlich ein
Dutzend von Nahrungspflanzen, teilweise amerikanischer Herkunft, haben sich die Afrikaner
derart ganz und gar angeeignet”, so von Luschan 1910 in seinem Vortrag auf dem Berliner
Deutschen Kolonialkongress in Berlin, „dass man heute oft nur widerstrebend den gelehrten
375
Felix Luschan, Offener Brief an Herrn Dr. Elias Auerbach. Archiv für Rassen- und Gesellschafts-
Biologie einschließlich Rassen- Gesellschaftshygiene Alfred Ploetz (Hrsg.), 4, 3, 1907: 370.
376
377
Fritz Kahn, Arier. In: Jüdisches Lexikon…, 1928 I: 466-467.
Jörg Lanz von Liebenfels, Anthropozoon biblicum. Vierteljahresschrift für Bibelkunde 1
(1903/04), 307-355, 429-469; 2 (1904/05), 26-60, 314-337, 395-412; – Theozoologie oder die Kunde
von den Somdoms-Äfflingen und dem Götter-Elektron…, 1904 [21928].
378
Zitiert in Felix Luschan, Anthropological View of Race…, 1911: 16; siehe auch George L. Mosse,
Die Geschichte des Rassismus in Europa…, 1990 [1978]: 122.
147
Botanikern glaubt, wenn sie die fremde Heimat jener Nutzpflanzen nachweisen.”379 Völlig
zu Recht argumentierte von Luschan, dass das Zueigenmachen von Kulturgütern nicht den
Mangel, sondern gerade das Potenzial an Kreativität voraussetze. Die von Ratzel eingeführte
Ideenarmut, das bestimmende Axiom des kulturhistorischen Diffusionismus, erscheint damit
schlicht auf den Kopf gestellt, da sie positiv als Zeugnis für Kulturschöpfung ausgelegt wird.
Wer die Schriften von Luschan studiert, wird einen echt humanistisch geprägten Geist
wieder finden, der stets den Afrikaner gleichwertig an die Seite des Europäers gestellt wissen
wollte. Zeit seines langen Forscherlebens zog er gegen die abwertenden Bezeichnungen des
Afrikaners wie „wild”, „primitiv” und „unzivilisiert” zu Felde. „Alle Bemühungen, irgend
welche Kriterien zwischen Kulturvölkern und „Wilden“ zu finden”, erklärte von Luschan in
seinem Vortrag 1902 am Berliner Kolonialkongress, „müssen als völlig gescheitert
betrachtet weden.“380 Das war eine klare Absage an Ratzels Dichotomisierung zwischen
Natur- und Kulturvölker. “The only “savages” in Africa”, gab von Luschan 1911
selbstkritisch und pointiert vor der größtenteils farbigen Zuhörerschaft am ersten und
einzigen Rassen-Kongress in London kund, “are certain white men with „Tropenkoller”.381
Ähnlich wie Frobenius ging es von Luschan darum, das von Hegel aufgestellte
Geschichtsparadigma vom geschichtslosen afrikanischen Kontinent zu widerlegen. Als es
1907 während einer Sitzung innerhalb der Berliner Anthropologischen Gesellschaft darum
ging, den kulturellen Ursprung der Eisentechnik festzumachen, gab von Luschan folgende
bemerkenswerte Stellungnahme ab: „Meinerseits habe ich schon seit ungefähr 15 Jahren in
meinen Universitäts-Vorlesungen erst als wahrscheinlich, später als so gut wie sicher
bezeichnet, dass unsere Eisentechnik aus dem tropischen Afrika stamme.”382 Diese Aussage
ist allein deshalb bemerkenswert, da Luschan wusste, dass die Hethiter als „arischsprechende Gruppe” die Eisentechnik bereits im neunzehnten vorchristlichen Jahrhundert
etabliert hatten. Da er auf keine Zustimmung stieß, fügte er relativierend hinzu: „Es mag
natürlich an sich überraschend und für manche Leute vielleicht peinlich erscheinen, dass wir
379
Felix von Luschan, Fremde Kultureinflüsse auf Afrika. Verhandlungen des Deutschen
Kolonialkongresses 1910 zu Berlin…, 1910: 122.
380
Felix von Luschan, Ziele und Wege der Völkerkunde in den deutschen Schutzgebieten.
Verhandlungen des Deutschen Kolonialkongresses 1902 zu Berlin am 10. und 11. Oktober 1902…,
1903: 169.
381
Felix von Luschan, Anthropological View of Race. In: Papers on Inter-Racial Problems
communicated to the First Universal Races Congress held at the University of London, July 26-29,
1911: 22.
382
Felix von Luschan, Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Waldemar Belck: Die Erfinder der
Eisentechnik, insonderheit auf Grund von Bibeltexten. ZfE 39, 1907: 381.
148
unsere Eisentechnik, also die Technik, die unserer Zeit so recht eigentlich den Stempel
aufdrückt, dunklen Afrikanern, d.h. „schwarzen Wilden”, verdanken sollen, aber ich sehe
keine Möglichkeit, gegen diese Erkenntnis anzukämpfen.”383 Mit derartigen Thesen
innerhalb der anthropologischen Gelehrten-Welt der Jahrhundertwende aufzuwarten und
eine überzeugende Anhängerschaft zu finden, schien die Zeit noch nicht reif genug. Von
Luschan stellte seine Behauptung, dass die Eisentechnik aus dem Innern Afrikas von den
Alten Ägyptern übernommen wurde, und erst dann nach Europa „diffuntierte” anhand der
dreieinhalbtausend jährigen Kulturgeschichte afrikanischer Schalengebläse zwei Jahre später
in einem eigenen Vortrag erneut unter Beweis. Aus dem anschließenden Diskussionsbeitrag
ist klar ersichtlich, dass von Luschan gegen Windmühlen zu kämpfen schien.384 Kurz vor
seinem Tod hielt von Luschan rückblickend fest: „Seither ist gerade das Studium der
fremden Einflüsse in Afrika in den Vordergrund unserer Betrachtung getreten, und gar erst
die Erforschung der Hamiten, ihre Heimat und ihrer Wanderung, ihrer Ursprünge und
Zusammenhänge ist heute fast das Um und Auf der afrikanischen Völkerkunde
geworden.“385 Um die Geschichtlichkeit Afrikas aufzuwerten, erfand von Luschan unter
Anleitung
der
sprachhistorischen
Ergebnisse
Carl
Meinhofs
die
afrozentrische
Hamitentheorie.
Im Jahre 1905 machte Felix von Luschan zusammen mit Carl Meinhof auf Einladung der
British Association for the Advancement of Sciences eine Reise nach Südafrika. Dieses
Treffen hochkarätiger Wissenschafter war das erste auf afrikanischem Boden und stand unter
der Leitung des britischen Ethnologen Alfred Cort Haddon, der in Kapstadt die
Eröffnungsrede hielt.386 Als von Luschan in seinem Vortrag “On the racial affinities of the
Hottentots”387 den Vorschlag unterbreitete, die bislang lediglich von Linguisten vertretene
These vom genetischen Zusammenhang der Hottentotten und der Altägypter in die
Anthropologie überzuführen, indem der Nachweis von prähistorischen Wanderungen auf
383
Ebenda.
384
Vgl. dazu: „Aus alledem schließe ich, dass die alten Ägypter das Eisen und seine Gewinnung von
ihren südlichen Nachbarn kennengelernt haben und dass die ursprüngliche, also innerafrikanische
Eisentechnik dann im Laufe der Zeit über Ägypten nach Vorderasien und nach den westlichen
Mittelmeerländern und von diesen aus schließlich nach Nordeuropa gelangt ist.” In: Felix von
Luschan, Eisentechnik in Afrika. ZfE 41, 1909: 52.
385
Felix von Luschan, Völker, Rassen, Sprachen…, 1922: 31.
386
Alfred Cort Haddon, Presidential Address. Section H (Anthropology): 75. British Association,
Meeting of the British Association in South Africa. Nature 72, 1905, 471-479.
387
Felix von Luschan, On the racial affinities of the Hottentots. In: BSAAR, Section H: Anthropology,
Part II: 111-118.
149
dem afrikanischem Kontinent erbracht werde, fand er endlich ein zustimmendes Auditorium.
Vor allem in Haddon fand er einen Befürworter, die Prähistorie Afrikas mittels des
Hamitenkonzepts entsprechend aufzuhellen. Von Luschans Hamitenthese findet sich in
entsprechend adaptierter Weise in Haddons Werk “The wanderings of the people” (1911)
wieder. „Gerade während meiner südafrikanischen Reise ist es mir erst recht klar geworden”,
zieht von Luschan den zukunftsweisenden Schluss, „dass die genaue Erkenntnis hamitischer
Wanderungen eine der wesentlichen und dringendsten Aufgaben für Völkerkunde Afrikas
bildet.”388
Die von Luschan unterbreitete Hamitenfrage, wie sie nun genannt wurde, stellte eine
Zusammenschau dreier voneinander unabhängiger großer Themenkomplexe dar. Zur
Diskussion stand erstens die Klärung des Zusammenhangs der altägyptischen Grammatik
mit der gegenwärtigen Hottentottensprache, zweitens die Bestimmung des rassischen
Verhältnisses
der
Hottentotten
und
Buschmänner
und
drittens
schließlich
die
Altersbestimmung der Überreste der Steinruinen von Simbabwe.389 Zusammenfassend
betrachtet sollte mit der Beantwortung der Hamitenfrage das Ziel erreicht werden, welches
Volk oder Rasse für die Ausformung der ersten Hochkultur Afrikas südlich der Sahara in
Frage käme.
Es mag vielleicht verwundern, aber so sehr von Luschans Theorie von der britischen
Kollegenschaft Zustimmung erfuhr, so sehr stieß sie bei seiner deutschen auf Ablehnung.
Von Luschan wurde kurz nach seiner Rückreise von der Berliner Anthropologischen
Gesellschaft eingeladen, einen Vortrag über seine Südafrikareise zu halten. Unter der
Zuhörerschaft befanden sich der Kulturkreistheoretiker Bernhard Ankermann aber auch
Gustav Fritsch [1838-1927], der als renommierter Mediziner aufgrund seines jahrelangen
Südafrikaaufenthalts als der wohl beste Kenner der anthropologischen Verhältnisse dieser
Region galt. Wie umstritten der Begriff „hamitisch” zu jener Zeit noch war, zeigt dessen
Reaktion auf den von Luschans gehaltenen Vortrag. Der um 20 Jahre ältere Fritsch,
gewissermaßen Vertreter der Hartmann-Schule, wies nach der anschließenden Diskussion in
provokanter Weise auf den theologischen Hintergrund des Begriffs hin. „Darf ich Hrn. v.
Luschan fragen, was hamitisch ist? Ich weiß es nicht, ich weiß bloß, dass Ham ein Sohn von
Noah war.”390 Fritschs selbstredende Antwort war rein rhetorisch gemeint. Deutlich ist der
zynische Unterton zu spüren, der eine grundsätzliche Ablehnung auf die „neue Lehre”
388
Felix von Luschan, Bericht über eine Reise in Südafrika. ZfE 38, 1906: 870.
389
Felix von Luschan, Bericht über eine Reise in Südafrika. ZfE 38, 1906: 863-895.
390
Gustav Fritsch, Diskussionsbeitrag zu Felix von Luschans Bericht über seine Reise in Südafrika.
ZfE 38, 1906: 913.
150
widerspiegelt. So werden es erst die jüngeren Gelehrten sein – und davon wiederum von
Luschans Schülerkreis wie Karl Weule –, die sich der Hamitenlehre erwärmen sollten.
Das Migrationsmodell alleine schien nicht auszureichen, um die Hamitenfrage
wissenschaftlich beantworten zu können. Von Luschan war in erster Linie Anthropologe.
Dahingehend adaptierte er den kulturgeschichtlichen Begriff “Survival” in entsprechender
Weise in sein Fach. Seit Darwin war es bekannt, dass bei Lebewesen infolge von Mutationen
strukturelle Ähnlichkeiten mit Ahnenformen auftauchen können. Der Pflanzenphysiologe
Hugo de Vries, einer der Wiederentdecker der Mendel’schen Erbgesetze prägte 1903 dafür
den Begriff „Atavismus”, abgleitet vom lateinischen “atavus” – „Ahnherr” – für das
Auftreten „von individuellen Rückschlägen auf alte Ahnenzustände” bei Lebewesen.391 Von
Luschan nannte es das Gesetz der „Entmischung”, wonach das Wiederauftreten des reinen
Typen, trotz jahrtausendjähriger ununterbrochener Blutmischung noch immer nebeneinander
hergehen und sich gerade auch aus Mischehen immer wieder von neuem zu vollständig
reinen Typen entmischen.392 Für die Anthropologie schien es ein ideales Erklärungsschema
zu sein, für die vermeintliche Ähnlichkeit zwischen dem Körperbau altägyptischer
Pharaonen und den schlanken und hochwüchsigen Völkergruppen im ostafrikanischen
Zwischenseengebiet. Für von Luschan stand jedenfalls außer Zweifel, dass die als rezent
klassifizierten Hamiten eine Wiederverkörperung der Alten Ägypter darstellen würden. In
entsprechender Weise vermutete er, dass infolge gesetzesmäßiger Rassenkreuzung im Laufe
der Zeit, sich der Zustand der originären Rasse wieder einstellen und daher rezent zum
Vorschein kommen würde. Diesen Vorgang erblickte Luschan vor allem bei den in
Südafrika lebenden Nama-Hottentotten, die er als ein anthropologisches Wiederauferstehen
der Altägypter deutete. Von Luschan ging nun daran, kaukasischen Einflüssen in den
negritischen Rassen nachzuspüren und versuchte, einen „hamitischen Kulturkreis“ zu
bestimmen, den er von Ägypten ausgehend, über die Chaldäer, die Somali, die Massai, die
Hima bishin zu den Nama-Hottentotten in Südwestafrika umreißt. Um die Zugehörigkeit
eines „Hottentotten“ zum „hamitischen Geschlecht“ zu bestimmen, bediente sich von
Luschan einer Methode, die im Vergleich von Menschenporträts auf bildlichen
Darstellungen bestand. Aus heutiger Sicht erscheinen die Ergebnisse äußerst fragwürdig.
Beim Vergleich der beiden fotografischen Aufnahmen des Nama Abraham Platje und des
anglo-jüdischen Premierministers Lord Beaconfield beispielsweise sah von Luschan bei
Platje typische „hamitische Züge“. „Beide waren Zeitgenossen von Disraeli, dem späteren
Lord Beaconfield”, wie von Luschan nun seinen anthropologischen Atavismus zu erblicken
391
Hugo de Vries, Die Mutationstheorie…, 1901-1903.
392
Felix von Luschan, Bericht über eine Reise in Südafrika. ZfE 38, 1906: 869.
151
vermeinte, „und von einem von ihnen, Abraham Platje, wurde damals ganz allgemein in
Südafrika erzählt, dass er dem englischen Premierminister „zum Verwechseln“ gliche. Das
ist sicher nicht wenig übertrieben; aber es ist andererseits doch ganz klar, dass dieser
übrigens auch ob seiner ungewöhnlichen Intelligenz berühmte Nama hamitischen oder gar
semitischen Einschlag führe nicht verleugnen kann.”393 Von Luschan wollte den
„hamitischen Typus“ auf das alte Ägypten zurückführen [Abb. 27]. Es scheint, dass auch der
als penibel bekannte Egon Freiherr von Eickstedt dem atavistischen Erklärungsmuster
aufgesessen ist. „Magere Massai”, so das Urteil des Barons über das bekannte Hirtenvolk in
Ostafrika, „können erschreckend an altägyptische Mumien erinnern.”394 Es darf hier nicht
verwundern, wenn von Eickstedt die Hamiten der kaukasischen Rasse zuordnete [Abb. 30].
Luschan’s Entmischungstheorie wurde nicht nur auf Afrikaner angewandt, sondern diente
kurioserweise auch als Erklärungsmodell für namhafte Ägyptologen, wenn sie körperliche
Ähnlichkeiten mit Pharaonen aufwiesen. So wurde der in Wien tätige Ägyptologe Wilhelm
Czermak [1889-1953] wegen seiner ausgeprägten hamitischen „Hakennase” gerne mit
Ramses II. verglichen. Ilse Schwidezky, Schülerin von Eickstedt, sprach bei Czermaks
Erscheinungsbild während des Leipziger Ethnologen- und Afrikanistenkongresses 1943
öffentlich gar von einem „anthropologischen Wunder”.395 Diesen Vergleich ließ sich
Czermak übrigens auch gerne gefallen. Gertrud Thausing [1905-1997], die damalige
Assistentin von Czermak, erinnerte sich an die Begebenheit, wo Czermak die Mumie des
Ramses vorführte, indem er sich selbst in diese Stellung begab.396 Auch wenn diese
Demonstration sich während einer Faschingfeier zutrug, ist der damalige Zeitgeist klar zu
erkennen: nämlich die edle Gesinnung des „Hamitismus” in Form eines naiven
Pharaonenkults wiedererstehen zu lassen. Czermaks Vorlesungen zum „Ägyptischen
Totenbuch”, die er vorzugsweise Freitag nachmittags abhielt, waren an der Wiener
Universität auch den Nichtägyptologen ein Begriff. Zeitweise kamen sogar Vertreter des
Hochadels, wie Max von Bayern, eigens nach Wien angereist, um an der „Totenbuchrunde”
teilzunehmen. Czermak selbst wurde innerhalb seines Schülerkreises wie ein „Guru” verehrt.
In dieser Zeit verlieh er seinen Mitarbeitern des Wiener Instituts für Ägyptologie und
Afrikanistik sogar altägyptische Pharaonennamen. Seiner damaligen Assistentin, Gertrud
Thausing, wies Czermak beispielsweise den symbolischen Namen „Tarudet” zu, den Namen
einer Pharaonenkönigin aus der 18. Dynastie. Dieser bedeutet so viel wie „Wurzel” oder auf
393
Felix von Luschan, Hamitische Typen…, 1912: 253; - Fremde Kultureinflüsse auf Afrika…, 1910.
394
Egon Freiherr von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…,1934: 458.
395
Gertrud Thausing, Tarudet…, 1989: 59.
396
Gertrud Thausing, Tarudet…, 1989: 22.
152
Abb. 27
Der anthropologische Hamitenbegriff folgte dem sprachlichen und erblickte in den rezenten Wahima[ostafrikanisches Zwischenseengebiet] und in den Nama-Gruppen [südwestafrikanisches Rückzuggebiet] einen einheitlichen Rassenkreis.
Felix von Luschan, Hamitische Typen. In: Carl Meinhof, Die Sprachen der Hamiten..., 1910: Anhang.
153
Wienerisch:
„die
Wurzn”.
Czermak
bestimmte
Thausing
kurz
vor
seinem
aufsehenerregenden Tod – er starb 1953 im Wiener Rektorenzimmer nach einer
Promotionsfeier, noch im vollen Talar – zu seiner Institutsnachfolgerin.397
In den anthropologischen Kreisen war es vor allem Rudolf Pöch, der die Hamitenlehre
von Luschan weitertragen sollte. Der im ukrainischen Tarnapol geborene Rudolf Pöch
[1870-1921]398 hatte zuerst in Wien ein Medizinstudium absolviert, bevor er sich
anthropologischen Fragen zuwandte. 1896, als er gerade 26 Jahre alt war, wurde Europa von
der Pestpanik erfasst. Die verheerende Krankheit hatte sich von China aus über Hongkong
bis nach Indien ausgebreitet und bereits Tausende Opfer gefordert. Als Hilfsarzt wurde Pöch
in einer von der Akademie der Wissenschaften in Wien beauftragten Kommission nach
Bombay entsendet, wo die Krankheit erforscht werden sollte. Für Pöch bedeutete die
Begegnung mit der Pest, an der beinahe auch er erkrankte, ein Veränderung seines
Forscherlebens. Als Spätberufener ging er nach Berlin, um Anthropologie und Ethnologie
bei von Luschan zu studieren. Seit 1900-1901 arbeitete Pöch bereits als Volontär an der
dortigen afrikanisch-ozeanischen Abteilung des Museums für Völkerkunde. Von Luschans
intensiver Reisetätigkeit beeindruckt führte Rudolf Pöch Expeditionen nach Neu-Guinea,
Australien und in das südliche Afrika durch. 1913 wurde Pöch zum außerordentlichen
Professor ernannt, wofür eigens das Institut für Anthropologie und Ethnografie in Wien
geschaffen wurde. Unter seiner Leitung entstanden Dissertationen wie von Wilhelm Koppers
[1915/16] und von Christoph von Fürer-Haimendorf [1917] – also von jenen Gelehrten, die
das Wiener Institut für Völkerkunde [seit 1929] über Jahrzehnte hindurch bestimmen sollten.
Bekannt geworden ist Pöch vor allem durch seine technischen Ambitionen in der
Wissenschaft. In Neu-Guinea und in der Kalahari hatte er mit dem Archiv-Phonographen der
Akademie
der
Wissenschaften
Sprech-
und
Gesangsproben
aufgenommen
und
wissenschaftliche Filme gedreht. Seine Film- und Tonaufnahmen aus diesen Regionen
zählen zu den ersten überhaupt.
Pöchs wissenschaftliches Programm in Bezug auf die Hamitik zielte darauf ab, den
anthropologischen
Hamitenbegriff
mit
Rassenmerkmalen
zu
belegen.
Den
sprachwissenschaftlichen Zugang, wie ihn von Luschan bzw. Meinhof gefordert hatten,
lehnte Pöch aufs Vehementeste ab. Pöch war vom frommen Ideengut der AntiAlkoholbewegung geprägt; 1906 gründete er zusammen mit Richard Thurnwald die
397
Gertrud Thausing, Tarudet…, 1989: 13.
398
Zur Biografie Pöchs siehe Eugen Oberhummer, MAGW 51, 1921: 95-104; Margarethe Weninger,
MAGW 91, 1961: 142-143.
154
„Gesellschaft für Rassenhygiene”.399 Dementsprechend führte er auch von Luschans Theorie
von der „armenoiden” Rasse weiter, anhand derer sich der Unterschied des Semitischen und
des Hamitischen am besten zeigen ließe. Wie vorhin dargelegt, hatte sich von Luschan im
zunehmenden Alter von Rassentheorien weitgehend distanziert, nicht so Pöch. Sein
regionaler Anknüpfungspunkt war die prähistorische Besiedelungsfrage des östlichen und
südlichen Afrika. Im Zuge der Wiederentdeckungen der Simbabwe-Ruinen durch Carl
Mauch wurden auch die biblischen Ophir-Thesen neu belebt, die von einer semitischen
Besiedlung ausgingen. In einem 1911 gehaltenen Vortrag vor der kaiserlich-königlichen
Geografischen Gesellschaft in Wien versuchte Pöch die Gelehrten davon zu überzeugen,
dass sämtliche Siedlungstheorien Simbabwes, die vom Semitischen ausgingen, falsch lägen.
„Anthropologisch und ethnologisch sind die meisten Simbábwe-Schriftsteller schlecht
berichtet”, klärt Pöch auf, „sonst würden sie nicht so viel von der somatischen und
kulturellen semitischen Beeinflussung der Eingebornen Rhodesiens sprechen, was für sie
natürlich wieder ein Beweis mehr für die sabäische oder phönizische Besiedelung des
Landes ist, während es in Wirklichkeit hamitische Elemente und Beeinflussungen sind, die
in immer größerer Zahl und in einer ununterbrochenen Kette, aber auf dem Landwege, von
Ägypten durch ganz Afrika, von Nord nach Süd, bis zu den Hottentotten des Kaps
nachgewiesen werden.”400 Was sich in der Sprachwissenschaft in den 1870er Jahren
bemerkbar machte, scheint sich nun auch in der Anthropologie einzustellen: nämlich die
rassische Abgrenzung des Hamitischen vom Semitischen. Pöch hatte vor allem die
methodische Schwäche in von Luschans Vergleichen der fotografischen Kopfporträts
erkannt. Deshalb war es für ihn zunächst auch notwendig, rassische Merkmale des
hamitischen Typus überhaupt zu finden. Dafür galt es zunächst einmal den rezenten
Phänotypus der Hamiten genau zu beschreiben: „Hohe, schlanke Gestalt”, so beginnt Pöch in
einem weiteren Vortrag vor der Wiener Orientgesellschaft seinen „hamitischen Haupttypus”
darzulegen und fährt detailliert weiter fort, „mit langen Armen und Beinen und schmalen
Händen und Füßen, hellbraune, ins rötliche (nicht ins gelbgrüne!) spielende Hautfarbe,
dunkel braune bis schwarze lockige (nicht krause) Haare, dunkelbraune Augen, ein langer,
schmaler und hoher Kopf, ein langes ovales Gesicht, eine schmale Nase mit leicht konvexen
Rücken und mittelbreite Lippen. Die Hamiten im Zwischenseengebiete fallen oft durch recht
vorstehendes Gebiß, Prodentie auf, vielleicht ist das auf eine stärkere Beimischung von Blut
399
Marion Melk-Koch, Auf der Suche nach der menschlichen Gesellschaft: Richard Thurnwald…,
1989.
400
449.
Rudolf Pöch, Zur Simbábye-Frage…, Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft 54, 8, 1911:
155
der prognathen Negerrasse zurück zu führen. Der außerordentlich hohe Wuchs dieser
Gruppe steht vereinzelt und unerklärt da.”401 Pöch spricht hier die Sprache eines Anatoms,
der wie mit einem Skalpell den menschlichen Körper zerlegt, auf der Suche nach
vermeintlich objektiven Rassenmerkmalen. Pöch war Mediziner und Anthropologe, und er
betrachtete seine Aufgabe aus der Sicht eines Naturwissenschafters, aus den „verwickelten
Rassenmischungen” – vergleichbar dem evolutionistischen Modell der historischen
Sprachwissenschaft – eine hamitische Ur- oder Stammrasse zu rekonstruieren. Und diese
unterscheide sich nach seiner Auffassung wesentlich von der Semitischen, die durch
„unmittelgroße plumpe Gestalt, helle Hautfarbe […] und vor allem durch die sehr große
fleischige Nase” gekennzeichnet sei.402 „Dieser [hamitische] Typus”, holt Pöch nun weiter
aus, „lässt sich nach Süden durch Nubien weit in das Herz Afrikas verfolgen: er begegnet
uns bei den über die Bantubevölkerung herrschenden Hirtenstämmen noch immer in reiner
Ausprägung.”403 Interessant ist nun bei Pöch, dass ihn die ehemals angenommene asiatische
Heimat der Hamiten nicht weiter berührt. Für Pöch bezeichnet hamitisch, und das ist das
Entscheidende, etwas spezifisch Afrikanisches – im Übrigen ein bei Pöch unkommentierter
Widerspruch.
Die Ideen Pöchs fielen vor allem am Wiener Orientalistik-Institut auf fruchtbaren Boden.
Der damalige Leiter des 1916 gegründeten Forschungsinstituts „Osten und Orient”, Rudolf
Geyer, daneben Mitglied der Wiener Anthropologischen Gesellschaft, meinte im Anschluss
nach den Ausführungen Rudolf Pöchs, dass einerseits der hamitische Typus bereits „gut
fassbar” sei, während andererseits der semitische „ziemlich ungreifbar ist”, […] weshalb
letzterer konsequenterweise aufgegeben werden müsse.404 Der Vortrag Pöchs führte bei
Leopold Adametz [1861-1941], Zoologe, Viehzuchtspezialist und Mitarbeiter am
Orientalistikinstitut zu seinen äußerst gewagten, aber folgenreichen Vermutungen, wonach
die Hamiten nach den Wanderungen der Haustierrassen erschlossen werden könnten.
Adametz war durch die Reiseberichte Oskar Baumanns auf das auffällige langhörnige
401
Rudolf
Pöch,
Über
„hamitische”
und
„semitische”
Rassenmerkmale.
Berichte
des
Rassenmerkmale.
Berichte
des
Rassenmerkmale.
Berichte
des
Forschungsinstituts für Osten und Orient 2 (1917), S. 17-27. Wien, 1918: 20.
402
Rudolf
Pöch,
Über
„hamitische”
und
„semitische”
Forschungsinstituts für Osten und Orient 2, 1918: 21.
403
Rudolf
Pöch,
Über
„hamitische”
und
„semitische”
Forschungsinstituts für Osten und Orient 2, 1918: 20. Dieses Zitat findet sich auch abgedruckt in
Arthur Haberlandt, Afrika. In: Georg Buschan (Hrsg.), Illustrierte Völkerkunde…, 31922: 460.
404
Rudolf Geyer, Diskussionsbeitrag. In: Rudolf Pöch, Über „hamitische” und „semitische”
Rassenmerkmale. Berichte des Forschungsinstituts für Osten und Orient 2, 1918: 25.
156
Zeburind im Hochland des ostafrikanischen Zwischenseengebietes aufmerksam geworden
[Abb. 28].405 „Die Hamiten haben eine ganz bestimmte Art von Rind”, versucht Adametz
seine linguistische und anthropologische Kollegenschaft zu überzeugen, „ähnlich dem alten
ausgestorbenen europäischen Bos primigenius […] Auch die alten Ägypter haben dieses
Rind gehabt (Berberrinder). Die langhörnige Rinderrasse der Wahimas gehört auch dazu. In
Begleitung dieses Rindertypus treten immer Rinder auf. Die wichtigsten und ältesten
Haustiere wandern nicht von Hand zu Hand, sondern mit den Völkern, die sie zu züchten
verstehen. Danach wäre die Heimat der Hamiten in Nordafrika.”406 Ausgehend vom
Gedanken, dass die Zähmung der wichtigsten Haustiere (Rind, Pferd, Schaf, Ziege und
Schwein bereits im Neolithikum stattfand, könne den Mutmaßungen Adametz gemäß über
die
Haustier-
und
Rassenkunde
die
Rekonstruktion
der
Geschichte
der
Völkerverschiebungen erfolgen. Da viele Haustierrassen im Süden Afrikas nicht
vorkommen, so Adametz in seinem bekanntgewordenen Hamitenwerk, „bleibt nur der
Schluss, dass eine der ältesten Besiedelungen Afrikas und zwar jene, welche die ersten
Anfänge der Kultur brachte und die ersten Haustiere im Gefolge hatte, nur vom Norden her
über die Landenge von Suez erfolgt sein kann.“407 Die in Rede stehende Haustierspezies
kommt in rezenter Zeit vor allem im Hochland Ruandas vor. Darum ging es bald mit den
illustren Namensgebungen wie „Watussirind” oder „Hamitenrind” in die Fachliteratur ein,
förderlich für die einseitige Assoziationskette, dass in Afrika lediglich der „hamitische
Typus Haustiere zu erwerben vermochte”.408 Wenn in diesem Zusammenhang Adametz
weiters von einem „hamitischem Züchtervolke”409 spricht, dann ist da auch die damals
geläufige ethnische Überschichtungstheorie heranzuziehen, bei der, wie bereits angedeutet,
die oberste Schicht stets ausgeklammert wurde: nämlich der zur „Menschenzucht” berufene
Kolonialherr. Adametz Annahme, dass Kulturaustausche zwischen geografisch weit
getrennten Völkern stattfinden müssten, wenn bei ihnen die gleichen Haustiere angetroffen
werden, hatte eine nachhaltige Wirkung auf die Wiener kulturhistorische Ethnologenschule
405
406
Leopold Adametz, Das Watussi-Rind. In: Oskar Baumann, Durch Massailand…, 1894: 351-359.
Leopold Adametz, Diskussionsbeitrag. In: Rudolf Pöch, Über „hamitische” und „semitische”
Rassenmerkmale. Berichte des Forschungsinstituts für Osten und Orient 2, 1918: 25.
407
Leopold Adametz, Herkunft und Wanderungen der Hamiten…, 1920: 99; diesem Werk ging ein
am 16.4.1919 gehaltener Vortrag vor der Wiener Forschungsgesellschaft des „Orient und Ostens“
voraus.
408
Leopold Adametz, Herkunft und Wanderungen der Hamiten…, 1920:
409
„Wo immer die altägyptische Rinderrasse vorkommt, lassen sich beim Züchtervolke hamitische
Züge erkennen […]; das hamitische Rind ist ein Wegweiser für die Verbreitung der Hamiten […]”
vgl. Adametz, 1920: 43.
157
Abb. 28
Das Watussi-Rind nach einer Fotografie von Oskar Baumann, gezeichnet von Rudolf Bacher.
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894 [1968, Reprint]: 85.
158
Abb. 42
Schemattische Darsteellung eines sozial
s
geschiichteten tyran
nnisch organ
nisierten Hirtten – Feldbau
uer –
Jäger Geemeinwesenss (nach Thurn
nwald); nachh C. G. Selig
gman und H. Baumann w
wäre die ethniische
Überlageerungstheorie das Grundg
gesetz für di e Staatenbilldungen in Afrika.
A
Aus: Berrnhard Streckk (Hrsg.), Wörterbuch
W
deer Ethnologiee…, 1987: 186.
159
während der Zwischenkriegszeit. Im Besonderen war es die Frage nach der Entstehung der
Pferdezucht, die mit dem Reiternomadentum der asiatischen Steppenvölker korrelliert
wurde, um damit das Indogermanenproblem zu einer neuen Lösung [„Ostthese”] zu führen.
Während der nationalsozialistischen Ära war es dann der Afrikahistoriker und Ethnologe
Hermann Baumann, 1941-1945 Ordinarius des Wiener Völkerkundeinstituts, der die These
von kulturbringenden hamitischen Viehzüchternomaden propagiert hat. Im Wesentlichen
ging die hamitische Haustierthese von einem diffusionistischen Ansatz aus, eine
kulturgeschichtliche Betrachtung, die nach dem Zweiten Weltkrieg infolge der
polyphyletischen Anerkennung der Domestikationsversuche aufgegeben wurde.410
410
R. Schubert-Soldern, Anpassung und Domestikation als zwei verschiedene Entwicklungsvorgänge.
[2. Wartenstein-Symposion bei Gloggnitz, 6.-12.9.1959]…, 1961: 104-116.
160
3. Das ethnografische Genre als Quelle für Hamitentheorien
Einen maßgeblichen Faktor für die wissenschaftliche Anerkennung von in Afrika lebenden
hamitischen Völkern bildete die Reiseliteratur zu Ostafrika. Der Inhalt dieser
ethnografischen Quellen gab den Hamitentheoretikern wohl den anregendsten Anlass dazu,
ihre Gedanken zu den Hamiten in wissenschaftliche Theoriengebäude auszuformulieren.
Kein europäischer Gelehrter hatte ja bislang Hamiten jemals zu Gesicht bekommen.
Überhaupt war für die europäische Gelehrtenwelt noch zur Jahrhundertmitte für den
diesbezüglichen geografischen Raum lediglich der ostafrikanische Küstenstreifen bekannt.
Ansonsten war man auf die aus der Antike überlieferten Legenden angewiesen. Noch immer
gab die genaue Ortung des Ursprungsgebietes der Nilquelle den Geografen Rätsel auf.
Hinweise dazu boten lediglich die Weltkarte des alexandrinischen Geografen Claudius
Ptolemäus [100-160], der den Nil von den Mondbergen im Innern Afrikas entspringen ließ.
Der geozentrischen Lehre entsprechend, die von einer Erdscheibe ausging, bildete das
Mondgebirge411 das Randgebirge des Südens, wo monströse Menschengruppen vermutet
wurden: Zwerge und Riesen. Die ersten Entdeckungsreisenden in jene Gebiete berichteten
einerseits von Menschen mit ungewöhnlich schlankem und hohem Körperwuchs [bis zu
220cm], andererseits war von Zwergvölkern die Rede, Menschen mit einer Körpergröße von
unter 120 cm, die das antike Weltbild wirklich zu bestätigen schien. Von der
wissenschaftlichen Seite wurde dahingehend die Klärung der auch als „Mondvölker”
bekannt gewordenen Völkergruppen abverlangt. In diesem Zusammenhang stellt sich in
bezug auf Afrika eine neue Wissenschaft an die Seite der Geografen und Erdkundler: die
Rede ist von der Ethnologie und ihrem beschreibenden Wissenschaftszweig, der Ethnografie.
Auffallend bei der im Zeitraum zwischen 1860 und 1914, vor allem von deutschen und
britischen Reisenden verfassten Literatur ist, dass der Hamitenbegriff bereits zum Standard
des wissenschaftlichen Vokabulars gehörte. Dabei wird er weniger sprachwissenschaftlich
benutzt, sondern eher als anthropologische Größe. Dadurch bestand die Möglichkeit,
ethnische Gruppen zu Hamiten zusammenzufassen. Es entwickelte sich eine starke
Wechselwirkung zwischen den großangeordneten anthropologischen Entwürfen aus den
411
Der Name Mondberge geht auf den Eisgletscher zurück, der bei Nacht durch das Mondlicht
besonders hell leuchtet. In der Bakonjesprache wird das tropische Gebirgsmassiv im Westen Ugandas
auch Ruwenzori genannt, was so viel wie „Regenmacher” bedeutet. 1888 hatte sie der amerikanische
Journalist Henry Morton Stanley der westlichen Welt wieder bekannt gemacht; zum antiken Begriff
siehe Richard Hennig, Ptolemäus Kunde vom „Mondgebirge” und den Nilquellflüssen. In: Terrae
incognitae…, 21944 I: 426-433.
161
Lehrstuben Europas mit der darzustellenden wahrgenommenen ethnografischen Realität in
Afrika. Oft hat es den Anschein, dass das aufgezeichnete empirische Datenmaterial lediglich
die vorgefassten Theorien bestätigte. Wenn den zuhauf entstandenen anthropologischen
Beschreibungen hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes nachgespürt wird, lässt sich so
etwas wie ein hamitischer „Blick” feststellen, der sich bei den Afrikaforschern zusehends als
Stereotype in ihrer Wahrnehmung einbildete und festigte. Das wichtigste Medium für den
Erfolg der Hamitenforschung leitete schließlich die Fotografie ein, wonach durch
methodischen Vergleich, die Möglichkeit geschaffen wurde, einen hypothetischen
hamitischen Völkerkreis zu erstellen. Im Folgenden werden die wichtigsten Werke der
Reiseschriftsteller hinsichtlich ihrer Aussagen den Hamiten betreffend besprochen.
Als die erste und wichtigste Quelle zur Entstehung des Hamiten-Mythos ist John Hanning
Spekes 1863 in London publiziertes Werk “Journal of the Discovery of the Source of the
Nile” zu nennen. 1965, kurz nach der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit Ugandas,
nahm der Afrikahistoriker M. S. M. Kiwanuka die Herausforderung an, eine vorkoloniale
Historiografie Ostafrikas auszuarbeiten. Bei seiner kritischen Auswertung von Primärtexten
stellt er die diesbezügliche Brauchbarkeit von Europäern verfassten Reiseberichten
grundsätzlich in Frage und erwähnt in diesem Zusammenhang die in Rede stehenden
Hamiten. “Nothing has bedevilled the study of its history [about the interlacustrine region of
East Africa] more than the Hamitic theory, first put forward by the explorer J. H. Speke”.412
Weit radikaler nahm Peter Rigby 1996 dazu Stellung, offensichtlich unter dem Eindruck des
zwei Jahre zuvor durchgeführten Genozids der Hutu an den Tutsi in Ruanda und Burundi.
„In den Studien über das Östliche Afrika wäre als erstes Beispiel der aus der Anthropologie
kommende „Hamiten-Mythos“ zu nennen, welcher im 19. Jahrhundert vom Grafen de
Gobineau erfunden und zum ersten Mal 1865 vom Abenteurer John Hannington Speke auf
Ostafrika angewendet wurde. Später, im beginnenden 20. Jahrhundert wurde dieser Mythos
von Anthropologen und Historikern vehement [zur Theorienbildung] herangezogen“.413 Peter
Rigby, praktizierender Sozialanthropologe und Professor für Anthropology an der Moi
Universität in Kenya geht sogar soweit, dass für die Beseitigung des „rassistischen HamitenMythos” das Fach “Anthropology” konsequenterweise zur Gänze abgeschafft werden
müsste. Diese kritischen Stellungnahmen scheinen der Person Spekes eine zentralen Platz
412
M. S. M. Kiwanuka (Ed.), Kings of Buganda by Sir Apolo Kaggwa…, 1965: XIX; vgl. auch I. R.
Amadi, The northern factor in the history of sub-Saharan Africa: the Hamitic hypothesis revisited.
Transafrican Journal of History 18, 1989: 80. Der 1865 geborene Apolo Kaggwa war kein
Zeitgenosse Spekes; Hamiten kommen in seiner Herrscherchronologie nicht vor.
413
Peter Rigby, African Images. Racism and the End of Anthropology…, 1996: 65.
162
betreffs der Genese des Hamiten-Mythos zu geben. In wieweit chauvinistischer
Nationalismus bzw. der Problemkreis Genozid hier in die Bewertung eingeflossen ist, ist in
diesem Kapitel von sekundärem Interesse. Spekes Täterrolle und sein nunmehr berühmtberüchtigter Reisebericht hat vorrangig einer genauen Überprüfung unterzogen zu werden.
Was von der Person John Hanning Spekes [1827-1864] bekannt ist, lässt sich ohne
weiteres als selbstbewusster und realitätsbezogener Charakter einschätzen. Vom Ehrgeiz
getrieben stand er Ende Juli des Jahres 1858 als erster Europäer an den Ufern des
Victoriasees, nachdem er seinen älteren Freund Sir Richard Francis Burton aufgrund seiner
Krankheit zurückgelassen hatte. Einer Verleumdung des zum Rivalen gewordenen Burton
zufolge
schenkte
die
Königliche
Geografische
Gesellschaft
Londons
Spekes
Berichterstattungen zunächst keinen Glauben, wodurch Speke sich veranlasst fühlte, seine
Behauptung „der weiße Nil fließe aus dem Victoriasee” in einer weiteren Expedition im Juli
1862 erneut unter Beweis zu stellen. Damit waren die von Bruce begonnenen Erkundungen
des blauen Nils aus dem 18. Jahrhundert weitergeführt und für die europäischen Geografen
konnte das seit der Antike bekannte „Nilrätsel” als gelöst erachtet werden. Diese Feststellung
machte Speke über die Londoner Royal Anthropological Society hinaus schlagartig berühmt,
zumal um die Jahrhundertmitte die Berichterstattungen der Afrikareisenden bereits mit der
„modernen” Zeitungspresse verfolgt wurden. Ihre „Heroen“ wurden demgemäß als “man on
the spot“ ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gestellt. „Ich beabsichtige das nackte Afrika
genau zu beschreiben”414, beginnt Speke seinen berühmtgewordenen Reisebericht
erwartungsgemäß nüchtern aufzusetzen. Wer jedoch sein bekanntes Nilabenteuer weiter
verfolgt, könnte meinen, einen völlig anderen Menschen vor sich zu haben. Ungewöhnlich
für einen Tatenmensch zieht Speke den biblischen Text zu Rate, um seiner selbst gestellten
Anforderung Rechnung tragen zu können. „Ist das Bild [Afrikas] ein trübes”, fährt Speke in
seiner Einleitung weiter fort, „dann sollten wir bei der Betrachtung dieser Söhne Noah’s
versuchen uns im Geiste in die Zeit zu versetzen, wo unser armer älterer Bruder Ham von
seinem Vater verflucht und dazu bestimmt wurde, der Sklave sowohl von Sem als von Japhet
zu sein; denn wie sie damals waren, so erscheinen sie heute noch – ein merkbar sich
darbietendes Zeugnis für die Heilige Schrift.” Auch bei Speke ist also das Afrikabild noch
untrennbar mit dem Noah-Mythos und mit der Rasseneinteilung de Cuviers verknüpft. Der
Afrikaforscher Speke ist dafür bekannt geworden, dass er sein Bibelwissen nicht nur dem
europäischen Leser zu Gemüte geführt hat, sondern davon auch erheblichen Gebrauch bei
einem Besuch des Königs von Unyoro machte. Speke erhielt von Gesandten eine Einladung
nach Chagazi, an den Palast des Kamrasi, dem damaligen König des Unyoro-Reiches
414
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864: Einleitung.
163
[heutiges Uganda]. Im Bewusstsein als erster Europäer am höfischen Leben des KafuPalastes Speke Einblick nehmen zu dürfen, zeigte sich Speke sichtlich beeindruckt. Noch
beeindruckter muss jedoch Kamrasi vom Verhalten Spekes gewesen sein, der während der
persönlichen Unterredung ein Buch zur Hand nehmen wusste, um ihm zu berichten, woher
„sein Volk” – die Wahuma – denn abstammen würde: „Ich traf heute mit Kamrasi in seinem
Empfangshause auf dieser Seite des Kafu-[Palast] zusammen”, berichtet Speke darüber,
„und nahm die Bibel, um ihm alles zu erklären, was ich meiner Idee nach über den Ursprung
und die gegenwärtige Lage des Wahuma-Zweiges in Aethiopien wusste; ich begann mit
Adam, um zu zeigen, woher es käme, dass der König durch Traditionen gehört habe, seine
Rasse sei früher einmal halb-weiß und halb-schwarz gewesen. Dann zur Flut übergehend
bemerkte ich, dass die Europäer weiß blieben und Japhet’s Blut behielten, während die
Araber nach Sem braungelb waren, und die Afrikaner nach Ham schwarz.”415 Es fragt sich
hier, wer von den beiden der größere Analphabet gewesen ist, denn von „schwarzen
Hamiten” konnte in der Bibel nichts geschrieben gestanden sein, gleich welcher Ausgabe
Speke sich auch bedient haben mag. Schließlich leitete Speke den Unwissenden dahingehend
in die Irre, dass er über das Wesen der Bibel vermerkte, „jedes Blatt [stelle] ein Jahr der Zeit
seit Beginn der Schöpfung dar”, worauf Kamrasi eifrig die Blätter der Bibel zu zählen
begann.416 Ob dieser Hinweis bei Kamrasi die Gedanken auslöste, das Wahuma-Volk habe
ein „biblisches Alter”, kann nicht mehr rekonstruiert werden. Bekannt ist, dass Speke bei
seiner Darstellung der „Geschichte der Wahuma” einen dynastischen Herrschafts-Mythos
gesponnen hat, der zwar auf reiner Spekulation beruhte, jedoch ebenso sensationell wie seine
„Nilentdeckung” bei seinem zeitgenössischen Leserpublikum anmutete. Bei seinen
diesbezüglichen Erkundungen am Hofe des Kisrama wurde Speke freundlich darauf
hingewiesen, dass das Wissen über das Alter der „Wahumaherrschaft” über die Zeit der
letzten drei Herrschernamen nicht hinausgehe. Für Speke mag dieser historische Tatbestand
wohl zu unspektakulär gewesen sein, denn in seinem Bericht vermeinte er, seine erworbene
„kurze” Wahuma-Herrscherliste mit der „langen” äthiopischen verbinden zu müssen.
Dadurch konnte Speke die Behauptung aufstellen, dass die „Wahuma” sich dynastisch vom
Hause Davids herleiten würden. Als historische Orientierung dienten ihm jedoch nicht
etwaige komplizierte Herrschergenealogien, sondern lediglich das anthropologische
Erscheinungsbild der Wahuma: „Nach der körperlichen Erscheinung der Wahuma scheint es
unmöglich zu sein zu glauben”, stand für Speke außer Zweifel, „dass sie [die Wahuma] von
keiner andern Rasse wären als der halb Sem-Hamitischen von Aethiopien. Die Traditionen
415
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 225.
416
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 226.
164
der kaiserlichen Regierung von Abyssinien gehen soweit zurück als das Zeitalter König
David’s, von dem der verstorbene regierende König von Abyssinien, Sahéla Sélassié, seine
Abkunft ableitete.“417 Speke hat also im Sinne Terence Rangers418 tatsächlich die Geschichte
der Wahumas „erfunden”. Umso erstaunlicher mutet diese Geschichtsakrobatik an, da ja das
königliche Herrscherhaus „Großbritanniens” (House of Windsor) sich blutsmäßig ebenfalls
vom Hause Davids abzuleiten weiß.419 Welche weiteren „eurozentrischen” Einflüsse sich bei
Speke auch zeigen mögen, eines stand für ihn ohne Zweifel fest: Kamrasi und die Wahuma
waren keine Afrikaner. Um dies seinem Leserpublikum zu veranschaulichen, setzte Speke
einen Mythos in die Welt, der auf die Reste einer im „dunklen” Afrika untergegangenen
europäische Zivilisation abzielte. „Da sie [die Wahuma] glauben, dass Afrika ursprünglich
Europäern gehört habe, denen es von den Negern, mit denen sie sich verbündet hatten,
abgenommen worden sei, halten sich die Wahuma für einen kleinen übriggebliebenen
Stamm der ursprünglichen Europäer, die aus dem Lande vertrieben wurden, – eine Idee, die
natürlich genug erscheint, wenn wir bedenken, dass die Wahuma der Zahl nach völlig
bedeutungslos sind, verglichen mit den Eingeborenen.“420 Damit war der Mythos von den
„weißen Hamiten” in Afrika im Wesentlichen geboren. Die sprachwissenschaftlichen
Untersuchungen Bekes erschienen in einem neuen Licht, Bunsens vorsintflutliche
Anschauungen repräsentierten sich auf einem Male aktuell, de Gobineaus hamitische
Zivilisation schien es wirklich gegeben zu haben, nur mit dem einen Unterschied: sie war
nicht ausgestorben, sondern lebte noch fort und zwar in einem noch völlig unbekannten, mit
Mythen umrankten Erdteil, nämlich in Afrika. Wieviel weitere übriggebliebene hamitischen
Stämme sich noch im Innern Afrikas finden lassen mögen, war von nun an lediglich der
Effizienz wissenschaftlicher Systematik vorbehalten. Spekes sensationelle Behauptung fand
schließlich auch deshalb so raschen Anklang, da er in romantisch-verklärter Absicht
hervorgehoben hatte, es handle sich dabei um althergebrachtes autochthones Wissen. Eine
entsprechende Verstärkung erfuhr dieser Zivilisationsmythos von Hans Meyer, der den
417
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 271.
418
Terence O. Ranger, The Invention of Tradition in Colonial Africa. In: Eric Hobsbawn; Terence O.
Ranger (Hrsg.), The Invention of Tradition…, 1983.
419
Rev. W. M. H. Milner, The Royal House of Britain an Enduring Dynasty. Illustrated by a Tabular
Pedigree of 1000 Names shewing the Descents of the Royal House from Judah and King David…,
12
1952 [1905]; durchaus bemerkenswert ist, dass die führenden kontinentalen Herrscherhäuser des 19.
Jahrhunderts wie die Hohenzoller, die Habsburger oder die Romanovs ihre Herrschaft nicht über den
jüdischen Stammbaum zu legitimieren bestrebt waren, sondern über den römischen Cäsarentitel.
420
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 273.
165
multiethnischen „Wahuma”-Begriff zu einer einheitlichen Gesamtbezeichnung für
hamitische Einwanderer in der westlichen Umrandung des Viktoriasees prägte und ihn mit
der Bedeutung „Leute aus dem Norden” fixierte.421
Neben seinen historischen Entgleisungen hat Speke jedoch noch etwas Entscheidendes in
die Welt gesetzt: nämlich, dass es sich bei Wahuma um eine Mischrasse handele, die sich
aus der Unterwerfung fremder asiatischer Nomadenvölker mit autochthonen afrikanischen
Bauern gebildet hätte: „In diesen Ländern ist die Herrschaft in den Händen Fremder”,
beginnt Speke sein Theoriengebäude darzulegen, „welche in das Land eingefallen sind und
dasselbe in Besitz genommen hatten, wobei sie von den Eingeborenen den Boden bearbeiten
ließen, während die jüngeren Glieder der ursupierenden Stämme Rinderheerden hielten,
genauso wie in Abyssinien, oder wo nur Abyssinier oder Gallas sich gezeigt haben. Dort
nahm ein Hirtenstamm von der asiatischen Seite die Herrschaft in Abyssinien von dem
Volke und hat seither über dasselbe regiert, wobei er durch das Heirathen mit den Afrikanern
in einer gewissen Ausdehnung die Textur seiner Haare und die Farbe seiner Haut änderte,
aber immer noch in hohem Grade asiatische Züge beibehielt, für welche ein sehr
charakteristischer Zug die mit einem Rücken versehene Nase im Vergleich zur rückenlosen
ist.”422 Bemerkenswert bleibt, dass Speke sich selbst als Urheber dieses soziohistorischen
Einwanderungsmodells präsentiert und dieses mit dem Begriff „ethnologisch” belegt. Das
Selbstverständnis des daraus entstandenen Universitätsfaches Ethnologie galt darum
zunächst der Bestimmung der ethnischen Zusammensetzung eines Volkes – ähnlich einer
chemischen Laborprobenanalyse. Der Begriff „ethnische Überschichtung” war damit in der
Folge
einerseits
mit
der
Person
Spekes
und
andererseits
mit
den
jungen
Wissenschaftsdisziplinen der Ethnologie, aber auch der Soziologie verbunden.
In bemerkenswerter Weise zeigt sich der Einfluss der Rassenkonzeptionen Gustav
Klemms, aber auch schon die Idee des Sozialdarwinismus macht sich breit, wenn Speke den
soziohistorischen Bedingungen Ostafrikas die „Besiegung niederer durch höhere Rassen”
voranstellt. „Die körperliche Erscheinung dieser merkwürdigen Rasse – die Wahuma von
Uganda – die selbst mehr Antheil an der phlegmatischen Natur des semitischen Vaters als an
dem nervösen unruhigen Temperament der hamitischen Mutter hat, als ein sicherer Schlüssel
zu ihrem sem-hamitischen Ursprung.“423 Speke steht deutlich in einer Übergangsphase. Bei
seiner ethnografischen Bestandsaufnahme lehnt er sich auf der einen Seite an die
421
Zitiert nach Karl Weule, Wahuma. In: Heinrich, Schnee (Hrsg.), Deutsches Koloniallexikon…,
1996 III: 656.
422
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 272.
423
John Hanning Speke, Die Entdeckung der Nilquellen…, 1864 II: 276.
166
geschichtstheologische Betrachtungsweise der Bibel, auf der anderen Seite greift er bereits
nach den säkularen und naturwissenschaftlichen Erklärungsmustern, wie sie der
Darwinismus bot. Beide Momente bedingten einander, der Hamiten-Mythos war die sich
daraus ergebende geistige [Miss]-Geburt.
Wissenschaftsgeschichtlich gesehen ist Speke in Bezug auf die Genese des HamitenMythos ein Pionier. Für die 1860er Jahre bis in die 1880er Jahre herauf steht sein
Reisebericht eigentlich als Ausnahme da. Das ist umso bemerkenswerter, da während dieses
Zeitraums eine ganze Reihe ethnografischer Berichte über Afrika vorliegen, meist von
deutschen „Pionieren” verfasst. Weder in den Werken Heinrich Barths, weder in jenen von
Adolph Bastian oder von Robert Hartmann noch in Bezug auf Speke an Sensation nichts
nachstehenden Berichten von Georg Schweinfurth und Wilhelm Junker ist der
Hamitenbegriff zu finden. In diese Epoche fällt auch die Wiederentdeckung der Steinruinen
von Simbabwe, die bei den Europäern die Vorstellung von einer verloren gegangenen
Zivilisation im Innern Afrika erwachen ließ. Mit den Hamiten in Verbindung gebracht hatte
Carl Mauch die Ruinen jedoch noch keineswegs. Erst der Wettlauf um die koloniale
Erschließung Afrikas, das Zwischenseengebiet und das südliche Afrika im Wesentlichen,
wird die Gelehrten-Gemüter um die Suche nach vermeintlichen Hamiten erhitzen lassen.
Eine zeitliche Orientierung bietet dahingehend die Berliner Kongokonferenz 1884-1885, die
mit ihrem Wirkungsfeld als Katalysator für den “Scramble for Africa” nicht nur die
koloniale Aufteilung Afrikas einleitete, sondern auch das Entsenden großangelegter
wissenschaftlicher Expeditionen intensivierte.
Die Kongo-Konferenz in Berlin bewirkte die Anerkennung des kolonialen Besitztums des
belgischen Königs Leopold II. als “état indépendant du Congo”. Gleichzeitig wurden dabei
die Einflusssphären der einzelnen europäischen Mächte auf dem afrikanischen Kontinent
abgesteckt.
Beispielsweise
Konferenzabschluss
einen
erklärte
Schutzbrief
die
deutsche
zugunsten
Regierung
der
privaten
unmittelbar
Erwerbungen
nach
im
ostafrikanischen Hinterland an Carl Peters, wodurch ein “Scramble for Eastafrica” zwischen
dem Deutschen Reich und Großbritannien eingeleitet wurde, der sich erst nach Abschluss
des deutsch-britischen Helgoland-Sansibar-Vertrages am 1.7.1890 und der Grenzziehungen
der beiden kolonialen Territorien “British-East-Africa” und „Deutsch-Ostafrika” legte. Am
1.1.1891 übernahm das Deutsche Reich formell die Verwaltung des Schutzgebietes Deutsch
Ostafrika, Dar Es Salaam wird Hauptstadt.
Vor dem Hintergrund dieses kolonialen Expansionsszenarios beauftragte die deutsche
Regierung 1890 den Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika Hermann von Wissmann
[1853-1905] durch eine groß angelegte Expedition bestehend aus 7 Europäern, 150 Soldaten
167
und 400 Trägern,424 die Herrschaft ins Hinterland von Ostafrika weiter auszubauen. Mit der
Expeditionsleitung wurde der Gouverneur der Äquatorialprovinz des ägyptischen Sudan
Emin Pascha, eigentlich Eduard Schnitzer [1840-1892] betraut, der jedoch während der
zweijährigen Expeditionsdauer von arabischen Sklavenjägern ermordet wurde. An seine
Stelle rückte der Leutnant der Reserve, Franz Ludwig Stuhlmann [1863-1928], ein junger
promovierter Zoologe aus Hamburg und außerordentlicher Bewunderer des „deutschen
Mehmed”. Stuhlmann hatte sich mit seinem ganzen Herzen der Kolonialisierung Afrikas
verschrieben, obgleich er deren Schattenseiten schmerzhaft am eigenen Leib erfahren hatte:
während eines Araberaufstandes erlitt er eine Schusswunde, die ihn für ein Jahr lang an das
Krankenbett fesselte. Seine detaillierten Beobachtungen legte er 1894 in „Mit Emin Pascha
ins Herz von Afrika” nieder, einem 900 Seiten umfassenden wissenschaftlichen
Monumentalwerk. Es stellt die zweite wichtige Quelle dar, auf die die Hamitentheoretiker
bei ihren Entwürfen zurückgreifen.425 Der vom Titel her stark an Georg Schweinfurth
erinnernde Bericht betraf die Botanik und Zoologie, vor allem aber die Anthropologie und
Ethnografie des ostafrikanischen Hinterlandes, da der Kolonisierung gemäß, wie Stuhlmann
eigens hervorhebt, „gerade die Studien über Sitten und Gebräuche der Eingeborenen von
größtem Werth sind für diejenigen, die als Kolonialbeamte diese Völker beherrschen
wollen.”426 Während Schweinfurts Unternehmung noch von der wissenschaftlichen
Humboldt-Stiftung finanziert wurde, lagen nun von Seiten des Berliner Auswärtigen Amtes
eindeutige koloniale Interessen vor. Stuhlmanns Auflistung der in Ostafrika angebauten
Kulturpflanzen wie Tabak, Sorghum oder Sisal zielte unmissverständlich auf das bald
großangelegte koloniale Plantagenwirtschaftsprogramm Deutschostafrikas ab. Ebenso
werden die ethnischen Gruppen diesen ökonomischen Gesichtspunkten untergeordnet. Für
die Völker am Unyamwesi und des Seengebiets prognostizierte Stuhlmann: „Wo aber der
sesshaft machende Ackerbau mit der wohlhabend machenden Viehzucht sich vereint, da ist
der beste Boden für eine aufkeimende Kultur […] Es ist sicher kein Zufall, dass gerade im
Zwischenseengebiet die geordnetsten Staaten, Wohlstand und ein Industrie sich findet.
Kräftig, und aufkeimende kriegerische, viehzüchtende Nomaden einer fremden Rasse haben
424
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika…, 1894: 6.
425
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika. Ein Reisebericht von Dr. Emin
Pascha, in seinem Auftrage geschildert. Im amtlichen Auftrage der Kolonial-Abtheilung des
Auswärtigen Amtes herausgegeben…, 1894.
426
Reinhard Bindseil, Ruanda im Lebensbild des Offiziers, Afrikaforschers und Kaiserlichen
Gouverneurs Gustav Adolf Graf von Götzen (1866-1910)…, 1992: 211, besonders das Kapitel
„Deutsche Forschungsreisende in Ruanda 1890-1914”.
168
sich mit den fleißigen, konservativen Ackerbauern vereint.”427 Der von Speke erstmals
ausformulierten ethnologischen Überschichtungstheorie kommt nun bei Stuhlmann ein
kolonialpolitisches Entwicklungsprogramm zu. Einige Jahrzehnte später wird es Richard
Thurnwald
sein,
der
anhand
Stuhlmanns
Reisebericht
seine
funktionalistische
Ethnosoziologie erstellt. Der ehemals geschichtstheologische Aspekt bei der ethnografischen
Bestandsaufnahme ist bei Stuhlmann gänzlich verschwunden. Das Adverb hamitisch
bezeichnet nun mit einem Mal Werte wie Fortschritt, Reichtum, Herrschaft und
Staatenbildung,
die
einem
vereinfachten
dualistischen
Denkschema
gemäß
der
Rückständigkeit, Armut und Bauernkultur gegenübergestellt werden und allgemein mit dem
an und für sich unwissenschaftlichen Begriff „Bantu-Neger” umrissen wird. Aus seiner Sicht
ergibt sich daher die naheliegende Konsequenz: „Die hamitischen Völkerschaften sind stark
von den Negern zu trennen. Ihre schlanke Gestalt, ihre schmalen Gesichter und Nasen und
vor allen die vollkommen abweichende Haarbildung (seidenartig lockig, nicht spiralig
gedreht) charakterisiert sie. Hierdurch nähern sie sich viel mehr den Semiten als den
Negern.”428 Ungewöhnlich für einen deskriptiven Reisebericht entwickelte Stuhlmann
dahingehend ein ethnisches Klassifikationsschema, das er im Anhang auflistet. Wenn
Stuhlmann von „Bantu”, „Niloten” und „Hamiten” spricht, dann bezeichnen diese keine
sprachlichen Einheiten mehr, sondern Begriffe anthropologischen Inhalts. Also auch bei
Stuhlmann ist die klare Absage an Friedrich Müller festzustellen. Ähnlich wie Speke geht
Stuhlmann bei seiner Vorgehensweise apriori von rezenten Mischtypen aus, wobei er der
fiktiven Annahme unterliegt – ähnlich wie de Gobineau –, dass jene in unbestimmter Zeit
zurückliegend unvermischt vorgelegen haben müssen. Im Wesentlichen geht es um die
Frage, ob die rezenten „Hamiten” semitisch oder bantuid vermischt sind. Da semitisch und
bantuid jedoch keine anthropologische, sondern sprachliche Größen darstellen, kommt es
hier zu einer Vermischung zweier vollkommen unterschiedlichen Inhalte – ein Grundzug,
auf dem der Hamiten-Mythos seine Wurzeln schlagen konnte. Wenn Stuhlmann von
„Wahúma” spricht, für ihn die „Hamiten” par excellence, dann ist das glatte Fiktion, die auf
dieser Verwechslung beruht. Darüber hinaus verwendet Stuhlmann, wie Speke und Meyer
ebenso, „Wahúma” als einen überethnischen Begriff, dem keinerlei empirische Grundlage
zukommt. „Von Nordost aus drangen in diese Gebiete hamitische Völkerschaften ein”, führt
Stuhlmann aus, „die wir mit dem Sammelnamen Wahúma bezeichnen und die offenbar in
mehreren Völkerwellen eingewandert sind.”429 Bezeichnenderweise benutzt Stuhlmann für
427
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika…, 1894: 855-856.
428
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika…, 1894: 845.
429
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika…, 1894: 842.
169
Wahuma auch den Begriff „Bantu-Hamiten”, weil jene sich keiner Hamiten-, sondern einer
Bantusprache bedienen. Hier kommt also das eigene Missverständnis vom rezenten
„hamitisch-bantuiden Mischtypus” offen zum Vorschein. Hätte Stuhlmann den von Bleek
eingeführten sprachlichen Begriff Bantu auch so verwendet, wäre niemals ein derartiger
fiktiver Mischtypus entstanden. Es war Stuhlmann, der für am Nil lebenden Menschen mit
dem anthropologischen Begriff „Hamito-Niloten” zusammenfasste,430 also ebenso ein
fiktives „Mischvolk”, das dann in späterer Folge von Bernhard Struck [1888-1971], einem in
Jena
tätigen
Afrikanisten
und
Anthropologen,
sprachwissenschaftlichen Begriff erfuhr.
431
die
Umkehrung
zu
einem
Allein diese Begriffskonstruktionen geben ein
Beispiel dafür ab, wie willkürlich hier vorgegangen wurde. Das von R. Kiepert beigefügte
Kartenmaterial, gibt einen anschaulichen karthografischen Überblick auf das von Stuhlmann
entwickelte ethnische Klassifikationsschema, im Übrigen ein weiterer Grund, warum auf
Stuhlmann derart oft zurückgegriffen wird.
Die Teilnahme an einer solchen „öffentlichen” Unternehmung schaffte für einen
promovierten Zoologen günstige Bedingungen, sich mit Hilfe wissenschaftlicher
Erkenntnisse aus Ostafrika als Professor an einer deutschen Universität empfehlen zu
können. Für Stuhlmann eröffnete sich alsbald eine steile Karriere innerhalb der kolonialen
Institutsgründungen. Er trat in den Kolonialdienst ein und wurde Referent für Landwirtschaft
und Landesvermessung beim Gouvernement in Dar-Es Salaam. 1903 avancierte er zum
ersten Direktor der neugegründeten landwirtschaftlichen Forschungsanstalt in Amani zur
Förderung der Plantagenwirtschaft und des Kaffeeanbaus. Nach seiner Rückkehr nach
Deutschland bekleidete er 1908 das Amt des kommissarischen Generalsekretärs des
neugegründeten Kolonialinstituts in Hamburg. Sein Hauptwerk „Handwerk und Industrie in
Ostafrika” (1910), eine bereits von der ethnologischen Kulturkreislehre beeinflusste
konzipierte Arbeit, gab den Auftakt zur Hamburger Kolonialschule.432 Von der gebietsmäßig
flächendeckenden Vorgehensweise ist es vergleichbar mit der des Internationalen AfrikaInstituts [IAI] in London433 nach dem Zweiten Weltkrieg, mit dem entscheidenden
430
Franz Ludwig Stuhlmann, Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika…, 1894: 846; 849.
431
Bernhard Struck, Skizze der hamitischen Sprachkarte in Aequatorial-Ostafrika…, 1911.
432
Franz Ludwig Stuhlmann, Handwerk und Industrie in Ostafrika. Abhandlungen des
Hamburgischen Kolonialinstituts…, 1910 I.
433
Unter der Leitung von Daryll Forde, Direktor des IAI, entstanden ab 1950 82 funktionalistische
Monografien zu Afrika, die acht Regionalgebieten zugeordnet wurden: 1) Western Africa; 2) French
Series; 3) North Eastern Africa; 4) Eastern Central Africa 5) Madagaskar 6) Western Central Africa;
170
Unterschied, dass erstere kulturhistorisch und zweitere funktionalistisch ausgerichtet war.
Als 1921 die Umwandlung in ein selbständiges wissenschaftliches Institut als
„Hamburgisches Welt-Wirtschaftsarchiv“ erfolgte, wurde Stuhlmann zum ersten Direktor
ernannt.
Die intensive Nutzung der Baumwoll- und Sisalplantagen an der Ostafrikanischen Küste
erforderte eine entsprechende Organisation, vor allem aber ausgebildetes Personal. Zu
diesem Zweck wurde 1899 die Kolonialschule Wilhelmshof zu Witzenhausen bei Kassel
gegründet. Ihr Geschäftsführer war Prof. E. A. Fabarius, dessen Aufgabe es war, junge und
wagemutige Männer zwischen 17 und 27 Jahren in einer 2-3jährige Vorbereitungszeit zu
Wirtschafts- und Plantagenbeamten auszubilden. Der deutschnationale Geist beherrschte die
Aufbruchsstimmung: „Mit Gott für Deutschlands Ehr’ – Daheim und über Meer!”, lautete
der Leitspruch der Auszubildenden. Ihr Schutzherr war Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg.
„Durch Massailand zur Nilquelle” (1894), verfasst vom österreichischen Geografen
Oskar Baumann, ist als ostafrikanischer Reisebericht die dritte wichtige Quelle, worauf
Hamitentheoretiker zurückzugreifen pflegen.434 Ähnlich wie Stuhlmann fügte Baumann
seinem deskriptiven Reisebericht auch einen wissenschaftlichen Anhang bei, worin er seine
detaillierten ethnografischen Beobachtungen zu einem ethnologischen Theoriengebäude
ausbaut. Die Ähnlichkeit in der Konzeption zu Stuhlmann ist geradezu auffällig. Aus den
Fußnoten ihrer Werke ist zu ersehen, dass sich beide Autoren gegenseitig in ihren
Formulierungen stützten. Die beinahe Gleichaltrigen hatten einander 1889 auf Sansibar435
kennengelernt und ihrem Interesse Afrikas entsprechend entwickelte sich alsbald eine innige
Freundschaft. Der gravierende Unterschied zwischen den beiden Pionieren lag jedoch in den
nationalen Interessen, die sie zu vertreten hatten. Während das Deutsche Reich bestrebt war,
eine ostafrikanische Siedlungskolonie nach britischem Vorbild aufzubauen, spekulierte die
österreich-ungarische Monarchie eher mit den aus dem kolonialen Handel resultierenden
Gewinnen, wie Oskar Baumann prägnant in einem Aufsatz kurz vor seinem Antritt als
österreichischer k.k. Konsul [1896] auf Sansibar auf den Punkt bringt: „Mögen Andere
Flaggen hissen, Kriege führen und Afrika regieren, so viel sie Lust haben: Wir Österreicher
7) Congo 8) Southern Africa; Daryll Forde war von 1948 bis 1972 Herausgeber der Zeitschrift
„Africa“.
434
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle. Reisen und Forschungen der Massai-Expedition
des deutschen Antisklaverei-Komite in den Jahren 1891-1893…, 1968: 149.
435
Stellungnahme in Oskar Baumann, In Deutsch-Ostafrika während des Aufstandes. Reise der Dr.
Hans Meyer’schen Expedition in Usambara…, 1890: 26.
171
wollen nichts Anderes als unseren Antheil an dem Gewinne, den das grosse afrikanische
Geschäft für Europa abwerfen wird.”436 Mit dem unerwartet frühen Tod Oskar Baumanns
1899 versandeten die diplomatischen Verbindungen Österreichs mit Deutsch-Ostafrika. Und
die damit einhergehende Adaptierung der hier offen zu Tage kommenden habsburgischen
Heiratspolitik hin zu einer gewinnbringenden pragmatischen kolonialen Handelspolitik ging
nicht in Erfüllung.
Der gebürtige Wiener Oskar Baumann [1864-1999] war ein kühner Abenteurer, wie es im
Buche steht. Schon im Alter von neunzehn Jahren unternahm der Sohn eines hohen BankBeamten seine erste Forschungsreise. 1883 ging er nach Montenegro, erkundete das
Dormitorgebirge. Seine Ergebnisse überraschten die Fachwelt in Wien so sehr, dass ihn
Oskar Lenz zwei Jahre später als Topografen für seine österreichisch-ungarische
Kongoexpedition engagierte. Als der 24jährige an der Universität Leipzig mit einer
geografischen Arbeit über die Bube in Fernando Poo promoviert, hatte er bereits zwei
Afrikareisen hinter sich. Sein akademischer Lehrer, Friedrich Ratzel, brachte ihm den
makroskopischen Blick der Anthropogeografie bei, seine Liebe zur Wiedergabe
naturgetreuer ethnografischer Details – ein Wesenszug seiner Reisebeschreibungen –
erlangte er direkt aus der Praxis, infolge seiner ausgedehnten Reisen in Gebiete, in die sich
noch kein Europäer vorgewagt hatte. In Leipzig hatte er auch Hans Meyer [1858-1928]
kennengelernt, reicher Sprössling aus der sächsischen Verlagsfamilie, der durch seine
Erstbesteigung des Kilimandscharo 1888 gemeinsam mit dem Tiroler Alpinisten Ludwig
Purtscheller [1849-1900] bekannt geworden war.437 Bei einer Expedition ins ostafrikanische
Hinterland wurden Baumann und Meyer in den Araberaufstand verwickelt. Die deutsche
Kolonialregierung war gegen arabische Sklavenhändler aggressiv vorgegangen, um deren
florierenden
Karawanen-Handel
mit
Menschen
zu
bekämpfen.
Im
Namen
der
„Pazifizierung” sollte das Sklavenhändlerreich Tippo Tips, einem der berüchtigsten
Drahtzieher im Hinterlande, zerschlagen werden. So stand Baumanns am 15. Jänner 1892
von Tanga aus gestartete Massai-Expedition unter der Flagge des Deutschen AntisklavenKomitees (mit Sitz in Koblenz), welches reichlich finanzielle Mittel dem etwa 200 Mann
starken Expeditionskorps beisteuerte. Freilich standen hinter einem solchen Unternehmen
auch koloniale Interessen. Das Unternehmen als Ganzes unterstand der „EisenbahnGesellschaft für Deutsch-Ostafrika”. Als Ziel galt es vor allem die „kriegerischen Massai”
im Hinterland zu erkunden, um sie für das nationalstaatliche Interesse zu gewinnen. 1891,
436
Oscar
Baumann,
Österreichisch-Ungarische
Interessen
in
Ostafrika.
Monatszeitschrift für den Orient 21, 1-2, 1895: 4.
437
Hugo Hassinger, Österreichs Anteil an der Erforschung der Erde…, 1949: 158.
Österreichische
172
also ein Jahr zuvor, hatte nämlich eine Viehseuche in ganz Ostafrika gewütet, die die
meisten
Viehzüchtergesellschaften
ihrer
Existenzgrundlage
beraubte.
Ohne
ihre
Rinderherden waren die Massai verarmt, ohne rasche Kenntnisse über den Ackerbau waren
sie dem Hungertod ausgeliefert. Viele der einst stolzen Krieger mussten sich mittels Jagd
oder kleinen Diebstählen durchbringen, „die Weiber, Kinder und Greise”, wie Baumann die
allgemeine Lage der Massai schildert, „waren aber dem Elend völlig preisgegeben.”438
Baumann wollte jedoch bis nach Urundi, „von dem bisher nur dunkle Gerüchte ins Ausland
gedrungen waren, und nach Ruanda, „jenes Fabelland, von dem viele Reisende gehört, das
aber noch keiner betreten hat.”439 Ein solches Unterfangen galt als nicht ungefährlich, so war
die Mannschaft neben Provisionskisten und Tauschwaren auch ausreichend mit Hinterladern
und Munition ausgerüstet. Als die Mannschaft nach dreizehnmonatigem und 3500km langem
Fußmarsch wieder an der Ostküste in Pangani ankam, waren 38 von ihr gewaltsam ums
Leben gekommen, 5 davon allein im Massailand.440
Vielleicht waren es gerade diese gewaltsamen Zusammenstöße mit den „verarmten
Viehzüchtern”, die Baumann dazu verleiten ließ, rückblickend die Menschen in Ostafrika zu
idealisieren. Über die Massai schreibt Baumann: „Im allgemeinen machen die Massai den
Eindruck eines hamitischen Stammes, der in verschiedenen Gegenden mehr oder weniger
starke Blutmischungen mit Bantu erhalten hat.”441 Als Kriterium zählt Baumann eine Reihe
körperlicher Erscheinungsbilder auf: „Die Massai sind meist hochgewachsen, schlank und
langbeinig. Ihre Körperformen sind selten voll, sondern auch bei Männern vielfach zart und
weibisch, doch oft von grosser Schönheit. Dennoch besitzen sie bedeutende Muskelkraft und
Ausdauer.”442 Baumann nennt dies den „reinen Hamitentypus”, der sich geradezu
gegensätzlich zu den „vielfach untersetzten Leuten [Bantu] mit oft thierisch hässlichen
Gesichtszügen”443 abhebt. Darüber hinaus kennt Baumann auch das Klassifikationsschema
nach Haaren, das er von Haeckel und Müller übernommen hatte: „Häufig trifft man
sogenanntes Hamiten-Haar bis zur Länge von ca. 1 cm völlig glatt und bekommt dann erst
eine leichte Kräuselung, die an die Kraushaare mancher Europäer erinnert. Beim echten
Wollhaar erscheinen dagegen die ersten Haaransätze gekräuselt. Dieses an der Küste bei
Mischlingen von Arabern und Negern nicht seltene Hamiten-Haar findet sich bei den
438
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 157.
439
Hanne Egghardt, Österreicher entdecken die Welt…, 2000: 160.
440
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: Mannschaft der Massai-Expedition.
441
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 158.
442
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 158.
443
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 167.
173
Plateau-Massai häufig, etwas seltener bei jenen des Tieflandes die häufig Wollhaare
haben.”444 Die kritische Durchsicht der Kolonialliteratur hat oft zu der Behauptung geführt,
dass die damaligen Forschungsreisenden und Kolonialbeamten mangels an Lokalwissen bei
ihrer Einteilung nach Ethnien oft willkürlich vorgegangen waren. Baumann wäre dafür
sicher kein Präzedenzfall. Baumann konnte fließend Swahili und hatte eine Reihe von
Dolmetschern angestellt, die ihm profundes Wissen über die Lokalgruppen vermittelten. Wer
seinen detaillierten Bericht in den Händen hielt, kann Baumann sicher diesen Vorwurf nicht
machen. Vielmehr erinnern seine aus seinem gesammelten ethnografischen Material
gezogenen Schlussfolgerungen daran, wie sehr er als Forschungsreisender in den damaligen
Theoriediskurs verstrickt war. Baumanns Zusammenfassung über seine Massai-Hamiten
lautete: „Nach den Ergebnissen der Forschung ist der Ursprung der Hamiten in Asien zu
suchen, von wo sie vor der Einwanderung der alten Egypter nach Afrika zogen. Das Volk
der Pharaonen trat 5000 Jahre vor Cush mit einem Kulturzustand in die Geschichte ein, der
bereits auf eine uralte Entwicklung im Nilthale schliessen lässt. Vor wie vielen
Jahrtausenden mag also die Einwanderung der Egypter aus Asien erfolgt sein, in welch’
grauer Vorzeit mögen erst ihre Vorläufer, die Hamiten und gar deren äußerste Zweige, die
Fulbe einerseits, die Wafiomi andererseits, die große Völkerbrücke am rothen Meere
überschritten haben?!”445 1892 noch hatten Ludwig von Höhnel und Samuel Teleki von
Szék, Entdecker des Rudolph- und Stephanie-Sees, die Massai noch als nilotisches Volk
beschrieben.446 Um die ethnische Zuordnung der Massai entstand geradezu ein
Expertenstreit. Etwa ein Jahrzehnt später behauptete der Schlesier Moritz Merker [18671908], Hauptmann der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, nach eingehenden Studien, dass
die Massai nicht von den Hamiten, sondern direkt von den alten Hebräern abstammen. Als
Semiten wären sie noch vor 5000 v. Chr. direkt aus Vorderasien herübergewandert.447 In der
ersten Ausgabe des 1910 begründeten Organs der deutschen Kolonialgesellschaft Koloniale
Rundschau wird auch das Verlagsverzeichnis von Dietrich Reimer angeführt: „Merker führt
uns ein Volk vor, dessen strenger Monotheismus es weit über den Standpunkt aller uns
bisher bekannten afrikanischen Naturvölker emporhebt, dessen Sitte und Lebensweise uns
444
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 158.
445
Oskar Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle…, 1894: 195.
446
Ludwig von Höhnel, Zum Rudolph-See…, 1892: beigelegte ethnografische Karte.
447
Moritz Merker, Die Masai. Ethnographische Monographie eines ostafrikanischen Semiten-
volkes…, 1904.
174
lebhaft an die Erzväter des Alten Testaments erinnern.“448 Derjenige der dieser Auffassung
am vehementesten entgegentrat, war Karl Weule, Mitgestalter des Deutschen KolonialLexikons [1919]. Darin heißt es: „Diese Hypothese ist durch nichts begründet und allseitig
zurückgewiesen worden.” Seiner Ansicht nach waren die Massai auch asiatischen
Ursprungs, jedoch keine Semiten sondern Hamiten.449 1930 ordnete Pater Wilhelm Schmidt
die Masai-Gruppen - Weule folgend - den Hamiten zu.450
Andere Reiseschriftsteller wiederum gingen bei ihren Schlussfolgerungen weit
vorsichtiger vor und enthielten sich dieser waghalsigen Theorien. Graf Gustav Adolf von
Götzen, der 1895 auf Baumanns Spuren eine aus eigenen Mitteln finanzierte Expedition in
das Hochland von Ruanda leitete, schrieb über die Herkunft der Hamiten: „Die
Hauptschwierigkeiten, auf die man bei allen Erkundungen nach früheren Zeiten und
Ereignissen stößt, ist das mangelnde Verständnis der Eingeborenen für Zeitbegriffe. Wir
erfahren so zwar von großen Wanderungen hamitischer Völker aus Abessinien und den
Galla-Ländern, die mit zahllosen Herden grosshörniger Rinder nach Südwesten zogen und
sich die Länder zwischen den großen Seen unterwarfen. Ob aber diese Umwälzungen 200,
500 oder 1000 Jahre zurückliegen, wird sich sehr schwer oder gar nicht feststellen lassen.
Ein mächtiges Reich, Kitara, von dem schon Speke erzählt, hat jedenfalls bestanden. Die
dort herrschende Dynastie nannte sich die Wakintu, von denen auch die Könige von Uganda
ihre Herkunft ableiten. Und wenn wir nun aus den alten Sagen der Waganda hören, dass der
erste Kintu von Norden her kam, dass er in allen seinen Massen eine übermenschliche
Erscheinung war, müssen uns da nicht unwillkürlich die riesigen Gestalten des Kigeri und
seiner Großen in den Sinn kommen, dieser Leute, die in ihrer äußeren Erscheinung so ganz
anders sind, als die Bewohner des Landes, das sie beherrschet, und die mit ihren
Körpermassen in unsere heutige Zeit gar nicht mehr zu passen scheinen?“451
Eine Theorie, die sich vor allem auf die äußere Erscheinungsform von Menschen stützt,
macht ein präzises Dokumentationmaterial erforderlich „Hamitengesichter” festzuhalten.
Daher stellte die Fotografie in dieser Hinsicht wohl das geeignetste Instrument dar. Einzelne
solcher als Hamiten bezeichneten Fotoporträts tauchen kurz nach der Jahrhundertwende in
der Reiseliteratur auf, die dann als Beleg in der Sekundärliteratur weiter Verwendung finden.
448
Koloniale Rundschau 1, 1, 1910; begründet von Ernst Vohsen; Schriftleitung Dietrich
Westermann.
449
Der britische Panägyptologismus erblickte bei den Massai altägyptische Kultureinflüsse; siehe
[Abb. 36].
450
Wilhelm Schmidt, Sind die Masai Semiten? MAGW 60, 1930: 331-342.
451
Graf von Gustav Adolf Götzen, Durch Afrika von Ost nach West…, 1895: 187.
175
Das von den Hamitentheoretikern am häufigsten herangezogene Bild eines „Hamiten” ist
wohl eine Porträtaufnahme des Mhima-Sultan Kissilerobo aus Mpóroro im heutigen Ruanda.
Vielen Hamitologen diente es dazu, ihre Vermutungen über die Hamiten erhärten zu lassen.
Es taucht in schier unzähligen Werken auf, nur die namhaftesten seien hier erwähnt. Felix
von Luschan zog es in seinem bekanntgewordenen Werk über die Hamiten heran, genauso
der Hamburger Anthropogeograf Siegfried Passarge sowie die Kulturkreistheoretiker
Wilhelm Schmidt452 und Hermann Baumann.453 In der einschlägigen kolonialen454 und
nationalsozialistischen Literatur nahm es einen standesgemäßen Platz ein [Abb. 31]455, selbst
in rezenten deutschsprachigen Reiseführern zu Ostafrika begegnet es noch.456 „Mit ihrer
riesigen Körpergröße von 2 m und mehr”, so dokumentierte Karl Weule 1912 das
Kissilerobo-Porträt, „und durch das scharfe, fast semitisch geschnittene Gesicht […]
erscheinen sie beinahe ebenso afrikafremd wie dessen weiße Herren von heute auch.”457 Im
selben Jahr kommentiert Felix von Luschan die Aufnahme von Weiss: „Viele von ihnen
sehen geradezu wie alte Ägypter aus und wenn man eine größere Zahl von guten
Photographien von ihnen dokumentiert, hat man immer den Eindruck, als wären alte
Pharaonen aus ihren Gräbern wieder auferstanden. […] Ich kann niemals die Weiss’schen
Aufnahmen zur Hand nehmen, ohne nicht immer von neuem über die sonst ganz beispiellose
Schlankheit der Hima zu staunen und über deren situs viscerum nachzudenken.”458 Zwei
Jahrzehnte später findet sich bei von Eickstedt folgende Eintragung: „Der ganze
Gesichtsschnitt erinnert sogar oft auffallend an altägyptische, zum Teil historisch bekannte
Personen. So ähnelt, worauf schon v. Luschan aufmerksam machte, der Massai-Sultan
452
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 333; als Beispiel für das
„absolute Königtum”.
453
Hermann Baumann, Völker und Kulturen Afrikas. In: Hermann Baumann; Richard Thurnwald;
Dietrich Westermann, Völkerkunde von Afrika…, 1939: 64: Tafel V, 2.
454
Karl Weule, Wahuma. In: Heinrich, Schnee (Hrsg.), Deutsches Koloniallexikon…, 1996 III: 656.
455
Hans Friedrich Karl Günther, Rassenkunde des deutschen Volkes…, 1924: 460; vgl. dazu „Rasse,
unverändert durch Jahrtausende”, aus der nationalsozialistischen Zeitung Märkischer Adler
(7.6.1936), in der Kissilerobo als „ägyptisches Gesicht” das Zwischenglied im Vergleich zwischen
antiken und zeitgenössischen arischen Rassenköpfen einnimmt; zitiert in George L. Mosse, Die
Geschichte des Rassismus in Europa…, 1990 [am. Orig. 1978]: 139.
456
Michael Köhler (Hrsg.), Ostafrika. „Richtig Reisen”. Reisehandbuch…, 31991: 418; der US-
amerikanische Reprint-Verlag “Johnson Reprint Coporation” gab „Völkerstämme im Norden
Deutsch-Ostafrikas” 1971 neu heraus.
457
Karl Weule, Leitfaden der Völkerkunde…, 1912: 84.
458
Felix von Luschan, Hamitische Typen…, 1912: 251.
176
Kissilerobo von Mpóroro ganz auffallend den Abbildungen von Pharao Seti I. Auch
Minephta I. zeigt diesen Typus […]. Magere Massai können schreckend an altägyptische
Mumien erinnern” [Abb. 30].459 Bei dieser Fülle von Beschreibungen ist es geradezu
erstaunlich, dass keine biografischen Angaben über Kissilerobo vorliegen.
Die Porträtaufnahme stammt von Max Weiss [geb. 1874], einem deutschen
Vermessungs-Fotografen,
der
als
Schutztruppensoldat
nach
Deutsch-Ostafrika
abkommandiert worden war [Abb. 1]. Die deutsche Kolonialregierung hatte eine
wissenschaftliche Expertengruppe bestimmt, die deutsch-britischen Kolonialgrenzen
Ostafrikas zu vermessen. Das Ziel der „Zentralafrikanischen Expedition” war es auch, eine
umfassende fotografische Bestandsaufnahme sämtlicher „Völkerstämme Ostafrikas”
aufzunehmen. Als ausgebildeter Topograf und Trigonometer schien Max Weiss für diese
Aufgabe prädestiniert, zumal er bereits 1907/08 bei der großangelegten DeutschZentralafrikanischen Expedition unter der Leitung con Adolph Friedrich, Herzog zu
Mecklenburg, diese Tätigkeit durchgeführt hatte. Auch damals bildete die Frage nach dem
anthropologischen Erscheinungsbild der Hamiten eine wichtige Rolle. Anhand der 4500
vermessenen Leuten, von denen auch 36 Gipsabdrücke genommen wurden, und den 1017
eingesammelten Schädeln im östlichen Kongogebiet460 konnte das Ergebnis für das
Hochland Ruandas bereits vorweggenommen werden: „Die Prodentie ist charakteristisch
beim Hirtenadel im Zwischenseengebiet.”461 Der anthropologische Leiter Jan Czekanowski
diagnostizierte, dass „die Barundi-Staaten (Urundi, Ruanda und Uha) durch die Herrschaft
des hamitischen Adels charakterisiert, der somatisch zwar recht gut erhaltenen, linguistisch
jedoch vernegert wäre.”462
Der Initiator des anthropologischen Folgeunternehmens war der damalige Direktor des
Berliner Völkerkundemuseums, Felix Ritter von Luschan, der in Zusammenarbeit mit Carl
Meinhof
nach
„Hamitentypen”
im
noch
nicht
erschlossenen
Hochland
des
459
Egon von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…, 1934: 498.
460
„Die anthropologisch-ethnographischen Ergebnisse stellen sich wie folgt: Es wurden im ganzen
1017 Schädel und zirka 4000 Ethnografica gesammelt, 4500 Leute gemessen, 700 fotografische
Aufnahmen gemacht, von 36 Leuten Gipsmasken genommen (darunter von 8 Batwa und 5 Wambutti),
sowie endlich 87 Phonogramme und 37 Sprachen aufgenommmen.“ Jan Czekanowski, Forschungen
im Nil-Kongo-Zwischenseengebiet… In: Jan Czekanowski (Hrsg.), Wissenschaftliche Ergebnisse…,
1911 VII: 475; siehe auch ZfE 5, 1909.
461
462
Jan Czekanowski (Hrsg.), Wissenschaftliche Ergebnisse…, 1911 VII: 4.
Jan Czekanowski, Forschungen im Nil-Kongo-Zwischenseengebiet… In: Jan Czekanowski
(Hrsg.), Ethnographie-Anthroplogie III. Wissenschaftliche Ergebnisse der Deutschen Zentral-AfrikaExpedition 1907-1908 unter der Führung Adolf Friedrichs, Herzog zu Mecklenburg…, 1911 VII: 3.
177
Zwischenseengebiets Ausschau hielt. Wertvolles anthropologisches Bildmaterial von den
hochgewachsenen Tutsiführern sollte die bisherigen Mutmaßungen über die Hamiten
bestätigen. Während dieser Expedition, die wiederum Herzog Adolf Friedrich zu
Mecklenburg leitete, entstanden mehr als 2000 Fotoplatten, Gruppen- und Porträtaufnahmen,
wovon 358 Abbildungen und davon 21 ganzseitige Tafeln als „Völkerstämme Ostafrikas”
gedruckt wurden. Für die Finanzierung des reich illustren Werkes kamen Herzog Albert und
die Königliche Gesellschaft zu Göttingen auf. Auch die Firma Busch beteiligte sich als
Sponsor, da sie für die Expedition wertvolle Fotoobjektive zur Überprüfung für deren
Tropentauglichkeit zur Verfügung gestellt hatte.
„Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas”, 1910 vom Merschner Verlag in
Berlin herausgegeben, war zunächst als ethnologisches Bilderbuch gedacht. Weiss bestand
jedoch auf eine fachgerechte Annotierung. Der dem Expeditionsgenre entnommene Stil ist
deutlich mit einer markanten Militärsprache durchsetzt, die die herrschaftlichen Attituden
der Watutsi unterstreichen soll. Durch das Hervorheben ihrer hochgewachsenen und
athletisch gebauten Körper wird der Eindruck erweckt, dass es sich bei der WatutsiAristokratie durchwegs um „geborene Führer” handele, die sich als „Fremde” über die
ackerbautreibenden Gruppierungen gestellt hätten. Weiss war in die zeitgenössischen
Spekulationen über die Genese der Hamiten informiert. Er kannte das umstrittene Werk über
die Massai des kurz zuvor verstorbenen Hauptmann Merker; auch Franz Stuhlmann war ihm
ein Begriff, da dieser drei Jahre zuvor in der gleichen Gegend eine Expedition geleitet hatte.
„Sind die Wahima Semiten oder Hamiten?”, mit diesem Satz eröffnet Weiss seinen dem
Bildband beigefügten Textteil, mit dem Zusatz: „Diese Frage ist bis heute von den
Fachgelehrten noch nicht gelöst. Man wird aber wohl in der Annahme nicht fehlgehen, dass
die Wahima keine in Afrika eingeborenen Neger sind, sondern ein fremdes, hier erst
eingedrungenes Element.“463 Max Weiss erwies sich als begabter Fotograf, wie er auch seine
genialen Werbestrategien unter Beweis stellen konnte: er veranlasste nämlich, das in
fotografischer Hinsicht beeindruckende Porträt des Kissilerobo als Blickfang für den
Schutzumschlag seines Werkes zu wählen. Dabei entspricht die Profilaufnahme des Mhima
gänzlich dem anthropologischen Typendenken seiner Zeit. Das weitere aufgenommene
Bildmaterial zeigt, dass Weiss vor seiner Abreise von Luschan anthropologische
Instruktionen erhielt. Zum Porträtprofil des Kisselerobo fügte Weiss folgenden Kommentar
an: „Wie nachstehende Abbildungen es verdeutlichen, sind die Wahima (Watussi) typische
Langschädel. Als Stammvater der semitischen Völker gilt der homo mediterraneus, die
Mittelmeerrasse: Langschädelmenschen mit edler Gesichtsbildung, schlankem Wuchs,
463
Max Weiss, Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas…, 1910: 1.
178
schwarzem, oft krausem Haar, mit braunen Augen und einer bald helleren, bald dunkleren
Hautfarbe. Haben wir in diesem homo mediterraneus auch den Stammvater der hamitischen
Völker zu erblicken?“464 Für von Luschan galt diese Vermutung jedenfalls als eine
festgeschriebene Tatsache. Noch im selben Jahr legte dieser dem Profil des Kisserelobo eine
Seitenansicht der Schädelmumie des ägyptischen Pharaoh Ramses II. hinzu, um den
historischen Bezug seiner Behauptung zu untermauern bzw. seiner atavistischen Lehre
Geltung zu verschaffen [Abb. 27].465 Die einstige Auffassung Friedrich Müllers „Sprache als
Rassemerkmal” zu nehmen, sollte mit beispielgebendem Bildmaterial widerlegt werden.
Denn im Gegensatz zu den Rassemerkmalen, so heißt nun das wissenschaftliche Credo,
„wechsle der Mensch die Sprachen, wie er seinen Rock wechselt” – Rassemerkmale dagegen
blieben erhalten.466 Weiss lässt die Wahima über die Landenge von Suez einwandern, um sie
dann nilaufwärts bis ins Herz von Afrika vorzudringen zu lassen, wo sie dann die dort
wohnenden Völker niederwerfen und die Herrschaft dieser Gebiete an sich reißen.
Resümierend schließt Weiss seinen Bildband: „Bevor anderes Beweismaterial vorliegt, folge
ich der Ansicht derer, die das Volk der Wahima (Watussi) als ein hamitisches, die Masai als
Semiten und die Bantu als reine Neger bezeichnen.“467
464
Max Weiss, Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas…, 1910: 2.
465
Felix von Luschan, Hamitische Typen…, 1912: Bildanhang.
466
Max Weiss, Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas…, 1910: 2.
467
Max Weiss, Die Völkerstämme im Norden Deutsch-Ostafrikas…, 1910: 1.
179
4. Die Hamiten im Licht der ethnologischen Kulturhistorie
Aus der Tatsache, dass in Kulturen räumlich und zeitlich weit auseinander liegender Ethnien
oft überraschende Ähnlichkeiten festzustellen sind, haben sich in der deutschsprachigen
Ethnologie zwei Denkrichtungen entwickelt, die lange Zeit im Zwiespalt zu einander
standen. Nach der Lehre Adolf Bastians vom Elementargedanken waren unter der
Voraussetzung einer unilinearen Menschheitsentwicklung bei der Übereinstimmung der
Menschlichen und Natur- und Geistesanlagen auf gleicher Kulturstufe notwendigerweise
auch gleichartige Kulturverhältnisse zu erwarten. Dem gegenüber stand der diffusionistische
Erklärungsversuch, der seit den anthropogeografischen Arbeiten Friedrich Ratzels die
Kulturparallelen durch Wanderungen und Entlehnungen zu erklären versuchte. Anhand des
Vergleichs von Objekten wollten sie als kulturhistorische Methode auf den schriftlosen Teil
der Menschheit ausweiten. Beide, sowohl Evolutionismus als auch Diffusionismus strebten
nach einer Universalgeschichte.
Der Diffusionismus ist aus der empiristischen Reaktion auf die ethnografisch zu wenig
abgesicherten Spekulation des Evolutionismus hervorgegangen und hat die ethnologische
Theorie von etwa 1910 bis 1925 beherrscht. Die meisten seiner Hauptvertreter waren
Museumsethnologen, die von den Fortschritten der historisch-kritischen Methode im 19.
Jahrhundert beeinflusst waren. Das Ende des 19. Jahrhunderts war durch die Suche nach
geschichtlichen Übertragungen und Verbindungen geprägt. Als Kontaktformen erkannte man
Völkerwanderungen, Nachahmungen, Entlehnungen, Krieg und Handel. Es war dies die Zeit
des Historismus, für den, wie Leopold Ranke sagte, jede Epoche unmittelbar zu Gott sei.
Dieses relativistische Geschichtsbild konnte auf die Kulturen übertragen werden, weil der
Fortschrittsglaube in die Krise gekommen war. Ein substantielles
Axiom der
diffusionistischen kulturhistorischen Methode bildete der „Survival”-Begriff, der 1865 von
Edward Burnett Tylor in die Ethnologie eingeführt wurde, für die Bezeichnung von
bestimmten überlebenden Kulturelementen aus älteren Kulturen, die sich in isolierten Resten
in jüngeren Kulturen erhalten haben.468 Diese Grundannahme setzte die hohe Konstanz
kultureller Phänomene voraus, derzufolge man aus der Gegenwart weit in die Vergangenheit
zurückschließen könne. Das bedeutet dann auch, dass aus räumlichen Verteilungen zeitliche
468
Edward Burnett Tylor, Researches into the Early History of Mankind…, 1865 I; Felix Liebrecht
führte 1873 in Anlehnung Tylors den Begriff „Überlebsel” ins Deutsche ein. Vgl. „Zur
Culturgeschichte” ZfE 4, 1873: 77-105; die Evolutionisten bauten auf dem Leibniz’schen Axiom auf,
dass sich die Natur nie sprunghaft verändere; siehe auch Margaret T. Hodgen, The Doctrine of
Survivals…, 1935.
180
Abläufe abzulesen möglich ist. Die zweite wichtige Grundannahme war die Seltenheit von
Innovationen, das auf dem Axiom der Ideenarmut, und dem Mangel an schöpferischer
Spontaneität basiert. Kulturelle Übereinstimmungen infolge von Umwelteinflüssen wurden
dabei
eher
vernachlässigt.
Der
Diffusionismus
vertritt
einen
mechanizistischen
469
Kulturbegriff , demnach Kulturen aus Elementen zusammengesetzt sind, die sich ohne
Rücksicht auf ihren Kontext leicht voneinander trennen und neu kombinieren lassen. Seit
1925 wurde diese Ausrichtung durch organizistische Theorien (Funktionalismus) an der
Feldforschung verdrängt.
Ideengeschichtlich gehen beide Ansätze eigentlich auf den Dresdner Bibliothekar Gustav
Klemm
[1802-1867]
zurück,
dem
Autor
des
10bändigen
Monumentalwerks
„Kulturgeschichte der Menschheit” (1843-1853). Klemm war derjenige, der noch vor de
Gobineau für die kulturgeschichtliche Betrachtung die geografische Ordnung aufgab und
anstelle dessen die Menschheit in passive und aktive Rassen einteilte. Bedeutung erlangte
Klemm auch dadurch, dass er diese Einteilung zu einem kulturgeschichtlichen
Museumskonzept ausbaute.470 Diesen ordnete er Kulturstufen zu, die von der Wildheitsstufe
ausgingen und bis hin zur Stadtkultur mit ihrer Herausbildung der Schrift reichten. Im Sinne
Klemms wären Jäger und Sammler „passiv”, Hirten und Ackerbauern dagegen „aktiv” –
doch gar nicht ihrer Schrift wegen –, sondern aufgrund ihrer schlagkräftigen Heere und ihrer
organisierten Staatengründungen. Darauf gründet der eigentliche Gegensatz zwischen
evolutionistischen und diffusionistischen Anschauungen in der Ethnologie. In den
„passiven”, also im Wesentlichen den schriftlosen Kulturen, findet der Evolutionismus
seinen theoretischen Anknüpfungspunkt, während die „aktive Menschheit” mit ihrem
Expansionsdrang, ihren zugesprochenen Wanderungen, sich für den diffusionistischen
Ansatz eignet. Der Wiener Ethnologe Karl Anton Nowotny formulierte Klemms
wissenschaftsgeschichtliche Stellung wohl am treffendsten: „Sein zehnbändiges Werk war
aber zu seiner Zeit ein Handbuch und Standardwerk, das jedermann kannte und dessen
Lehren ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Über hundert Jahre lang wurde nun tatsächlich
mit den von Klemm erstmals aufgestellten Theorien weitergearbeitet. Das Gegensatzpaar:
469
Ein auf Basis von Karl Popper abgewandelter Begriff für „historizistisch”.
470
Gustav Klemm, Fantasie über ein Museum für die Culturgeschichte der Menschheit (1843). In:
Carl August Schmitz (Hrsg.), Kultur…, 1963: 5-16.
181
Evolutionismus und Diffusionismus war die Basis für fast sämtliche theoretische
Erörterungen.“471
Dieser theoretische Gegensatz wirkte sich auch in der kulturhistorischen Einschätzung
der Hamiten aus. Wenn einzelne afrikanische Kulturelemente sich den Hamiten zuschreiben
ließen, dann war man definitiv auf den Migrationsgedanken angewiesen. Sowohl die
Hamiten der Bibel als auch jene der Darwinisten als ihrem säkularierten Pendant saßen
ursprünglich ja in Asien. Diese Richtung wird die Schule von Ratzel einschlagen und die
„Ideenarmut” zum Axiom ihres Theorems erheben. Wenn jedoch einzelne Kulturelemente in
Afrika sich aus dem afrikanischen Kontext selbst erklären ließen, dann konnte man den
Migrationsgedanken und damit auch die Hamitenlehre ungeachtet beiseite schieben. Diese
Richtung schlug Bastian und seine Schule ein, die nun den Elementargedanken
hervorzuheben trachteten.
Im Mittelpunkt der ethnologischen Auseinandersetzungen stand aber zunächst, ob von
einer Existenz der Hamiten überhaupt gesprochen werden könne. Der erste, der diese Frage
stellte, war Robert Hartmann [1831-1893], ein niedersächsischer Zoologe und Ethnologe, der
zusammen mit Adolf Bastian die Zeitschrift für Ethnologie als Organ der 1869 gegründeten
Anthropologischen Gesellschaft in Berlin herausgab. Beide zählen zu den Gründervätern der
Ethnologie in Deutschland und lehnten unisono den rassischen Hamitenbegriff kategorisch
ab.
Robert Hartmann bezeichnete 1876 die Hamiten als „im Nebel unbekannter Zeiten
verschwimmende,
hypothetische
Einwanderung
semitischer,
dyssemitischer,
hamitosemitischer oder ähnliche Phantomvölker.”472 Grund seiner Polemik war die
Überhandnahme der sozialdarwinistischen Doktrin der 1870er Jahre, gegen deren Vertreter
Hartmann namentlich das Wort ergriff. „Viele unter ihnen auch Hellwald [Culturgeschichte
205ff], sprechen stets von helleren, in Aegypten eingewanderten Hamiten,” ergreift
Hartmann in seinem epochemachenden Werk die „Nigritier” das Wort, „welche daselbst
dunkle Eingeborne unterjocht haben sollen. So lange man uns aber diese sogenannten
Hamiten nicht beweiskräftig nachweist, so lange halten wir uns für berechtigt, ihre Existenz
zu negiren.“473 Bereits ein Jahr zuvor hatte sein Berliner Kollege Adolf Bastian von
471
Vgl. auch Karl Anton Nowotny, Die logischen Grundlagen völkerkundlicher Theorien. MAGW 91,
1961: 23; zu seiner Biografie siehe Christian F. Feest, Karl Anton Nowotny (1904-1978). Archiv für
Völkerkunde 33, 1979: 1-6.
472
Robert Hartmann, Die Nigritier…, 1876: 281.
473
Robert Hartmann, Die Nigritier…, 1876: 505.
182
Hellwalds Culturgeschichte in einer Buchbesprechung als Luftschloss in Abrede gestellt, da
es mit der „Modetheorie der Descendenz von Darwin verbrämt” sei.474
Hinter der Debatte stand jedoch auch ein Kompetenzstreit bezüglich vorhandener
afrikanischer Reiseerfahrungen. Wenige Darwinisten hatten das Innere Afrikas jemals
bereist, ihre Theorien über Afrika galten daher von vorne herein für viele als spekulativ,
nicht zuletzt deshalb, da Afrika zu der damaligen Zeit noch viele „weiße Flecken” auf der
Landkarte aufwies. Rudolf Virchow nannte Hartmann den „gelehrtesten Kenner, nicht nur
der ostafrikanischen, sondern der gesamten afrikanischen Reiseliteratur.”475 Bereits während
seines Medizinstudiums in Berlin kam Hartmann mit Rudolf Virchow und Adolf Bastian in
Kontakt, dessen Lehren er nach seiner ersten Afrikareise nach Ägypten und Nubien [185960] spezifisch für den afrikanischen Kontinent adaptierte. Das Ziel seiner unter der Obhut
des erst 19jährigen Freiherrn Adalbert von Barnim stehenden Nordafrika-Expedition bestand
darin, einen ethnografischen Survey der Nilländer zu erstellen. Unter Anleitung Hartmanns
entstanden daraus über fünfzig einzigartige colorierte Ethnografica, die meisten aus der
Hand des künstlerisch begabten preußischen Prinzensohns.476 In bemerkenswerter Weise
sind ägyptische Pharaonen vollkommen der Zeitströmung widersprechend als Afrikaner
dargestellt.477 In der Tradition der Freimaurerei stehend dachte sich Hartmann die
altägyptische Kultur aus Afrika stammend. Aus medizinisch-anatomischer Sicht stellte
Hartmann eher die Gemeinsamkeiten der menschlichen Spezies in den Vordergrund und
urteilte weniger nach der Ursache vermeintlicher rassischer Unterschiede. Bastians
Elementargedanke ging ja von der psychischen Gleichartigkeit des Menschengeschlechts aus
und stellte eine wichtige Gegenposition zum vorherrschenden Darwinismus dar, der jegliche
474
Adolf Bastian, Rezension: Friedrich von Hellwald, Culturgeschichte…, ZfE 5, 1874: 412-417.
475
Karl-Heinz Ciz, Robert Hartmann (1831-1893), Mitbegründer der deutschen Ethnologie..., 1984:
17; vgl. auch den Nekrolog von Rudolf Virchow in ZfE 1893, vor allem aber den Aufsatz von Rolf
Herzog, Robert Hartmanns Leistungen… ZfE 100, 1975: 7-15, der überhaupt die erste biographische
Skizze zu Hartmann erstellte.
476
Robert Hartmann, Reise des Freiherrrn Adalbert von Barnim durch Nord-Ost-Afrika in den Jahren
1859 und 1860…, 1863; den tragischen Höhepunkt dieser Expedition bildete der Tod des Adalbert
Freiherr von Barnim. Der junge zeichnerisch begabte Forschungsreisende und Prinzensohn Adalbert
von Preußen verstarb auf seinem Krankenlager am Blauen Nil. Hartmann war über diesen Verlust Zeit
seines Lebens nie ganz hinweg gekommen.
477
Hartmann stellte zum Vergleich das Haupt des Ramseskolosses zu Mitrahineh und das Portait eines
Schech-Sohnes aus der südlichen Keljubieh einander gegenüber; vgl. Robert Hartmann, ZfE 1, 1869:
Fig 1 und 2; eine Darstellung, die Tylor in “Anthropology” (1881: 79) übernommen hatte. Wie
Hartmann, lehnte auch Taylor den Begriff Hamiten ab.
183
Kulturschöpfung als Folge einer sich ausbreitenden überlegeneren Rasse interpretierte.
Anthropologische Differenzierungen bei den afrikanischen Völker vorzunehmen, erschien
deshalb für Hartmann konsequenterweise vernachlässigbar. Ihm ging es darum, die
Kulturfähigkeit und Geschichtlichkeit Afrikas hervorzuheben. Dahingehend ordnete
Hartmann Ägypten, das traditionsgemäß „als das cultivirteste Reich des Morgenlandes” galt,
Afrika zu. Hartmann war davon überzeugt, dass sämtliche ethnischen Gruppen Nordost- und
Zentralafrikas anthropologisch homogen und eine „nationalen Einheit” bilden würden.478
Von Hartmann stammt auch die erste umfassende ethnologische Monografie der
afrikanischen Völker. In der Konzeption seiner naturgeschichtlichen Abhandlung „Die
Nigritier” (1876)479 folgte er im Wesentlichen der von Theodor Waitz.480 Hartmann, der dem
negativ besetzten Bild des „Negers” etwas entgegen setzen wollte, führte dazu eigens den
unbesetzten Begriff Nigritier ein, wohl in Anlehnung der geografischen Bezeichnung Zedlers
„Nigritien, das Land der Schwartzen.” Ähnlich wie der in Heidelberg lehrende Anatom
Friedrich Tiedemann in den 1830er Jahren sich genötigt sah, den negativen Beweis zu
erbringen, dass das „Negergehirn” gleich dem „Europäerhirn” an Intelligenz um nichts
nachstehe481, warfen die Vertreter des darwinistischen Evolutionismus die anthropologische
„Negerfrage” aufs Neue auf das wissenschaftliche Parkett. „Denn viele Nigritier aus
verschiedenen afrikanischen Gegenden”, hob Hartmann in einer eigens dafür gewählte
Abhandlung hervor, „zeichnen sich vielmehr durch einen wohlgeformten Körper und eine
nicht unedle Haltung aus.”482 Und fügte die doppeldeutige treffende Anmerkung hinzu, dass
478
Robert Hartmann, Naturgeschichtlich-medizinische Skizze der Nilländer. Zeitschrift der
Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 1, 1866: 459-516.
479
Robert Hartmann, Die Nigritier…, 1876; Hartmann widmete dieses Werk folgenden deutschen
Afrikaforschern: Adalbert Freiherr von Barnim, Heinrich Barth, Moritz von Beurmann, Carl Claus
Freiherr von der Decken, Wilhelm von Harnier, Hermann Linck, Eduard Trenn, „welche für die
Erforschung Afrikas wirkten und litten.”
480
481
Theodor Franz W. Waitz, Die Anthropologie der Naturvölker…, 1860: II.
Friedrich Tiedemann, Das Hirn des Negers mit dem des Europäers und Orang-Outangs
verglichen…, 1837; ein philantropisches Werk mit der „revolutionären” Behauptung: „Das Hirn des
Negers ist im Allgemeinen, oder im Durchschnitt, eben so groß als der Europäer und anderer
Menschen-Rassen.“ Tiedemann, 1837: 63; um das geistige Niveau des Negers entsprechend
hervorzuheben, listet Tiedemann siebzehn afrikanische Geistliche, Philosophen, Philologen,
Historiker, Mathematiker, Physiker, Ärzte und Dichter auf.
482
Robert Hartmann, Die Menschenähnlichen Affen und ihre Organisation im Vergleich zur
Menschlichen…., 1883: 80.
184
der „Vergleich [der Nigritier] mit Anthropoiden an den Haaren herbeigezogen werden
müßte.”483
Dieses theoretische Erbe gilt es stets vor Augen zu halten, um die Entwicklung
ethnologischer Synthetisierungsversuche des 20. Jahrhunderts nachvollziehen zu können.
Als die beiden bedeutendsten sind im deutschsprachigen Raum jene in Leipzig und in Wien
zu nennen. Die Rede ist zum einen von Karl Weule, der in Leipzig die Ethnologie zum
eigenständigen Universitätsfach in Deutschland erhob, zum anderen von Pater Wilhelm
Schmidt, der die Kulturhistorie mit Einbeziehung der Ethnologie zu einer eigenen Schule in
Wien etablierte. Bezeichnenderweise übernahmen beide Schulen den anthropologischen
Begriff des „braunen hamitischen Typus” von Sergi, mit dem gravierenden Unterschied, dass
dieser sich erst in rezenter Zeit zu einem Mischtypus formte, ursprünglich jedoch kaukasoid
gewesen sei. Die Erstellung von überregionalen hamitischen Kulturarealen – Schmidt wird
von Kulturkreisen, Weule von Kulturschichten sprechen – sollte die vorgeschichtliche
Menschheit aufhellen. Einen gesonderten Weg schlug Leo Frobenius ein, der den
Bastianschen Elementargedanken in Abrede stellte und aufbauend auf seinen intensiven
Forschungsreisen die Kulturmorphologie entwickelte.
a) Karl Weule
Als der eigentliche Initiator ethnologischer Hamitentheorien in Deutschland kann Karl
Weule [1864-1926] genannt werden. Im Gegensatz zu von Luschan, der das Vermessen des
Schädels als Ausgangspunkt seiner Erforschung der Menschenrassen genommen hatte,
müsste nach Weule darüber hinaus auch die Erdgeschichte, also die historische Geologie,
herangezogen werden. Karl Weule war derjenige Ethnologe, der die Hamiten mit dem Fach
Paläoanthropologie verknüpfte und somit die Prähistorie um Jahrtausende zeitlich nach
hinten verrückte. Den paläoanthropologischen Ergebnissen der Jahrhundertwende zufolge
waren die Unterschiede der Menschenrassen darauf zurück zu führen, dass im Zuge der
Glazialperioden vor allem die auf der südlichen Erdkugel lebenden Menschen in
Rückzugsgebiete gerieten. Daraus zog Weule den Schluss, sämtliche Menschenrassen auf
zwei Grundformen reduzieren zu können, nämlich in eine ältere und in eine jüngere, die wie
geologische Schichten aufeinander folgen. Nach Stratz nannte er die ältere protomorph oder
erstgestaltig und die jüngere archimorph, die er als herrschend und lebenskräftig
483
Robert Hartmann, Die Menschenähnlichen Affen…, 1883: 80.
185
charakterisierte.484 Ideengeschichtlich geht diese Teilung freilich auf Gustav Klemm zurück.
Auch Weule schätzte die Australier und die Zwergvölker Afrikas und Asiens als passiv und
absterbend ein, die anderen Rassentypen dagegen als aktiv, überlegen und herrschend. In
ähnlicher Weise konzipierte dahingehend die Wiener Schule den Begriff Altvolk, die damit
im Wesentlichen die schriftlose Menschheit verstanden wissen wollte. Für die
Rekonstruktion
der
menschlichen
„Ururrasse”,
wie
Weule
diese
hypothetische
Ausgangsrasse auch nannte, erweise sich aber gerade der rezente protomorphe Typus
bedeutsam. Denn nur über diesen können die vorausgegangenen rekonstruiert werden.485 Die
Hamiten bilden in diesem „kulturgeologischen Schichtmodell” eine Art Zwischenglied, da
sie weder zum einen noch zum anderen zu passen scheinen. „Zwischen den Protomorphen
und den Archimorphen”, so Karl Weule, „stehen die Metamorphen oder Mischrassen.
Hierher rechnet man die Hamiten in der Zone zwischen der weißen und der schwarzen
Rasse.”486 Mit Hamiten war plötzlich nicht mehr eine ursprüngliche Rasse in Afrika oder
sonstwo gemeint, sie stellten bereits etwas Abgeleitetes, etwas Sekundäres dar, und waren
als Mischrasse beispielsweise mit den Malaien vergleichbar, die „zwischen der gelben und
der Papuarasse” standen.487 Damit schien auch der längst hinfällige „Dämmerungsmensch”,
ein aus der deutschen Naturphilosophie von Carl Gustav Carus [1789-1869] geschaffener
Begriff endlich mit realem Inhalt gefüllt und auf naturwissenschaftlichen Boden gestellt.
Carus, Physiker in Dresden und Freund Goethes, war mit seinen Tag- und Nachtrassen,
ähnlich wie Klemm von zwei konträren Rassetypen ausgegangen, denen er dem Bild
entsprechend das Zwischenglied der Dämmerung einfügte.488 Nach Weule bildete die
Hamitenforschung das „missing link” zwischen der Vorgeschichte auf der einen Seite und
der rezenten Kolonialgeschichte auf der anderen. In seinem „Leitfaden für Völkerkunde”
(1912) findet sich der bezeichnende Satz: „Was die Hamiten anthropologisch sind, wissen
wir heute noch nicht; wir können auf Grund der neueren paläoanthropologischen Ergebnisse
nur sagen, dass sie bereits zur Cro-Magnonzeit am Aufbau der europäischen Rassen
mitgearbeitet haben, und dass sie in Nordafrika uralt sind.”489 Die Zusammenschau beider
484
485
Stratz, Naturgeschichte des Menschen…, 1904; zitiert in Karl Weule 1912.
Adolf Walter Schleicher hatte dieses geologische Modell für die sprachhistorische Forschung
eingefordert; siehe dessen Afrikanische Petrefakten…, 1891.
486
Karl Weule, Leitfaden der Völkerkunde…, 1912.
487
Karl Weule, Leitfaden der Völkerkunde…, 1912: 2.
488
Carl Gustav Carus, Denkschrift zum hundertjährigen Geburtsfeste Goethes: Über ungleiche
Befähigung der verschiedenen Menschheitsstämme für höhere Entwicklung…, 1849.
489
Karl Weule, Leitfaden der Völkerkunde…, 1912: 74.
186
Wissenschaftsdisziplinen sollte ein neues Universitätsfach in Deutschland erfüllen: die
Völkerkunde.490
Karl Weule war fünf Jahre lang Schüler von Friedrich Ratzel in Leipzig gewesen. Nach
seiner Promotion 1891 übersiedelte er nach Berlin, um sich am dortigen Seminar für
orientalische Sprachen für den Kolonialdienst vorzubereiten. Über Freiherr Ferdinand von
Richthofen [1833-1905] kam er an das Völkerkundemuseum zu Berlin, wo er sich als
Volontär für die afrikanische Abteilung meldete. Dabei kam er mit Bastian und von Luschan
in Kontakt, dessen „unentwegtes Schädelmessen” er jedoch kategorisch ablehnte. Weule war
also Anthropogeograf (Ratzel) und Evolutionist (Bastian).491 Bemerkenswert bei Weule
bleibt, dass er die Entwicklungslehre Bastians und die Entlehnungslehre Ratzels zu einer
Einheit zu verbinden imstande war. 1899 nahm er die Stelle als Direktor des
Völkerkundemuseums in Leipzig an. Zwei Jahre darauf erhielt Weule die außerordentliche
Professur für Völkerkunde und Urgeschichte. 1914 konnte er die Gründung des
„Ethnografischen Seminars“ an der Universität Leipzig durchsetzen, wodurch erstmals die
Möglichkeit geschaffen wurde, in Völkerkunde von der Geografie als selbständiges Fach
getrennt zu promovieren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ihm die ordentliche Professur
verliehen, Hans Plischke wurde sein Assistent und Mitarbeiter.
Von Luschan und Meinhof hatten die Hamitenfrage vom anthropologisch-linguistischen
Standpunkt zu beantworten versucht, Weule wollte nun den kulturellen Hamitenbegriff
mittels der Völkerkunde in den Griff bekommen. 1914 bereits präsentierte Karl Weule am
19. Deutschen Geografentag in Straßburg die inhaltlichen Programmpunkte für sein neues
Universitätsfach.
Richtungsweisend
sollte
die
historische
Erforschung
der
„Völkerwanderungen in Afrika” sein. Da keine schriftlichen Quellen aus vorkolonialer Zeit
vorlagen, wären die historischen Wanderungen das einzig historisch greifbare für die
historische Erschließung des afrikanischen Kontinents. Archäologische Artefakte in Afrika
gab es noch kaum. Weule dazu: „Die Grundlage der Methode […] ist das Studium der
Wanderungen der Völker. Sie erweist sich dadurch als rein historisch, zumal sich das
geschichtliche Leben aller Naturvölker zwar in den Wanderungen nicht erschöpft, wohl aber
in ihnen gipfelt.”492 Weule baute das Ratzelsche Axiom der Ideenarmut weiter aus und
490
Auf Weule gehen auch die evolutionären Kulturstadien zurück, die in den damaligen
kulturhistorischen Ausstellungen präsentiert wurden; vgl. Karl Weule, Vom Kerbstock zum
Alphabet…, 1915.
491
Fritz Krause, Dem Andenken Karl Weules. Gedächtnisrede, gehalten am 14.5.1926. o.O., o.J
[1926]: 29.
492
Karl Weule, Aufgaben… In: Fritz Krause, Dem Andenken Karl Weules…, [1926]: 52.
187
verfestigte die einseitige Entlehnungstheorie von Kulturerscheinungen als bestimmende
Methode. Die ersten Arbeiten dazu wurden von seinem Schülerkreis auf der Halleschen
Tagung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft 1925 unter dem Titel „Leipziger
Hamitenforschungen” vorgestellt.493 Kurz vor dem Einreichen der ersten Dissertationen
verstarb 1926 Karl Weule jedoch. Günther Spannaus [1901-1984]494, ein Betroffener dieses
unerwartenden Ereignisses, erinnert sich: „Wer in den letzten Jahren vor seinem Tode das
Seminar Weules besuchen durfte, der weiß, in wie hohem Maße die Hamitenfrage sein
Denken beschäftigte.“495 Die Erforschung der Hamiten war damit jedoch keineswegs
abgebrochen. Ganz im Gegenteil: die von Weule eingeleitete Tradition wurde weitergeführt
und nach Wien ausgeweitet, wie folgende Passage aus einer in Wien erstellten Dissertation
zeigt: „Über den Batwa und Bantu lagert nun noch eine Schicht, die Hamiten. Es ist
wahrscheinlich, daß es sich um Stämme aus den Steppen Westasiens handelte, die in sehr
verschiedenen Gruppen und langen Zeiträumen nach Afrika wanderten. Die ersten kamen
sicher in weit vorgeschichtlicher Zeit, wahrscheinlich schon in der ersten Interglazialperiode,
mindestens unendlich lange vor 6000 v. Chr.”496 Hans Plischke und Otto Reche497 riefen
1928 die Leipziger Buchreihe „Studien zur Völkerkunde” ins Leben. Günther Spannaus
konnte seine Dissertation als zweiten Band dieser Reihe veröffentlichen. In seiner Einleitung
heißt es: „Wenn man die politische Organisation fast aller afrikanischen Staatenbildungen als
ein Ergebnis großer Völkerwanderungen erweisen kann, so kommt man von selbst auf die
Bedeutung der verschiedenen Wirtschaftsformen für die Staatenbildung zurück. Die
Prädestination der großen Hirtenvölker für weite Wanderungen, ihre größere Beweglichkeit,
weisen ihnen von vornherein eine Eroberer- und Staatengründerrolle zu. Eine der
Hauptaufgaben, die die Afrikanistik in der nächsten Zeit zu lösen haben wird, ist die Frage
nach dem „hamitischen“ Einfluß in Afrika.”498 Spannaus veröffentlichte noch zwei weitere
493
Fritz Krause, Dem Andenken Karl Weules. Gedächtnisrede, gehalten am 14.5.1926. o.O., o.J
[1926]: 29.
494
Peter Fuchs, Prof. Dr. Günther Spannaus (1901-1984). ZfE 111, 1986: 11-13.
495
Günther Spannaus, Historisch-Kritisches zum Hamitenproblem in Afrika. In: Otto Reche (Hrsg.),
In Memoriam Karl Weule. Beiträge zur Völkerkunde und Vorgeschichte…, 1929: 190.
496
Otto Reche, der auch in Wien tätig war, betreute gemeinsam mit Otto Weninger die Dissertation
von Aloisia Maria Jörgenreuth, Die Stellung der Hamiten im ehemalig deutschen Schutzgebiete
Ostafrikas. Dissertation…, 1926: 72.
497
Josef Wastl, Otto Reche †. MAGW 96/97, 1967: 5-9.
498
Günther Spannaus, Züge aus der politischen Organisation afrikanischer Völker und Staaten. Hans
Plischke, Otto Reche (Hrsg.), Studien zur Völkerkunde, Band 2. (Werkgemeinschaft) Leipzig, 1929.
Diese Arbeit publizierte Günther Spannaus in einer etwas geänderter Form als Historisch-Kritisches
188
Aufsätze zum Hamitenproblem.499 Es war der Versuch, den kulturellen Hamitenbegriff
ökonomisch
(Hirtennomadismus),
politisch
(Staatengründerrolle)
und
historisch
(Wanderung) zu beschreiben, eine Tradition, die unabhängig davon auch in Großbritannien
von Charles Gabriel Seligman initiiert worden war. Das rassische Moment trat also zunächst
in den Hintergrund. So wollte Erich Brauer [1895-1942]500 und Hubert Kroll501, beide aus
dem Schülerkreis Weules stammend, „das kulturelle Hamitentum” sogar bei den in
Südwestafrika [Namibia] lebenden Herero nachweisen. Das war insofern revolutionär, da die
Herero zwar Viehzüchter sind, jedoch negroide Gesichtszüge aufweisen und deren Sprache
eindeutig den Bantusprachen zuzuordnen ist. Die Herero hätten sich nach ihrer
Einwanderung rassisch mit den Bantugruppen vermischt, dabei deren Sprache angenommen,
ihre Viehzüchterkultur jedoch bewahrt – mehr noch als die benachbarten Khoisan, da jene
Gruppen infolge der europäischen Kolonisation ihre Kultur weitgehend verloren hätten. Es
war die kulturelle „Beharrlichkeit”, die die Völkerkundler bei ethnischen Gruppen in einem
geografischen Rückzugsgebiet wie Südwestafrika vorzufinden glaubten. An dieser Stelle ist
das Wort von Karl Anton Nowotny angebracht, der meinte, dass die „Völkerkunde in ihrer
Pubertätszeit bereits zur Volljährigkeit erklärt wurde.”502
Wissenschaftshistorisch gesehen hat die Betonung auf den Kulturfaktor der Hamiten auch
einen gesellschaftspolitischen Hintergrund. Durch den Verlust der Deutschen Kolonien im
Ersten Weltkrieg wurde der universitäre Einstieg der Völkerkunde in Deutschland in
praktischer Hinsicht im Keim erstickt. Daher standen weniger kolonialpolitische Interessen
im Brennpunkt der Hamitenforschung, wie in Großbritannien etwa, sondern die Betonung
lag im Erstellen von praxisfernen Kulturkonzepten. Die Hamitentheorie war davon die erste
systematisch durchdachte kulturhistorische Theorie. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg
zum Hamitenproblem in Afrika. In: Otto Reche (Hrsg.), In Memoriam Karl Weule. Beiträge zur
Völkerkunde und Vorgeschichte…, 1929: 181-195.
499
Günther Spannaus, Zum Hamitenproblem in Afrika. Forschungen und Fortschritte 7, 1931: 36-
37; - Der gegenwärtige Stand des Hamitenproblems in Afrika. Mainzer Zeitschrift 27, 1931: 84-86
[Tagungsbericht über die 51. Allgemeine Versammlung der Deutschen Anthropologischen
Gesellschaft zu Mainz, vom 5. bis 9. August 1930].
500
Erich Brauer, Züge aus der Religion der Herero. Ein Beitrag zur Hamitenfrage…, 1925.
501
Hubert Kroll, Die Haustiere der Bantu. Mitteilung aus dem Museum der Stadt Essen für Natur- und
Völkerkunde 27 (1929); als Dissertation publiziert.
502
Mündlich überliefert im Gespräch mit Doz. Ferdinand Anders, Klosterneuburg 28.4.2001;
Christian F. Feest, Karl Anton Nowotny (1904-1978). Archiv für Völkerkunde 33, 1979: 1-6; siehe
dazu auch Karl Anton Nowotny, Die logischen Grundlagen völkerkundlicher Theorien. MAGW 91,
1961: 47-60.
189
charakterisierte Karl Weule in der Zeitschrift Koloniale Rundschau den Standort der
Völkerkunde in Deutschland: „Überprüfen wir das bisherige Gesamtergebnis der 30 Jahre
unseres kolonialen Wirkens in Afrika, so lässt es sich in etwa folgende Sätze
zusammenfassen: [...] Kein Volk hat Einzelbeobachtungen je so folgerichtig und umfassend
zur Lösung von Fragen großen Stils verwendet wie wir. Die mehr oder minder vollständig
gelungene Klarstellung der Beziehungen zwischen den hellfarbigen Südafrikanern und dem
Nordosten, zwischen den Sudanvölkern, den Hamiten und den Bantu sind ausschließlich
deutsches Verdienst.“503
b) Wilhelm Schmidt
Pater Wilhelm Schmidt [1868-1954] ist in der deutschsprachigen Völkerkunde sicherlich
eine der herausragendsten Gestalten. Herausragend als der entschiedendste Vertreter der
„Kulturkreislehre”, als Organisator, Lehrer und vor allem durch seine Publikationen. 567
Eintragungen weist sein Werkverzeichnis auf, damit nimmt er nach der Zahl der gedruckten
Seiten die erste Stelle innerhalb der deutschsprachigen Ethnologie ein, noch vor Leo
Frobenius. Wer Schmidts Vorlesungsangebot an der Wiener Universität durchsieht, findet im
Wintersemester 1930/31 die Eintragung „Die Religionen der hamitischen und der
hamitoiden Völker Ostafrikas” (1std.), was auf eine intensive Auseinandersetzung mit dieser
Thematik schließen lässt. Des Erfolges wegen kam es sogar zu Wiederholungen im
Sommersemester 1937 und im darauffolgenden Wintersemester.504 Im Folgenden wird ein
Einblick geboten, welche Bedeutung Schmidt den Hamiten beimaß. Zunächst ist
festzuhalten, dass Schmidt mit den „Hamiten” niemals in Kontakt getreten ist. Schmidt
führte im Gegensatz zu Weule, Seligman oder Frobenius keine eigenen Felduntersuchungen
durch, regte aber welche mit seinem Missionarsstab innerhalb der katholischen Societas
Verbi Divini [SVD] von St. Gabriel bei Wien aus in Afrika an. Die Hamitenfrage stand dabei
aber keineswegs im Mittelpunkt. Weder von Paul Schebesta noch von Martin Gusinde sind
diesbezügliche Äußerungen bekannt. Schmidt hatte ihnen ja den Auftrag erteilt, sich mit dem
Altvölkerproblem
für
die
Rekonstruktion
einer
Urkultur
auseinanderzusetzen.505
503
Karl Weule, Unsere Kolonien und die Völker-Forschung. Koloniale Rundschau 3, 1922: 146.
504
Joseph Henninger, P. Wilhelm Schmidt S. V. D. (1868-1954)…, Anthropos 51, 1956: 36-37.
505
Zum bekannten Aufruf zur Pygmäenforschung siehe Wilhelm Schmidt, Die Stellung der
Pygmäenvölker in der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Studien und Forschungen zur
Menschen- und Völkerkunde 6, 7, 1910.
190
Viehzüchternomaden hatten bei dieser Frage im Unterschied zu den „pygmäoiden”
Wildbeutergesellschaften eher sekundären Charakter. Eine Sonderrolle kam dem in Ruanda
eingesetzten S.V.D.-Missionar Peter Schuhmacher zu.506 Methodisch war Schmidt also mehr
als andere Hamitentheoretiker abhängig von der bereits vorhandenen Reiseliteratur über die
Hamiten. Seine diesbezüglichen Kommentare dazu sind sehr umfangreich, erweisen sich
jedoch als wenig originell. Wird beispielsweise sein 1926 zusammen mit Wilhelm Koppers
herausgegebenes Standardhandbuch der „Wiener Ethnologenschule” aufgeschlagen, findet
sich darin an einschlägiger Stelle abermals das Foto des Kissilerobo. Schmidt zog es als
Beleg
für
die
Begründung
des
„absoluten
Königtums”
im
ostafrikanischen
Zwischenseengebiet heran.507 Damit spricht Schmidt die ethnische Überschichtungstheorie
an, die nicht von ihm stammt und bereits von Speke und Ratzel ausformuliert worden war.
Im Übrigen erweist sich Schmidt als genialer Kompilator und scharfsinniger Kritiker der
ethnologischen Literatur seiner Zeitgenossen.
Pater Wilhelm Schmidt [1868-1954] wurde zu Hörde in Westfalen in einer
Arbeiterfamilie geboren. Mit 15 Jahren trat er in das kurz zuvor von Pater Arnold Janssen
gegründete Missionshaus St. Michael in Steyl, Niederlande, ein, das ihm für neun Jahre zur
zweiten Heimat wurde. Dort absolvierte er das Gymnasium, Lyzeum und Theologiestudium,
das er 1892 abschloss. Im selben Jahr wurde er zum Priester geweiht. Von Herbst 1893 bis
März 1895 war er in der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin inskribiert, wo er
orientalische Sprachen belegt hatte. Danach wechselte er in das Missionshaus St. Gabriel in
Mödling bei Wien, wo er als Lektor im Theologiestudium eingesetzt wurde. Hier begann
seine fruchtbare wissenschaftliche Tätigkeit, die sich sehr bald auf die Gebiete der Linguistik
und Ethnologie ausweitete. Er trat bald mit den wissenschaftlichen Kreisen Wiens in
Kontakt, namentlich mit den Mitgliedern der Anthropologischen Gesellschaft, mit Friedrich
Müller, vor allem aber mit Leo Reinisch, der ihn in seinen Privatissima die Methodik der
Sprachvergleichung lehrte.508 1905 gründete Schmidt als programmatischen Beitrag zur
„modernen Ethnologie” die internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde
„Anthropos”. Schmidt ist Mitgründer der sogenannten „Wiener Schule” der Ethnologie, in
der er die von Frobenius und Gräbner entwickelte Kulturkreislehre weiter ausbaute.
506
Peter Schumacher, Die hamitische Wahrsagerei in Ruanda. Anthropos 34, 1-3, 1939: 130-
206; - Das Tussirind in Ruanda. Koloniale Rundschau 32, 5, 1941: 291-327; - Psyché au Centre
Africain. Zaïre 1, 6, 1947: 679-686.
507
508
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 333.
Für seine sprachvergleichende Studien hatte Schmidt keine Ausbildung erhalten; siehe Joseph
Henninger, P. Wilhelm Schmidt S. V. D. (1868-1954)…, Anthropos 51, 1956: 28.
191
Der Erste Weltkrieg unterbrach seine wissenschaftliche Tätigkeit. Schmidt, inzwischen
österreichischer Staatsbürger, wurde 1916 zum Feldkuraten im Kaiserlich-Königlichen
Hauptquartier ernannt. Als Beichtvater von Karl I. stand er der kaiserlichen Familie
persönlich sehr nahe. Reformpläne für eine neue Staatsverfassung der Doppelmonarchie
veröffentlichte er unter seinem Pseudonym “Austriacus Observator” in zwei Büchern. 1921
wurde er Privatdozent an der Universität Wien, wo es ihm gelang, 1928 den Lehrstuhl für
Ethnologie zu errichten, der seinem Schüler Pater Wilhelm Koppers anvertraut wurde. Von
Papst Pius XI. beauftragt, organisierte er 1925 die ethnologische Abteilung der vatikanischen
Missionsausstellung und richtete im Anschluss daran das Museo Missionario-Etnologico im
Lateran ein. 1926 wurde er Direktor dieses Museums und 1936 Mitglied der Päpstlichen
Akademie der Wissenschaften. 1932 gründete er das Anthropos-Institut, das in Forschung,
Lehre und Publikationen die Arbeit Schmidts weiterführen sollte. Schmidt blieb Direktor des
Instituts bis 1950.
Die politischen Ereignisse des Jahres 1938 bedeuteten für Wilhelm Schmidt das Ende
seiner Wiener Schaffenszeit, da ihm die Lehrbefugnis „bis auf weiteres” entzogen wurde.
Unter dem Druck des Nationalsozialismus wurde das Anthropos Institut nach Froideville,
Kanton Fribourg, Schweiz, verlegt, wo es mit seinen Mitgliedern eine neue Heimat fand.
1939 übernahm er die ersten Vorlesungen in Ethnologie an der Universität Fribourg, 1942
wurde er ordentlicher Professor und 1948 begab sich Schmidt als 80jähriger in den
beruflichen Ruhestand.
Seine eigentliche Lebensaufgabe sah Schmidt in der Erforschung der Religion der
Altvölker, wobei er die These von Andrew Lang vom präanimistischen Monotheismus
übernahm. Auf diese Weise entstand sein monumentales 12bändiges Werk „Der Ursprung
der Gottesidee” (1912-1955), im Wesentlichen eine religionsethnologische Gegenschrift zu
James Frazers “The Golden Bough” (1907-1915), das bezeichnenderweise ebenfalls zwölf
Bände umfasste. Es ist verständlich, dass sich Schmidt mit seiner Vorgangsweise des
„ethnologischen Gottesbeweises” bei seiner Kollegenschaft den Vorwurf einhandelte, nicht
mit wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, sondern vielmehr die Völkerkunde als Mittel
für die Verbreitung des rechten Glaubens zu benutzen. In erster Linie war Pater Schmidt
katholischer Priester. Diese Grundlage bestimmte alle seine Äußerungen und Ansichten.
Seinen weltanschaulichen Standpunkt hat aber Schmidt niemals verschwiegen. Darum ist es
auch billig, ihm den Vorwurf zu unterstellen, Schmidt sei Priester und daher
unwissenschaftlich gewesen. Es sei vorweggenommen, dass die Kulturkreislehre nur mehr
wissenschaftsgeschichtlichen Wert besitzt. Nicht deshalb, weil sie „katholisch” ist, sondern
es zeigte sich immer mehr, dass der historische Entwicklungsgang der Kultur viel zu
192
kompliziert ist, als das er von einem vereinfachenden Schema, wie es das Kulturkreisschema
darstellt, erfasst werden kann. „So sind auch die Wiener Ethnologen schon lange von den
einstigen Kulturkreisen abgerückt”,509 schrieb Josef Haekel als Ordinarius des Wiener
Völkerkundeinstituts 1956 bereits in seinem Nachruf auf Wilhelm Schmidt.
Die Kulturkreislehre, wie sie Schmidt nach Gräbner aufstellte und im Wesentlichen bis
zum Schluss seines Lebens vertreten hatte, ist im Besonderen durch die drei sogenannten
Primärkulturen charakterisiert. Aus der Gruppe der Alt- und Urkulturen seien an
verschiedenen Stellen der Erde und wahrscheinlich auch zu verschiedenen Zeiten die ersten
wirtschaftlich-kulturellen Höherentwicklungen erfolgt, und zwar in den Formen des
vaterrechtlich-totemistischen höheren Jägertums, des agrarischen Mutterrechts und des
„großfamilial-vaterrechtlichen Kulturkreis” der Großviehzüchternomaden, die „Erobererund Herrschervölker”. Der letztgenannte Kulturkreis ist heranzuziehen, da Schmidt dazu die
Ural-Altaier, die Indoeuropäer und die Hamito-Semiten rechnete.
Mit Graebner vertrat Schmidt die Auffassung, dass der Kulturablauf ein geschichtliches
Phänomen sei, dass auch die schriftlose Menschheit, die sogenannten Naturvölker, in den
Bereich der Historie gehören. Seit der Errichtung der Professur für Ethnologie 1928, der
1929 auch ein Institut angegliedert wurde, erlebte die Wiener Schule einen starken
organisatorischen
Ausbau.
Wichtig
war
dabei
die
Zusammenarbeit
mit
den
Nachbarwissenschaften, vor allem der Prähistorie. Diese fand ihren sichtbaren Ausdruck in
Oswald Menghins „Weltgeschichte der Steinzeit” (1931). Die Annäherung zwischen der
Ethnologie und den Geschichtswissenschaften wurde von Fritz Kern gefördert, besonders
durch die Planung der 10bändigen „Historia Mundi” (1952-1961), in der Schmidt einer
seiner letzten Arbeiten veröffentlichen konnte.
Das
Wichtige
ist
nun,
dass
Schmidt
im
Hirtentum
einen
methodischen
Anknüpfungspunkt zwischen schriftlosen und schriftlichen Gesellschaften erblickte. In der
Rekonstruktion der Urgeschichte werde seiner Auffassung – nach durch die Aufstellung des
Kulturkreises der vaterrechtlichen nomadisierenden Viehzüchter – der Ethnologie zum ersten
Mal der Weg eröffnet, die bisherigen „Naturvölker” in eine verständliche Verbindung mit
den „Geschichtevölkern” zu bringen.510 In „Völker und Kulturen” heißt es: „Gerade die
Heranziehung der nomadistischen Viehzüchter und die Aufzeigung der Rolle, die sie in der
wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Menschheit innehatten, als Herrschervölker
und als Initiatoren der vertikalen, der Rangordnung der zu Ständen und Klassen gewordenen
Völker und Kulturkreise, liefert allein auch den Schlüssel zum Verständnis der sozialen und
509
Josef Haekel, P. Wilhelm Schmidt †. Tribus 4/5, 1954/1955: 412-415.
510
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: Vorwort VI.
193
wirtschaftlichen Schichtung der Völker, die ihre Geschichte schicksalsschwer bis in unsere
letzten Tage hinein.”511 Hirtenvölker wären demgemäß, der „erste Grundstein zu dem
Gebäude der hierarchischen Stellung.”512 Und durch die Vermischung der Kulturkreise käme
es zum Großstaat der Macht.513 Schmidt propagierte die These, wonach den Hirtennomaden
als überschichteten, adelsbildenden Faktor entscheidende Bedeutung zugekommen wäre.
Aufgrund ihrer politischen und moralischen Überlegenheit gelang es den Hirten, auf ihren
Wanderungen totemistische Stadtvölker und mutterrechtliche Bauernvölker zu Großstaaten
und Hochkulturen zusammen zu schmieden. Indo-europäische Stämme zivilisierten auf diese
Weise das Abendland, hamito-semitische Gruppen hingegen Afrika. Damit folgte Schmidt
dem klassischen hamitischen Einwanderungsmodell der Anthropogeografen, wie folgende
Passage aus „Völker und Kulturen” (1926) verdeutlicht: „Die hamitischen Völker setzten
[von der arabischen Halbinsel] nach Nordostafrika über, nahmen dort Ägypten und das
ganze Nordviertel bis zu den Kanarischen Inseln hinüber ein, überall ältere Negervölker,
vielfach auch Pygmäenstämme, entweder verjagend oder sich mit ihnen vermischend. Nach
Süden hintanter wanderten sie, allerdings erst in verhältnismäßig junger Zeit, mit den
Pygmäen- und Negervölkern sich mischend, fast die ganze Länge Ostafrika hindurch und
gelangten in stark verdünnter Mischung selbst bis Südafrika.”514
Darüber hinaus lassen sich noch zwei andere Aspekte finden, warum Schmidt dem
Hirtentum eine dermaßen wichtige kulturgeschichtliche Rolle zuschrieb: Erstens, die
wirtschaftsethnologische
Dreistufenlehre
zu
rehabilitieren
und
zweitens
das
Indogermanenproblem aus ethnologischer Sicht einer Lösung zuzuführen. 1891 hatte Eduard
Hahn den Aufsatz veröffentlicht, dessen Titel allein als rhetorische Frage eine
Kriegserklärung gegen die bis dahin allgemein anerkannte Dreistufenlehre (Jägertum,
Hirtentum, Ackerbau) war: „Waren die Menschen der Urzeit zwischen der Jägerstufe und
der Stufe des Ackerbaus Nomaden?”. Die neue Theorie betonte den unselbständigen
Charakter des Hirtentums, dessen Entstehung und Existenz nur in Abhängigkeit benachbarter
Ackerbauvölker möglich wäre. Daher ging nach Hahn die Lebensform des Nomadismus
nicht aus der Jagd hervor, sondern direkt oder indirekt aus dem Feldbau: „… die erworbenen
Haustiere konnten auch Jägervölker gebrauchen lernen und entlehnen. Nirgends aber sind
Jäger durch unmittelbare selbständige Erwerbung der Haustiere, ohne Entlehnung oder
fremde Einflüsse zu Hirten geworden, und ebensowenig Nomaden durch selbständige
511
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: Vorwort VI.
512
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 317.
513
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 355.
514
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 199.
194
Erwerbung der Getreidegräser zu Ackerbauern.”515 Für Hahn war das Phänomen des reinen
Hirtentums also eine verarmte und damit degenerierte Wirtschaftsform. Schmidt war nun
bestrebt, Hahns These auf den Kopf zu stellen, indem er dem Hirtentum kulturelle
Eigenständigkeit zusprach: „Die Hahn’sche Nomadentheorie erscheint da in allen
wesentlichen Punkten überwunden durch die Aufstellung des von Haus aus selbständigen,
direkt von der Urkultur ausstrahlenden Kulturkreises des viehzüchterischen Nomadismus.”516
Nach der Auffassung von Schmidt, grenze dieser „eigenständige” Kulturkreis der
nomadisierenden Viehzucht unmittelbar an die Urkulturen heran, da sämtliche Völker dieses
Kulturkreises sowohl die mongolisch-turanischen, als auch die indogermanischen und die
hamitischen der Anerkennung und Verehrung eines Himmelgottes aufbewahrt. Das wird von
Schmidt
als
„starker
nomadisierenden
Rest
eines
Hirtenstämme
alten
einen
Monotheismus”
„ganz
anderen
gedeutet,
wodurch
Entwicklungsgang”
als
die
die
totemistisch-vaterrechtlichen und exogam-mutterrechtlichen Völker durchlaufen hätten.
Abgesehen davon, dass Schmidt hier offensichtlich seinen „ethnologischen Gottesbeweis”
retten will, ist bei diesem Ansatz bemerkenswert, dass das verbindende Element der drei
noachidischen Völkerfamilien nicht die Sprache oder die Rasse ist, sondern ihre gemeinsame
Kultur, die Viehzucht.
Der zweite Aspekt bezieht sich auf das Indogermanenproblem, das in den 1930er Jahren
in Wien aus ethnologischer Sicht eifrig erörtert wurde. Im Zentrum stand dabei die Frage
nach dem Ursprungsgebiet der Indogermanen und dem domestizierten Tier, das die
geografische Ausbreitung möglich machte. An der Diskussion beteiligte sich vor allem sein
Schüler
und
wichtigster
Mitarbeiter,
Wilhelm
Koppers,
der
seit
1929
das
Völkerkundeinstitut leitete. Mit einer Studie über das Pferdeopfer wies Koppers nach, dass
sich der indogermanische Reiternomadismus in Zentralasien entwickeln musste.517 Damit
sprach er sich klar für die asiatische „Ostthese” aus, die im Gegensatz zu der von
pangermanischen Vertretern europäischen „Nordthese” stand.
Mit der „Hirtenkriegerthese”, wonach Arier, Hamiten, Semiten und Mongolen auf
derselben Stufe standen, verstärkte Schmidt eindeutig den gemeinsamen asiatischen
Ursprung. Dabei argumentierte Schmidt zusehends auch rassisch. So charakterisiere bei
herrschenden Viehzüchternomaden die „obligatorische Endogamie” bzw. die aristokratische
515
Eduard Hahn, Waren die Menschen der Urzeit zwischen der Jägerstufe und der Stufe des
Ackerbaues Nomaden? Das Ausland 64, 25, 22.6.1891: 486.
516
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 503.
517
Wilhelm Koppers, Die Indogermanenfrage im Lichte der historischen Völkerkunde. Anthropos 30,
1935: 1-33.
195
„Reinhaltung des Blutes”, die ihre „völkische Eigenart und die daraus hervorgehende
eingeborene Tüchtigkeit” sichere. An anderer Stelle geht jedoch hervor, dass es ihm gerade
nicht um eine bestimmte Rasse ging: „Die letzte Erhebung zur vollen Hochkultur kam
allerdings an allen drei Stellen erst durch Eindringen nomadischer Hirtenstämme oder
Völker des freivaterrechtlichen Kulturkreises zustande, die aus einer Mischung von
Hirtenvölkern hervorgegangen waren: in Indien die Arier, in Ägypten die Hamiten, in Peru
die Polynesier.”518 Mit der Machtübernahme des NS-Regimes in Österreich 1938, brachte
das unter anderem die Konsequenz mit sich, Anhänger des alten Geschichtsbildes “ex oriente
lux” zwangsweise zu suspendieren. Koppers wurde in Pension geschickt, Schmidt musste ins
Exil in die Schweiz flüchten. Beide gelten als Opfer des NS-Regimes. Menghin war zwar
Anhänger der Kulturkreislehre, er vertrat jedoch die Nordthese von Kossinna. Nach dem
heutigen Forschungsstand lässt sich nicht klären, ob Menghin Mitglied oder lediglich
Sympathisant der NSDAP war, fest steht jedoch, dass er aus dem katholischen
Cartellverband [CV] niemals ausgetreten war. Unter der Regierung von Seyss-Inquart
avancierte Oswald Menghin zum Unterrichtsminister. Um auf solche Widersprüchlichkeiten
in einem autoritären Regime aufmerksam zu machen, charakterisierte Otto H. Urban
Menghin treffend als „den Mann zwischen den Fronten”.519 Die andere Front war, das darf
hier nicht verschwiegen werden, die Regierung des autoritären Systems unter Dollfuß und
Schuschnigg.
c) Dominik Josef Wölfel
Wie schon in einem Kapitel „historische Sprachwissenschaft” angedeutet, hielt der von
Meinhof ausgearbeitete sprachliche Hamitenentwurf nicht stand. Die afrikanistische
Linguistik zeigte auf, dass sich die Rekonstruktion eines urhamitischen Sprachstamms als
unmöglich erwies. Zudem repräsentierten sich die als hamitisch klassifizierten Sprachen
keineswegs
so
einheitlich
wie
die
Semitischen
oder
die
Bantusprachen
etwa.
Sprachgeschichtliche Einzelstudien des Haussa und des Ful ergaben, dass diese ehemals als
518
Wilhelm Schmidt; Wilhelm Koppers, Völker und Kulturen…, 1926: 234; sowie „Wir finden es
wieder am stärksten in Indien, Ägypten und Peru entwickelt, aber auch bei den Adligen der Lolo in
Südchina und in den Staaten in Ostafrika.”, 1926: 320.
519
Otto H. Urban, „Er war der Mann zwischen den Fronten” – Oswald Menghin und das
Urgeschichtliche Institut der Universität Wien während der Nazizeit. Archaeologica Austriaca 80,
1996: 9.
196
hamitisch eingestuften Sprachen sich eher dem Sprachstamm des Bantu einfügen ließen.
Damit war das „Fundament“ des hamitischen Sprachstammes erheblich angegriffen. Dazu
kam noch, dass auch der genetische Zusammenhang des Hottentottischen mit den
Hamitensprachen in Frage gestellt und zunehmend von der Eigenständigkeit des
Hottentottischen ausgegangen wurde.520 Seit Oswin Köhler hat sich diese Annahme
erhärtet521, die heute nur mehr ausnahmsweise angefochten wird.522
Ende der 1920er Jahre war es neben Albert Drexel523 und Carl Brockelmann524 vor allem
Dominik Josef Wölfel, der sich gegen den sprachlichen Hamitenbegriff aussprach. Was
Wölfel wissenschaftsgeschichtlich von den genannten unterscheidet, ist, dass er darüber
hinaus auch den rassischen und den kulturellen Hamitenbegriff in Abrede stellte, wie
folgende Passage verdeutlicht: „Nach der bisherigen Auffassung sind die Hamitensprachen
ein dem Semitischen eng verwandter Sprachstamm einheitlichen Ursprungs und sind mit
ihnen
alle
europäiden
Rassenelemente
und
alles
Viehzüchtertum
ganz
Afrikas
ursprungsmäßig verbunden. Heute erkennt man diese Einheit als eher sekundär als primär.
Von einer rassenhaften Einheit der Hamiten kann keine Rede sein. Unter ihnen sind sehr
viele europäide Rassen vertreten, es gibt auch Europäide in Afrika, die nicht hamitisch
reden, und hamitisch redende, die keine Europäiden sind. Von einer kulturellen Einheit kann
nach dem, was wir oben ausführten, erst recht keine Rede sein.”525 Statt „hamitisch“ sollte
von „semitoiden Sprachen“ gesprochen werden, diese Sichtweise hatte Wölfel bereits 1929
vertreten.526 Damit gilt er als Vorläufer in der Dekonstruktion der Hamitentheorie, die
520
Wilhelm Planert, Die Schnalzsprachen. Bibliotheca Africana 2, 1, 1926: 298-321.
521
Oswin Köhler, Sprachkritische Aspekte der Hamitentheorie über die Herkunft der Hottentotten.
Sociologus 10, 1, 1960: 69-78.
522
Zum Beispiel Gerhard Böhm, Suffixkonjugation. Zur Auslegung in den „Hamitensprachen”.
Vorläufige Studien über den Bau des Prädikats in den erythräischen Sprachen, der Ful-Sprache und
der Sprache der Hottentotten. Ein grammatikhistorischer Beitrag zur Hamitensprache…, 1987.
523
Albert Drexel, Gliederung der afrikanischen Sprachen. Eine systematische Untersuchung mit
Berücksichtigung des völkergeschichtlichen Problems: Die Hamitischen Sprachen. Anthropos 20,
1925: 444-460. - Kann das Ful als hamitische Sprache gelten? In: Wilhelm Koppers (Hrsg.),
Festschrift Publication D’Hommage offerte au P. W. Schmidt…, 1928: 46-60.
524
525
Carl Brockelmann, Gibt es einen hamitischen Sprachstamm? Anthropos 27, 1932: 797-818.
Dominik Josef Wölfel, Nord- und Weißafrika. In: Hugo Adolf Bernatzik (Hrsg.), Die große
Völkerkunde…, 1939 I: 240.
526
Dominik Josef Wölfel, Einige afrikanische Axiome und ihre Grundlagen. Bibliotheca Africana III,
2-3, 1929: 109-116.
197
massiv nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzen wird.527 Zudem arbeitete Wölfel mit seiner
vorindogermanischen „Westkultur“ ein kulturgeschichtliches Gegenkonzept hinsichtlich der
miteinander im Widerstreit stehenden indogermanischen Nord- und Ostthese aus. Allein
deshalb gebührt Wölfel eine genauere Darstellung.
Als zwölftes Kind eines Wiener Militärregierungsrates war es Dominik Josef Wölfel
[1888-1963] zunächst unmöglich, höhere Schulen zu besuchen. Daher erlernte er zunächst
den Beruf eines Fotografen. Nebenbei betrieb er Sprachstudien: Seine phänomenale
Sprachbegabung ermöglichte es ihm innerhalb kürzester Zeit neben den usuellen
Fremdsprachen auch Arabisch, Persisch, Russisch und später auch Berberisch zu erlernen.
1919 inskribierte er als außerordentlicher Hörer an der Universität Wien, wo er bei Pöch und
Schmidt Völkerkunde hörte. Durch die entscheidende Fürsprache von Pater Wilhelm
Schmidt konnte er 1925 als 37jähriger sein Doktorat abschließen. Ein Jahr darauf begann er
seine akademische Laufbahn als Kurator im Museum für Völkerkunde in Wien, wo er
Walter Hirschberg, Ernst Zyhlarz und Johannes Lukas kennenlernte – die junge
Kollegenschaft, die sich mit der Hamitik auseinandersetzte. Dieser Institution gehörte Wölfel
bis zu seiner Pensionierung mit Ausnahme der Jahre 1938 bis 1945 an. Da er mit einer
halbjüdischen Frau verheiratet war, wurde er während der NS-Zeit in den Ruhestand
versetzt. 1940 erhielt Wölfel eine Berufung auf den neugegründeten Lehrstuhl für kanarische
Archäologie und Frühgeschichte der Universität San Fernando in La Laguna auf Teneriffa.
Die Übernahme dieses Lehrstuhls wurde ihm jedoch durch das Verbot der Ausreise aus dem
Dritten Reich unmöglich gemacht. Im Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien stand
neben Universitätsdozent immer in Klammern gesetzt (Prof. aux in La Laguna).528
1954 gibt Wölfel eine bemerkenswerte Stellungnahme über die Vorgeschichte Afrikas ab.
„Die alte Anschauung, dass Afrika zur Gänze der Erdteil der Neger war und sein nördlicher
Teil erst durch Kolonisierung den Europäern gewonnen wurde, lässt sich heute nicht mehr
aufrecht erhalten.“529 Um das Gewicht dieser Aussage bzw. ihre Breitenwirkung einschätzen
527
Egon von Eickstedt, Das Hamitenproblem…, Homo 1, 1949/1950, 105-123; Dmitrij Aleksejwitsch
Ol’derogge, Chaamitskaja problema v afrikanistike. Sovetskaja Etnografija 3, 1949: 156-170; SaintClair Drake, Détruire le myth chamitique, devoir des hommes cultivés. Présence Africaine 24-25,
1959: 215-231.
528
Vgl. dazu auch Ferdinand Anders, Dominik Wölfel (1888-1963). Wiener Völkerkundliche
Mitteilungen 11, 1964: 1-6; Annemarie Schweeger-Hefel, Dominik Wölfel †. Mitteilungsblatt der
Museen Österreichs 12, 1964: 90-92.
529
Dominik Josef Wölfel, Weißafrika (Nordafrika) Zeitschrift für Schulgeographie 6, 10, 1954: 405-
409.
198
zu können, sei erwähnt, dass Wölfel sie in einer Schulgeografischen Zeitschrift abdrucken
ließ bzw. lassen konnte. Wölfel gilt als der Schöpfer des Begriffs „Weißafrika“, ein Begriff,
den er einführte, um den europäischen Siedlungsraum im vorgeschichtlichen Nordafrika vom
negriden Afrika südlich Sahara abzugrenzen. Damit entstanden jedoch Berührungspunkte
mit dem nationalsozialistischen Geschichtsbild, ein Zusammenhang, der einer Erläuterung
bedarf.
Der eigentliche Mentor von Wölfel war nicht Schmidt sondern der Rassenforscher Eugen
Fischer [1874-1967], mit dem er seit 1928 in Kontakt stand. Als Direktor des „Kaiser
Wilhelm Instituts für Anthropologie und menschliche Erblehre“ in Berlin bewilligte Fischer
in
der
Zwischenkriegszeit
„die
Österreichisch-Deutsche
Wissenschaftshilfe,
deren
vorbildliches Wirken”, so der Wortlaut Wölfels, „der deutschen Wissenschaft wieder den
vordersten Platz gesichert hat.“530 Auf diese Weise bekam Wölfel seine Auslandsstipendien
finanziert. Fischer war derjenige, der 1913 in einer anthropologischen Studie bei der
südwestafrikanischen Bastardbevölkerung in Rehoboth, einer Mischbevölkerung aus
Hottentotten und Buren, die Mendel’schen Erbgesetze wiederentdeckt hatte.531 Anhand der
Ergebnisse dieser Studie entwickelte er eine vorgeschichtliche Rassentheorie. Fischer
versuchte, den Cro-Magnon Menschen in der rezenten Bevölkerung auf den Kanarischen
Inseln nachzuweisen532 und sah somit die gegenwärtigen Inselbewohner – entgegen der
normalen Ansicht – als Nachkommen einer blondhaarigen und blauäugigen „Eiszeitrasse”.533
Dabei nahm er dasjenige Argument aus der geologischen Forschung zur Hand, wonach der
Sahararaum nicht immer schon desertifiziert vorlag, sondern sich während der Eiszeiten als
günstiger Siedlungsraum der Europäer erwies. Daraus leitete Fischer die These ab, dass die
rassische Heimat des Cro-Magnon-Menschen gar nicht Europa sondern Nordafrika gewesen
sein muss, eine Behauptung, die Fischer einmal in eine rhetorische Frage fasste: „Ist
überhaupt vorgeschichtlich der weiße Mensch von Europa nach Nordafrika gekommen und
nicht vielmehr umgekehrt?“534 Dies ist bemerkenswert, da das nationalsozialistische
530
Dominik Josef Wölfel, Bericht über eine Studienreise in die Archive Roms und Spaniens zur
Aufhellung der Vor- und Frühgeschichte der Kanarischen Inseln. Anthropos 25, 1930: 714.
531
Eugen Fischer, Die Rehobother Bastards und das Bastardierungsproblem beim Menschen…, 1913.
532
Eugen Fischer, Sind die alten Kanarier ausgestorben? Eine anthropologische Untersuchung auf den
Kanarischen Inseln. ZfE 62, 1931: 258-273.
533
Eugen Fischer, Dominik Josef Wölfel, War der Eiszeitmensch blond? Berliner Illustrierte Zeitung
40, 51, 1931.
534
Eugen Fischer, Rassenkundliche Probleme in Weißafrika. Beiträge zur Kolonialforschung 1, 1943:
130.
199
Geschichtsbild in der Frage nach der Entstehung der europäischen Rasse von Nordeuropa
ausging, wie Alfred Rosenberg in seinem „Mythus des 20. Jahrhunderts” (1930)
verdeutlichte: „Die zum Teil bis auf heute hellhäutigen, sogar noch blauäugigen Berber
gehen nicht auf die späteren Vandalenzüge zurück, sondern auf die uralte atlantischnordische Menschenwelle. […] Die herrschende Schicht der alten Ägypter weist bedeutend
feinere Züge auf als das beherrschte Volk. Diese ‘Hamiten’ sind vermutlich bereits eine
Mixovariation zwischen Atlantiern und der negroiden Urbevölkerung.”535 Sowohl Rosenberg
als auch Fischer zählten die „Hamiten” zwar zur weißen Rasse, bei der Frage nach ihrem
Ursprung klafften ihre Positionen jedoch deutlich auseinander. Rosenberg begründete ihre
Herkunft mit der „nordatlantischen These”, die der österreichische Ingenieur Hanns Hörbiger
[1860-1931], Vater der bekannten Schauspieler-Dynastie, entwickelte. Seine „Welteislehre”,
in der Wissenschaft rundweg abgelehnt als „Glazial-Kosmogonie” bekannt, führte die
Entstehung und Mutation des gesamten Kosmos auf die Existenz ewigen Eises im Weltraum
zurück – Beweise waren dazu niemals erbracht worden. Gleichwohl fand sie Anhänger in
nationalsozialistischen Kreisen, sowohl Hermann Göring als auch Adolf Hitler glaubten
daran.536 Das ist insofern erstaunlich, da der Polarforscher Alfred Wegener den
nordeuropäischen Atlantismythos bereits während des Ersten Weltkrieges mit Hilfe seiner
kontinentalen „Verschiebungstheorie” eindeutig widerlegt hatte. Als aber der deutschholländische Privatgelehrte Herman Wirth [geb. 1885] in seinem „Aufgang der Menschheit”
(1928) den nordeuropäischen Atlantismythos mit der frühgeschichtlichen Runenforschung
verknüpfte, erweckte das bei den Anhängern der Nordthese die erhoffte Wiedergeburt der
nordischen Rasse und die Befreiung der Menschheit vom Fluch der Zivilisation.537 1935
rekrutierte Heinrich Himmler Herman Wirth zum Mitbegründer der „Studiengesellschaft für
Geistesurgeschichte Deutsches Ahnenerbe”.538
535
Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts…, 31939 [1930]: 25.
536
Michael H. Kater, Das „Ahnenerbe” der SS 1935-1945…, 21997 [1974]: 51.
537
Zum Beispiel Siegfried Kadner, Urheimat und Weg des Kulturmenschen. Veröffentlichung der
Herman-Wirth-Gesellschaft…, 1931; bei den Ethnologen war die Anhängerschaft der Nordthese eher
gering - auch bei solchen, die dem Nationalsozialismus wohlwollend gesinnt waren: „Die Entstehung
einer arktischen nordischen Rasse im arktischen Gebiete wird abgelehnt”, siehe Hans Plischke,
Herman Wirth und die Ethnologie. In: Fritz Wiegers (Hrsg.), Herman Wirth und die deutsche
Wissenschaft…, 1932: 34-46.
538
Wirth war bereits in den 1920er Jahren Mitglied der NSDAP, war 1926 jedoch wieder ausgetreten.
Da in wissenschaftlichen Fachkreisen seine Atlantistheorie nicht anerkannt wurde, erhoffte Wirth sich
im Ahnenerbe Karriere zu machen. Himmler entließ ihn jedoch drei Jahre später. Zu dieser
Problematik siehe das Buch von Michael H. Kater.
200
Hamiten waren nach Fischer zwar auch „weißrassig”, sie gehörten jedoch seiner
Auffassung nach der „äthiopischen Rasse” an, deren dunkle Hautfarbe auf eine „rezente”
Vermischung mit den Negroiden zurückgegangen wäre. Diese Sichtweise stammte von Egon
von Eickstedt, der den rassischen Hamitenbegriff überhaupt ablehnte, da er ausschließlich
sprachliche
Inhalte
nordafrikanischen
zum
blonden
Ausdruck
bringen
„Westrasse”
war
würde.539
damit
Fischers
dem
Konzeption
der
nationalsozialistischen
Geschichtsbild entgegengesetzt. Obwohl Fischer selbst Mitglied der NSDAP war, maß er
dem nordischen Gedanken praktisch keine Bedeutung bei, da er den Ursprung der „blonden
Rasse” mit dem Cro-Magnon-Menschen und den Kanarischen Inseln verknüpft sah:
„Seitdem der Begriff der nordischen Rasse lebendig geworden ist, dachte man nur an diese
[blondhaarige Rasse]. Erst auf dem Umweg über die Erforschung der Kanarischen Inseln ist
das Problem der Blonden in Nordafrika zum Problem der Cromagnon-Rasse in Nordafrika
geworden.”540 Offen zu Tage kam dieser Gegensatz in der Auseinandersetzung mit seinem
Badener Landsmann Hans F. K. Günther [1891-1968], der den Begriff „westische Rasse”
ebenso in Anspruch nahm. Als Anhänger des nordischen Gedankens beschrieb er jene jedoch
als „braun- und schwarzhaarig”.541 Fischer forderte Günther mehrmals und eindringlich dazu
auf, den Begriff zurückzunehmen und fallen zu lassen.542
Hierbei schloss Wölfel an, der nun von der Rassenforschung ausgehend, in etwas
abgewandelter Form, eine in Nordwestafrika selbständig entstandene „Westkultur“
herausarbeitete. Dabei konnte er auf megalithische Tumulusbauten auf den Kanarischen
Inseln ebenso verweisen wie auf die zahlreichen Felsbilddarstellungen und die numidischen
Sprachdenkmäler im Sahararaum. Bemerkenswert ist dabei, dass Wölfel auch die
westafrikanischen
Staatsgründungen
miteinbezog.
Wölfel,
der
sich
auch
als
Kulturmorphologe verstand, modifizierte dabei die von Frobenius vorgeschlagene
„atlantische Westkultur”, die jener bei den rezenten Yoruba zu erblicken vermeinte.543 Wie
Fischer ging auch Wölfel davon aus, dass der Lebensraum in Nordeuropa während der
Eiszeit markant eingeschränkt war. Als Katholik und Bewunderer des faschistischen Franco-
539
Egon von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…, 1934.
540
Eugen Fischer, Rassenkundliche Probleme in Weißafrika. Beiträge zur Kolonialforschung 1, 1943:
131.
541
Hans Friedrich Karl Günther, Rassenkunde Europas…, 31929.
542
Eugen Fischer, Rassenkundliche Probleme in Weißafrika. Beiträge zur Kolonialforschung 1, 1943:
131.
543
Dominik Josef Wölfel, Die Kanarischen Inseln, die Westafrikanischen Hochkulturen und das alte
Mittelmeer. Paideuma 4, 1950: 231-253.
201
Regimes544 wies Wölfel die indogermanische Nordthese leidenschaftlich sogar in
Pressemitteilungen zurück.545 Auf zahlreichen Felsbildern im Sahararaum waren nicht nur
Jagdtiere, sondern auch Rinder, Pferde und Reiterwagen dargestellt. Nach Wölfel
entwickelte sich die „weißafrikanische” Viehzucht selbständig, also dem Geschichtsbild des
„ex oriente lux“ geradezu entgegengesetzt, wonach die Viehzucht von Asien oder Ägypten
herzuleiten wäre.546 Damit stellte Wölfel das wichtigste Axiom des kulturellen
Hamitenbegriffs in Abrede, das seit Adametz mit der Großviehzucht verknüpft war.
Von der Konzeption der „Herrenrasseideologie”, die selbstverständlich auch unabhängig
vom Nationalsozialismus vertreten wurde, hatte sich nicht allzu viel verändert, wie die
folgende Passage von Wölfel verdeutlicht: „Dieses Weißafrika war der Tummelplatz der
europäischen Rassen schon in sehr alter Zeit. Alle ältesten Menschenfunde aus diesen
Gebieten erweisen sich als Vertreter der europäiden Rassen, wobei die Rasse von CroMagnon weitaus zu überwiegen scheint. Dasselbe gilt ja auch für Ostafrika und, in etwas
eingeschränkterem Maße, für Südafrika.“547 Anstatt überlegener „Hamiten” kolonisierten
nun großwüchsige Cromagnon-Menschen Schwarzafrika. Verstärkt wurde diese Sichtweise
durch den fossilen Schädelfund zu Boskop in Südafrika im Jahre 1913. Zahlreiche
Anthropologen versuchten in den rezenten Hottentotten eine „weiße Boskoprasse”
nachzuweisen, die sich nun mit der Cromagnon-These bequem korrelieren ließ. Diese
Hypothese griff auch Wölfel auf: „Wir wissen heute, dass die in Südafrika fossil und in
Buschmännern und Hottentotten vertretene Rasse von Boskop in den Syrtengegenden bis ans
Mittelmeer reicht und heute noch dort europid-boskopide Bastarde aufweist, die ganz
verblüffend
der
berühmten
„Bastaard“-Bevölkerung
Südafrikas
gleichen.”548
Hier
manifestiert sich also das Lehrgebäude Fischers, der mit seinem Mendeln eine „Eiszeitrasse”
in einer rezenten Mischrasse zu erblicken vermeinte. Diesem vereinfachten Denkschema
entsprechend konnten nun auch die Urheber der Felsbilder einfügt werden. Nicht mehr
544
Dominik Josef Wölfel, So ist Spanien. Geheimgeschichte eines Bürgerkrieges…, 1939.
545
Dominik Josef Wölfel, Die Urheimat der Indogermanen. Reichspost 341, 8.12.1934: 17.
546
Dominik Josef Wölfel, Pferd und Wagen. Reiten und Fahren im libyischen Nordafrika. MAGW 92,
1962: 302-304; Hans: Biedermann, Tartessos und Tritonis. Geheimnis des iberischen Westens und des
alten „Weißafrika“. In: Die versunkenen Länder. Die Atlantis-Frage…, 1975: 103-120. - Wölfels
Westkultur und das archäologische Faktenmaterial Nordwestafrikas. Almogaren. Jahrbuch des
Institutum Canarium 4, 1973: 7-21.
547
Dominik Josef Wölfel, Nord- und Weißafrika. In: Hugo Adolf Bernatzik (Hrsg.), Die große
Völkerkunde…, 1939 I: 225.
548
Dominik Josef Wölfel, Weißafrika (Nordafrika). Zeitschrift für Schulgeographie 6, 10, 1954: 405.
202
Hamiten, sondern Cromagnon-Menschen wären die großartigen Künstler von Nordspanien
bis Südafrika gewesen.
Der Anknüpfungspunkt mit dem NS-Regime bei Fischer und Wölfel bildete die
Kolonialfrage Afrikas. Fischer kam ja aus der Kolonialbewegung. Ab 1936 erfolgte auf die
Initiative Ritters Franz von Epp hin die Gleichschaltung zwischen dem kolonialpolitischen
Amt der NSDAP, dem Reichskolonialbund und der kolonialwissenschaftlichen Abteilung
des Reichsforschungsrates, die eine Systematisierung aller kolonialwissenschaftlicher Fächer
an den deutschen Hochschulen nach sich zog.549 Die militärischen Erfolge Anfang 1941 und
die Aufstellung des „Deutschen Afrikakorps“ lenkte Fischers Gedanken und Überlegungen
auf die nordafrikanischen Länder, die er bereits als zukünftige Kolonien Deutschlands sah.
Zusammen mit seinem Kollegen in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, dem
Ethnologen und Afrikanisten Dietrich Westermann, sein Badischer Landsmann, und dem
Ägyptologen Hermann Grapow plante er die Gründung einer interdisziplinären
Forschungskommission über die „Probleme“ Weißafrikas. Als Grundlage dienten die
Arbeiten von Dominik Josef Wölfel, der trotz der Versuchung – er war ja zwangspensioniert
worden - sich dem Nationalsozialismus nicht beugte und seine persönliche und
wissenschaftliche Unabhängigkeit aufrechterhielt.
Am 8. Mai 1941 hielt Fischer vor der Akademie einen kurzen Vortrag, in dem er sich die
aus den neuen politischen und militärischen Konstellationen ergebenden Chancen und
Aufgaben umriss. In seinem Vortrag über die „Probleme Weiß-Afrikas“ legte Fischer
zunächst seine Ansicht dar, dass jener nördlich der Sahara gelegene Teil Afrikas sich in
klimatischer, geologischer, zoologischer, botanischer, und „... vor allem aber nach Rassen
und Kulturen des Menschen deutlich und grundsätzlich vom übrigen Afrika, vom Afrika der
Neger, von Schwarz-Afrika scheidet und abhebt.“550 Nordafrika sei daher als Bestandteil des
europäischen Mittelmeerraumes anzusehen und wäre in Zusammenhang mit den dortigen
Forschungsfragen in geologischer, naturkundlicher und anthropologischer Hinsicht zu
erforschen. Durch die moderne Erschließung Nordafrikas, durch Eisenbahn und Luftverkehr,
549
Die Kolonialwissenschaften wurden in 27 verschiedene Fachgruppen unterteilt. Mehr als 500
deutsche Wissenschafter waren dafür vorgesehen. An erster Stelle stand dabei die „koloniale
Völkerkunde“, die Bernhard Struck leitete; gefolgt von der „kolonialen Sprachforschung“, die
Dietrich Westermann übernahm; vgl dazu auch Markus Mosen, Der koloniale Traum. Angewandte
Ethnologie im Nationalsozialismus…, 1991; ferner Alexandre Kum’a N’dumbe III., Was wollte Hitler
in Afrika?…, 1993.
550
Zitiert nach Niels C. Lösch, Rasse als Konstrukt. Leben und Werk Eugen Fischers…, 1997: 376,
der sich bei seiner umfangreichen Studie auf den persönlichen Nachlass von Fischer stützt.
203
drohten aber wertvolle Zeugnisse, auch in kultureller und sprachwissenschaftlicher Hinsicht
verloren
zu
gehen
–
dem
sollte
mit
der
Errichtung
einer
interdisziplinären
Forschungskommission entgegengewirkt werden. Im Anschluss an den Vortrag beantragten
Fischer, Westermann und Grapow die Bildung einer „Kommission der Gesamtakademie für
die Erforschung Weiß-Afrikas“. In dem schriftlich eingereichten Antrag begründeten die drei
Wissenschafter die Notwendigkeit der Kommissionsgründung mit folgenden Worten: „Nach
dem Kriege wird die Erschließung der Saharagebiete durch Auto- und Fluglinien und durch
den eben begonnenen Baue einer [...] Trans-Saharabahn sicher erneut und stark einsetzen
und damit eine zunehmende Zerstörung der sich vorhandenen Zeugen weißafrikanischer
Vergangenheit eintreten. Da wir künftig für unsere Kolonien die Wege über die Sahara
umfangreich benützen werden, vor allem aber, da die Probleme Weiß-Afrikas aufs engste
mit den uns am Herzen liegenden Rassen-, Vorgeschichte- und Sprachproblemen
zusammenhängen, kann und darf sich die deutsche Wissenschaft dieser Aufgabe nicht
entziehen.“551 Tatsächlich entwickelte die Kommission in Anbetracht des späteren
Kriegsverlaufs keine nennenswerten Ambitionen mehr, weitere Akten sind nicht mehr
überliefert. Fischer veröffentlichte in diesem Zusammenhang lediglich eine etwas
überarbeitete Version seines Akademie-Vortrags. So müssen diese Aktivitäten Fischers und
der anderen Akademie-Mitglieder im Wesentlichen als Ausdruck der euphorischen
Stimmung nach den anfänglichen militärischen Erfolgen der Achsenmächte gewertet
werden.552
551
Niels C. Lösch, Rasse als Konstrukt. Leben und Werk Eugen Fischers…, 1997: 377.
552
Niels C. Lösch, Rasse als Konstrukt. Leben und Werk Eugen Fischers…, 1997: 377.
204
d) Leo Valerian Frobenius
„Jede Untersuchung der historischen, archäologischen oder prähistorischen Vergangenheit
Afrikas wird das Hamitentum und die Hamitoiden in den Vordergrund der Betrachtung
stellen müssen.”553 Diese Worte stammen von Leo Frobenius, dem wohl bedeutendsten
deutschen Afrikareisenden. Nicht der jugendliche und unerfahrene Frobenius spricht hier,
sondern dieses Zitat reflektiert die Essenz sämtlicher Erfahrungen, die Frobenius im Lauf
seiner großen Afrikaexpeditionen erlangte. Dass auch Frobenius als der Afrikakenner, dem
Mythos der Hamiten aufsaß, überrascht.
Bei der Kulturtheorie von Frobenius liegen an der Basis aller menschlichen Kultur zwei
Grundtypen, die sich in Afrika in schicksalhafter Feindschaft seit jeher gegenüberstanden:
die hamitische und die äthiopische. Diese beiden Kulturen werden von Frobenius in Afrika
„entdeckt”. Sie werden aber nicht als reine und gegenwärtige Form vorgefunden, sondern
müssen mit Hilfe intuitiver Geistesarchäologie hervorgeholt werden. Darüber hinaus handelt
es sich nicht um eigentlich afrikanische Kulturen sondern nach der Ansicht von Frobenius
um zwei Urkulturen der Menschheitsgeschichte überhaupt. Ein Vergleich sei hier angezeigt
mit der Phantastenliteratur, die Atlantis, Äthiopien, Tiahuanaco im Andenhochland und
Sumer - nach anderer Ansicht auch Tibet - als „wurzellose Urkulturen der Urzeit” gesehen
haben wollte.554 Die Hamiten sind bei Frobenius Viehhalter, Krieger und Staatenbildner; die
Äthiopen Bauern. Die regionale Verteilung des hamitischen Lebensgefühls auf dem
afrikanischen Kontinent ist fast identisch mit der Verteilung der Hamitensprachen nach
Meinhof. Das äthiopische Gebiet deckt sich etwas mit der Verbreitung der Bantu und den
Sudansprachen nach Westermann, die beide „negerischer” Herkunft sind. Das Ganze ist
eingebettet in eine historische Tiefenschau, bei der es nicht nur um Merkmale von
Menschengruppen geht sondern auch um Merkmale von Kulturen, die aus den
geophysischen Bedingungen erwachsen und als Ganzes unabhängig sind von den Menschen,
die sie schaffen und benutzen. Im Unterschied zu Baumann erblickte Frobenius in der
hamitischen Kultur etwas grundlegend Matriarchalisches, eine Kultur, die gänzlich durch das
Tier bestimmt ist. Sie ist chthonisch, in der Erde wurzelnd, was sich auch in der Architektur
zeige. Sie ist nicht religiös, sondern magisch, sie setzt Zauber zum Schutz ihres Ichs ein. Sie
ist ausschließlich auf Irdisches zentriert. Die äthiopische Kultur wäre dagegen patriarchalisch
und durch die Pflanze bestimmt. Sie ist tellurisch und aus sich herauswachsend. Das zeige
sich in Form der Pfahlbauten. Sie kommt ohne Magie aus und ist stattdessen religiös und
553
Leo Frobenius, Erythräa. Länder und Zeiten des Heiligen Königsmordes…, 1931: 350-351.
554
Es sei hier verwiesen auf Rudolf Elmayer von Vestenbrugg, Eingriffe aus dem Kosmos…, 1971.
205
mystisch. Physisches und Seelisches sind verbunden; es gibt keine Unterscheidung von
Profanem und Sakralem. „Die hamitische Kultur kennt keine Ergriffenheit”, meinte
Frobenius einmal lapidar, „besitzt keine Religionsform, kennt lediglich ein nach den
Gesetzen der Physis geregeltes Profanleben.”555 Daraus zeigt sich bereits, dass das
Begriffspaar von Frobenius kein rein analytisches Werkzeug war. Noch vor dem Ersten
Weltkrieg taucht es in seinem Reisewerk „Unter den unsträflichen Äthiopen” (1913) auf, ein
von einem Psalmvers entlehnter Titel.556 „Hamiten” und „Äthiopen” ziehen sich wie ein roter
Faden durch sein Schrifttum. Auffällig ist, dass Frobenius den Äthiopen eindeutig mehr
Sympathie abgewinnen konnte als den Hamiten. Ihre Wesenszüge stellte Frobenius in seiner
„Schicksalskunde” (1932) zusammenfassend gegenüber:
Äthiopische Kultur
Hamitische Kultur
Sinnwille……………….Machtwille
Symbole ………………..Allegorien
Weitengefühl…………...Höhlengefühl
Traumnaturen…………..Rauschnaturen
Wirklichkeitssinn………Tatsachensinn
Mystik………………….Magie557
Vertreter der imaginären Ethnografie haben schon des öfteren hervorgehoben, dass die
Schriften von Frobenius mehr eine ganz spezifische europäische Geisteshaltung
widerspiegeln, als eine genaue empirische Beschreibung afrikanischer Gesellschaften.558
Michael Spöttel reduzierte Frobenius gar gänzlich auf die gesellschaftspolitische Gegenwart
Deutschlands während der 1920er Jahre. Dazu Spöttel wörtlich: „Das zivilisatorische Motiv
erweist sich als ideologischer Hintergrund der Kulturmorphologie. Die kulturhistorische
Erforschung der fernen afrikanischen Vergangenheit war eindeutig auf die deutsche
Gegenwart bezogen. Frobenius hat in Afrika nach einem Muster für die ersehnte Erneuerung
555
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 95; vgl. dazu auch Franz Rottland, Hamiten,
Neger, Négritude…, Paideuma 42, 1996: 57.
556
Leo Frobenius, Unter den unsträflichen Äthiopen. In: „Und Afrika sprach...” DIAFE III, 1910-
1912…, 1913: III.
557
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 105.
558
Bernhard Streck, Äthiopen und Pelasger. Zu den Quellen der imaginären Ethnographie. Paideuma
42, 1996: 169-181; Thomas Zitelmann, Körperschaft und Reich… Paideuma 42, 1996: 37-53.
206
gesucht.”559 Auseinandersetzungen entzündeten sich am polemischen Ton einiger seiner
ersten Veröffentlichungen, an seiner unkonventionellen Persönlichkeit und später vor allem
an seiner eigenwilligen Kulturtheorie. Im Jahr 1933 wurde Frobenius noch als „geistiger
Führer im deutschen Durchbruch“560 gefeiert. In der Folge kam er aber mit dem Rassebegriff
des Nationalsozialismus in Konflikt. Frobenius dachte nämlich gar nicht daran, Rasse als
eine biologische Gegebenheit zu betrachten, waren doch seine Vorstellungen von Rasse stark
von seinen kulturmorphologischen Gedanken geprägt.
Leo Frobenius wurde 1873 in Berlin geboren. Sein Vater war Ingenieur für Festungsbau,
so zog die Familie berufsbedingt oft um, ein Umstand, den Frobenius später als Grund für
sein nomadisches Wanderleben angab. Frobenius verschlang schon in seiner Jugend die
Reisebeschreibungen der großen Afrikaforscher des 19. Jahrhunderts. Er begann schließlich
noch vor seinem zwanzigsten Lebensjahr, selbst Artikel und Bücher über Afrika zu
veröffentlichen. Seine Freundschaft zu dem Ethnologen Heinrich Schurtz [1863-1903]561
führte Frobenius weiter an die Ethnologie heran, und er begann zu studieren. Allerdings hat
er sein Studium nie regulär mit einer Doktorarbeit abgeschlossen. Seine beiden als
Dissertationen eingereichten Arbeiten wurden abgelehnt. Als 25jähriger veröffentlichte
Frobenius „Der Ursprung der afrikanischen Kulturen“ (1898). Darin wandte er sich gegen
die herrschende Vorstellung von einer evolutionistischen Entwicklung der Menschheit. Als
Gegenthese entwickelte Frobenius die Kulturkreislehre, die später von Ankermann und
Graebner zu einer bestimmenden Lehre ausgebaut werden sollte. Er glaubte das bisher
geltende
evolutionistische
Lehrgebäude
durchbrechen
zu
können.
Anhand
von
Kulturelementen nach ihrem Äußeren und nach ihrer Verbreitung zu Formenkreisen wäre
dieser „neuen” Methode gemäß, eine Verwandtschaft zwischen der Äquatorregion Afrikas
und Südostasiens nachzuweisen. Nebenher hatte er 1894 begonnen, sein sogenanntes
„Afrika-Archiv” aufzubauen, eine Sammlung von Tausenden von Exzerpten über Afrika, das
559
Michael Spöttel, Hamiten…, 1996: 46.
560
Helmut von den Steinen, Leo Frobenius als geistiger Führer im deutschen Durchbruch. In: Leo
Frobenius. Ein Lebenswerk aus der Zeit der Kulturwende…, 1933: 25-31.
561
Wie Ratzel, gliederte auch Schurtz die Menschen nicht nach Rassen sondern nach Völkern: In
seinem 1893 herausgegebenen Standardwerk findet sich folgender Eintrag zu den Hamiten: „Als
typische Eigenschaften der Hamiten sind anzuführen: Mittelhoher oder höherer Wuchs,
Dolichocephalie, Prognathismus und fleischige Lippen. Die Augen sind groß und mandelförmig, die
Hautfarbe schwankt zwischen gelbbraun und braunrötlich. Das Haar ist kraus und schwarz, selten
heller gefärbt. Die hamitischen Sprachen sind in ihrem Bau den semitischen verwandt und bilden eine
gemeinsame Gruppe.“ In: Heinrich Schurtz, Katechismus der Völkerkunde…, 1893: 301.
207
als Arbeitsgrundlage für das nach dem Ersten Weltkrieg begründete „Institut für
Kulturmorphologie” diente.
Bei der Bearbeitung der afrikanischen Themen waren ihm die Lücken in der
ethnografischen Erforschung einiger Gebiete Afrikas aufgefallen. Wahrscheinlich auch als
Reaktion auf die Ablehnung seitens der universitären Ethnologie fasste Frobenius den
Entschluss, diese Gegenden zu erforschen. Zu diesem Zweck rief er die „Deutsche
Innerafrikanische Forschungsexpedition“ (DIAFE) ins Leben, die er zum Teil aus eigenen
Mitteln finanzierte. Förderung erfuhr das Projekt durch verschiedene Völkerkundemuseen,
für die Frobenius Ethnografica zusammentrug, durch das Reichskolonialamt, aber auch von
seinem wichtigsten Förderer, Kaiser Wilhelm II. Zwischen 1904 und 1937 unternahmen
Frobenius und seine Mitarbeiter insgesamt dreizehn größere Reisen in die verschiedensten
Gegenden Afrikas. Die auf diesen Expeditionen gesammelten Objekte füllten die deutschen
Völkerkundemuseen, während die Eindrücke dieser Reisen von Frobenius in seinen
zahlreichen Büchern verarbeitet wurden. Auf das zu behandelnde Thema bezogen, ist die
DIAFE X, bei der Felsbilder in der Sahara (Fezzan) aufgenommen wurden, von Bedeutung.
Bei deren Auswertung erblickte er hamitische und äthiopische Stilformen, und verlegte
damit das „diametral entgegengesetzte Naturkräftespiel”562 zeitlich um Jahrtausende zurück.
Frobenius sah in der „hamitischen Mahalbi-Kultur” die Erbin des frankokantabrischen Stiles
in Europa, deren Träger helle, blondhaarige und blauäugige Menschen wären.
Nach einer kurzzeitigen Beschäftigung in Basel siedelte Frobenius 1920 nach München
um. Zunächst hatte er mit anderen Gelehrten geplant, ein neues Institut für Ethnologie zu
gründen. Allerdings überwarf er sich mit seinen Fachgenossen und so rief er das von ihm
nun in Eigenregie geleitete „Institut für Kulturmorphologie“ ins Leben. In München kam er
mit dem Geschichts-Philosophen Oswald Spengler [1880-1936] in Kontakt, der ein
verwandtes Kulturkonzept in seinem Werk „Der Untergang des Abendlandes“ (1918-1922)
vertrat und der ihn tatkräftig unterstützte. In einem bislang wenig zitierten Werk
charakterisiert Spengler den Menschen als ein Raubtier, eine Eigenschaft, die sich ohne
weiteres auch auf ganze Völkerschaften übertragen ließe. „Es gibt Völker“, so Spengler,
„deren starke Rasse den Raubtiercharakter bewahrt hat, räuberische, erobernde,
Herrenvölker, Liebhaber des Kampfes gegen Menschen, welche den wirtschaftlichen Kampf
562
Leo Frobenius, Ekade Ektab. Die Felsbilder Fezzans Ergebnisse der DIAFE X…, 1937: 73; dazu
wörtlich: „In der „Monumenta Terrarum“ ist eingehend ausgeführt worden, dass Afrika auch heute
noch von zwei diametrial entgegengesetzt sich auswirkenden Kulturkräftespielen erfüllt ist, welche
mit dem Namen Gabulluku-Kultur für das Äthiopische und Mahalbi-Kultur für das Hamitische
bezeichnet werden.“
208
gegen die Natur den andern überlassen, um sie zu plündern und zu unterwerfen.”563 Nach
Spenglers zyklischer biologistischer Geschichtstheorie müsse jede Kultur zur „Zivilisation”
erstarren, wenn ihre räumliche Ausdehnung erreicht ist. „Ist das Ziel erreicht und die Idee,
die ganze Fülle innerer Möglichkeiten vollendet und nach außen hin verwirklicht, so erstarrt
die Kultur plötzlich, sie stirbt ab, ihr Blut gerinnt, ihr Kräfte brechen - sie wird zur
Zivilisation.”564 Das gesamte westliche Abendland wäre der fatalistischen Gesetzmäßigkeit
von Blüte, Reife und Verfall dem Untergang geweiht.
Diesen
Kulturpessimismus
griff
Frobenius
in
seiner
„kulturmorphologischen
Schicksalskunde“ auf und ordnete Spenglers „Raubtiertheorie“ den Hamiten zu: „Wie ein
Leopard vermag der Hamit die Fährten aufzuspüren. Wie ein Hund seinen Knochen beiseite
bringt, daß kein Auge eines Genossen ihn erreiche, so fürchtet der Hamit den bösen Blick.
Wie eine Katze ihre Exkremente verscharrt, so ängstlich beseitigt der Hamit jeden Abschnitt
seiner Haare und Nägel. Wie ein Raubtier zieht er auf Jagd aus und fordert herrisch in
diesem und jenem die Vorrechte seiner Stärke. Oswald Spenglers Raubtiertheorie passt auf
die Träger der hamitischen Kultur in allem und jedem.“565 Deutlich ist sowohl bei Spengler
als auch bei Frobenius das Unbehagen über das Diktat von Versailles zu spüren. Die
„hamitischen Leoparden“, das waren eigentlich die „Großen Vier“, die Kriegsgewinnler des
Ersten Weltkriegs, die die deutschen Kolonien raubten und dabei eine Hetzpropaganda
gegen Deutschland entfachten. Ebenso kräftig wurde von deutscher Seite diese auferlegte
„Kolonialschuld“ als Lüge zu entlarven versucht.566
Auch Frobenius, der ansonsten recht kritisch dem Kolonialwesen gegenüberstand567,
beklagt den Verlust der deutschen Kolonien. 1932 nimmt Frobenius dazu Stellung: „Im Jahre
1914 verloren wir unsere Freiheit, und die Ausfahrt in unsere uns immer noch nicht
wiedergegebenen Kolonien oder gar in fremde Teile Afrikas ist seit damals dem deutschen
Forscher versagt. Die Folge war naturgemäß, daß wir uns mehr und mehr vom Gedanken an
das „Feldwerk“ zur Vertiefung in „Heimarbeit“ zurückzogen.568 Dementsprechend meint
563
Oswald Spengler, Der Mensch und die Technik…, 1931: 54; Oswald Spengler, Der Untergang des
Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte…, 1923.
564
Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes…, 1923: 143. Diese biologistische Sichtweise
hat später Arnold J. Toynbee übernommen und in seinen 21 gezählten Kulturen weitergeführt. In
seinem Kulturkonzept kommen Hamiten interessanterweise nicht vor.
565
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 101.
566
Vgl. auch das Kapitel „Koloniale Schuldlüge” in der Magisterarbeit des Verfassers.
567
Leo Frobenius, Völkerkunde und Kolonialpolitik. Deutsche Kolonialzeitung 16, 36, 1899.
568
Leo Frobenius, Das unbekannte Afrika. Aufhellung der Schicksale eines Erdteils…, 1923: IX.
209
Frobenius, dass auch die nationalen Kulturen Europas Ausprägungen des Hamitischen sind.
Er findet diesen im französischen Rationalismus und im englischen „Tatsachensinn”. Das
Äthiopische wäre seiner Auffassung nach die „russische Seele” und die „deutsche Mystik”.
Damit ist wie in der biologischen Hamitik eine Brücke zwischen Afrika und Europa
geschlagen, aber nun zum anderen Teil der afrikanischen Dichotomie, wie Frobenius
hervorhebt: „Wenn der Äthiope in frommer Scheu sich dem Weibe widmet im Sinne der
Bildung neuen Lebens, so kennt der Hamit nur die Eroberung des Genusses und des
Besitzes.“569 Es heißt nicht mehr „unser Bruder, der Hamit”, sondern „wir, die Äthiopen”.570
Dahin konnte Frobenius kommen, da er sich nicht am Rassebegriff orientierte sondern am
Gemüt.
Nach Frobenius markiert in Europa der Rhein und der Ärmelkanal die Grenze zwischen
Äthiopik und Hamitik. Drüben die hamitischen Franzosen und hüben die äthiopischen
Deutschen. Hamitik war der Ausdruck an Rationalität des zentral-französischen Staates und
die von England geschaffene „Weltwirtschaftsmechanik“.571 Sie wäre die bevorstehende
Maschinenkultur des Westens, der die Ergriffenheit als Einheitssinn fehle.572 Im Gegensatz
dazu war „Deutschland niemals Heimatgebiet der Hamitik“.573 Östlich des Rheins, im
dezentralen Deutschen Reich, herrsche das Patriarchat und die Äthiopik, die sich durch den
„Wirklichkeitssinn in der deutschen und äthiopischen Kultur“ ausdrücken.574
Der persönliche Kontakt Leo Frobenius zum deutschen Kaiser Wilhelm II. ist in
wissenschaftsgeschichtlichen Aufsätzen bereits dargestellt worden.575 Wilhelm II., der die
Expeditionen des Forschers finanziell unterstützte, wurde im Doorner Exil über Hamitisches
und Äthiopisches aufgeklärt. Nach einem Vortrag von Frobenius schrieb der Kaiser als
Aktennotiz: „Ich bin wie erlöst! Endlich weiß ich, welche Zukunft wir Deutschen haben,
wozu wir noch berufen sind! Wenn wir den Deutschen erst einmal beigebracht haben, dass
Franzosen und Engländer gar keine Weißen, sondern Schwarze – die Franzosen z.B.
Hamiten – sind, dann werden sie schon gegen die Bande vorgehen.”576
569
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 100.
570
Franz Rottland, Hamiten, Neger, Négritude…, Paideuma 42, 1996: 57.
571
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 202.
572
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 198.
573
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 107.
574
Leo Frobenius, Schicksalskunde…, 21938 [1932]: 110.
575
Beiträge kommen hier vor allem vom Frobenius-Institut in Frankfurt, wie Peter Heine, Leo
Frobenius als politischer Agent… Paideuma 26, 1980 und Thomas Zitelmann, Körperschaft und
Reich… Paideuma 42, 1996: 37-53.
576
Zitiert nach Franz Rottland, Hamiten, Neger, Négritude…, Paideuma 42, 1996: 57.
210
Leo Frobenius „Kulturgeschichte Afrikas“ (1933) erlangte auch Bedeutung dadurch, dass
es das in der „Négritude“-Bewegung erwachende afrikanische Selbstbewusstsein nachhaltig
beeinflusste. 1936 wurde es ins Französische übersetzt. Afrikanische Intellektuelle, die im
Paris
der
1930er
Jahre
studierten,
begannen
sich
mit
ihrer
Vergangenheit
auseinanderzusetzen und Frobenius Vorstellungen von einem geschichtlichen Afrika fielen
hier auf fruchtbaren Boden. Die entscheidenden Änderungen bei Frobenius bestehen in der
Transposition der Begriffe von einer biologisch-evolutioniären auf eine kulturphilosophische
Ebene, und einer Umkehrung der Wertskala, wonach die hamitischen Merkmale abgewertet
und die äthiopischen „negerischen“ Merkmale aufgewertet werden. Mit dieser Umkehrung
wird Frobenius für die Vertreter der „Négritude“-Bewegung nützlich. Zu den bedeutendsten
Persönlichkeiten dieser Bewegung zählt der frühere Staatspräsident des Senegal [19601980], Léopold Sédar Senghor [1906-2002], der Frobenius Lehre nach eigenen Worten zur
„colonne vertébrale“ der Négritude erhob.577 „I have been saying it for decades“, so
Senghors Worte anlässlich der 100jährigen Gedenkfeier von Frobenius, “the independence
of the mind is an indispensable condition of all other independence. And it was Leo
Frobenius who helped us to achieve it. Therefore he is still our master.“578 Ein Sprachrohr in
Frobenius Werken fand auch der aus den Antillen stammende Dichter Aimé Césaire579, der
1938 als erster für die Rückbesinnung auf spezifisch afrikanische Werte den Ausdruck
Négritude prägte.580 Was den jungen Vertretern der Négritude-Theorie freilich weniger
deutlich gewesen sein mag, war die Tatsache, dass sich hinter den Gegensatzpaaren von
Frobenius der alte deutsche Gegensatz zwischen „Zivilisation“ und „Kultur“ verbarg und
somit die alte Theorie von einer deutsch-französischen Wesensfremdheit. Durch die
Eingliederung deutscher Kultur in die größere Gruppe der Äthiopik bot sich ihnen ein
europäischer „seelischer“ Verwandter dar, der nun als „Verbündeter“ und „Befreier“ gegen
die hamitische französische Kolonialmacht betrachtet werden konnte.581
577
Vgl. dazu Léopold Sédar Senghor, The Lessons of Leo Frobenius. In: Eike Haberland (Hrsg.), Leo
Frobenius…, Studien zur Kulturkunde 32, 1973: VII-XIII; J.-M. Ita, Frobenius, Senghor and its Image
of Africa. In: R. Horton; R. Finnegan, Modes of Thougtht…, 1973.
578
Léopold Sédar Senghor, The Lessons of Leo Frobenius. In: Eike Haberland (Hrsg.), Leo
Frobenius…, Studien zur Kulturkunde 32, 1973: XIII.
579
Martin Steins, Die Geburt der Négritude aus dem Geist des Krieges. Aimé Césaires Gedicht Les
Pur-sang und Leo Frobenius. Neohelicon 9, 2, 1984: 83-127.
580
Ein Kritiker der Négritude war der englischsprachige Nigerianer Wole Soyinka, der der Bewegung
die Praxisferne zum Vorworf machte: „Ein Tiger verkündet nicht seine Tigritude, er springt.“
581
Philip S. Zachernuk, Of Origins and Colonial Order. Southern Nigerian Historians and the
“Hamitic Hypothesis”, c. 1870-1970. JAH 35, 3, 1994: 427-456.
211
e) Hermann Baumann
Hermann Baumann [1902-1972] gehörte über Jahrzehnte hinweg zweifelsohne zu den
einflussreichsten Vertretern der kulturhistorischen Ethnologie überhaupt. Kaum ein anderes
Werk hat die afrikanistische Literatur dermaßen geprägt wie seine 1939 herausgegebene
„Völkerkunde von Afrika”, jenes Gemeinschaftswerk mit Dietrich Westermann und Richard
Thurnwald,
das
die
kulturhistorische
Völkerkunde
zu
einer
anwendbaren
kolonialwissenschaftlichen Disziplin ausbauen sollte. Allein der Untertitel - „Mit besonderer
Berücksichtigung der kolonialen Aufgabe” - gibt schon den Hinweis darauf, dass das Werk
vor dem politischen Hintergrund geschrieben wurde, die verlorenen deutschen Kolonien
wieder zu erlangen. Mit der Hamitentheorie hat sich Baumann eingehend beschäftigt. Was
ihn persönlich von den oben genannten Hamitikern unterscheidet, ist, dass Baumann bereits
einer jüngeren Wissenschaftsgeneration angehörte. Während die Hamitentheorie sozusagen
mit dem Tod ihrer Vertreter langsam ausstarb, hatte Baumann sich mit der ablehnenden
Kritik von Afrikahistorikern der Nachkriegsgeneration auseinander zu setzen.
Ab 1920 studierte der in Freiburg in Breisgau geborene Hermann Baumann an der
Freiburger Universität. Dort erhielt er seine anthropologische Ausbildung durch Eugen
Fischer und Ernst Grosse lehrte ihn kulturhistorische Ethnologie. Zu Baumanns
akademischen Lehrern zählte auch Felix von Luschan in Berlin. Entscheidend für Baumanns
wissenschaftlichen Werdegang wurde jedoch sein Kontakt zu Bernhard Ankermann, unter
dessen Anleitung er 1921 als Volontär in den Dienst des Berliner Völkerkunde-Museums
trat. 1926 promovierte Baumann mit einer musealen Arbeit an der Universität Leipzig noch
unter Karl Weule, der ihn in die Hamitik eingeführt hatte. Hermann Baumann wurde damit
zum
„Museumsmann”.
Bei
Baumann
fällt
sein
politisches
Engagement
in
rechtskonservativen Kreisen auf sowie sein früher Kontakt zur NSDAP. Als Student gehörte
er dem Allgemeinen Deutschen Bund an, und 1932 trat er bereits der NSDAP bei, wo er in
Kürze zum Leiter einer Ortsgruppe in Berlin aufrückte. Aus gesundheitlichen Gründen
musste er aber Ende 1935 seine parteiamtliche Aktivität wieder beenden.582 Dennoch konnte
er sich in der Neubesetzung des Lehrstuhls in Wien gegen seinen Hauptkonkurrenten Hugo
Adolf Bernatzik durchsetzen, der sich über das SS-Ahnenerbe, die Kulturorganisation des
Reichsführers Heinrich Himmler, in die Beratungen der Lehrstuhlvergabe eingemischt
hatte.583 Von 1940 bis 1945 leitete Baumann das Ordinariat für Völkerkunde in Wien, von
582
Jürgen Braun, Eine deutsche Karriere. Die Biographie des Ethnologen Hermann Baumann (1902-
1972)…, 1995: 41.
583
Näheres dazu in Peter Linimayr, Wiener Völkerkunde im Nationalsozialismus…, 1994.
212
wo er kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee nach München flüchten konnte. Im
Entnazifizierungsverfahren wurde Baumann 1949 von der französischen Ordnungsbehörde
in Mainz vorgeladen. In seinen insgesamt neun erstellten Entlastungszeugnissen versuchte
Baumann seine „anti-nationalsozialistische” Gesinnung hervorzuheben. In einem davon
heißt es: „In keinem meiner Bücher und Schriften finden sich nationalsozialistische oder
militaristische Bekenntnisse. Mein letztes Hauptwerk (Völkerkunde von Afrika, 1939) wurde
1948 in Paris vom Verlag Peyot in französischer Sprache herausgegeben, was kaum der Fall
gewesen wäre, wenn ich fachlich als entschiedener Nationalsozialist bekannt wäre oder das
Werk nationalsozialistisches Gedankengut enthielte.”584 Die französischen Stellen dürften
von dieser Neuauflage beeindruckt worden sein: Baumann wurde lediglich als „Mitläufer”
eingestuft und konnte damit einen Schlussstrich unter seine „Nazivergangenheit” ziehen. Er
nahm seine Lehrtätigkeit am Frobenius-Institut in Frankfurt auf; 1955 übernahm er das
neugegründete Völkerkundeinstitut an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, das
er bis 1967 leitete.
Baumann gilt als der modernste unter den Kulturkreistheoretikern. Im Gegensatz zu
seinen Vorgängern füllte er seine Kulturkreise ausreichend mit ethnografischen,
anthropologischen, prähistorischen und archäologischen Materialdaten. Dadurch ergab sich
ein weitaus realistischeres historisches Bild für Afrika, als das von Frobenius und Schmidt
gezeichnete. Zudem korrelierte er die Kulturkreise mit bestimmten Ökozonen. Es war dies
das schlüssige anthropogeografische Argument, dass Umwelt und Kultur ineinander griffen
und nicht zu trennen wären. Hier nahm er die umfangreichen Studien des Hamburger
Kulturgeografen Siegfried Passarge zur Hand, der für Afrika spezifische Ökozonen
herausgearbeitet hatte. Der Preis dafür war, dass die Kulturkreise nur mehr für Afrika
Gültigkeit besaßen. Dadurch ging aber der universalhistorische Aspekt verloren. Um sich
von der alten Kulturkreislehre abzugrenzen, änderte Baumann dementsprechend die
Begriffe.
So
sprach
er
von
neun
„Grundkulturen”,
die
er
27
verschiedenen
„Kulturprovinzen” zuordnete. Diese Begriffe fanden zusehends über Franz Boas auch im
US-Amerikanischen Sprachraum Anerkennung.585
584
Dieser Entnazifizierungsantrag von Baumann ist vollständig abgedruckt in Jürgen Braun, Eine
deutsche Karriere. Die Biografie des Ethnologen Hermann Baumann (1902-1972)…, 1995: 87-89.
585
Der aus Kiel stammende Franz Boas arbeitete mit “cultural areas”, die von einem seiner Schüler
auf Afrika adaptiert wurden, siehe dazu Mellville Jean Herskovits, The cattle complex in East Africa.
American Anthropologist 28, 1926: 230ff., 361ff., 494ff., 633ff.
213
1934 stellte Hermann Baumann seine „afrikanischen Kulturkreise” in der renommierten
Londoner Zeitschrift des Internationalen Afrikainstituts [IAI] vor.586 Fürsprache bekam er
von seinem Fachkollegen Dietrich Westermann, der damals das IAI leitete. In seinem
Vortrag legte Baumann den Gedanken nahe, dass sich Viehzucht und Jagd vorzugsweise in
Salzsteppen und reinen Trockengebiete entwickeln würden, während sich die Feuchtgebiete
und der Regenwald Afrikas eher für das Sammeln und Pflanzen eignen würden. Die Jäger
und die Viehzüchter wohnten dieser Sichtweise gemäß in derselben Ökozone. Um diesen
Zusammenhang zu verdeutlichen, wandelte Baumann zum Beispiel die von Frobenius
eingeführte Konzeption einer „Jägerkultur” zur „Steppenjägerkultur” um [Abb. 29]. Dabei
dachte er aber nicht wie Schmidt, dass sich daraus notwendigerweise eine Viehzucht
entwickeln würde. Jäger und Viehzüchter benutzten dieselbe von Nordostafrika bis nach
dem Süden verlaufende Wanderstraße, sodass etwaige Überschneidungen eine Entscheidung
schwer machen würden, ob ein Kulturelement der „osthamitischen Viehzüchter-“ oder der
„buschmännischen
Jägerkultur”
angehöre.
„Auf
derselben
Wanderbahn
wie
die
ebengenannte Steppenjägerkultur”, so zeichnete Baumann das neue kulturgeschichtliche Bild
Afrikas, „zog auch die Kultur der großviehzüchterischen (Ost)-Hamiten von Nordafrika über
den Nordosten nach Süden.”587 Damit führte Baumann die von Hahn ausgelöste und von
Schmidt weitergeführte Diskussion um die Entstehung der Nomadenkultur zumindest für
Afrika zu Ende, wie auch aus der folgenden Passage hervorgeht: „Namen wie Rousseau,
Anton und später Morgan, Engels Bücher u. a. bezeichnen eine Epoche, in der eine
aufklärerische und liberalistische paradiesische Lebensweise oder des Jägertums erst über
die Wirtschaftsstufe des nomadischen Hirtentums hinweg zum Bodenbau gelangten. Als
‘Listisches Dreistufenschema’ wirkte diese, von der Sozialdemokratie und ihren
wissenschaftlichen Päpsten mit einer Begeisterung aufgenommene Konstruktion noch bis in
die neueste Zeit hinein fort.”588 Auffällig ist hier Baumanns antisozialdemokratische
Argumentation,
in
einer
Weise,
die
auch
Schmidt
vertreten
hatte.
In
seiner
Habilitiationsschrift „Schöpfung und Mythus“ (1936) korrelierte Baumann die afrikanische
Kulturkreislehre mit den religionsgeschichtlichen Betrachtungen Pater Wilhelm Schmidts,
die den Urmonotheismus als historische Ausgangsposition nahm.589 Danach könne gerade
anhand der überlieferten Mythologie der Himmelsgötter und Sonnenhelden die kulturelle
586
Hermann Baumann, Die afrikanischen Kulturkreise. Africa 7 (1934), S. 129-139.
587
Hermann Baumann (Hrsg.), Völkerkunde von Afrika…, 1939: 35, hervorgehoben im Original.
588
Baumann 1934, zitiert in Jürgen Braun, Eine deutsche Karriere. Die Biographie des Ethnologen
Hermann Baumann (1902-1972)…, 1995: 47.
589
Hermann Baumann, Schöpfung und Urzeit des Menschen im Mythus…, 1936.
214
Abb. 29
Baumanns Steppenjägerkultur.
Hermann Baumann, Völker und Kulturen Afrikas. In: Hermann Baumann, Richard Thurnwald, Dietrich
Westermann, Völkerkunde von Afrika…, 1940: 29.
215
Gemeinsamkeit der Jäger und Viehzüchter aufgezeigt werden. Diese Nähe zu Schmidt
täuscht aber. Zum einen stand Baumann als Mitglied der NSDAP politisch genau auf der
Gegenseite. Außerdem war er 1928 von der evangelischen Kirche ausgetreten, mit der
Begründung, dass er als vergleichender Religionsethnologe keiner einzelnen Kirche
angehören dürfe. Zum anderen trennte er bei seiner Kultureinteilung nach Ökozonen die
„Kalahari-Buschmänner” von den „Regenwald-Pygmäen”. Damit stellte Baumann sich klar
gegen Schmidt, der in den beiden letzteren ja eine genetische Einheit propagierte. Zudem
griff Baumann das Argument von Siegfried Passarge auf, wonach die Buschmänner
ursprünglich gar keine „primitiven” Jäger gewesen wären, sondern Viehzüchter und
Staatenbildner, die aber in das Randgebiet der Kalahari abgedrängt wurden und anschließend
zu „Jäger” verkümmerten.590 Seit Passarge galt für die Hamitiker der normative Satz, dass an
den aufgestellten hypothetischen Wanderstraßen der Hamiten Ostafrikas die meisten
größeren afrikanischen Staatenbildungen „wie Perlen an einer Schnur” aufgereiht liegen.
Demnach galten auch die in Südwestafrika lebenden Bantu-sprechenden Ovambo und
Herero als Hamiten, eine Sichtweise, der sich auch Schmidt angeschlossen hatte. Passarge
und später auch Weule weiteten diese soziogeografische Logik jedoch mit der Begründung
aus, dass am Ende dieser Schnur auch ein ursprüngliches „Buschmannreich” vorliegen
müsse. In Wirklichkeit entsprang Passarges Sichtweise der Kolonialromantik aus der
Jahrhundertwende, wonach die Kalahari das „letzte Asyl der Freiheit für den vertriebenen
Ureinwohner Südafrikas” bildete.591 Passarges Zeitgenosse Gustav Frisch, einer derjenigen,
der die Hamitentheorie vehement ablehnte, konnte in seiner Buchbesprechung zu Passarge
seine Polemik nicht zurückhalten: „Waren sie zu meiner Zeit nicht nachzuweisen, so müssen
sich die Buschmänner später wie Kaninchen vermehrt haben, um ihre Staaten zu gründen
und dann unmittelbar wieder in das jetzige Elend zurücksinken.”592 Dennoch hatte sich diese
kolonialromantische Vorstellung einer in der Kalahari verloren geglaubten Zivilisation in der
deutschsprachigen Ethnologie durchgesetzt. Ausgenommen davon war die „Wiener Schule”,
die eigens von einer „primären Primitivität” bei der Buschmannkultur sprach und dabei Fritz
Krause herausforderte, 1926 den Begriff der „sekundären Primitivität” einzuführen593, um
590
Diese Sichtweise vertrat auch Walter Hirschberg, The Problem of the Relationship between
Pygmies and Bushmen. Africa 7, 1934: 446ff.
591
Siegried Passarge, Die Buschmänner der Kalahari…, 1907.
592
Gustav Fritsch, Buchbesprechung zu „Die Buschmänner der Kalahari von Siegfried Passarge”.
ZFE 1906: 77.
593
Diese Sichtweise wurde in Wien vor allem weitergeführt von Walter Hirschberg, Zur Frage der
sekundären Primitivität der Buschmänner. Wiener Völkerkundliche Mitteilungen 2, 1954: 1-5.
216
damit den Regressionsgedanken zu unterstreichen.594 Diese Debatte entschärfte sich ein
wenig, als das rassische Argument von Schultze-Jena kam, der in den Buschmännern und
den Hottentotten dieselbe rassische Grundlage bestimmte und daraufhin 1928 den Begriff
„Khoisan” prägte.595 Aus der Sicht der Hamitik war dies aber geradezu ein Argument mehr,
die Buschmänner sprachlich, kulturell und nun auch rassisch über die Hottentotten mit den
ostafrikanischen Viehzüchter-Hamiten zu verknüpfen. Baumann hielt die „Khoisan” für
Überreste einer verdrängten „eurafrikanischen Steppenjägerkultur“, die in der osthamitischen
Viehzüchterkultur weiterleben würde. In der „Völkerkunde Afrikas” findet sich die
bezeichnende Stelle: „Manches spricht dafür, daß die Buschmänner ursprünglich
großwüchsiger waren und heute degeneriert sind, anderes spricht dafür, daß die Hottentotten
in alter Zeit „Hamiten” waren und später Buschmannblut aufnahmen.”596
Das Fatale bei Baumann war, dass er sich zusehends von der Rassendoktrin des NSRegimes vereinnahmen ließ. So sprach auch Baumann von der „gegenseitig bedingten
Wesenheit von Rasse und Kultur”.597 Allein schon beim Begriff „euroafrikanisch” ist zu
bemerken, dass hierbei die Betonung auf der ersten Silbe lag und nicht umgekehrt. Den
gemeinsamen Nenner bildete das vermeintliche „weißrassische” Element das Europa und
Afrika zusammen schweißen sollte oder negativ ausgedrückt: das gemeinsame
„Nichtnegroide”. Die Frage, ob Baumann Anhänger der Ost- oder Nordthese war, lässt sich
jedoch nur schwer beantworten. Seinem opportunen Verhalten dem NS-Regime gegenüber
entsprechend scheint Baumann beide Kulturgeschichtsbilder vertreten zu haben. Als
Kulturhistoriker der Afrikanistik lehnte er sich an die Vertreter der „Ostthese”, wobei er
dabei zusehends die Argumente der Rassenkundler heranzog. Sowohl Egon von Eickstedt598
als auch Eugen Fischer lehnten den rassischen Hamitenbegriff wegen seines sprachlichen
594
Siehe dazu die Magisterarbeit von Maike Kleihauer, Kulturelle Regression bei Jäger- und
Sammlerkulturen…, 1991.
595
Leonard Sigmund Schultze, Zur Kenntnis des Körpers der Hottentotten und Buschmänner…, 1928.
Interessanterweise wurde dieser Begriff vor allem in der anglophonen Gelehrtenwelt übernommen.
596
Hermann Baumann (Hrsg.), Völkerkunde von Afrika…, 1939: 87.
597
Hermann Baumann, (Hrsg.), Völkerkunde von Afrika…, 1939: 13.
598
Vgl. auch Wilhelm Koppers, Die Indogermanenfrage im Lichte der historischen Völkerkunde.
Anthropos 30, 1935: 1-33. Für die Begründung seiner Ostthese stützte Koppers sich auf Eickstedt, der
seine „protonordische Rasse” in Südwestsibirien entstehen lässt, von wo aus eine nach Europa
gelangende blonde asiatische Nordform die Indogermanisisierung Europas bewirkt hätte; vgl. auch
„das Hirtenkriegertum der Steppen” in Egon von Eickstedt, Rassendynamik von Ostasien. China, Tai
und Kmer von der Urzeit bis heute…, 1944.
217
Inhalts ab.599 Zudem hatte Günther den Ursprung der „hamitischen Rasse” zusammen mit
den Ariern nach Mitteleuropa verlegt, dorthin, wo „eine bestimmte Menschengruppe sich in
Abschließung während der späteiszeitlichen Jahrtausende zur nordischen Rasse ausgebildet
hat.”600 Als Vertreter der Nordthese ging Günther vor allem gegen jene vor, die mit der
„katholischen” Kulturkreislehre liebäugelten. Seine Polemik traf vor allem den Bonner
Historiker Fritz Kern [1884-1950], da dieser den Versuch unternommen hatte, die
Ergebnisse der ethnologischen Kulturkreislehre mit jenen der Rassengeschichte Alteuropas
auf einander abzustimmen. In seinem „Stammbaum und Artbild der Deutschen” (1927)
sprach Kern sich deutlich für die Behauptung aus, die „nordeurasische Rasse” samt den
„Hamiten” sei in der Steppenlandschaft Asiens entstanden.601 Eugen Fischer und Egon von
Eickstedt führten dahingehend die „äthiopide Rasse” ein, die aber keine eigenständige
sondern einen „negro-europiden Zwischentypus” der „weißen Rasse” bildete. [Abb. 30,
31].602 Beide gingen also von einem Mischtypus aus. Von Eickstedt sprach auch von
„schwarzhäutigen Vertretern” der „weißen Rasse” und zählte dazu die Fulbe und Haussa
ebenso wie die Melaniden Indiens.603 Baumann glaubte demnach, die „äthiopide Rasse” mit
der „osthamitischen Kultur” korrelieren zu können: „Die Osthamiten brachten ihr äthiopides
Blut überall dorthin, wo wir auch ihre besonderen Kulturphänomene antreffen, ja das
Auftreten geradezu ein Kriterium für die mögliche Existenz ihrer Kultur und auch
umgekehrt, so daß hier die These von der Einheit der Kultur und des Blutes ergänzend
gerechtfertigt erscheint.”604 Nach Baumann konnte dieses Konstrukt einer äthiopiden Rasse
auch als Träger der Khoisankultur gelten [Abb. 32]. Kopfzerbrechen bereitete dieser
„äthiopide Einschlag” lediglich dadurch, weil dieser geradezu im Widerspruch zum
anthropologischen Aussehen der Khoisan stand. Vor allem die Körpergröße der beiden
Rassentypen ließen sich nicht in Einklang bringen. Die Lösung dazu bot sich im sogenannten
599
Egon von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…., 1934: 491.
600
Hans Friedrich Karl Günther, Rassenkunde Europas…, 31929: 153; den Begriff „äthiopide Rasse”
lehnte Günther ab.
601
Hans Friedrich Karl Günther, Rassenkunde des deutschen Volkes…, 171938: 325. Kern war 1944
in einer Widerstandsgruppe aktiv und lebte 1945-1947 unfreiwillig als Exilant in der Schweiz.
602
Eugen Fischer, Zur Frage einer äthiopischen Rasse. Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie
27, 1929: 339-341.
603
Egon von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…., 1934: 606; die
Sichtweise, dass Fischer den kulturschöpfenden Faktor eher bei den Mischrassen erblickte als bei den
sogenannten reinen Rassen, findet sich bei Niels C. Lösch, Rasse als Konstrukt. Leben und Werk
Eugen Fischers…., 1997.
604
Hermann Baumann (Hrsg.), Völkerkunde von Afrika…, 1939: 35.
218
Abb. 30
Von Eickstedt erklärt den hamitischen Typus zur äthiopischen Rasse.
Egon Freiherr von Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit…, 1934: 499.
219
Abb. 31
Rasse unverändert durch Jahrtausende; nationalsozialistische Zeitschrift Märkischer Adler (7.6.1936).
Vergleich zwischen antiken und arischen Köpfen. Die Hamiten nehmen ein Zwischenglied ein.
George L. Mosse, Die Geschichte des Rassismus in Europa..., 1990: 139.
220
Abb. 32
Baumanns vaterrechtliche osthamitische Großviehzüchterkultur.
Einzelne Kulturelemente aus rezenten Viehzüchtergesellschaften Afrikas werden hier als Relikt einer
prähistorischen „Hamitenkultur“ gedeutet.
Hermann Baumann, Völkerkunde Afrikas…, 1939: 36-38.
221
Boskop-Fund an, ein 1913 in Südafrika (in der Nähe von Potcheefstroom in Transvaal)
gefundener langschädeliger Menschenschädel. Es handelte sich dabei um den ersten fossilen
Menschenfund im südlichen Afrika. Aus der dolicephalen Kopfform mit einem beachtlichen
Gehirnvolumen konnte auf eine Körpergröße geschlossen werden, die jene der Khoisan bei
weitem übertraf. Prompt kreierten südafrikanische Anthropologen daraus die „BoskopRasse”.605 Fortan galt sie als der rassische Vorläufer der Khoisan, deren Körpergröße dem
Regressionsgedanken zufolge im Laufe der Jahrhunderte geschrumpft war. All diese
rassischen Konstrukte, die heute freilich keine Gültigkeit mehr haben, griff auch Baumann
auf: „Die Khoisaniden, wenn wir von dem äthiopiden Einschlag der Hottentotten absehen,
wurzeln offenbar zu einem entscheidenden Teil in jenen durch die prähistorische
Boskoprasse bestimmten vorgeschichtlichen Menschenvarietäten.”606
Auffällig ist nun, dass Baumann als Kulturhistoriker der deutschen Vorgeschichte die
Nordthese propagierte. Wider Erwarten klammerte er aber dabei die rassischen Argumente
eher aus und hob im Gegensatz dazu die kulturhistorischen hervor. In seinem 1934 erstellten
Begleittext für die Sonderausstellung „Vom Grabstock zum Pflug (Frühformen des
Bodenbaus)” am Berliner Völkerkundemuseum, sprach er sich klar für den nordischen
Gedanken
aus:
„Endlich
finden
wir
im
Gebiet
der
nordischen
Rasse
das
Ausbreitungszentrum einer Pflugform, die aus dem Spatenpflug entstanden sein dürfte, den
„vierseitigen Pflug”. Es ist der neuere Pflug der Germanen, der weithin bis Asien
wanderte.”607 Mit nachdrücklicher Bestimmtheit betonte Baumann, dass die nordische Welt
den Pflug bereits 1500 v. Chr. kannte und sich von dort nach Asien ausbreitete. Damit
erfüllte Baumann die Erwartungshaltungen seiner nationalsozialistischen Parteigenossen.
Erwartungsgemäß widerrief Baumann 1949 seine nordische Gesinnung rückblickend im
Entlastungszeugnis für das Entnazifizierungsverfahren: „Meine völlig falsche politische
Einordnung kam mir besonders deutlich zum Bewußtsein, als ich beim Aufbau der
europäischen Abteilung des Museums für Völkerkunde ab 1934 mit den nordomanischen
Ansichten gewisser Parteikreise wiederholt zusammenstieß. Bei der von mir durchgeführten
Sonderausstellung ‘Vom Grabstock zum Pflug’ (1934) setzte eine später immer neu
gestaltete Hetze gegen mich ein. Ein von mir entlassener wissenschaftlicher Hilfsarbeiter,
der SS-Mann Dr. Grossner vom Stabsamt des ‘Reichsbauernführers’ R. W. Darré hat diese
Stelle für eine vorzeitige Schließung der Ausstellung interessiert, da sie nicht geeignet
gewesen wäre, das ‘hohe Alter und die Vollkommenheit’ der nordischen Pflugkultur zu
605
Saul Dubow, Illicit Union. Scientific Racism in Modern South Africa…, 1995: 39, 97.
606
Hermann Baumann, Die Rassen Afrikas. In: Fritz Valjavec (Hrsg.), Historia Mundi…, 1952 I: 173.
607
Hermann Baumann, 1934 zitiert in Jürgen Braun, Eine deutsche Karriere…, 1995: 47.
222
veranschaulichen und weil sie deren Abhängigkeit vom mediterran-orientalischen Ackerbau
‘ungebührlich unterstrich’.”608 Baumann scheint je nach
politischer Lage seine
Weltanschauung gewechselt zu haben, die sich nach dem Prinzip der Nützlichkeit anpassen
ließ. Besonders auffällig spiegelt sich dieser Opportunismus in der Herausgabe der Historia
Mundi (1952-1962) wider, jener erste universalgeschichtliche Entwurf, der die
kulturhistorische Völkerkunde mit einbezog. Für die Autorenschaft des ersten Bandes „Die
frühe Menschheit” konnte Wilhelm Schmidt und Hermann Baumann genauso gewonnen
werden wie Egon von Eickstedt und Oswald Menghin. Sieben Jahre nach dem
Zusammenbruch des NS-Regimes waren alle politischen Diskrepanzen offensichtlich wieder
geglättet, vor allem schien die Frage nach den politischen Opfern und Tätern zweitrangig.
Den Gipfel der Ironie bildete sicherlich das dazugehörige Vorwort, das posthum Fritz Kern
gewidmet wurde, jener Historiker, der 1944 in einer Widerstandsgruppe aktiv gegen das NSRegime gekämpft hatte.
Die Afrikahistoriker der Nachkriegsgeneration waren in dieser Hinsicht weniger
kompromissbereit.
Der
Zusammenbruch
des
Nationalsozialismus
und
die
damit
einhergehende Herausbildung zweier Supermächte förderte den Dekolonisationsprozess in
Afrika. Obwohl im Prinzip streng gegensätzlich determiniert, konnte die kapitalistische und
die kommunistische Weltanschauung in ihrer Auseinandersetzung mit dem „faschistischen”
Geschichtsbild einen gemeinsamen Nenner finden. Auf Afrika bezogen bildete den
Angriffspunkt in vielerlei Hinsicht die Hamitentheorie. Der legitime Versuch, den kolonialen
Rassismus in eine Linie mit dem nationalsozialistischen zu stellen, führte mitunter zu einer
polemischen Vereinfachung, die sich gegen die deutsche koloniale Afrikawissenschaft als
Gesamtes richtete. Den Auftakt dazu gab der baltische Afrikahistoriker Dmitrij
Aleksejwitsch Ol’derogge [1903-1987], der 1949 am Ethnografischen Institut in Leningrad
zum Hamitenproblem einen Artikel herausgab. Darin setzte er die Hamiten mit den „Ariern
Afrikas” gleich.609 Wie Hartmann seinerzeit erklärte er die Hamitentheorie für nichtig,
Ol’derogges politischen Kontext bildete aber nun das materialistische Geschichtsbild von
Marx und Lenin, das den Ariern und Hamiten keinen Platz eingeräumt hatte: “The Hamites
are a ghost, a spectre existing only in the fantastic conceptions of the school of Frobenius or
608
Hermann Baumann, 1949 zitiert in Jürgen Braun, Eine deutsche Karriere…, 1995: 88.
609
Dmitrij Aleksejwitsch Ol’derogge, Chaamitskaja problema v afrikanistike. Sovetskaja Etnografija
3, 1949: 156-170; dieser Aufsatz wurde 1971 vom Institute of African Studies in Ibadan als “The
Hamitic Problem in Africanistics” ins Englische übertragen; vgl. auch den Aufsatz in der UNESCOAusgabe von Ol’derogge, Migrations and ethnic and linguistic differentiations. In: Joseph Ki-Zerbo
(Ed.), Methodology and African Prehistory…, 1981 I: 271-291.
223
Wilhelm Schmidt. […] And the Hamitic theory has no place in Soviet Africanist studies.”610
Weiters saßen auf seiner Anklagebank des Faschismus von Luschan, Spannaus und Meinhof
wie er auch mit Seligman und Haddon abrechnete. Allein diese Auflistung zeigt, wie
undifferenziert Ol’derogge vorging, einerlei ob die Hamitiker sich aus den Kreisen des
Katholizismus, des Austrofaschismus, des Nationalsozialismus oder keinen von diesen
rekrutierten, sie waren allesamt „kolonialfaschistische Hamitiker”. Reichlich unterstützt
wurde die anti-faschistische Sichtweise vom US-Amerikaner Joseph Harold Greenberg
[1915-2001], einem Schüler von Herskovits611, der sich ab 1948 mit der genetischen
Klassifikation der afrikanischen Sprachen auseinanderzusetzen begann. In einer Serie von
sieben
Zeitschriftenartikel
(1949-1950)
zertrümmerte
er
das
sprachgenetische
Klassifikationsmodell Meinhofs und kreierte eine völlige Neuordnung, die er 1955 in einer
seperaten Arbeit als “Studies in Linguistic Classification” herausgab.612 Darin machte
Greenberg Meinhof den Vorwurf, dass dessen Hamitenbegriff nicht sprachlich sondern
rassisch geprägt sei. Da Rasseideologien nach dem Zweiten Weltkrieg generell geächtet
waren, wurde Meinhof fälschlicherweise bald zu einem Vertreter der nazistischen
„Herrenrasseideologie”. Dadurch kam es zur Diffamierung einer ganzen Schule.613 Dieser
vereinfachten Gleichsetzung folgte auch der afroamerikanische Anthropologe Saint-Clair
Drake, der 1959 am Zweiten Kongress der “Écrivains et Artistes Noirs” in Paris einen
Vortrag hielt mit dem bezeichnenden Titel “Détruire le myth chamitique, devoir des hommes
cultivés”. Seine einleitenden Worte lauteten: “Le mythe aryen, durant de nombreuses
décades, servi de point de recontre idéologique pour les dirigeants européens qui désiraient
utiliser le racisme à des fins politiques. […] Un mythe racial similaire se développa
simultanément en Afrique: le mythe chamitique.”614
610
Dmitrij Aleksejwitsch Ol’derogge, The Hamitic Problem in Africanistics. Aus dem Russischen von
P. O. Dada. African Notes 7, 1, 1971/1972: 83; siehe auch Lázló Vajda, Rezension zu Olderogge
1949. Ethnographia 61, 1950: 142-144.
611
Greenberg promovierte 1940 in Anthropology bei Herskovitz mit einer Arbeit über den Einfluss
des Islam auf die Sudanesische Religion, eine ethnografische Monografie, die er als “The Influence of
Islam on a Sudanese Religion” (1946) publizierte.
612
Greenberg bezeichnete die vier übergeordneten Sprachfamilien Afrikas als Niger-Kordofanisch,
Afroasiatisch, Nilo-Saharanisch und Khoisan.
613
Greenberg kann dies nicht unterstellt werden, da er Meinhofs „Herrenvolk” mit “ruling people”
übersetzte, was Meinhofs Intention durchaus entsprach. Dagegen findet sich die Übersetzung mit
“master race” bei E. A. Gregersen, Language in Africa…, 1977.
614
Saint-Clair Drake, Détruire le myth chamitique, devoir des hommes cultivés. Présence Africaine
Paris, 1959: 215-230.
224
1960 war das entscheidende Jahr Afrikas; siebzehn afrikanische Staaten wurden in die
Unabhängigkeit entlassen. Zu diesen politischen Veränderungen nahm auch Baumann
Stellung. 1962 publizierte er den Aufsatz „Grundeinsichten der Ethnologie in die neuen
afrikanischen
Entwicklungen”.
Eine
dieser
verlautbarten
Grundeinsichten
der
kulturhistorischen Ethnologie wäre nach Baumann „unseren afrikanischen Freunden in
Afrika und Asien die angemessene historische Perspektive zu vermitteln”.615 Selbstkritisch
gab Baumann zu, dass nicht zuletzt Ethnologen den „Schriftlosen” den Stachel der
„Geschichtslosigkeit” ins Fleisch getrieben hätten. Die Hauptaufgabe der Ethnologen müsse
demnach sein, das Minderwertigkeitsgefühl der aus der Vormundschaft Entlassenen zu
beseitigen. Dabei gab Baumann jedoch zu bedenken, dass sich die Ethnologie nicht von
„pseudohistorischen Theorien” vereinnahmen lassen dürfe, bloß um der Stärkung des
afrikanischen Selbstbewusstseins willen. Nach Baumann träfe dieser Missbrauch in erster
Linie auf die Hamitenhypothese zu, die neuerdings von den „jungen” Afrikahistorikern
lediglich aus „politischen Gründen” verurteilt werde. Baumann dazu wörtlich: „Drake hat in
einem Beitrag in der zum Afro-Nationalismus tendierenden “Présence Africaine” einen
Angriff auf die „Hamiten-Mythe” unternommen und deren Bekämpfung jedem kultivierten
Menschen zur Pflicht gemacht: Kampf gegen die – dem „Arier-Mythos” verglichene –
Hamiten-These ist gleichbedeutend mit Kampf gegen „Rassismus” und Imperialismus. Man
mag nun zu der Hamiten-These stehen wie man will: so weit sind wir hoffentlich noch nicht,
daß politischer Fanatismus einer fundierten historischen Hypothese mit „aktuellen” Slogans
das Lebenslicht ausblasen kann!”616 1966 startete Baumann seinen Feldzug gegen den USamerikanischen Anthropologen George Peter Murdock, da dieser in seinem Buch
“Africa - its peoples and their culture history” (1959) Greenberg folgend den Hamitenbegriff
einfach fallen gelassen hatte. „Man hat die Empfindung, daß Murdock jener Hexenjagd
erlegen ist, welche neuestens von einer Art Pseudohistorik entfesselt wurde. Es geht da
gegen die „Hamiten”, deren Anteil an afrikanischer Kultur von sogen. „kolonialistischen
Forschern” zu sehr betont worden sei. Vor allem C. G. Seligman wird mit der Ursünde
belastet,
einer
hamitischen
Herrenrassen-Ideologie
zur
Erklärung
wesentlicher
Kulturphänomene Afrikas den Weg bereitet zu haben. Nicht von ungefähr spricht Murdock
nur noch von Kushiten als Kulturträger in der Osthälfte Afrikas. Das ist zweifellos richtig.
Niemand wird heutzutage noch die sog. „Hamiten” als Gründer des sakralen Königtums, als
Vermittler einer höheren Kultur auch im Sudan ansprechen. Aber es gibt keinerlei Beweise
für eine Konzeption, welche die Kulturentwicklung im Sudan unabhängig von den gleichen
615
Hermann Baumann, Grundeinsichten der Ethnologie…, ZfE 87, 1962: 252.
616
Hermann Baumann, Grundeinsichten der Ethnologie…, ZfE 87, 1962: 253.
225
neolithischen Mutterkulturen N.O.-Afrikas, die auch den „kushitischen” Trend in Ostafrika
entfesselten, darzustellen versucht. Murdock muß sich dem Verdacht aussetzen, daß die
Widmung seines Buches – „den Amerikanern afrikanischer Abstammung” – eine politische
Tendenz andeuten soll: den ältesten Kulturen der Negriden soll möglichst eine von den sog.
„Kaukasoiden” des Nordens und Nordostens Afrika unabhängige Schöpfungskraft zu
gesprochen werden.”617 Die Hamitentheorie war als Geschichtskonstrukt kreiert worden,
dem „geschichtslosen” Afrika eine Geschichte zu geben. Dieses positive Faktum kommt in
dieser Auseinandersetzung nur zu deutlich zu Tage. Genauso bezeugt dieses Bestreben die
eurozentrische Befangenheit ihrer Vertreter, vor allem aber ihre politische Naivität, das
afrikanische Selbstbewusstsein gerade mit aus Asien stammenden „weißrassischen” Hamiten
stärken zu wollen. Die versteckte Struktur des Hamiten-Mythos kommt bei Baumann
besonders anschaulich ans Tageslicht. Bei seiner Argumentation verficht er die
Hamitenhypothese nicht als eine mögliche Behauptung, sondern als eine „fundierte
historische Theorie”.
617
80.
Hermann Baumann, Murdocks kulturhistorische Auffassung über Afrika. Paideuma 12, 1966: 73-
226
5. Die Hamitic in Großbritannien
Die kulturgeschichtlich ausgerichtete Hamitenwissenschaft erreichte zwar in Deutschland
ihren Höhepunkt, angesichts der Werke von Beke und Speke geht ihre Genese jedoch auf
Gelehrte und Afrikareisende britischer Provenienz zurück. Im Laufe der Zeit entwickelte
sich in Großbritannien innerhalb der African Studies eine gesonderte Hamitic, deren
Eigenheiten es Wert sind, nachgegangen zu werden. Zunächst ist zu sagen, dass sie eine
längere Anlaufzeit brauchte, um Akzeptanz in der Gelehrtenwelt zu finden, als etwa in
Deutschland. Gerade britische Ethnologen zeigten sich zunächst skeptisch gegenüber der
neuen Disziplin, viele lehnten den Begriff sogar ab. Sowohl Edward Burnett Tylor [18321917]618, seit 1896 erster Lehrstuhlinhaber für Ethnologie in Oxford als auch James Frazer
[1854-1941]619, der renommierte britische Ethnologe in Liverpool und Cambridge, kamen in
ihren verdienstvollen Werken ohne diesen aus. Ergänzend kann dasselbe beim
amerikanischen Ethnologen Lewis Henry Morgan [1818-1881] festgestellt werden: Sein
evolutionistisches Zivilisationsmodell, ausgehend von einer hypothetisch angenommenen
“Ancient Society“ (1861), beinhaltet zwar eine Fülle von Begriffen wie Barbaren und Wilde,
eine hamitische Zivilisation kommt jedoch nicht vor. Wodurch wurde die Wende eingeleitet?
Genauso wie in der deutschsprachigen Ethnologie entstand in den 1890er Jahren auch auf
britischem Boden eine historische Schule der Anthropologie. Sie erhielt zahlreiche Impulse
aus der Leipziger Anthropogeografie, wie sie umgekehrt in späterer Folge die
deutschsprachige Ethnologie stark beeinflusst hat. Zu ihren Hauptvertretern zählten Alfred
Cort Haddon, William Hodge Rivers Rivers und Charles Gabriel Seligman, allesamt
Teilnehmer der „Torresstraßenexpedition” (1897-1899), einer von der University Cambridge
organisierten zweijährigen Schiffsexpedition nach der Südsee. Anhand der Fülle ihres
mitgebrachten detaillierten ethnografischen Materials brachten sie die global-orientierten
und evolutionistisch ausgelegten ethnologischen Theoriengebäude zum Einsturz. Von angloamerikanischen Wissenschaftshistorikern wird der Wandel vom Evolutionismus zum
Diffusionismus innerhalb der British Anthropology häufig mit der von W. H. R. Rivers
[1864-1922] 1911 vor der Londoner “British Association” gehaltenen Antrittsrede “The
Ethnological Analysis in Culture” angesetzt.620
618
Vgl. Edward Burnett Tylor, Anthropology…, 1924 [Orig. 1881].
619
Vgl. das von James Frazer zweibändige Opus “The Golden Bough“ (1890) wuchs zwischen 1907
und 1915 zu einem 12bändigen Monumentalwerk heran.
620
George W. Stocking, Victorian Anthropology…, 1987: 288; Richard Slobodin, W. H. R. Rivers…,
1978.
227
a) Augustus Henry Keane
Der
ethnologische
Hamitenbegriff
taucht
im
anglophonen
Sprachraum
um
die
Jahrhundertwende erstmals wohl bei Augustus Henry Keane [1833-1912] auf, einem irischen
Anthropologen und Orientalisten, der zwischen 1882 und 1888 als Professor für Hindustani
am University College in London tätig war und zur selben Zeit auch als Vizepräsident des
Royal Anthropologischen Instituts in London wirkte.621 Obwohl Keane die britische
Anthropologie
nachhaltig
beeinflusst
hat622,
wird
seine
Person
in
wissen-
schaftsgeschichtlichen Darstellungen nur selten erwähnt. Keane sah im Wesentlichen den
Sinn der Ethnologie darin, die von Haeckel und Schleicher eingeführte sozialdarwinistische
Stammbaumtheorie auszubauen bzw. zu vervollständigen. In seinem wohl bekanntesten
Werk “Ethnology“ (1896) sind Entwürfe von rassischen Stammbäumen beigelegt, die er in
Anlehnung de Cuviers auf drei Primärstämme zurückführte: den mongolischen, den
negroidischen und den kaukasoidischen. Die Hamiten sind klar dem letzt genannten Begriff
zugeordnet, die er als Bindeglied eines „melanochroiden” kaukasischen Urstammes zu den
Semiten und als Vorläufer der Ägypter, Berber bis hin zu den Galla und Massai ansetzt.
Seine Herausarbeitung der Berber als Repräsentanten des „westhamitischen” bzw. jener der
Somali als Entsprechung des „osthamitischen” Idealtyps ist nicht als eine empirische
anthropologische Studie zu sehen: sie stellen Seitenzweige eines bis ins Detail
ausgearbeiteten
universalgeschichtlichen
Stammbaumentwurfs
des
Menschen
dar.
Hervorhebenswert ist, dass Keane die deutsche Sprache beherrschte, die er sich wohl in
seiner Tätigkeit als junger Englischlehrer an den Gymnasien in Hameln und Bremen (186163) aneignen konnte. Die Arbeiten Haeckels und Stuhlmanns stehen als Referenzquellen da,
wodurch anzunehmen ist, dass er von diesen Autoren den Hamitenbegriff in die
angelsächsische Ethnologie übernahm. Keane übersetzte Heller von Hellwalds geografisches
Hausbuch „Die Erde und ihre Völker” (1877)623, ein sozialdarwinistisches, in
bildungsbürgerlichen Kreisen Deutschlands weit verbreitetes Werk, wie er auch Wilhelm
621
Douglas Lorimer, Theoretical Racism in Late-Victorian Anthropology, 1870-1900. Victorian
Studies 32, 1988: 405-430.
622
Augustus Henry Keane, Man: past and present. Revised, and largerly re-written by A. Hingston
Quiggin and Alfred Cort Haddon, Reader in Ethnology, Cambridge…, 1920 [1899].
623
Augustus Henry Keane, Stanford’s Compendium of Geography and Travel based on Hellwald’s
„Die Erde und ihre Völker“ (1877)…, 1878 [21882]; Augustus Henry Keane, Translation of Leo
Frobenius, The childhood of man…, 1909.
228
Junkers Reisebericht “Travels in Africa” (1890-92) und von Leo Frobenius “Childhood of
Man” (1909) ins Englische übertrug und neu herausgab.
Mit dem Namen Keane ist aufs engste auch die Ophirfrage verbunden, die Keane mit
einer hypothetischen untergegangenen hamitischen Zivilisation in Zusammenhang zu
bringen verstand. Sein 1901 herausgegebenes Buch “The Gold of Ophir“624 baut auf den
Werken Theodor J. Bents625 auf, wie es auch nachhaltig aus den Arbeiten Carl Peters626 und
Eduard Glasers627 schöpfte. Damit zog Keane die Ethnologie in den Bann, die Ophirfrage
ernsthaften Forschungsbemühungen zu unterziehen. Die aufs engste mit der europäischen
Expansionsgeschichte verbundenen Legendenkomplexe, das ägyptische Punt, das biblische
Ophir, die legendären Goldminen von Simbabwe – rezent vermischt mit den fiktiven
Abenteuerbeschreibungen Rider Haggards – galten für Keane wie für so viele andere
viktorianische Wissenschafter auch als historische Tatsache. Durch die geografische
Festlegung Ophirs auf die südarabische Halbinsel einerseits (Keane, Glaser) und auf den
ostafrikanischen Raum andererseits (Peters) schien die hamitische Migrationstheorie einen
weiteren Prüfstein bestanden zu haben. Damit steht Keane‘s ethnologisches Œuvre genau in
der Wende vom Evolutionismus zum Kulturdiffusionismus, wodurch er auch als einer der
entscheidenden Vordenker des Kulturdiffusionismus britischer Provenienz bezeichnet
werden kann.
b) Grafton Elliot Smith
Den eigentlichen Angelpunkt dazu bildete jedoch der Panägyptologismus, die wohl
radikalste Ausformung des ethnologischen Kulturdiffusionismus. Als dessen Begründer gilt
Grafton Elliot Smith [1871-1937], der zu seiner Zeit führende Mumienspezialist. Die
monogenetische Rückführung sämtlicher Hochkulturen auf das alte Ägypten bewirkte auch
624
Augustus Henry Keane, The Gold of Ophir. Whence brought and by whom?…, 1901.
625
Theodore J. Bent, The ruined cities of Mashonaland being a record of excavation and exploration
in 1891…, 31895 [orig. 1892].
626
Carl Peters, Das goldene Ophir Salomo’s. Eine Studie zur Geschichte der Phönikischen
Weltpolitik…, 1895; Keane, King Salomo’s Golden Ophir…,1901.
627
Eduard Glaser, Zwei Publikationen über Ophir. Buchbesprechung zu Peters und Keane…, 1902;
Eduard Glaser, Punt und die südarabischen Reiche. Mitteilungen der vorderasiatisch-ägyptischen
Gesellschaft 4, 1899; zu den historischen Quellen der Ophirfrage siehe Richard Hennig, Terrae
incognitae…, 21944 I: 25-33.
229
die Hochblüte der Hamitic als Kulturwissenschaft. Es ist erstaunlich, wie zahlreich die
akademische Anhängerschaft in Großbritannien war: Alfred Cort Haddon, Charles Gabriel
Seligman, William James Perry - um nur die namhaftesten hier aufzuzählen - sie alle
erteilten dem Evolutionismus, wie ihn Tylor vertrat, eine klare Absage. Dabei gilt es zu
erinnern, dass ohne Tylor‘s „Survival-Gedanke“ eine kulturdiffusionistische Ethnologie auch
in Deutschland nicht zum Zug gekommen wäre. “The Pan-Egyptian and Hamitic hypotheses
emergered during the years prior to the first World War“, hob der kanadische
Sozialanthropologe Andrew P. Lyons in seinem wissenschaftsgeschichtlichen Essay hervor,
“and we must stress that the story of the Hamites is part of the story of the diffusionism.“628
Im Jahre 1913 erschienen zwei wichtige Aufsätze im Journal of the Royal Anthropological
Institute [JRAI] zu den Hamiten. Sie wurden von Harry Hamilton Johnston und Charles
Gabriel Seligman verfasst und avancierten zu ethnologischen Klassikern. Der britische
Diffusionismus stand in den 1920er und 1930er Jahren am Zenit seines Wirkens und seiner
akademischen Akzeptanz. Er fand mit der Einführung der funktionalen Methode
Malinowskis im Zuge der vermehrten Zuwendung einer der Gegenwart angepassten und
angewandten Anthropologie sein jähes Ende.
Nach einer von seinem Schülerkreis im Zeitraum von 1894 bis 1936 erstellten
Bibliografie umfasst das Schrifttum von Elliot Smith 434 Titel.629 Wie manche behaupten,
spielte Elliot Smith eine ähnliche Rolle für die Anatomie wie es Rutherford für die Physik
tat. Dieser etwas „unethnologische“ Vergleich sei angeführt, da durch einen merkwürdigen
Zufall beide Zeitgenossen australischer Provenienz in Großbritannien Karriere machten und
beide etwa zur selben Zeit von der Universität Sydney nach Cambridge übersiedelten. Zu
Elliot Smiths mehrfach aufgelegten Hauptwerken zählen “The Ancient Egyptians and the
Origin of Civilization” (1923) und “Diffusion of Culture” (1933). Seine aufwendigen
kulturvergleichenden Studien führten ihn zu dem Ergebnis, dass geografisch weit
auseinander liegende Kulturerscheinungen wie die Megalithbauten, die Sonnenverehrung,
das sakrale Königtum, Staatengründung sowie die Mumifizierung und die Trepanation, aus
dem Niltal ihren Ursprung nahmen und sich von dort über die ganze Welt ausbreiteten. Da
viele solche Kulturparallelen, wie die Pyramiden oder die geflügelte Sonnenscheibe etwa,
auch in der Neuen Welt vorkommen, schienen seine Thesen schlüssig und plausibel. Die zur
„Ägyptomanie” gesteigerte Suche nach dem Ursprung der menschlichen Zivilisation schlug
628
Andrew P. Lyons, Hamites, cattles and kingship: an episode in the history of diffusionist
anthropology. Canadian Journal of Anthropology 4, 1, 1984: 57-64.
629
Warren R. Dawson, Sir Grafton Elliot Smith. A biographical record by his collagues…, 1938: list
of works.
230
sich auch in den anerkannten Nachschlagewerken nieder. Der 1921 in der zwölften Edition
der Encyclopedia Britannica verfasste Beitrag “Anthropology” stammte von Elliot Smith,
der die britische Kolonialliteratur wiederum beeinflusste [Abb. 36, 39].
Elliot Smith war aber in erster Linie Anatom und damit physischer Anthropologe. Der
Hauptaspekt seiner zahlreichen Mumienstudien bildete die Frage, welcher Rasse die
vordynastische Bevölkerung Ägyptens zuzuordnen seien. Dazu erstellte die medizinische
Abteilung der “British Association” Londons 1914 eine großangelegte anthropologische
Untersuchung, in der fünfzig altägyptische Skelette auf „Spuren negroiden Einflusses”
überprüft wurden. Unter dem Expertenkommitee befanden sich namhafte Anatomen wie F.
C. Shrubsall, A. Keith und Charles Gabriel Seligman. Den Vorsitz hatte Grafton Elliot Smith
inne. Einen anschaulichen Einblick in die Erwartungshaltung der Anthropologen gibt der
folgende Einführungssatz ab: “We are dealing with the remains of the very people who were
responsible for technical inventions of far-reaching importance in the history, not merely of
Egyptian craftmanship, but of that of the whole world.“630 Die Studie schließt mit der
bezeichnenden Feststellung: “Although slight negroid traits are common, there is a
surprising absence of the more obtrusive negro features.“631 Damit war der anthropologische
„Beweis” erbracht, dass der Ursprung der menschlichen Zivilisation nicht von Afrikanern
getragen worden war, sondern von Rassen eines hellhäutigen Typus. Als gebürtiger NichtEuropäer war aber auch Elliot Smith aufgefallen, dass der Haupttypus der Europäer weder
blond noch blauäugig war. Da dieses anthropologische Erscheinungsbild nicht auf die
Mumien passte, standen zur Auswahlmöglichkeit noch die anthropologischen Ergebnisse
Sergis. Dieser hatte zwar behauptet, die Ägypter stammten aus Ostafrika, aber immerhin
konnte so das physikalische Erscheinungsbild der Europäer vor den Indogermanen erklärt
werden. In Anlehnung an Sergi führte Elliot Smith den Begriff der „Braunen Rasse” ein, um
die Eigenständigkeit und die Isoliertheit der vordynastischen Bevölkerung Ägyptens zu
charakterisieren. “The proto-Egyptians were a branch of that swarthy, narrow headed, blackhaired people of small stature that I have called the “Brown Race.”632
630
Charles Seligman, Physical Characters of the Ancient Egyptians. Report of the Committee,
consisting of Professor G. Elliot Smith (Chairman), Dr. F. C. Shrubsall (Secretary), Professor A.
Keith, Dr. F. Wood Jones and Dr. C. G. Seligman. [The Professor Elliot Smith’s Report]…, 1914
[RAI]: 5.
631
Charles Seligman, Physical Characters of the Ancient Egyptians…, 1914: 17.
632
Grafton Elliot Smith, The Influence of Racial Admixture in Egypt. Eugenics Review 7, 1, 1915:
169; der erste Hinweis dazu in Grafton Elliot Smith, The Ancient Egyptians and the origin of
civilization…, 21923 [1911]: 56, 58, 62.
231
Seit den 1960er Jahren wird diesem anthropologischen Beitrag eine heftige Kritik
unterzogen. “It is clear that ‘the Brown or Mediterranean race’ is an extremely imprecise
concept”, so das vernichtende Argument des britischen Afrikahistorikers Wyatt MacGaffey.
“Its survival is to be attributed to its ideological usefulness, no small part of which lies in its
ambiguity. In a word, it is a myth.“633 Da das Theorem des Diffusionismus vor allem auf die
Gleichheit von Kulturerscheinungen setzt und deren Unterschiede vernachlässigt, setzte auch
von dieser Seite zunehmend Kritik ein. “Why does the world tolerate this academic rubbish
from people like Elliot Smith and Perry?“634 war die amerikanische Antwort auf den in
Großbritannien entstandenen panägyptischen Heliozentrismus. Der ursprünglich aus Wien
stammende Robert Lowie [1883-1957], Schüler von Franz Boas, war wohl der bekannteste
zeitgenössische Gegner des Kulturdiffusionismus. “The whole conception of diffusion as
proceeding from one single source is fallacious”, heißt es lapidarisch in Lowies
Buchbesprechungen zu Smith und Perry.635 Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Ablehnung
des kulturhistorischen Diffusionismus so lavierend, dass Elliot Smith als Rassist mit de
Gobineau auf dieselbe Stufe gestellt wurde. “Elliot Smith’s name”, so Glyn Daniels im
wissenschaftsgeschichtlichen Rückblick seines Faches, der Prähistorie, “is coupled with that
of de Gobineau as a theorist of racism, for the cultural hyperdiffusionists demanded a master
people“.636 Diese wissenschaftsgeschichtliche Einschätzung bedarf jedoch einer wichtigen
Korrektur. Die rassistischen Vorwürfe, die gegen Elliot Smith erhoben werden, verdunkeln
nämlich, dass er sich stets gegen den anthropologischen Rassismus ausgesprochen hatte.
Nach der 1933 erfolgten Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland gab Elliot
Smith in öffentlichen Vorträgen trotz seines fortgeschrittenen Alters seine kritischen und
pointierten Stellungnahmen zum pseudowissenschaftlichen Gehalt der nordgermanischen
Arierfrage ab. “There is still some diversity of opinion as to the place where civilisation first
originated, but we now have evidence to show that whether it happened in Egypt, Sumer,
India or elsewhere, in any case it was the work of members of the Mediterranean race of
Sergi. […] It is the matter of some importance to emphasize this fact at a time when
distinctive qualities of mind and character are being attributed to the Nordic race and the so-
633
Wyatt MacGaffey, Concepts of Race in the Historiography of Northeast Africa. In: J. D. Fage;
Roland A. Oliver: Papers in African Prehistory…, 1970: 102.
634
Gerhard Kraus, G. Elliot Smith (and W. J. Perry) on Trial… New Diffusionist Offprints 2 1975: 1-
22. [Reprint from New Diffusionist 15, 1974: 62-81].
635
Robert Lowie, Book Review on Elliot Smith and Perry. American Anthropologists 32, 1930: 167
636
In Glyn Daniels, The Idea of Prehistory…, 1962: 117.
232
called ‘Aryan people’.637 Und das Wort von Max Müller ergreifend: “An ethnologist who
speaks of Aryan race, Aryan blood, Aryan eyes and hair, is as great a sinner as a linguist who
speaks of a dolicephalic dictionary or a brachycephalic grammar.“638 1934 fühlte sich auch
der Anthropologe Alfred Cort Haddon dazu aufgerufen, den pseudowissenschaftlichen
Inhalten
einschlägiger
Rassetheorien
ein
Ende
zu
setzen.
Als
Anhänger
der
kulturdiffusionistischen Hamitentheorie verfasste er, zusammen mit Julian Huxley, “We
Europeans”639, das als erstes anthropologisches Buch in populärwissenschaftlicher Form gilt,
rassistische Aussagen zu widerlegen.640 Der Hamiten-Mythos erscheint in diesem
Zusammenhang – das ist das wissenschaftsgeschichtlich Hervorzuhebende – nicht als der
ideologische Ableger Afrikas, sondern geradezu als Antithese zum nordeuropäischen
Ariermythos.641
c) Charles Gabriel Seligman
Grafton Elliot Smith war kein Ethnologe, stand deshalb auch niemals im Feld. Von
ethnologischer Seite ist als der wichtigste Hamitiker Charles Gabriel Seligman zu nennen.
“Seligman was par excellence a fieldworker” – so versuchte Samuel Charles Myers,
Mitglied der RAI in London, Seligmans Forscherleben in seinem Nachruf 1941 auf den
Punkt zu bringen.642 Aufgrund seiner zahlreichen Feldforschungen repräsentierte Seligman
zu seiner Zeit einen völlig neuen Ethnologentypus, zumal schon deshalb, da er gemeinsam
637
Grafton Elliot Smith, Nordic race claims. In: Warren R. Dawson, Sir Grafton Elliot Smith…, 1938:
259; Grafton Elliot Smith, The Aryan Question. In: Warren R. Dawson, Sir Grafton Elliot Smith…,
262-265 [Reprint from The Rationalist Annual…, 1935: 30-34].
638
Grafton Elliot Smith, Nordic race claims. In: Warren R. Dawson, Sir Grafton Elliot Smith…, 1938:
257-261 [Reprint from The Times…, 1.8.1934].
639
Alfred Cort Haddon, Julian Huxley, We Europeans…, 41938 [1935].
640
Vgl. dazu Elazar Barkan, The Retreat of Scientific Racism. Changing concepts of race in Britain
and the United States between the world wars…, 1992.
641
Vgl. dazu Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts…, 31939 [1930]: 26; „Der solare
(Sonnen) Mythos ist dort geboren worden, wo das Erscheinen der Sonne ein kosmisches Erlebnis
größter Eindringlichkeit gewesen sein muss: im hohen Norden.”
642
Charles Samuel Myres, Charles Gabriel Seligman, 1873-1940…, 1941; Myres war Mitglied des
RAI; sein Nachruf beinhaltet eine nahezu vollständige Bibliografie zu Seligman’s Ouvre, 1896-1940;
vgl. auch die bibliographischen Angaben zu Seligman in der von Evans-Pritchard herausgegebenen
Festschrift Essays represented..., 1934: 381-385.
233
mit seiner Frau Brenda Feldstudien über lange Perioden hinweg durchführte. Die von der
Anglo-Ägyptischen Regierung finanzierte Monumentalmonografie “Pagan Tribes of the
Nilotic Sudan“ beispielsweise beruhte auf den gemeinsamen mehrmonatigen Studien der
Seligmans zwischen 1909 und 1922.643 Es avancierte in relativ kurzer Zeit zum Klassiker der
kolonialethnologischen Literatur im angelsächsischen Raum und galt für eine ganze
Ethnologengeneration als Vorbild. “No administrator or theoretical worker on the cultures of
Africa could do without the Pagan Tribes of the Nilotic Sudan“, heißt es da 1934 in der von
seinen Schülern verfassten Festschrift anläßlich der Emeritierung Charles Seligmans.644
Keiner seiner Schüler (Evan E. Evans-Pritchard, Raymond Firth, Bronislaw Malinowski,
Isaac Schapira) nahm auch nur Notiz davon, dass die Seligmans zu den markantesten
Verfechtern hamitischer Spekulationen zählten. Deren Forschungsergebnisse waren die
Basis für Malinowski’s Feldforschungen in Melanesien zwischen 1914-1918 und EvansPritchards Arbeit im Sudan zwanzig Jahre später, wie Meyer-Fortes 1968 hervorhob.645
Charles Gabriel Seligman – seit 1914 unterzeichnete er seinen Namen mit der deutschen
Endung „mann” – war zunächst als Mediziner am St. Thomas Hospital in London
ausgebildet worden, ehe er sich anthropologischen Fragestellungen widmete. Der
gravierendste Einschnitt in seinem Leben war wohl seine Bekanntschaft mit dem um 18
Jahre älteren Alfred Corton Haddon, der 1898 qualifizierte wissenschaftliche Mitstreiter für
die „Torresstraßen-Expedition” suchte. Diese Erfahrung in der Südsee gab Seligman den
nachhaltigen Anstoß, sich anthropologischen Problemen interdisziplinär anzunähern.
Seligman schloss in seine kulturhistorisch-ethnologischen Fragestellungen stets die
Psychologie und die Archäologie mit ein. Erwartungsgemäß steil verlief dann seine
Universitätskarriere: ab 1910 unterrichtete Seligman Ethnologie an der LSE646; 1913 wurde
der erste Lehrstuhl für Ethnologie an der Universität London eingerichtet, den Seligman bis
643
Charles Gabriel Seligman; Brenda Z. Seligman, Pagan Tribes of the Nilotic Sudan…, 1932.
644
Evan E. Evans-Pritchard in seinem Vorwort zur Festschrift Charles Gabriel Seligman, Festschrift:
Essays presented to C. G. Seligman by Evan E. Evans-Pritchard, Raymond Firth, Bronislaw
Malinowski and Isaac Schapira…, 1934.
645
Meyer-Fortes, C. G. Seligman. In: David L. Sills (Ed.), International Encyclopedia of the Social
Sciences…, 1968 I.
646
Die LSE war 1895 aus einer Stiftung von Beatrice, Sidney Webb, George Bernard Shaw, und
Graham Wallas hervorgegangen – alles Mitglieder der “Fabian Sociey”, jener intellektuellen
Vereinigung, die sich der Aufgabe stellte, den durch den Kolonialismus aufgekommenen
wirtschaftlichen Liberalismus Großbritanniens einer Reform zu unterziehen; die “Fabian Society” gilt
heute als der Vorläufer der British Labour Party.
234
zu seiner Emeritierung 1934 halten konnte.647 Seligman war derjenige Autor, der das junge
Fach Ethnologie im englischen Sprachraum am meisten bekannt gemacht hat. Zahlreiche
Artikel zu ethnologischen Themen hat Seligman in der dreizehnten und vierzehnten Ausgabe
der Encyclopedia Britannica648 verfasst, ebenso in der James Hasting’s Encyclopedia of
Religion and Ethics.649 Wenn Seligmans 20jährige Schaffensperiode auf einen Punkt
gebracht werden soll, dann darf – wie eingangs – nicht nur sein Feldforscherleben
hervorgehoben werden, sondern es muss auch gesagt sein, dass Seligman es war, der für die
nachfolgenden Forscher die theoretische Hamitenthematik neu belebte.
“The manner of origin of the Negro-Hamitic peoples will be understood“, vermerkte
Charles Seligman in den Prolegomina seiner “Pagan-Tribes”, “when it is realized that the
incoming Hamites were pastoral Caucasians, arriving wave after wave, better armed and of
sterner character than the agricultural Negroes.“650 Was damals aus kolonialethnologischer
Sicht als nicht anstößig galt, hat sich mittlerweile drastisch geändert. Eingeleitet hat diesen
Perspektivenwandel
der
wissenschaftsgeschichtlichen
Aufsatz
Ursprung
von
der
Edith
Sanders
Hamitentheorie:
651
bezeichnenderweise mit einem Seligman-Zitat beginnen.
647
1969
sie
über
lässt
den
diesen
Heute wird Charles Gabriel
Interessant ist die unterschiedliche Herangehensweise zwischen Seligman und Malinowski im
Feld: “Seligman and Malinowski were temperamentally very different. The difference was not just of
temperament but one of concepts of anthropology too. ‘Seligman essentially was one of the believers
in the association of all branches of the dicipline, physical anthropology, archaeology, cultural
anthropology’. Raymond Firth adds that he didn’t touch the ‘social stuff’, as he said. Malinowski, on
the other hand, though he owed intellectual guidance and practical help to Seligman, was all about the
‘social stuff’. When he became a reader in 1923, he insisted on the post being described as one in
‘social anthropology’, which distanced him not only the cultural anthropologists at University College
but also from the ‘natural bases of social science’. The tension between the ‘antiquarian’ Seligman
and the ‘scientific’ Malinowski (whose epithets these are) had to be contained by the Director
sometimes.“ Zitiert in Ralf Dahrendorf, A history of the London School of Economics, 1895-1995…,
1995: 244.
648
Beispielsweise Archaeology: VI. South and Central Africa.
Applied.
13
13
1926: 167-171; Anthropology,
1926: 140-143; Anthropology and Ethnology: North Africa and Egypt; Africa,
Archaeology and Antiquities; Arabs; Azande; Barabra; Bari-speaking tribes; Beja; Burun; Hameg;
Loatuko; Nilotes; Nuba. 141929 [1955].
649
Beispielsweise Dinka 4, 1911: 704-713; Nuba 9, 1917: 401-406; Shilluk 11, 1920: 458-462;
Veddas 12, 1921: 598-601; letzterer zusammen mit Brenda.
650
Charles Gabriel Seligman; Brenda Z. Seligman, Pagan Tribes of the Nilotic Sudan…, 1932: 4
Prolegomina.
651
Edith R. Sanders, The Hamitic hypothesis… JAH 10, 4, 1969: 521-532.
235
Seligman vielfach und zunehmend als “Racist“ gebrandmarkt, wie die Randbemerkungen
zum obigen Zitat in der Ausgabe an der SOAS-Bibliothek erkennen lassen. “Mr Seligman,
stop reading lies into this study“ heißt es da weiters. Hamitentum, Rassismus, Seligman –
dieses schlagwortartige Dreigestirn kursiert heute in zahlreichen Webseiten des Internets.
Keiner der heutigen Anti-Rassismus-Vertreter hat es jedoch je der Mühe wert gefunden zu
erwähnen, dass die Seligmans als Juden im Zuge des aufflammenden Antisemitismus der
1920er Jahre diesen aktiv bekämpften. Seligman verband mit Alfred Cort Haddon und Elliot
Smith nicht nur die rassisch geprägte Hamitentheorie, sondern auch der persönliche Kontakt,
ihre Freundschaft miteinander, vor allem aber ihr gemeinsames offenes Bekenntnis gegen
das pseudowissenschaftliche Getue um das germanische Ariertum. Diese gravierenden
Widersprüche lassen erkennen, dass aus heutiger Sicht der wissenschaftliche Rassismus in
den 1930er Jahren sehr subtil arbeitete und aus heutiger Distanz einer differenzierteren
Analyse bedarf, um den „großen Sündern der Kolonialethnografen“ – eine auf Henrika
Kuklick zurückgehende Bezeichnung – gerecht werden zu können.652
Wissenschaftsgeschichtlich ist “Pagan Tribes…” zunächst einmal als eine Gegenschrift
auf Hermann Frobenius „Die Heiden-Neger des ägyptischen Sudan” (1893) zu werten.
Seligman wollte die darin enthaltene Sichtweise von Frobenius, deutscher Oberleutnant und
Vater des berühmten Ethnologen Leo, widerlegen, der von ausschließlich „negroiden”
ethnischen Gruppen im ägyptischen Sudan sprach.653 Seligmans Hamitentheorie zielte nun
darauf ab, einen wissenschaftlichen Nachweis zu erbringen, dass das Ausbreitungsgebiet
weißer und hellhäutiger Rassen bereits in prädynastischer Zeit auch den Sudan berührt habe.
1921 war nämlich im Organ der Londoner “Egypt Exploration Society” ein Aufsatz mit dem
bezeichnenden Titel “The first appearance of the negroes in history”654 erschienen, auf den
sich Seligman hier berief. Kein geringerer als der Wiener Ägyptologe Hermann Junker hat
ihn verfasst, der behauptete, dass die Nubier kaukasoide Hamiten wären und dass die
Pharaonen – entgegen der früheren Annahme – relativ spät mit dem negriden Afrika in
Berührung gekommen wären. Erst ab 1600 v. Chr. [Neues Reich] treten „wirkliche
Negervölker” in den Gesichtskreis ägyptischer Kultur. Junkers Behauptung, die heute
übrigens als widerlegt zu gelten hat, bildete eine Art historischer „Mindest-Zeitmesser” für
652
Henrika Kuklick, The savage within. The social history of British anthropology, 1885-1945…,
1993; Henrika Kucklick (Virginia) ist Schülerin von George W. Stocking; Jr. (Chicago), ein Doyen in
Fragen anglo-amerikanischer anthropologischer Wissenschaftsgeschichte.
653
654
Hermann Frobenius, Die Heiden-Neger des ägyptischen Sudan…, 1893; gewidmet Schweinfurth.
Hermann Junker, The first appearance of the negroes in history. The Journal of Egyptian
Archaeology 7, 1921: 125.
236
das geografische Ausbreitungsgebiet der Hamiten. „Junker hat mit dem Vorurteil
gebrochen”, heißt es 1936 in Africa, der renommierten Zeitschrift des Londoner IAI, „dass
südlich von Ägypten die Domäne des Negers beginne; in Wirklichkeit waren Nubien und
weite Gebiete des Sudans durch Jahrtausende hamitisches Land.”655
Aufgrund der Torres-Straßen-Expedition zählte Südindien sowohl für Brenda als auch für
Charles Seligman zu den favorisierten Regionalgebieten ihrer ethnologischen Studien, der
afrikanische Kontinent stand dagegen lange Zeit außerhalb des Fragekreises ihrer
ethnologischen Arbeit. Die Frage stellt sich also zunächst, wie und wer die Seligmans in den
Problemkreis Hamitentum einführte. Während ihres ersten Sudanaufenthaltes im Winter
1909/1910, zunächst als gemeinsamer Urlaub geplant, konnten die Seligmans bei den Shilluk
an einer Thronübergabe mit der zuvor erfolgten Hinrichtung des Königs beiwohnen. Ein
solch schauriges Schauspiel mitverfolgt zu haben, musste die beiden fasziniert und einen
bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Noch zwanzig Jahre später ist Seligmans
Ergriffenheit spürbar: “My wife and I were able not only to obtain evidence concerning the
existence and killing of a Divine King among two great Nilotic tribes – the Shilluk and
Dinka – but in the case of the former we were given an account of the installation of the new
king, part of the ceremony in our opinion, as in that of Sir James Frazer, providing the actual
mechanism whereby the divine spirit which had been immanent in each of the Shilluk kings
was passed on to his successor.“656 Seligman glaubte in dieser Form der Machtübergabe, ein
kultisches Relikt der altägyptischen Seth-Zeremonie erblicken zu können. Seligman war
überzeugt, die Hinrichtung des Shilluk-Königs mit Osiris gleichsetzen zu müssen, der dem
Mythos gemäß von seinem Sohn Seth ermordet, von diesem in Stücke zerteilt und von Isis
wieder zum Leben erweckt wurde, um so die pflanzliche Fruchtbarkeit und den sozialen
Wohlstand zu gewährleisten und wieder herstellen zu können. Seligman hat während seines
Feldaufenthalts [1909/10 und 1911/12] zahlreiche Fotoaufnahmen gemacht. Besonders sind
die als „Hamitic Shilluk Type” bezeichneten Profilaufnahmen mit deren stechenden Blicken
bekannt geworden [Abb. 33].
Aus dem 12bändigen Monumentalwerk “The Golden Bough” (1907-1915) James Frazers
schöpfte Charles Seligman das theoretische Rüstzeug für seine ethnologischen Analysen im
Feld. Darin fand Seligman den Terminus “Divine Kingship“, den Frazer in die Ethnologie
eingeführt hatte.657 Seligman sah in Frazer, der um 20 Jahre älter war, seinen akademischen
655
Werner Vycichl, Was sind Hamitensprachen? Africa 8, 1935: 80.
656
Charles Gabriel Seligman, Egypt and Negro Africa. A Study in Divine Kinship…, 1934: 2.
657
James Frazer, The golden bough…, 1890; Geza Roheim, Killing Divine King. Man. 15, 1915: 26-
28.
237
Abb. 33
Seligmans hamitische Shilluk-Typen.
Charles Gabriel Seligman, Pagan Tribes…, 1934.
238
Vater: es ist überliefert, dass Seligman ihn stets liebevoll mit “Sir James” ansprach. Die
Zulu, die Ganda und die Banyankole besaßen das sakrale Königtum. Wie viele seiner
Zeitgenossen – Frazer, Frobenius und Elliot Smith, war auch Seligman fasziniert von dieser
politischen Institution, die über so weite Teile Afrikas verbreitet war. Seligman glaubte
daran, dass das göttliche Königtum zusammen mit der Rinderhaltung, den totemistischen
Vorstellungen und eine Reihe anderer Kulturelemente sich von einem gemeinsamen
Ursprungsort über ganz Afrika ausbreiteten. Zahlreiche Exzerpte von Seligman liegen heute
gesammelt im Archiv der London School of Economics auf. Eine undatierte Notiz darin gibt
Aufschluss darüber, dass Seligman die Hamiten überraschenderweise nicht als grausame
Despoten betrachtete, sondern als Bewahrer demokratischer Strukturen. “They tend to keep
aloof and among themselves the democratic tradition survives.” “Hamites tend to democracy
with priestly or priest-king rulers”.658 Dies ist deshalb erstaunlich, da Seligman als Jude seine
Feststellung in den Gegensatz zu den Semiten stellt.
1913 stellte Seligman am “Royal College of Surgeons of England“ seine Überlegungen
über die Hamiten als “Syllabus of a lecture on the hamitic element in the population of the
Anglo-Egyptian Sudan“ der Öffentlichkeit vor. Dort behandelte er lediglich den
anthropologischen Aspekt. Dieser Vortrag wurde noch im selben Jahr in etwas abgeänderter
Form im JRAI als Monografie “Some aspects of the Hamitic problem in the Anglo-Egyptian
Sudan“ abgedruckt. Sie avancierte bald zum ethnologischen Klassiker. Darin geht es
Seligman darum, „protoägyptische” Kulturstile zu rekonstruieren. Dabei kommt er zu dem
Ergebnis, dass sich altägyptische Kulturelemente lediglich bei afrikanischen Völkern im
nord-östlichen Afrika erhalten haben. Dementsprechend lehnte Seligman die bisherige
Einteilung in West- und Osthamiten ab.659 Seit 1914 arbeitete Seligman mit Grafton Elliot
Smith zusammen. Bald schon wurde auch er überzeugter Anhänger des Heliozentrismus.
Dementsprechend oblag es Seligman, kulturdiffusionisitische Beweise für den geografischen
Raum Afrika zu erbringen. In zahlreichen Schriften versuchte er, altägyptische
Kultureinflüsse auf Afrika südlich der Sahara aufzuspüren [Abb. 34].660 In seinem 1932 in
London gehaltenen Griffith-Vortrag heißt es etwa: “I think then that the fact that horns
deformed in the style of present-day Dinka and Nuer are represented in Egypt so long ago as
the Vth Dynasty, not as unique curiosities but in considerable number, can only signify that
658
The Seligman papers…, 1998.
659
The Seligman papers. Comprising of the anthropological papers of Charles and Brenda Seligman,
family correspondence and related material. Compiled by Clare Mays…, 1998.
660
Vgl. auch Walter Hirschberg, Altägyptischer Kultureinfluss in Negerafrika. Die Umschau 59, 2,
1959: 47-50.
239
Abb. 34
Rezente Laute und Harfe aus Westafrika im Vergleich zu den Altägyptischen. Seligmans Nachweis für
ein lebendiges sakrales Königtum in Westafrika. Afrikanische Kulturerscheinungen werden damit auf ein
ledigliches Erbe Altägyptens reduziert.
Charles Gabriel Seligman, Egypt and Negro Africa. A study in divine Kingship…, 1934.
240
this was an Egyptian custom which spread up the Nile to Negro Africa. The fact that up to
and including this period Negroes are almost entirely absent from representational art can but
indicate that the spread was from Egypt to Negro-land and not in the reverse direction.“661
d) Harry Hamilton Johnston
In der wissenschaftsgeschichtlichen Aufarbeitung der Hamitentheorie noch wenig
berücksichtigt ist die im Zusammenhang stehende politische Instrumentalisierung im
kolonialen Afrika. Hier zeigt sich auch die markante Grenzlinie in der Unterscheidung zu der
am europäischen Festland entstandenen Hamitentheorie. Der renommierte britische
Afrikahistoriker Roland Oliver bezeichnete “Sir Harry“ – wie Harry Hamilton Johnston
[1858-1927] von seinen Freunden genannt worden war – als den “completest Africanist“
seiner Zeit und schätzte ihn als einen der Begründer der afrikanischen Ethnologie
Großbritanniens ein.662 In der Tat sind seine vergleichenden Sammlungen, was Umfang und
geografische Belegdichte betrifft bisher nicht übertroffen worden. Das Britische Museum sah
sich zu Johnstons Lebzeiten bereits dazu veranlasst, ihm zu Ehren ein bis dato unbekanntes
Säugetier “Okapia Johnstoni“ zu benennen.663 Johnston, der nie ein Universitätsstudium
absolviert hatte, war im Grunde genommen wissenschaftlicher Autodikat. Bereits in jungen
Jahren bereiste er Ostafrika664 und entwickelte in dieser Zeit eine derart intensive Beziehung
zum afrikanischen Kontinent, dass er praktisch sein ganzes Leben diesem Erdteil verschrieb.
Im großbürgerlichen Milieu aufgewachsen, entsprachen Johnstons Attitüden genau den
Erwartungen der am Höhepunkt begriffenen imperialistischen viktorianischen Ära. Aus
seinen über vierzig verfassten Büchern zu afrikanistischen und ethnologischen Themen ist
klar der pragmatische Vertreter des zivilisatorischen Fortschritts erkennbar. Untrennbar
verbunden war damit sein romantisches Ressentiment dem afrikanischen Kontinent
gegenüber, das er in seiner Jugendbuchserie “Pionieers of…“ zu kolonial-europäischen
661
Charles Gabriel Seligman, Egyptian influence in Negro Africa. Studies Presented to F. Ll.
Griffith…, 1932: 460.
662
So Charles Gabriel Seligman und E. Torday in Johnston, A survey of the ethnography of Africa:
and the former racial and tribal migrations of that continent. JRAI 43, 1913: 375-421.
663
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 378-383.
664
Harry Hamilton Johnston, Kilima-Njaro Expedition…, 1886.
241
Heldensagen umfunktionierte.665 Der koloniale Heroismus zieht sich wie ein roter Faden
durch sein Schrifttum. Über zwei Jahrzehnte gestaltete Johnston die kolonialen Geschicke in
Afrika als Kolonialbeamter [davon aktiv 1885-1904] maßgeblich mit. Sogar Kartenentwürfe
sind erhalten, wie der Kontinent seiner Vorstellung gemäß zwischen den europäischen
Kolonialmächten aufgeteilt hätte werden müssen. Wie Oliver in seiner kolonialkritischen
Biografie richtig bemerkt: “Johnston’s active life coincided almost exactly with the
international scramble for Africa, and he himself played with intensity and enthusiasm all the
most characteristic parts that fell to the “man on the spot“. He was in turn explorer,
concession-hunter, treaty-making consul and pioneer administrator.“666 Und doch, Johnston
starb 1927 mehr oder minder im Schatten seiner ihm stets am Herzen liegenden Disziplinen:
der afrikanischen Anthropologie und der Linguistik. Bald war sein Name vergessen,
lediglich in den wissenschaftsgeschichtlichen Darstellungen der Bantuisten taucht der Name
Johnston gelegentlich auf, da er erstmals auf linguistischer Basis eine BantuMigrationstheorie erstellt hatte.
Hinsichtlich der Hamitic nimmt Johnston eine ganz besondere Stelle ein. Johnston
betrachtete die Hamitenfrage nämlich weniger vom theoretischen Gesichtspunkt her, sondern
ordnete
sie
mehr
den
pragmatischen
Anforderungen
der
kolonialpolitischen
Siedlungsinteressen Ostafrikas unter. Das war nicht nur britischerseits ein Novum. Die Rede
von kaukasoiden Afrikanern im ostafrikanischen Siedlungsgebiet erwies sich als strategische
Kolonialpropaganda. Für die Briten galt das Gebiet des heutigen Kenia anfangs als bloße
“Transitstation“ nach Uganda, wo ein weitaus ergiebigeres wirtschaftliches Potenzial
vermutet wurde. Die fruchtbaren Böden um den Mount Elgon und am Victoriasee
versprachen ein lukratives Anbaugebiet für Kaffee und Baumwolle. Damit Britisch-Ostafrika
diese Funktion besser erfüllen konnte, begann 1896 das größte koloniale Bauprojekt, das es –
abgesehen vom Suezkanal – in Afrika bis dato gegeben hatte: Mit 32.000 indischen
Arbeitern sowie 5.000 Angestellten und Handwerkern wurden die Gleise für die „UgandaBahn“ gelegt, die Mombasa mit Port Florence (heute Kisumu) verbinden sollte, jenem Hafen
am Lake Viktoria, der Umschlagplatz für den Handel mit Uganda war. Die wohl
folgenreichste Wirkung des Bahnbaus war, dass die gewaltigen Distanzen nun auch für die
665
Harry Hamilton Johnson, Pioneers in South Africa. Series: Pioneers of Empire…, 1914; später
erschienen in dieser Serie “West Africa”, “Tropical America”, “Canada”, “India” und “Australia”.
666
Roland Oliver, Sir Harry Johnston and the Scramble for Africa…, 1957: Introduction; vgl. dazu
auch die kritische Stellungnahme des US-Amerikanischen Historikers James A. Casada, Sir Harry
Hamilton Johnston: A Bio-Bibliographical Study. Mitteilungen der Basler Afrika Bibliographien 18,
1977.
242
weißen Siedler bewältigbar wurden. Hatten die Trägerkarawanen bis zu drei Monate für die
Strecke benötigt, waren es jetzt gerade noch sechs Tage; die Transportkosten sanken auf ein
Zehntel. Mit einem Wort: Uganda sollte Siedlerkolonie werden.
Noch während des Bahnbaus wurde Harry Johnston 1899 als Oberkommissar in Uganda
beauftragt,
eine
landeskundliche
Bestandsaufnahme
zum
Zweck
der
kolonialen
Siedlungstauglichkeit zu erstellen. Diese Entscheidung war naheliegend, da Johnston
zwischen 1889-1893 dieselbe Funktion bereits für die Schaffung des Protektorats “British
Central Africa“ ausgeübt hatte. 1902 legte Johnston, gemeinsam mit dem britischen
Anthropologen
Shrubsall,
den
zweibändigen
Report
“Uganda
Protectorate”
der
Öffentlichkeit vor. Die Hamitenfrage nimmt darin einen zentralen Stellenwert in Bezug auf
die koloniale Besiedelung Ugandas ein. Zunächst galt es, die Herkunft der Hamiten zu
klären. Dafür hatte Johnston zwei Lösungsvorschläge vor Augen. Dass es Hamiten
überhaupt gebe, schien ihm aufgrund der hellen Hautfarbe der Hima-Völker im Norden des
Landes evident und stand deshalb außer Zweifel. Entweder hätten sich die Hamiten aus den
Negern in Afrika herausentwickelt und würden in weiterer Folge zu gänzlich weißen
Menschen mutieren. Oder aber, als Variante dieser rätselhaften „Mutationstheorie“ wären
die rezent lebenden Hamiten Ugandas aus Asien her nach Afrika gewandert, wobei sie sich
dann Jahrhunderte zuvor in Asien mit den Negern vermischt haben mussten.667 Auf jeden
Fall, so lautete das Credo: “Here and there, of course, there has been intermixture, ancient or
recent, with Hamites, and consequently the result may be an improvement in physical
beauty.“668 Johnston stellte seine „hamitische Schönheit“ der „bantuiden Hässlichkeit“
gegenüber, wobei er noch die respektable Variante des “good looking type“ als
Zwischenglied einfügte. Diese ästhetische Richterskala hatte den pygmäoiden „Neger” als
Basis, die Johnston verächtlich mit “ugly dwarfish creature of ape-like appearance“669
charakterisierte.
Wie gezeigt wurde, besitzt das ästhetische Kriterium innerhalb der anthropologischen
Wissenschaftsdisziplin eine bis auf Camper und Meiners zurückreichende Tradition. Im
Zusammenhang mit dem Kolonialismus fungierte die körperliche Ästhetik nun als Kriterium
für Entwicklungstauglichkeit. Die Vorstellung, ob Bantu-sprechende Gruppen Simbabwe
erbaut haben könnten, war für Johnston keine wissenschaftliche Frage, so etwas war schlicht
667
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 474.
668
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 484.
669
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 473.
243
“distasteful“.670 Für Johnston stand außer Zweifel, dass Simbabwe von Arabern vor 2300 bis
2000 Jahren besiedelt worden war.671 Die Hamiten hatten in der britischen Anthropologie
dementsprechend die Funktion, das vermeintlich objektive hellenistische Schönheitsideal bei
afrikanischen Bevölkerungsgruppen einzufordern, wie dadurch auch der Nachweis für
zivilisatorische Kulturleistung zu erbringen möglich schien. In der Folge wurden in BritischOstafrika sämtliche ethnische Gruppen an den kaukasoiden Hamiten und deren
Kulturleistungen gemessen und bewertet. “Finally, there is that question of vast importance,”
wie Johnston 1913 herausstrich, “the modern European colonization of Africa. Africa, we
have seen – so far as indications of archaeology and language go – has been anciently and
continuously permeated by the white man, who in some shape or form or attenuated
intermixture has provoked all race movements of great importance.”672 “Lastly, in
deciphering the faintly recorded human history of Africa, one seems to see in the White
Man, the Caucasian, the primum mobile, the chief causer and inspirer of racial migrations,
disturbances, remoulding of peoples, uprise of religious beliefs, creation of new languages,
new arts, especially of agriculture and the domestication of animals. The White Man has
been the cause of all good effects.”673
Zu diesem Zweck erstellte Johnston gemeinsam mit Shrubsall für das zukünftige
koloniale Uganda eine anthropologische Rangliste, die das rassische Mischungsverhältnis
einzelner Ethnien aufschlüsseln und das „frühe kaukasoide“ oder „hamitische“ Element der
rezenten Negerrassen nachweisen sollte. Die Spannweite reichte dabei von 0 bis 50% Anteil
kaukasischen Blutes, von den Pygmäen und Buschmännern ausgehend, die zwar auch als
eingewandert gedacht, aber als „originäre Neger“ mit 0% Anteil eingestuft wurden, über die
Bantu mit bescheidenen 3.125-6.25%, die Niloten mit 4.16% bis hin zu den Masai mit 12.525% und die Hima schließlich, die mit 50% die „Topcharts“ der ästhetisch-zivilisatorischen
Leiter erreichten.674 Die Zahlen unterlagen keinem aufgeschlüsselten Algorithmus, sondern
wurden weitgehend willkürlich angenommen und waren für das bessere Verständnis der
anthropologischen „Schraffierung“ gedacht [Abb. 35].
670
Das vollständige Zitat lautet: “I find it distasteful to attribute to a Negro Bantu people, or any other
more or less pure Negro race, the Zimbabwe architecture and culture.“ Harry Hamilton Johnston, A
survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 418.
671
Harry Hamilton Johnston, A survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 419.
672
Harry Hamilton Johnston, A survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 410.
673
Harry Hamilton Johnston, A survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 414; Dorothy
Hammond, Alta Jablow, The Africa that never was…, 1970: 76-78.
674
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 841.
244
Abb. 35
Die afrikanischen Kolonialvölker tabellarisch eingeteilt nach dem Anteil „weißer Blutmischung”, die
die Hamiten als die fortschrittlichsten erscheinen lässt.
Harry Hamilton Johnston, Uganda Protectorate…, 1902: 841.
Abb. 36
Massaikrieger mit Löwenmähne als Abkömmling der altägyptischen Göttin Sekhmet.
Unter dem Einfluss des britischen Hyperdiffussionismus wurden viele Kulturerscheinungen in Afrika
südlich der Sahara altägyptischen Ursprungs gedeutet.
Cardale C. Luck, The origin of the Maasai…, The Journal of the East Africa and Uganda Natural
Society 26, 1926: 91-196.
1
245
Johnstons “Uganda Protectorate“ war im Wesentlichen kolonialpolitische Propaganda.
Zuvor waren nur wenige Settler nach Britisch-Ost gekommen – gerade einige Pioniere und
zwischen 1891-94 die „Freiländer“ des Wieners Theodor Hertska (ungarischer Herkunft), die
am Mount Kenya ein Utopia nach liberalsozialistischem Vorbild gründen wollten.675 Mit den
genauen deskriptiven Angaben Johnstons konnte nun koloniale Siedlungspolitik großen Stils
betrieben werden. “Uganda Protectorate“ diente dem britischen Premier Chamberlain als
Vorlage, als Theodor Herzl nach dem sechsten Zionistenkongress 1903 ihm seinen „UgandaPlan“ vorstellte. Herzl bekam zur Durchführung der Übersiedlung von einer Million Juden in
die Nähe des heutigen Nairobi die wohlgemeinte Zustimmung Großbritanniens. Seine Pläne
scheiterten lediglich an der Absage der jüdischen Mitglieder aus den russischen Provinzen.676
Die Siedlertauglichkeit Ugandas hatte nun historisch legitimiert zu werden. Nach
Johnston wäre das Niltal in der vordynastischen Periode vor etwa 15000 Jahren von einer
kaukasoiden Rasse besetzt worden, wo sie eine „hamitische Colonie” gegründet hätte, von
wo aus eine „Hamitisierung” über ganz Nordafrika ausging, die schließlich auch den Süden
und Westen Afrikas erreichte. Dabei wurden die dortige “dwarfish Negro population” von
den Hamiten entweder verdrängt oder absorbiert.677 Das Bedeutende aber ist die
Schlussfolgerung, die Johnston aus dieser prähistorischen Besiedlungstheorie zieht: sie ist
gänzlich auf die aktuelle koloniale Situation abgestimmt: “Africa is about to receive“,
prognostizierte der Kolonialbeamte verheißungsvoll, “a most powerful infusion of Caucasian
blood.“678 Damit waren nicht mehr die hypothetisch angenommenen prähistorischen
Hamiten gemeint, sondern die rezenten Siedlerkolonisten des Britischen Commonwealth, im
Wesentlichen Südafrikaner, Neuseeländer, Briten, Australier und Kanadier. Hamitentum,
römische Kolonisation und europäische Expansion – all diese historischen Momente konnten
nun auf einer Zeitschnur aufgefädelt werden, wo am Ende die im Begriff stehende imperiale
Kolonisation Afrikas stand. Sie wurde als die logische Fortsetzung einer seit der frühesten
prähistorischen Zeit kontinuierlichen Kolonisation verstanden. Bereits 1899, also noch bevor
seiner Tätigkeit als Kommissar in Uganda, gab Johnston den Geschichtsband “History of the
675
Theodor Hertzka, Freiland. Ein sociales Zukunftsbild…, 1890.
676
Als jüdisches Siedlungsgebiet waren 40.000 square miles zwischen 36. und 38. östlicher Länge
und vom Äquator bis über 1° südlicher Breite geplant. Näheres dazu in den Briefen von Herzl in 7
Bänden 1996; vor allem aber die detaillierte Studie von Robert G. Weisbord, African Zion: the
attempt to establish a Jewish colony in the East African Protectorate, 1903-1905…,1968.
677
Harry Hamilton Johnston, A survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 387.
678
Harry Hamilton Johnston, A survey of the ethnography of Africa…, JRAI 43, 1913: 410.
246
colonisation of Africa by alien races“679 heraus, worin er diesen „Aufbruch“680 historisch zu
untermauern trachtete und die Hamiten als historischen Ausgangspunkt zur Rechtfertigung
der europäischen Kolonisation in Afrika ansetzte. Johnstons Argument zielte darauf ab, dass
Afrika nicht erst seit der Berliner Konferenz 1876 als der Spielball der europäischen
Interessenskräfte fungierte, Afrika war es seit eh und je. Afrikanische Geschichte wurde
demnach auf die europäisch-islamische Kolonisation reduziert, eine Darstellung, die in der
Zwischenkriegszeit zahlreiche Nachahmung finden sollte und zum modus vivendi
avancierte. “Alien Races“ wurde ein kolonialer Bestseller, erhielt mehrere Auflagen und
wurde sogar ins Deutsche übertragen.
„Aber im allgemeinen ist der Neger ein geborener Sklave”, so das Pauschalurteil
Johnstons über die Afrikaner und weiter ausholend: „Mehr als irgend ein anderer
Menschentypus ist der Neger durch seine geistigen und physischen Eigenschaften zum
Diener anderer Rassen ausersehen.“681 Kein Fluch, keine Mission ist hier gemeint, sondern
nüchterne Lohnarbeit im kolonialen britischen Uganda. Die als hamitisch angesehenen
Afrikaner sollten davon jedoch ausgeklammert werden. Aufgrund ihrer ausgeprägten
politischen Struktur, ihrem aristokratischem Geschichtsbewusstsein galten sie nicht als
rückständig, sondern als fortschrittlich. Uganda avancierte in den 1920er Jahren zur
britischen Musterkolonie, wo im Kernraum von Anfang an auf das britische Kolonialmodell
der indirekten Herrschaft gesetzt wurde. Zahlreiche „Hamiten” wurden für eine
administrative Tätigkeit eingesetzt. Hier zeigt sich das kolonialistische Potenzial für die
Instrumentalisierung der Hamiten-Mythe.
Im Übrigen wurde auch im westafrikanischen Nigeria nach demselben Kolonialmodell
verfahren. Im Zuge der Kolonialverwaltung reduzierten britische Kolonialbeamte die
zahlreichen ethnischen Gruppen Nigerias auf drei Kategorien: “The primitive tribes, the
advanced communities, and the Europeanised Africans. Such a division connotes a more real
and profound difference than of racial affinities”, wie der in Madras geborene Frederick J. D.
Lugard Lord von Albinger [1858-1945], einer der einflussreichsten Kolonialadministrationen
im
British
Empire,
seine
indirekte
Verwaltung
propagierte.682
Gerade
im
bevölkerungsreichen Nigeria und Uganda war die britische Kolonialadministration auf die
679
Harry Hamilton Johnston, Geschichte der Kolonisation Afrikas durch fremde Rassen…, 1903
[englisches Orig. 1899, 21930, 31966].
680
Harry Hamilton Johnston, The Opening up of Africa…, o. J.
681
Harry Hamilton Johnston, Geschichte der Kolonisation Afrikas durch fremde Rassen…, 1903: 81.
682
Frederick Lugard zitiert in A. C. Burns, History of Nigeria…, 1929: 32; Dorothy Hammond, Alta
Jablow, The Africa that never was…, 1970: 76-78.
247
Mitarbeit lokaler politischer Führer angewiesen. Lugard, der in beiden britischen
Siedlungskolonien über Jahrzehnte als Kommissar im Einsatz war, gilt mit seinem
Hauptwerk “The Dual Mandate” (1922) auch als der theoretische Wegbereiter für dieses
Verwaltungssystem. Kolonialadministratoren Nigerias wie Percy Amaury Talbot und A. C.
Burns klassifizierten dahingehend Fulani, Haussa und Kanuri und Arab Tribes als
entwicklungstauglich während sie die in Südnigeria lebenden Ewe-Gruppen als primitiv
branntmarkten. Beim 1921 in Süd-Nigeria erstmals durchgeführten Zensus fand diese
Klassifikation erstmals praktische Anwendung. “The Fulani, especially in the upper classes”,
so das Argument des bereits seit 1912 in Nigeria tätigen Kolonialbeamten A. C. Burns, “[…]
they consider themselves a white people, and those of the pastoral Fulani who have kept
their blood pure possess a light bronze complexion and other physical characteristics of the
Hamitic races.“683 Auch um die Yoruba-Gruppen setzte eine solche Einschätzung ein. Da bei
ihnen auf eine ausgeprägte Staatentradition verwiesen werden kann, mussten sie förmlich
nach Nigeria eingewandert sein. Aus Ägypten meinten die einen, aus Kreta die anderen. Die
Verbreitung solcher Ansichten verlief rasch, da die ethnografischen Inhalte der
Kolonialberichte sich vor allem an die aus Europa eingetroffenen Siedler, Missionare und
Händler richteten.
683
A. C. Burns, History of Nigeria…, 1929: 32.
248
III. Kapitel
Die Hamiten-Mythen
249
„Wenn Hamiten oder andere unbekannte Weißafrikaner das Bild in der Tsissab Schlucht684
und die anderen Fresken gemalt haben”, zieht der Sachbuchautor Herbert Wendt in seinem
bekannt gewordenen „Roman” der Völkerkunde „Es begann in Babel” (1958) den Schluss,
„dann können sie auch die Leute von Punt und Ophir, die Handelspartner der alten Ägypter
und Phöniker, die Träger der Erythräischen Kultur des Leo Frobenius und die Gründer eines
vorerst noch hypothetischen Vor-Simbabwe gewesen sein. Der bärtige Fürst auf dem
Tempelfries von Deir-el-Bahari wäre dann also ein solcher Weißafrikaner. Aber wie steht es
mit der dicken Dame, die gleichfalls auf diesem Fries zu sehen ist – mit der vermutlichen
Hottentottin?” [Abb. 37, 38]685 Ein Wesenszug des Hamiten-Mythos ist, dass allein mit der
Bündelung vieler offener kulturhistorischer Fragestellungen, der Anschein erweckt wird,
einen dahinterliegenden realen historischen Kern vorzutäuschen. Wer die Frage nach
rätselhaften Völkern, legendären Ländern, untergegangenen Städten oder gar nach
versunkenen Kontinenten stellt bzw. an das Finden einer ausschließlich monokausalen
Antwort glaubt, der denkt heute gleich an Namen wie Robert Charroux, oder an dessen
Pendant in der Schweiz, Erich von Däniken, im weitesten Sinn vielleicht auch an
„Esoterik”.686 Der dritte Teil greift einige solcher Geschichtsmythen auf, die direkt oder
indirekt mit dem Hamiten-Mythos in Zusammenhang stehen. Es sind dies die legendären
Länder Punt und Ophir und Erzählungen, die um die Atlantislegende ranken. Das einigende
Band dieser Legenden ist der Anspruch, dem vermeintlich geschichtslosen Afrika ein
geschichtliches
Kleid
zu
verleihen.
Sie
alle
verbindet
eine
gehörige
Portion
Kulturoptimismus, der eine bessere Vergangenheit an den Anfang der Geschichtlichkeit
Afrikas
stellt.
Auffällig
ist
dabei
die
fließende
Grenze
zwischen
seriöser
Wissenschaftlichkeit und euphorischer Phantasterei. Das eine vom anderen zu trennen
scheint hierbei geradezu unmöglich. Schöpften doch zahlreiche Forscher ihre Ideen aus der
kolonialen Abenteuerbelletristik. Nach dem archäologischen Erfolg Heinrich Schliemanns
hatte sich den 1920er Jahren in Deutschland sogar eine eigene „Transgeografie”
herausgebildet, als eine Spezialdisziplin innerhalb der Anthropogeografie. Richard Hennig
[1874-1951] und Bolko von Richthofen [1899-1983] gelten als die Gründer dieser Richtung.
Dem Phänomen der Bibelarchäologie durchaus vergleichbar, setzten sie auf den historischen
Wahrheitsgehalt des oft nur in Legenden verfügbaren geografischen Wissens im antiken
Schrifttums. Mit dieser Geografenschule standen viele Gelehrte in Kontakt, wie etwa Leo
684
Es handelt sich um die „Weiße Dame” im Brandbergmassiv in Namibia.
685
Herbert Wendt, Es begann in Babel. Die Entdeckung der Völker…, 21966 [1958]: 88.
686
Vgl. auch den US-amerikanischen “Lost-city”-Autor Peter Tompkins, Mysteries of the Mexican
Pyramids…, 1976; – The magic of Obelisks…, 1981.
250
Abb. 37
Ausschnitt des Steinreliefs der altägyptischen Tempelanlage Deir-el-Bahari (arab. nördliches Kloster); 18.
Dynastie, 1473-1458 v. Chr.; 49.3 cm, Kairo Nationalmuseum.
Ian Shaw; Paul Nicholson (Hrsg.), Punt. In: Reclams Lexikon des alten Ägypten…, 1998: 238.
Abb. 38
Die Königin von Punt als „Hottentottin“.
Hamitiker brachten diese weibliche Puntiterin wegen ihres Fettsteißes vielfach mit den rezenten
Hottentotten in Verbindung.
Punt. In: Enciclopedia Universal Ilustrada Europeo-Americana…, 1929 XXXXVIII: 564.
251
Frobenius, Dominik Josef Wölfel, Hans Biedermann687 oder der eben genannte Herbert
Wendt.
Um
den
Bedeutungsgehalt
des
Hamitenschrifttums
in
einem
größeren
wissenschaftsgeschichtlichen Kontext zu erfassen, werden einige Fallbeispiele im Detail
behandelt. Der Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht gestellt.
1. Das ägyptische Punt
Wo das Land Punt gelegen haben mag, ist immer noch Gegenstand der wissenschaftlichen
Diskussion – die meisten lokalisieren es heute in Nordost-Afrika im Raum Eriträa und
Somali -, dass die Ägypter jedoch mit den dortigen Bewohnern Handelsbeziehungen
unterhielten, ist spätestens ab der fünften Dynastie, 2494-2345 v. Chr., unbestritten belegt.
Besonders beeindruckend berichten davon Steinreliefs der altägyptischen Tempelanlage Deir
el-Bahari (arab. nördliches Kloster), gelegen in einem Talkessel westlich von Theben.
Gewaltige Friese an den Wänden der Pfeilerhalle, auch „Punthalle” genannt, zeugen von
großen Mengen an Weihrauch, Harzen, Edelhölzern, Elfenbein und Gold, Handelswaren,
wie sie während der Regentzeit der Königin Hatschepsut [1490-1469 v. Chr., 18. Dynastie]
durch aufwendige Schiffsexpeditionen von Punt ins untere Niltal befördert wurden. Das
Interessante für die Hamitenthematik: bis in die Mitte des 19. Jahrhundert waren diese
ägyptischen Handelsfahrten unbekannt.
1837 erwähnte der Ägyptologe John Gardner Wilkinson erstmals Punt, ohne es jedoch
geografisch zu lokalisieren.688 Bald erwies sich, dass in ägyptischen Inschriften das Land
Punt sehr häufig genannt wird. Für die Hamitentheoretiker wäre Punt wohl niemals wichtig
geworden, wenn sich nicht auch nach Freilegung der Anlage, bildliche Darstellungen der
„Puntiter” gezeigt hätten. Jenes „unbekannte Volk” mit den Hamiten in Verbindung zu
bringen,
bot
sich
an.
Diese
Thematik
beschäftigte
nun
zunächst
ganze
Ägyptologengenerationen, später auch Ethnologen. Noch bevor die Punthalle von Deir-elBahari ausgegraben war, legte der preußische Ägyptologe Heinrich Brugsch [1827-1894]
1857 Punt zunächst auf Arabien fest.689 Viele Ägyptologen, darunter auch C. Richard
Lepsius, folgten dieser Auslegung und waren gewillt, die Lokalisierung Punts in Südarabien
687
Hans Biedermann, Wölfels Begriff „Westkultur“ in der Archäologie Weißafrikas und des
Mittelmeerraumes…, 1974; Karl A. Frank, Atlantis war anders…, 1978.
688
689
Punt ist wissenschaftsgeschichtlich am vollständigsten aufgearbeitet in Rolf Herzog, Punt..., 1968.
Heinrich Brugsch, Geographische Inschriften, Band 2: Die Geographie der Nachbarländer
Ägyptens…, 1858: 14-16.
252
zu suchen. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts vertiefte sich aber auch die Kenntnis des
Osthorns Afrikas bzw. Innerafrikas durch Forschungsreisen. Infolge des Berichts von Georg
Schweinfurth „Im Herzen Afrikas” (1874), das die Welt an das Pygmäenproblem wieder
erinnerte, wurde auch die Blickrichtung der Puntfrage zunehmend auf Afrika gelenkt. Der
französische Ägyptologe Auguste Mariette [1821-1881], der mit Schweinfurth [1836-1935]
in Kairo in Kontakt stand, lokalisierte Punt auf die ostafrikanische Küste, dem heutigen
Somali. Entscheidend für sein Urteil waren anthropologische Überlegungen, die er an einem
Fries vom oben erwähnten Deir-el-Bahari anstellte. Auf den bereits genannten Reliefblöcken
aus dem Tempel der Hatschepsut in Deir-el-Bahari ist Parehu, König von Punt, dargestellt,
der vor seiner korpulenten Gemahlin Ati, geht. Ihnen folgen Männer mit Geschenken für
Hatschepsuts Expedition.690 Während der König von Punt sich von Ägyptern hauptsächlich
durch seinen Bart und seine ungewöhnliche Tracht unterscheidet, hinterließ seine Gemahlin
einen tieferen Eindruck. Mariette vermeinte darauf nämlich zwei verschiedene Rassentypen
zu erkennen: eine negride und eine ägyptische. Er führte die Fettleibigkeit der Frau des
Puntherrschers auf die in Afrika weitverbreitete Steatopygie zurück, deren Missbildung
einige Gelehrte mit der Decrumschen Krankheit in Verbindung bringen. Da Fettsteiß als
medizinisches Phänomen bei den Hottentotten sehr häufig auftritt, war bald die Meinung
geboren, dass die Puntherrscherin Ati eine „Hottentottin” gewesen wäre. Damit kamen die
Hamiten ins Spiel – zunächst jedoch über den Umweg der Phönizier.
Es war der österreichische Ägyptologe Jakob Krall, ein Schüler von Leo Reinisch, der die
Puntfrage explizit erstmals mit den Hamiten verband. „Die Bewohner des Landes Punt sind
Hamiten.” Das stand für ihn 1890 in einem Vortrag an der Akademie der Wissenschaften in
Wien fest, dabei merkte er an: „Daneben finden wir auch Neger vor und lernen
Handelsbeziehungen zu den Amu, doch wohl Araber der gegenüberliegenden Küste,
kennen.”691 Krolls Behauptung sollte das Interesse der Hamiten-Forscher auf die phönizische
Handelskultur lenken.
Diesem Gedanken ging jedenfalls der österreichische Arabienreisende Eduard Glaser
nach, der, entgegen seiner ägyptologischen Kollegenschaft, das legendäre Goldland
wiederum auf Südarabien zurückverlegte. Glaser stellte die These auf, dass die Hebräer das
Wort „Ham” aus fremden Quellen geschöpft hätten und im Namen der Ägypter „’Amu”
wiederzufinden wäre, sodass also die „Hamiten eigentlich ‘Amiten sind, also ‘Amverehrer
690
Dieser Kalkstein, Teil eines großen Blocks, besitzt ein Ausmaß von 49.3 cm, liegt heute im
Nationalmuseum in Kairo auf und wird auf die 18. Dynastie 1473-1458 v. Chr. datiert; vgl. Ian Shaw;
Paul Nicholson (Hrsg.), Reclams Lexikon des alten Ägypten…, 1998: 238.
691
Jakob Krall, Das Land Punt…, 1890: 75-77.
253
und verwandte Stämme.”692 Kus, Misraim, Put und Kanaan wären danach Abkömmlinge der
alten ‘Amiten oder Poener.693 Dabei dachte er „Put” in Anlehnung der Wortähnlichkeit der
„Punier” mit „Punt” als eine phönizische Kolonie, die sich bis in das südostliche
Maschonaland erstreckte. „Ich möchte hier betonen”, kommt Glaser endlich zum Schluss,
„dass in der biblischen Völkertafel dem Puenvolke am besten noch die Hamiten
entsprechen.”694 Aus der Perspektive Glasers erscheinen die Hamiten „semitisiert”. Der
jüdische Zweig der Semiten wird darum weitaus älter gemacht als dessen arabischer. Freilich
stand dahinter ein politisch-nationaler Gedanke. Im Zuge der europäisch-nationalen PanBewegungen gedachten zionistische Denker einen Nationalstaat für Juden zu errichten. Zur
Option standen dahingehend Territorien in Palästina, Uganda und eben das Gebiet der
arabischen Halbinsel des heutigen Jemen. Dazu wurde der damals bereits renommierte
Arabienreisende Eduard Glaser beauftragt, Südarabien zu kartografieren. Glasers Lesart der
Bibel ist also so zu verstehen, als dass er einen jüdischen Territorialanspruch historisch zu
legitimieren versuchte. Eduard Glaser, der auf mehreren Erkundungsreisen den Jemen
erforschte, hatte 1897 Theodor Herzl vorgeschlagen, das südliche Arabien als Territorium
für den jüdischen Staat zu wählen.695 Jedoch ohne Glück, wie sich herausstellen sollte.
Theodor Herzl [1860-1904], der in seiner Schrift „Der Judenstaat” (1896) für eine
Ansiedelung der Juden in Palästina plädierte, fürchtete um die Balance der europäischen
Achsenmächte und lehnte die Bemühungen Glasers mit der Bemerkung “disastreux” ab und
unterrichtete Max Nordau [1849-1923], seinem Freund und Mitbegründer des politischen
Zionismus in Paris: „Von Dr. Glaser halte ich nicht viel”696, mit dem Zusatz, dass dieser über
das „Geschreibsel eines Glasers”697 hinweg gehen solle. „Dieser Herr”, hob Herzl 1898
unmissverständlich hervor, „hat mich für seine arabischen Pläne vergeblich zu gewinnen
versucht.”698
1898 vollendete Lord Kitchener dasjenige, woran Charles Gordon 15 Jahre zuvor
gescheitert war: an der Niederschlagung des schiitischen Mahdireiches im angloägyptischen
692
Eduard Glaser, Punt und die südarabischen Reiche… Mitteilungen der Vorderasiatischen
Gesellschaft 4, 2, 1899: 71.
693
Eduard Glaser, Punt und die südarabischen Reiche… Mitteilungen der Vorderasiatischen
Gesellschaft 4, 2, 1899: 71.
694
Eduard Glaser, Jehowah-Jovis und die drei Söhne Noah’s…, 1901.
695
Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher…, 1990 IV: 691.
696
Theodor Herzl an Max Nordau, In: Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher…, 1990 IV: 400.
697
Theodor Herzl an Max Nordau, In: Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher…, 1990 IV: 410.
698
Theodor Herzl an Max Nordau, In: Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher…, 1990 IV: 405.
254
Sudan. Damit konnten die Briten ihren Einflussbereich entscheidend gegenüber Frankreich
nach dem Süden und Osten Afrikas ausdehnen (Faschoda-Krise) – bekannt geworden durch
das von Cecil Rhodes geprägte Schlagwort: die „Kap-Kairo-Achse”. Ab 1899 regierte
Großbritannien gemeinsam mit Ägypten als Kondominium über den Sudan. Im Zuge dessen
intensivierte sich auch die Erforschung der ägyptischen Altertümer.
Anfang der 1920er Jahre wurde die Punt-Arabienthese Glasers von britischen
Ägyptologen wieder aufgegriffen, bedingt durch die Sensationsfunde von Howard Carter.
1925 wurde der aus der Schweiz stammende Ägyptologe Edouard Naville [1844-1926] von
der Philosophischen Gesellschaft Londons eingeladen, einen Vortrag über Punt zu halten.
Anhand der Porträts in Deir-el-Bahari stellte er folgende Behauptung auf: “The Puntite is a
tall, well-shaped man, of a type which certainly belongs to the Caucasian race; […] the type
is very like that of Egyptians; [...] their original home was Arabia.”699 Die Punier als
Hamiten gehörten nun zum kaukasischen Rassenkreis. “I believe with Dr. Glaser“, heißt es
nun bei Naville, ”that Punt, this ethnic group, is called in the list Cush, which is a name of
the same kind, and must not be considered as the African Ethiopia. Cush certainly meant a
part of Asia. The Cushites are not black negroes, they are found in Arabia and
Mesopotamia.”700 Also auch hier ist eine „Weißwaschung” ehemals als negroid betrachteter
Völker festzustellen. Im Zentrum stand grundsätzlich die Frage des vorsemitischen Rassenoder Kulturanteils. Sie resultierte aus dem Umstand, dass einige ägyptische Schriftquellen
über Punt als vorkuschitisch eingeschätzt wurden. Da die Hamiten der Bibel generell als
vorsemitisch gedacht wurden, kam es auch bald zu einer Gleichsetzung. Die Punis wären
eine phönizische und damit vorsemitische Bevölkerung, die sich über ganz Arabien und an
der Küste Ostafrikas ausgebreitet hätte. Im Anschluss des Vortrages einigte sich das
Auditorium der philosophischen Gesellschaft Londons darauf, dass die Hamiten in die Reihe
der „imperialen Hochkulturen mit Kolonialbesitz” aufzunehmen wäre. “They [the Hamites]
were also among the first civilised nations and that they imported their civilisation into some
of the lands which they occupied or where they made colonies.”701 Deutlich ist auch die seit
de Gobineau und Friedrich Müller althergebrachte antibiblische Konnotation herauszulesen,
wenn es heißt: “It was interesting, as the lecturer had pointed out, that the descendants of
699
Edouard Naville, The Land of Punt and the Hamites. Journal of Transactions of the Victoria
Institute or Philosophical Society of Great Britain 57, 1925: 193.
700
Edouard Naville, The Land of Punt and the Hamites. Journal of Transactions of the Victoria
Institute or Philosophical Society of Great Britain 57, 1925: 196.
701
Edouard Naville, The Land of Punt and the Hamites. Journal of Transactions of the Victoria
Institute or Philosophical Society of Great Britain 57, 1925: 196.
255
Ham occupy a larger space in Gen. X than the descendants of other two sons of Noah, which
showed they were the most profilic, as indeed was the negro or black race of to-day as
compared with the white. It seemed now clear from recent archaeological investigations that
it was the first to exercise sovereign power, as the Genesis record indicated, which disproved
the Higher Critics’ theory that Genesis was put together during the Babylonian exile.”702
Den größten Kritiker fand Naville in Richard Hennig, einem Privatgelehrten in
Düsseldorf. Richard Hennig war der Autor des 4bändigen Monumentalwerks “Terrae
incognitae” (1936-39). Hennig lehnte es strikt ab, Punt als die Urheimat der Phönizier zu
sehen. „Das eigentliche Hauptland Punt kann jedenfalls nur auf afrikanischem Boden
gelegen haben”, wie Hennig scharf einwendete. Dabei kehrte dieser jedoch lediglich das
anthropologische Argument Mariettes wieder hervor. „Hierfür gibt es einen ganz
eigenartigen, aber durchschlagenden Beweis. Auf den Skulpturen im Tempel von Deir-elBahari ist nämlich die Frau des Herrschers von Punt mit einem typischen Fettsteiß
(Hottentottensteiß) dargestellt, der allzeit nur bei afrikanischen Völkerschaften vorkam, auch
im Somalilande. Diese Skulptur erbringt den einwandfreien Beweis, dass das von der Flotte
der Königin Hatschepsut aufgesuchte Land Punt in Ostafrika gesucht werden muss.”703
Damit wären wir wieder beim anfangs gewählten Zitat von Herbert Wendt angelangt. Das
Paradoxon, das hier vorliegt, ist jenes: eine hypothetische „weiße Rasse” gilt als etwas
ursprünglich Afrikanisches, als etwas, das die Grundlage des Hamiten-Mythos bildet.
Freilich gilt es hier anzumerken, dass heute die Reliefszene von Deir-el-Bahari nicht
mehr rassisch, sondern eher humoristisch gedeutet wird. Die übergewichtige Ati wird
nämlich auch noch von einem kleinen Esel gefolgt, dem ein erläuternder Text beigefügt ist:
„Der Esel, der die Königin tragen musste.” Das Reiten auf Eseln war zu dieser Zeit in
Ägypten noch unüblich. Von diesen Reliefszenen sind Kopien erhalten, wodurch der
humoristische Unterton, der diesen bildlichen Darstellungen beigelegt wurde, hervorgehoben
ist.704
702
Edouard Naville, The Land of Punt and the Hamites. Journal of Transactions of the Victoria
Institute or Philosophical Society of Great Britain 57, 1925: 190-208.
703
Richard Hennig, Terrae incognitae…, 21944 I: 8.
704
Zitiert nach Ian Shaw; Paul Nicholson (Hrsg.), Humor. In: Reclams Lexikon des alten Ägypten…,
1998: 124.
256
2. Das biblische Ophir
Das zweite wichtige legendäre Land in Bezug auf die Hamiten ist Ophir. In der biblischen
Völkertafel ist Ofir der Sohn Joktans und Hawilas, beides Enkel Sems. Derzufolge
erscheinen
ethnischen
Gesichtspunkten
gemäß
die
Handelspartner
der
Schifffahrtsexpeditionen Salomos gleichfalls semitischen Ursprungs.705 Das biblische Ophir
gilt aber auch als das Ursprungsland der Königin Saba. Von dort kam sie mit ihren
Begleitern, um König Salomon mit Geschenken zu beeindrucken. Es war vor allem der hohe
Reichtum, der die Nachwelt beschäftigte, dieses legendäre Goldland auch wirklich zu
suchen. Aus Richard Hennigs “Terrae incognitae”, das eine Auswahl der wichtigsten OphirLokalisierungen beinhaltet, geht hervor, dass man Ophir bereits im Mittelalter nicht nur nach
Arabien, sondern auch nach Indien, nach Ceylon, ja sogar in die Südsee verlegte. Die
spektakulärste Fahrt unternahm wohl der spanische Seefahrer Alvaro de Mendaña de Neira,
als er 1567 von Peru aus die Ophir-Suche in Angriff nahm. Als er eine Inselgruppe im
pazifischen Ozean erreichte, hielt er diese für das Land Ophir von König Salomon und gab
ihr entsprechend den Namen „die Salomonen”. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der „Vater
der
Anthropogeografie”,
Carl
Ritter,
den
folgenschweren
Aufruf
getätigt,
die
wissenschaftliche Suche nach dem biblischen Ophir aufzugeben.706 Damit leistete er jedoch
nur diversen Abenteurern Vorschub, sich mit dieser Frage pseudowissenschaftlich
auseinanderzusetzen. Als 1867 der deutsche Forschungsreisende Carl Mauch und Adam
Renders, ein alter Jäger, der seit langem im Süden Afrikas lebte, die Ruinen von Simbabwe
wieder entdeckten, glaubten sie, den Palast der Königin von Saba gefunden zu haben. Da es
sich um Steinanlagen und nicht um Holz- und Lehmbauten handelte, wurde die Idee einer
autochthonen Errichtung nicht einmal in Erwähnung gezogen. Dieser Fundort hat die
biblische Ophir-Legende neu belebt, vor allem deshalb, weil es sich um den damals einzigen
bekannten lithischen Bau Afrikas südlich des Äquators handelte. Die von Ritter verworfenen
biblischen Erzählungen drängten sich förmlich auf. Als Leitquellen für die historische
Einordnung Simbabwes wurden Berichte portugiesischer Entdeckungsfahrten herangezogen.
Die Ruinen von Simbabwe waren den Portugiesen nämlich bereits bekannt. 1552 beschrieb
der portugiesische Historiker Joao de Barros in seinem Buch “De Asia” eine steinerne
705
Die biblischen Ofir-Zitate finden sich unter 1. Mose 10.29; 1. Chr. 1.23; 1. Kön. 9.28; 10, 11; 22,
49; 1. Chr. 29.4; 2. Chr. 8.18; 9, 10; Hiob 22.24; 28, 16; Ps 45.10; Jes. 13.12; vgl. auch Albert
Herrmann, Ophir. In: Paulys Realencyclopädie…, 1939: 647-649.
706
Carl Ritter, Die Erdkunde im Verhältnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen…, 1848: I,
538; XIV, 343.
257
Festung Sofalas als „im Zentrum des Goldlandes“. Dabei berichtet er auch von einer nicht zu
entziffernden Inschrift über einem Tor der Festungsanlage. Die ohne Mörtel errichteten
Gebäude würden von den Einheimischen Symbão genannt, ein Name, der an das heutige
Simbabwe erinnert. De Barros schätzte die Gebäude nicht nur „sehr alt” ein – weder Araber
noch Afrikaner waren imstande, die Inschrift zu lesen –, sondern auch nicht-afrikanischen
Ursprungs. 1891 kam J. Theodore Bent nach genauen Untersuchungen der Stätte zu dem
Schluss, dass der konische Turm Zentrum eines Phalluskultes und die ganze Anlage ein
astronomisches Observatorium gewesen sei.707 Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts
erforschte der englische Rechtsanwalt und Journalist Richard Hall die Ruinen. Aufgrund der
Ähnlichkeiten, die er zwischen der Anlage, den er Elliptischen Tempel nannte, und dem
Tempel des Haram von Bilkis in Südarabien fand, favorisierte Hall die Königin-von-SabaTheorie [Abb. 39].708
Seit Mauchs Entdeckung der Ruinen von Simbabwe lässt sich also ein mythisches
Urzeitraunen feststellen, das sich um die Deutung der Ruinen rankt. Bald nahmen fiktive
Völker, die Simbabwe errichtet hätten, Einzug in die belletristische Welt. Am
anschaulichsten lässt sich dies anhand des kolonialen Bestsellerromans Henry Rider
Haggards [1856-1925] “King Salomon Mines” (1885) darlegen. Zunächst als bloßes Plagiat
von Stevensons “Treasure Island” (1883) gedacht, traf Haggard genau die koloniale
Aufbruchsstimmung seiner Zeit – den “Scramble for Africa” – den kolonialen Wettlauf um
Afrika der europäischen Mächte. Die abenteuerliche Expedition des Elefantenjägers Allan
Quatermain mit Sir Henry Curtis und Captain Good zu den sagenumwobenen
Diamantenminen König Salomons inmitten des spartanischen Militärstaates der Kukuanas
hat so überzeugend gewirkt, dass sich zahlreiche Abenteurer sogleich auf Schatzsuche
begaben. Bei ihm werden das ägyptische Punt und das biblische Ophir durch das fiktive
Kukuanaland ersetzt, welches in „die große Straße von Salomon” direkt münde. Und an die
Stelle der ägyptischen oder phönizischen Hamiten tritt das despotische Volk der “Kukuana”,
ohne dabei zu vergessen, diese mit rezenten „militärischen” ethnischen Gruppen wie Zulu,
Massai und – durchaus bemerkenswert – Deutschen zu vergleichen. „Und vom wem
stammen die Schriften an den Wänden an den Höhlen, durch die wir auf dieser Straße
gekommen sind?” – um hier die prägnanteste Passage wiederzugeben – „fragte ich, die
707
Theodore J. Bent, The ruined cities of Mashonaland being a record of excavation and exploration
in 1891…, 31895 [1892].
708
Henrika Kuklick, Contested Monuments. The Politics of Archaeology in Southern Africa. In:
George W. Stocking, Jr. (Hrsg.), Colonial Situations…, 1991: 135-169; Pöch versuchte diese
wissenschaftliche Mythe mit der Hamitentheorie zu widerlegen; vgl. Kapitel II, 2.
258
Abb. 39
The Riddle of Rhodesia?
Kolonialistische Zivilisations-Propaganda, die die afrikanischen Autochthonen lediglich als Erben der als
europäisch erachteten altägyptischen Hochkultur erscheinen lässt.
Henrika Kuklick, Contested Monuments. The Politics of Archaeology in Southern Africa. In: George W.
Stocking, Jr. (Hrsg.), Colonial Situations..., 1991: 135-169.
259
Skulpturen, ägyptischen ähnlich, vor Augen, die wir gesehen haben. „Mein gnädiger Herr,
die Hände, die diese Straße bauten, schrieben diese wunderbaren Schriften. Wir wissen
nicht, wer sie schrieb.“ „Wann kam das Volk der Kukuana in dieses Land?“ „Mein gnädiger
Herr, der Stamm kam hier herunter wie ein Sturmwind, vor Zehntausenden Monden, aus den
großen Ländern, die dort drüben liegen“ und er zeigte nach Norden.“709 In zahlreichen
Jugendbüchern spiegelt sich diese Suche nach einer verloren gegangenen europäischen
Zivilisation in den kolonialen Ländern wider. Henry Rider Haggard, der in Indien geborene
britische Nobelpreisträger Rudyard Kipling [1856-1925] und der US-Amerikaner Edgar Rice
Borroughs [1875-1950] sind nur die prominentesten Vertreter. Die erste belletristische
Nachahmung des umfangreichen Haggard-Stoffes kam vom südafrikanischen Autor Du Toit
[1847-1911], der 1896 den ersten Roman in Afrikaans mit dem Titel „Die Koningin van
Sheba of Salomo syn oue goudfelde in Sambesia” veröffentlichte. Im deutschen Sprachraum
war es der deutsche evangelische Pfarrer und Jugendbuchschriftsteller Ernst Friedrich
Wilhelm Mader [1866-1947], der den Ophir-Stoff zu einem deutschnationalen Heldenroman
umfunktionierte. Seine 1911 herausgegebenen „Abenteuer und Kämpfe auf einer Reise in
das Sambesi-Gebiet und durch das fabelhafte Goldland Ophir” trug den Untertitel
„Erzählung für deutsche Söhne und Töchter.”710 In all diesen Abenteuerromanen steht der
Held zwischen den beiden Kulturen, nämlich zwischen der imperialen europäischen
einerseits, die in romantischer Weise nach ihren kulturellen Wurzeln sucht und der
verkümmerten Autochthonen andererseits, die im Aussterben gedacht begriffen ist. Ob Allan
Quatermain, Mougli oder Tarzan – sie alle stoßen auf die übergebliebenen Reste einer “Lost
City”.711 Sie alle sind Facetten der imperialen Gesinnung, das „koloniale Erbe” der
europäischen Zivilisation nun antreten zu können.712 Freilich konnten sich die kolonialen
709
Henry Rider Haggard, König Salomons Schatzkammer…, 1971: 133; selbst 1971 noch hat sich die
Auffassung erhalten, Simbabwe sei eine phönizische Kolonie gewesen, wie das Umschlagblatt dieser
Diogenes-Ausgabe veranschaulicht: „Noch erstaunlicher aber, dass sie in Matopos und nahe am
Tokwe-Strom, wo Rider Haggard seine Geschichte angesiedelt hatte, Gold- und Diamantenbergwerke,
Heerstraßen und Ruinen phönikischer Kolonien fanden.”
710
Klaus Doderer (Hrsg.), Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur…, 1977: 257-258; 417-418; 509-
511.
711
Lindy Stiebel, The Return of the Lost City: The Hybrid Legacy of Rider Haggard’s African
Romances. Alternation 4, 2, 1997: 221-237.
712
Zum “Lost City”-Mythos im Südlichen Afrika siehe Fay Goldie, Lost City of the Kalahari. The
Farini story…, 1963; ferner Martin Hall, The legend of the Lost City: or the man with golden balls…,
1993; - Great Zimbabwe and the Lost City… In: Peter Ucko (Hrsg.), Theory in archaeology…, 1995:
28-45.
260
Mächte mit dem bekannten Schlagwort Rudyard Kiplings – “The white mens burden” – auch
auf die Seite der Autochthonen stellen und so die „zivilisatorische Mission” Europas
plausibel erscheinen zu lassen.713
Ein in der Wissenschaftsgeschichte häufig zu beobachtender Vorgang ist das Bestreben,
dass zahlreiche in Rede stehende Fragen vereinfacht und auf einen gemeinsamen Nenner
gebracht werden – nur, um dem Erfolg der wissenschaftlichen Erklärung Rechenschaft zu
geben. Dabei werden oft mythische Erzählungen mit historischen Fakten aufs
Unwiederbringliche miteinander verquickt und auf eine neue Realitätsebene gehoben. Genau
das passierte mit dem Ophir-Phänomen. Der bereits genannte preußische Ägyptologe
Heinrich Karl Brugsch, der 1881 vom Khediven in Kairo zum Pascha ernannt wurde, sprach
als erster die Vermutung aus, dass das biblische Ophir mit dem ägyptischen Punt
gleichzusetzen wäre. Eine faszinierende These, da beide legendäre Goldländer waren und bis
dato noch nicht zufriedenstellend lokalisiert worden waren. Damit öffnete die Ägyptologie
ein Tor für zahlreiche Spekulationen. Verstärkt wurde die Sichtweise von Brugsch als 1888
Armana ein Tontafelarchiv mit einer Korrespondenz in babylonischer Keilschrift gefunden
wurde. Sie ergaben aus ägyptischer Sicht erstmals historische Aufschlüsse der Bibel. Vom
historisch-kritischen Standpunkt war der Vergleich mit Punt und Ophir jedoch grundsätzlich
verwerflich, da Salomon und Hatschepsut beinahe ein halbes Jahrtausend voneinander
trennt. Für Geschichtsabenteurer bildete dieser Umstand freilich kein Hindernis. Der
eigentlich als Historiker ausgebildete Carl Peters [1856-1918] war von der Ophir-Punt-These
derart begeistert, dass er dazu eigene Nachforschungen vor Ort anstellte. Peters trachtete die
„phantasievollen Träumereien eines Rider Haggards” wissenschaftlich zu untermauern.714
„Ich beabsichtige im Folgenden zu beweisen”, wie Peters gleich zu Beginn in einem seiner
zahlreichen Ophir-Abhandlungen klarstellt, „dass hier nicht nur das Ophir der
Salomonischen Zeit zu suchen ist, sondern dass das Sambesi-Gebiet wahrscheinlich auch das
Ziel der großen ägyptischen Puntfahrt unter der Königin Hatschepsut um die Mitte des
zweiten Jahrtausend vor Christo war. Das Beweismaterial für meine Schlussfolgerungen
haben mir zum Theil meine eigenen Expeditionen geliefert”.715 Öffentliches Aufsehen
erregte Peters mit dem Fund einer ägyptischen Skulptur auf den Ruinenfeldern Simbabwes.
Dass es sich dabei um eine reine Fälschung handelte, tat Peters Medienerfolg keinen
713
Dorothy Hammond, Alta Jablow, The Africa that never was…, 1970: 118-119.
714
Carl Peters, Das goldene Ophir Salomo’s …, 1895: VI; - Ophir and Punt in South Africa. Journal
of the African Society 2, 1902: 174-184.
715
Carl Peters, Im Goldland des Altertums…, 1902: Vorrede.
261
Abbruch.716 Genauso wenig nahm das meiste Leserpublikum Anstoß an Peters berüchtigter
brutaler Umgangsform mit den Einheimischen. Seine zahlreichen Bücher über Ophir fanden
reißenden Absatz, die übersetzten Ausgaben ebenso.717 Die „Ophir Frage“ hätte nach Peters
Auffassung den kolonial-wirtschaftlichen Bestrebungen Europas entsprechend rein
praktisches Interesse. Darum gelte es herauszufinden, wo die Goldquellen der Vorzeit
flossen, bzw. den „Boden eines uralten Kulturkreises“ zu rekonstruieren, dessen
„Entstehungszeit bis hoch ins zweite Jahrtausend vor Christi Geburt zurückreicht”.718
Bezeichnend ist, dass er sich in abgewandelter Form an die Methode der kulturhistorischen
Ethnologenschule anlehnt. „Dieser alte Kulturkreis, in welchen wir hineintreten”, wie Peters
nun sein kulturhistorisches Ergebnis der Öffentlichkeit vorlegt, „war der punische; die
Länder zwischen Zambesi und Lundi gehörten der südarabisch-phönikischen Welt an,
welche vor Jahrtausenden von Malakka bis zu den Orkney-, vor der Ostsee bis zu den
Kanarischen Inseln reichte, welche den Indischen- wie den Atlantischen Ozean, das Rot- wie
das Mittelmeer zu gleicher Zeit umspannte.”719 Peters machte es sich jedoch sehr einfach:
anstelle schlüssige Beziehungskriterien aufzustellen, zog er das wage etymologische
Argument heran. Dementsprechend setzte er das biblische Ophir prompt mit dem Kontinent
Afrika gleich. „Kann es zu sehr gewagt erscheinen, wenn wir alle diese Tatsachen aus einem
Punkt zusammenfassend erklären?”, heißt es in seinem Debütbestseller „Das goldene Ophir
Salomo’s” (1895), „Ophir oder Afrika ist das Südland Puni oder Phöniker sind die Südleute
[…]. Wenn das ägyptische Punt oder Phoun auf Nordost-Afrika zu beziehen ist, so dürfen
wir an den Stamm der Afer oder Afar denken, die heutigen Danakil, gegenüber Bab-elMandeb, welche nach ihren eigenen Überlieferungen aus Arabien herübergekommen sind
und eine Abteilung der Somali-Stämme bilden. Afar wäre der arabische Name für das
ägyptische Phoun.”720 Peters brachte die populärwissenschaftliche Meinung auf, dass es sich
bei der Königin von Punt aufgrund ihres korpulenten Aussehens, um eine Hottentottin
handle: „Für uns, welche wir die alte Inschrift von Deir-el-Bahari auslegen wollen, kommen
besonders zwei Merkmale bei den Hottentotten in Betracht. Das erstere ist die Fettsteißigkeit
716
Vgl. dazu Heinrich Schäfer, Die angebliche Figur aus Rhodesia. ZfE 6, 1906: 896-904.
717
Carl Peters, Das goldene Ophir Salomo’s. Eine Studie zur Geschichte der Phönikischen..., 1895:
42-43; in London als “King Salomo’s Golden Ophir“ übersetzt; Carl Peters, Im Goldland des
Altertums. Forschungen zwischen Sambesi und Sabi..., 1902; wurde in London posthum als “The
Eldorado of the Ancients“ übersetzt; Carl Peters, Ophir. Nach den neuesten Forschungen..., 1908.
718
Carl Peters, Im Goldland des Altertums…, 1902: Vorwort.
719
Carl Peters, Im Goldland des Altertums…, 1902: Vorwort.
720
Carl Peters, Das goldene Ophir Salomo’s …, 1895: 42-43.
262
ihrer Weiber, welche wir als höchst bemerkenswert auf der ägyptischen Punt-Darstellung
fanden. Sie entsteht dadurch, dass die Fettpolster des Gesäßes stark hervorspringen. Das
zweite Merkmal ist die bienenkorbartige Form ihrer Häuser, welche ebenfalls auf der
Darstellung von Deir-el-Bahari als typisch in die Augen springt.”721
Die These von einer angeblichen phönizischen Einwanderung ins südliche Afrika wurde
zwar von Roger Summers722 und Peter Garlake723 längst widerlegt, sie taucht jedoch in
populärwissenschaftlichen Kreisen periodisch auf. Vor allem von den weißen Siedlern aber
auch von einigen südafrikanischen Wissenschaftlern wird diese aus dem kolonialen Geist
entsprungene Besiedelungs-Legende wiederbelebt. Beliebt ist auch die Sichtweise,
Simbabwe mit den zehn verlorenen Stämmen Israels in Verbindung zu bringen.724 Bei allen
wird die Tatsache ignoriert, dass die Steinruinen von Simbabwe keineswegs so alt sind, wie
insgeheim angenommen wird: sie reichen „lediglich” bis ins zwölfte nachchristliche
Jahrhundert zurück. Ein mit den Simbabwe-Ruinen vergleichbarer Fundplatz ist das am
Limpopo gelegene Mapungubwe, eine in das neunte Jahrhundert zurückreichende BantuSiedlung in Südafrika. Alexander Galloway, Anatom an der Wits-University, deutete die von
1933 bis 1935 freigelegten menschlichen Skelette von vornherein „nichtnegroid”, um eine
bis in die „Vorgeschichte” zurückreichende weißrassische Besiedelungskontinuität
Südafrikas plausibel erscheinen zu lassen. 725
Auch die Unabhängigkeit Simbabwes 1980 trug ihr Übriges dazu bei, derartige
Besiedelungslegenden aufs Neue zu verklären, aber nun im umgekehrten Sinn. Da die
Ruinen heute ein staatstragendes Symbol darstellen, sind vor allem Shona-Historiker darin
bestrebt,
die
Bauten
weit
zurückzudatieren
bzw.
die
damalige
vorkoloniale
721
Carl Peters, Im Goldland des Altertums...: Kapitel „Das Ziel der Puntfahrten…”, 1902: 292.
722
Roger Summers, Ancient Ruins and vanished civilisations of southern Africa…, 1971.
723
Peter S. Garlake, Prehistory and ideology in Zimbabwe. Africa 52, 3, 1982: 1-19.
724
Tudor Parfitt, Journey to the vanished city. The search for a Lost Tribe of Israel…, 1993; diese
Legende geht auf die „semitisch” eingeschätzten Lemba zurück, siehe dazu A. A. Jaques, Notes on the
Lemba Tribe of the Northern Transvaal. Anthropos. 26, 1931: 245; M. M. Motenda-Mbelengwa, The
Lemba Tribe. Bantu 1958: 61-65; eine gute Zusammenstellung der “Lost Tribes”-Mythen bietet Allen
H. Godbey, The lost tribes a myth…, 1930 [1974].
725
Siehe dazu Alexander Galloway, The skeletal remains of Mapungubwe. In: Leo Fouché (Ed.),
Mapungubwe…, 1937: 127-174. - The skeletal remains of Bambandyanalo. Edited by Phillip V.
Tobias. Forword by Raymond A. Dart…, 1959; zur kritischen Aufarbeitung siehe Brian M. Fagan,
The Greefswald Sequence: Bambandyanalo and Mapunbugwe. In: Roland A. Oliver; John D. Fage,
Papers in African Prehistory…, 1970: 173-199; ferner Archaeology in Africa: Its Influence. In: Joseph
O. Vogel (Ed.), Encyclopedia of Precolonial Africa…, 1997: 51-54.
263
Gesellschaftsordnung zu idealisieren. Bemerkenswert ist bei dieser Rückbesinnung, dass der
Hamiten-Mythos sich als historisches Theoriengebäude in freilich abgewandelter Form zu
eignen scheint. A. Chigwederes leitete in seinem „Birth of Bantu Africa” (1982) die „BantuNeger” aus ehemals weißrassisch geltenden Völkern ab: “After the mingling of the Hamites,
Bushmen and Hottentots […] a Negro people was born”.726 Nach 140 Seiten schließt er mit
dem bezeichnenden Satz: “Bantu Africa is a child of Kush, in turn, Kush is a child of Egypt.
Therefore, whether we like it or not, we are distant Egyptians.”727
3. Die „Weiße Dame”
Als das berühmteste Beispiel für den Beleg einer frühen Besiedelung Südafrikas durch weiße
Menschen gilt wohl das Felsbild mit einer Frauenfigur, das mit der hochstilisierten
Bezeichnung „White Lady“ in den einschlägigen wissenschaftlichen Kreisen Furore gemacht
hatte. Rein durch Zufall entdeckte der deutsche Schutztruppler Reinhardt Maack am 4.
Jänner 1918 anlässlich der Erstbesteigung des Brandbergs im heutigen Namibia eine kleine
Felsengrotte mit Felsmalereidarstellungen. Auf einem Granitblock begegneten ihm
menschliche und tierische Figuren von außergewöhnlicher Schönheit. Im Mittelpunkt stand
eine 40 cm große Figur, die in vier Farben gemalt war und Pfeil und Bogen bei sich trug.
Das „fleischfarbene Gesicht” der Figur mit ihren hellfleischfarbenen Händen und
Unterkörper erinnerte Maack, wie er in seinem Tagebuch notierte, unwillkürlich an die
„ägyptische Freskomalerei”.728 Von ihrer Eleganz hingerissen, fertigte er sogleich mit
Wasserfarben eine Kopie an, die er Mrs. Hoernlé vom Ethnografischen Institut der WITSUniversity in Johannesburg überreichte. Für Maack stand fest, dass es sich um einen
mediterranen Einfluss handelte.729 Bald fand er mit seinen spektakulären Vermutungen einen
„wissenschaftlichen” Befürworter. Felix von Luschan, der mit Maack in Briefwechsel stand,
meinte 1922 nach geraumem Abwägen: „Ich war damals der Ansicht, dass wirklich wie
allgemein angenommen wurde, die Höhlenmalereien und Petroglyphen von Buschmännern
herrühren. Ich habe seither meine Meinung geändert und führe jetzt die ganze sogenannte
„Buschmannskunst” auf die großen hamitischen Wanderungen zurück, glaube also an deren
726
727
A. Chigwedere, Birth of Bantu Africa…, 1982: 12.
A. Chigwedere, Birth of Bantu Africa…, 1982: 140; ferner dazu Vusamazulu Credo Mutwa,
Indaba. Ein Medizinmann der Bantu erzählt die Geschichte seines Volkes…, 1983.
728
Reinhard Maack, Die „Weiße Dame”… In: Willy Fröhlich (Hrsg.), Beiträge…, 1966: 1-84.
729
Reinhard Maack, Die „Weiße Dame”… In: Willy Fröhlich (Hrsg.), Beiträge…, 1966: 1-84.
264
unmittelbaren Zusammenhang mit den nordafrikanischen Petroglyphen und mit den
Höhlenmalereien von Altamira und mit anderen spanischen Fundorten.”730 Doch erst zwei
Jahrzehnte später sollte dieses Feldbild Berühmtheit erlangen. Es war der französische
Prähistoriker Henry Breuil, der ihr den auffälligen Namen „Weiße Dame” [Abb. 40] gab, da
der Unterkörper des Felsbildes mit weißer Farbe dargestellt war und er sie weiblich
einschätzte.
Henry Breuil [1877-1961] war eigentlich katholischer Geistlicher, sein Interesse galt
jedoch der paläolithischen Kunst. Bereits als Jugendlicher suchte er die Malereien in den
Höhlen von Altamira im Südwesten Frankreichs auf, um vor Ort Abdrücke zu nehmen. Von
1905 bis 1910 unterrichtete er als Privatdozent das Fach Prähistorie an der Universität in
Fribourg in der Schweiz, später wurde er als Professor an das Institut de Paléontologie
Humaine in Paris gerufen. Sein bleibendes Verdienst ist sicherlich, der südafrikanischen
prähistorischen
Kunst
einen
neuen
Stellenwert
gegeben
zu
haben,
da
die
„Buschmannmalereien” als primitiv abgewertet wurden.
International bekannt wurde das Felsbild 1929 bei der ersten anglo-südafrikanischen
Wissenschaftstagung in Südafrika, auf der die südafrikanische Archäologie und Prähistorie
systematisiert wurde. Auch Henry Breuil hatte daran teilgenommen. Auf eine Einladung des
Feldmarschalls Jan Christian Smuts hin wurde Breuil 1942 die Leitung des “Archaeological
Survey” übergeben. Ein 6jähriges Forschungsprojekt wurde eingerichtet, um die
geheimnisvollen Felsmalereien des südlichen Afrika zu entschleiern. 1947 unternahm Breuil
die erste von vier Expeditionen nach Südwestafrika. Als er das Felsbild erstmals vor Augen
hatte, stellten sich ihm eine Menge Fragen: “I do not know whether she is greek, Cretan or
Egyptian; but that she is of Mediterrean race is certain.”731 “The face is very delicately
painted and has nothing native about it.”732 “None are either Bushman or Hottentot”733 ”Her
face is clearly of the best Mediterranean type with a straight nose.”734 Als Breuil das Bild
Mary Boyle vorlegte, seiner Assistentin und Sekretärin, erblickte sie in der „Weißen Dame”
griechische und ägyptische Gottheiten, Diana oder Isis, wie sie zu versichern wusste. Breuil
schätzte daraufhin das Alter auf zwischen 1612 bis 1212 v. Chr. ein, freilich um das Felsbild
als „zeitgenössisch mit Ramses II. und Moses” zu korrelieren.735 All diese Fehleinschätzun730
Reinhard Maack, Die „Weiße Dame”… In: Willy Fröhlich (Hrsg.), Beiträge…, 1966: 75.
731
Henry Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955: 3.
732
Henry Breuil, The White Lady of Brandberg. SAAB 3, 9, 1948: 7.
733
Henry Breuil, The White Lady of Brandberg…, SAAB 3, 9, 1948: 8.
734
Henry Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955: 21.
735
Henry Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955: 14.
265
Abb. 40
Das als „Weiße Dame” hochstilisierte Felsbildrelief aus dem Brandbergmassiv, Namibia (Ausschnitt).
Der französische Felsbildforscher Henry Breuil erblickte in dieser männlichen Felsbilddarstellung
eine „minoische Königin” und versuchte damit eine prähistorische weißrassische Einwanderung im
südlichen Afrika zu belegen.
Henry Abbé Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955.
266
gen waren grundsätzlich nicht neu, stellten doch bereits Frobenius und Maria Weyersberg
die Behauptung auf, dass die Felsmalereien mesopotamisch beeinflusst wären.736 Oberst
Imker Hoogenout, der von Christian Smuts eingesetzte Administrator in Südwestafrika,
meinte, als er eine Kopie von Breuil zu sehen bekam: “This is no Bushman painting: this is
Great Art.”737 Ebenso zeigte sich General Smuts begeistert: “You have upset my history. […]
when you publish these paintings, you will set the world on fire and nobody will believe
you.”738 1952 kehrte Breuil nach Frankreich zurück, und veröffentlichte seine
Forschungsergebnisse als vierbändiges Œuvre “The Rockpaintings of the Southern Africa”
(1955-1960) mit der finanziellen Unterstützung der südafrikanischen Regierung.
Es war dies die euphorische Stimmung, Reste weißer Siedlungsspuren aus antiker Zeit
wiederzuentdecken, in einer Gegend, die bis dahin noch nahezu als unerforscht galt: das
Rückzugsgebiet der Kalahari. Die kulturhistorische Betrachtung machte die Buschmänner zu
einem „Standvolk”, das sich seit Jahrtausenden nicht mehr verändert hat. Breuils
enthusiastische Vorgangsweise gemischt mit Dogmatik ließ bald den Ruf als „Papst der
Prähistorie” entstehen. Breuil zählte zweifelsohne über Jahrzehnte hinweg zu den größten
Paläontologen, er hatte großen Einfluss auf seine Freunde und Schüler. Erst in der
Gegenwart wurde es in Frankreich möglich, seine Arbeiten öffentlich zu kritisieren. Eines
war Breuil tatsächlich nicht aufgefallen. Seine vermeintliche „Dame” weist einen Penis auf,
sodass eigentlich von einem Herrn gesprochen werden muss.739 Die Frage nach den
Urhebern der Brandbergfelsbilder ist zwar immer noch Gegenstand der Forschung,
ungeachtet dessen hat die Tourismusbranche mittlerweile den Verkaufswert der “White
Lady” erkannt. „Der Mythos der „Weißen Dame” lebt, wie der renommierte Kölner
Felsbildforscher Lenssen-Erz hervorhebt, „ob als Emblem von Namibias Nationaler
Denkmalbehörde, ob auf Weinetiketten aus Südafrika oder wie hier im Eingang zu den
Kunsthandwerk-Werkstätten in Uis.”740
736
Leo Frobenius, Madsimu Dsangara…, 1931: Abb. 78-79.
737
Henry Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955; vgl. auch Imker Petrus Hoogenout, An
Abbé and an administrator visit a beautiful – but very old lady. SWA Journal 1965: 24-25.
738
Henry Breuil, The White Lady of the Brandberg…, 1955: 7.
739
Kurt Jaritz, Rätsel um die “White Lady” vom Brandberg. ZfE 90, 1965: 268-281.
740
Tilman Lenssen-Erz (Hrsg.), Brandberg. Der Bilderberg Namibias…., 2000: 117.
267
4. Die Hamiten als „atlantisches Erbe”
Jedes Jahrhundert hat zwar sein eigenes Schrifttum über Atlantis hervorgebracht741, derjenige
der die Suche nach Platons Atlantis zum Tagesgespräch und gesellschaftsfähig machte, war
der amerikanische Schriftsteller, Gelehrte und Politiker Ignatius Donnelly [1831-1901]. Mit
seinem 1882 erschienenen Bestseller „Atlantis – the antediluvian world”742, das über fünfzig
Neuauflagen erlebte, gilt er auch als der Vater der Atlantologie. Sein Buch wurde zu einer
Fibel für alle, die an eine frühere Existenz versunkener Kontinente glaubten. Donnelly ging
davon aus, dass die einstige vorsintflutliche Welt heute noch Spuren hinterlassen hätte. Dazu
zog er die äußeren Ähnlichkeiten zwischen der präkolumbischen Kultur und der
altägyptischen Zivilisation heran, die rätselhafte Wanderung der Aale, und den Ursprung des
baskischen Volkes, um nur einige Anknüpfungspunkte zu nennen. Donnelly, wie sämtliche
andere überzeugten Atlantomanen, bauten ihr Theoriengebäude auf die Diffusion von Kultur
auf, jener theoretischen Ausrichtung in der Anthropologie, die jegliche Kulturerscheinung
auf einen Ursprung zurückverfolgen will. Diese von Bastian und anderen vertretene
theoretische Position war gegen den darwinistischen Evolutionismus gerichtet. In der
Gelehrtenwelt wurde die Atlantiserzählungen der platonischen Dialoge Kritias und Timaios
meist als reine Fiktion in Abrede gestellt. Je mehr jedoch die Authentizität von Atlantis
Ablehnung fand, desto mehr waren die Befürworter davon überzeugt, “that Atlantis was the
region where man first rose from a state of barbarism to civilization.”, wie es eindrucksvoll
bei Donnelly zu Beginn gleich heißt, und weiter “that the oldest colony formed by the
Atlanteans was probably in Egypt, whose civilization was a reproduction of that of the
Atlantis island.”743 Nach Donnelly repräsentiere auch die Bibel mit ihrer Sintflut ein
Erinnerungsstück an den Untergang von Atlantis, wobei die Auflistung der Noachiden nun
als aufeinanderfolgende historische Wanderungswellen gedeutet werden. “Can we not
suppose that these three sons [Sem, Ham, Japhet] represent three great races in the order of
their precedence? We may regard this yellow race as the first and oldest wave from Atlantis,
and, therefore, reaching farthest away from the common source; then came the Hamitic race;
741
Einen guten Überblick bietet Burchard Brentjes, Atlantis. Geschichte einer Utopie…, 1993; ferner
Jennifer Westwood, Der Untergang von Atlantis. Mysterien und Monumente…, 1997.
742
Ignatius Donnelly, Atlantis: the antediluvian world…, 1882 [zahlreiche Neuauflagen in
Großbritannien z. B. 1935, 1949, 1950, 1970; in der Gegenwart besonders in den USA 1977, 1985,
1990].
743
Ignatius Donnelly, Atlantis: the antediluvian world…, 1882: 2.
268
then the Japhetic.“744 Waren die Thesen Donnellys noch einigermaßen nachvollziehbar, zwar
falsch, aber in vielerlei Hinsicht überzeugend, entrückte Helena Petrowna Blavatsky [18311891], Begründerin der Theosophischen Gesellschaft und Autorin von “Secret Doctrine”
(1882) die Atlantisfrage gänzlich in das Reich des Okkulten. Blavatsky, für viele gilt sie
heute als die Mutter der esoterischen Betrachtung der Wissenschaften, trachtete dem
materialistischen Evolutionismus Darwins und Haeckels eine spirituelle Entwicklungsleiter
der Menschheit entgegenzuhalten, um die entstandene Lücke zwischen Religion und
Wissenschaft wieder zu schließen. Ohne sie wären Atlantis und Lemurien, jener Kontinent
der im indischen Ozean versunken sein soll, nicht bekannt geworden.745
Da Platon das Großreich Atlantis, das Libyen und Kleinasien umfasst haben soll, westlich
der „Säulen des Herakles” – also der Meerenge von Gibraltar – ansiedelte, wurde Atlantis
meist im atlantischen Ozean zu lokalisieren versucht. Das Atlantisthema bildet deshalb stets
einen Anknüpfungspunkt für die Erklärung der Besiedelung Amerikas.746 Im Zuge der
Kolonialisierung Afrikas jedoch auch für Afrika. Felix Berlioux verlegte 1874 erstmals
Atlantis an die Westküste von Marokko zwischen Casablanca und Agadir, dort wo die
Ausläufer des Atlantisgebirges bis ans Meer reichen. Damit begründete er die Atlantis-inAfrika-Schule. In Verbindung von aktueller französischer Kolonialisation in Nordafrika am
Beginn des Jahrhunderts und dem jahrhundertealten Atlantismythos wird dessen koloniales
Potenzial offenkundig. Die hypothetischen Atlanten sind wie die Hamiten nur eine andere
Spielart für die Legitimation europäischer kolonialer Eroberung in Afrika, die sich auf
„antike Zivilisationen” beruft. Atlantis nahm eine wichtige Rolle in der französischen
kolonialen Literatur zwischen den beiden Weltkriegen ein.747 Der französische Schriftsteller
Pierre Benoit [1886-1962], schrieb auf die Thesen Berlioux zurückgreifend 1919 den Roman
744
Ignatius Donnelly, Atlantis: the antediluvian world…, 1882: 439.
745
Ernst Haeckel war, um die Herkunft der bekannten Affenart auf Madagaskar erkären zu können,
einer der ersten, der diese Theorie vertrat. Bei den Okkultisten nimmt Lemurien eine wichtige Stelle
ein; siehe den bekannten britischen Schriftsteller James Churchward [1852-1936], The lost continent
of Mu…, 1926; das Werk erhielt zahlreiche Neuauflagen; der nach einem indischen Landstrich
benannte Kontinent „Gondwana-Land“ erstreckt sich auf den Raum von Südamerika über Afrika bis
Australien.
746
Eine Sammlung dieser legendären Besiedelungstheorien Amerikas bietet Robert Wachope, Lost
tribes and sunken continents…, 1962.
747
János Riesz, Atlantis – Ideale Stadt oder kolonialer Mythos? In: Dietrich Harth (Hrsg.), Fiktion des
Fremden. Erkundung kultureller Grenzen in Literatur und Publizistik…, 1994: 289-302.
269
“L’Atlantide”.748 Pierre Benoit, in Albi geboren, war Sohn eines Berufsoffiziers, verlebte
jedoch Kindheit und Jugend in den nordafrikanischen Kolonien Algerien und Tunesien.
Atlantis erzählt die Abenteuer von zwei französischen Armeeoffizieren, die Atlantis im Land
der Tuareg in Südalgerien entdeckten, eine zu den Berbersprachen zählende Gruppe, bei
denen die Männer einen Schleier tragen, die Frauen hingegen nicht. In dem Roman wird das
Ahaggar-Reich von einer gebieterischen jungen Dame namens Antinéa regiert (im Anklang
an den Namen der legendären Tuareg-Herrscherin Tin Hinan, auch Ti-Hinane).749 Antinéa,
die Herrin von Atlantis, stammt in direkter Linie von Poseidon und Kleito und ist damit
letzter Sproß des 9000 Jahre alten Atlantidengeschlechts. L’Atlandide hatte einen
beachtlichen Erfolg – wie alle Romane über untergegangene Kontinente – er wurde sehr früh
(1921) und danach noch fünfmal verfilmt.750
Doch der Atlantis-Mythos ergriff nicht nur die Autoren der kolonialen Belletristik,
sondern beflügelte auch die Phantasie der Gelehrtenwelt. Zwischen 1908 und 1910
entwickelte Leo Frobenius in Deutschland eine Theorie, dass Atlantis in Nigeria, an der
westafrikanischen Küste, gelegen haben mag. Nigeria war um die Jahrhundertwende
weltweit in die Schlagzeilen gelangt, weil durch die Eroberung und Plünderung von Benin
City durch britische Truppen im Jahr 1897 zahllose beeindruckende Objekte afrikanischer
höfischer Kunst nach Europa gekommen waren. Dadurch wurde das internationale Interesse
an der Kunst Nigerias, besonders an der von Benin und der benachbarten Yoruba, geweckt.
Diese Umstände mögen auch Frobenius dazu bewogen haben, dieses Gebiet aufzusuchen,
zumal zu den Förderern seiner Unternehmung auch die Völkerkundemuseen Hamburg,
Leipzig und Berlin gehörten, die sich offenbar eine Ergänzung ihrer Sammlungen erhofften.
Frobenius startete mit seiner Expedition Ende Oktober 1910 von Lagos aus, der ehemaligen
Hauptstadt Nigerias, damals Sitz des englischen Gouverneurs, in die „heilige“ Stadt Ife zu
gelangen. Dort residierte das religiöse Oberhaupt der Yoruba, der Oni. Er wusste aber, dass
in Ife und Umgebung, vor allem in den verschiedenen Heiligtümern und Tempeln weit
748
Pierre Benoit, L’Atlandide. Paris, 1920 [erstmals ins Deutsche übertragen von G. Vogt, Berlin,
1929].
749
Auch die Schreibweise Ti-Hinane kommt vor; ihr Grab wurde 1925 im Zuge der Freilegung des
römischen Kastells Abalessa gefunden, das auf das vierte nachchristliche Jahrhundert datiert wird;
vgl. Henri Lhote, Die Felsbilder der Sahara. Entdeckung einer 8000jährigen Kultur…, 1958.
750
L. Sprague de Camp, Versunkene Kontinente. Von Atlantis, Lemuria und anderen
untergegangenen Zivilisationen…, 1975 [am. Orig. “Lost continents”, 1954]: 194-196; siehe auch
János Riesz, Atlantis – Ideale Stadt oder kolonialer Mythos… In: Dietrich Harth (Hrsg.), Fiktion des
Fremden…, 1994: 289-302.
270
bedeutendere Stücke vorhanden waren. Frobenius erwirkte die Erlaubnis, im ehemaligen
Palast des Oni zu graben. Hierbei förderte er nicht nur Terrakottaköpfe, Glasgusskeramiken
und Motivkacheln zu Tage, sondern gelangte auch in den Besitz einer bronzenen Götterfigur,
den Olokun, den er ausgehend von seiner Vorstellung, dass die Kultur der Yoruba von den
Zivilisationen des antiken Mittelmeerraumes beeinflusst war, als „Poseidon des atlantischen
Afrika" beschrieb: „Ich stellte die Hypothese auf, dass diese Fabel nicht nur Fabel sei. [...]
„Ich behauptete, dass dieses Atlantis die letzte rege Vorstellung von einem Kulturbereiche
sein müsse, dass vor der Zeit der Griechen an den Küsten Westafrikas entstanden sein
müsse. Und als das Griechentum im östlichen Mittelmeer sich entfaltete, da drängte es
Völker und Stämme auseinander, die schon lange vor dem Handel und Schifffahrt im
gesamten Mittelmeerbecken bis nach Tarsisch oder Tartessos hinaus getrieben hatten. Und
diese Zeit vor den Griechen war die Periode des Poseidon, des Meeresgottes, dessen
Sprossen ja eben die Burg Atlantis errichtet hatten.“751 So wie Frobenius den Olokunkopf als
Poseidon deutete – um diesen entbrannte sich alsbald ein heftiger Streit zwischen Frobenius,
dem Oni und der englischen Kolonialregierung – so verstand er auch die Formen der
Architektur – den Impluvialbau -, die Machart der gefundenen Terrakottaköpfe und den
Gebrauch des Griffwebstuhls als den Einfluss einer Zivilisation, die er als „Westkultur“
bezeichnete und die er im westlichen Nordafrika ansiedelte [Abb. 41]. Ein von Westen nach
Osten führender Wanderweg der Kulturgeschichte wurde von Frobenius propagiert und
damit das alte Weltbild des “ex oriente lux” in Abrede zu stellen versucht. Unter Einfluss des
Babel-Bibel-Streites und der Berliner Amerikanisten-Schule hatte Frobenius bereits 1904
seine Gedanken zum Heliozentrismus ausformuliert752, dessen Ursprung Frobenius nun nicht
wie Elliot-Smith und Seligman in Ägypten ansiedelt, sondern im „atlantischen Westafrika”.
„Die atlantische Kultur ist also ein Sproß der solaren Periode,” wie es in der atlantischen
Götterlehre heißt, „ein Sproß, der durch Westasien und das Mittelmeer herauf sich bis hier
gefunden und festgesogen hat.“753 In vorgeschichtlicher Zeit zeigen sich nach Frobenius
diese „ältesten Spuren des hamitischen Sonnendienstes” in den Felsbildern (Felsbild von
Tiut) in Nordwestafrika.754 Wie die meisten Gelehrten geht Frobenius davon aus, dass diese
Kultur in der Sahara von einer „weißen Rasse” getragen wurde, die infolge der Vermischung
751
752
Leo Frobenius, Die Atlantische Götterlehre…, 1926 X: 1.
Leo Frobenius, Das Zeitalter des Sonnengottes…, 1904; darin erteilt Frobenius der
Elementargedankenlehre eine deutliche Absage und übernimmt die „Mythenwanderungslehre” der
Berliner Amerikanistenschule (Eduard Stucken).
753
Leo Frobenius, Die Atlantische Götterlehre…, 1926: IX.
754
Leo Frobenius, Das unbekannte Afrika. Aufhellung der Schicksale eines Erdteils…, 1923: 40
271
Abb. 41
Kopf des Meergottes Olukun in Gelbguss aus Ife, Nigeria (Aus Leo Frobenius: Die atlantische
Götterlehre (1926).
Alexander Bessmertny, Das Atlantisrätsel. Geschichte und Erklärung der Atlantishypothesen…, 1932:
Tafel V.
272
durch die Jahrtausende hindurch immer mehr „negroide Züge” annahm. „Die meisten
Traditionen der Mahalbi-Kultur bezeichnen als Träger der letzteren Schicht helle,
blondhaarige und blauäugige Menschen.“755 In geschichtlicher Zeit sei diese hamitische
Restkultur noch mit den aufstrebenden östlichen Mittelmeerkulturen Griechenlands und
Roms in Konkurrenz getreten und hätte deswegen ihre Aktivitäten in den atlantischen Ozean
verlagert, wobei die Yoruba-Gruppen eine Kolonie dieser Westkultur wurden.
Frobenius glaubte fest daran, dass die Mythen aus Kleinasien zu seiner Zeit noch in
Westafrika weiterlebten. Zwischen 1921 und 1928 gab Frobenius zwölf Monumentalbände
zu Volksmärchen und Volksdichtungen Afrikas im Eugen Dieterichs Verlag zu Jena mit dem
bezeichnenden Serientitel „atlantische Götterlehre” heraus. Obwohl die Ideen von Frobenius
äußerst spekulativ waren, wurden sie doch weitergetragen. Der Schweizer Verleger Martin
Hürlimann gründete 1929 die populärwissenschaftliche Zeitschrift „Atlantis”756, die im
deutschen Sprachraum bis 1958 aufgelegt wurde. Das „n” von Atlantis symbolisierte die
Nähe und die Ferne, worin „Heimat und Fremde zu einem Bild der Sehnsucht, gleich dem
einer versunkenen Welt verschmelzen.”757 Bereits im ersten Heft wird der Leser in den
„euroafrikanischen Kulturkreis” eingeführt, indem zwei Mädchen-Fotografien einander
gegenübergestllt werden. Zu sehen ist ein afrikanisches Padaung-Mädchen mit der bekannten
metallenen Halskrause, daneben eine weibliche Säulenfigur der Korenhalle von der
Akropolis in Athen. Frobenius, der einige populärwissenschaftliche Beiträge für Atlantis
schrieb, war der Auffassung, dass Afrika in den letzten drei Jahrtausenden im Gegensatz zu
den anderen Kontinenten nicht durch „Wogen und Wellen” von den verschiedenen
Kulturstilen beeinflusst worden wäre. Afrika war seinem Wesen nach der „konservativste
aller Erdteile” und hatte nun – und das war der eigentliche Beitrag der Kulturmorphologie –
eine „Vorgeschichte”. Freilich ausschließlich europäischer Ausprägung, denn nur dort, und
nirgend anderswo könne die bereits erstarrte griechische Kultur noch lebend studiert
werden.758
755
Leo Frobenius, Ekade Ektab. Die Felsbilder Fezzans…, 1963 [1937]: 63.
756
Martin Hürlimann, Atlantis. Länder, Völker, Reisen…, Berlin, Wien, Zürich, 1929-1958. „Atlantis
ist die anregende, besonders schön illustrierte Monatszeitschrift von Kultur und Herkommen.”
757
Siehe die Umschlagseite der ersten Ausgabe von Atlantis.
758
Leo Frobenius, Südafrikanische Felsbilder. Atlantis 1, 5, 1929: 308-313.
273
Schlussbemerkung
Der erste Teil der vorliegenden geschichtswissenschaftlichen Abhandlung hatte sich zum
Ziel gesteckt, den ideengeschichtlichen Grundlagen und den soziohistorischen Bedingungen
des Hamiten-Mythos nachzuspüren. Es sind dies vordergründig zwei übergeordnete
Themenkreise, die den Zusammenhang von Ideen und ihren gesellschaftlichen Funktionen
beschreiben: Erstens der biblische Ham und die Sklaverei und zweitens die säkularisierte
Hamitik und der Kolonialismus. Aus dem ehemaligen Fluch wurde aber kein Segen, sondern
ein verklärtes Geschichtsbild über das Afrika vor der Ankunft der Europäer. Ausgelöst
wurde dieser Wandel durch die Aufklärungszeit, aber erst die verstärkte evolutive Sicht des
Darwinismus ordnete die noachiden Völker allesamt einer Menschenrasse zu und stellte
diese als „mediterrane Rasse” an die Spitze der Menschwerdung. Erst aus diesem Konstrukt
war der wissenschaftliche Hochkultur-Mythos von den Hamiten ableitbar.
Dieser ambivalente funktionelle Zusammenhang zeigt sich auch in der wissenschaftlichen
Etablierung der Hamitentheorie im zweiten Teil. Japhetiten (Indogermanen), Semiten und
Hamiten waren aus der Bibel entnommene säkularisierte Konstrukte der historischen
Sprachwissenschaft.
Die
Anthropologie
versuchte
deren
Inhalte
zwar
auf
naturwissenschaftlichen Boden zu stellen, aber erst der imperialistische Kolonialimus Ende
des 19. Jahrhunderts ermöglichte die ethnografischen Detailbeschreibungen vor Ort. Die
pseudowissenschaftlichen Rassekonstrukte der Jahrhundertwende lieferten dann den Stoff
aus dem der hamitische Herrenrassen-Mythos gesponnen werden konnte.
So wie der Pangermanismus dem alten Geschichtsbild “ex oriente lux” das deutschnordische
Geschichtsbild
„als
Ergebnis
vorgeschichtlicher
Tatsachenforschung”
entgegensetzen wollte, entstand mit den Hamiten ein vergleichbares Konstrukt für den
afrikanischen Kontinent. Sergi und von Luschan führten den Begriff der „Hamitenrasse” ein,
um die arischen Rasseideologien zu bekämpfen. Elliot Smith und Seligman schlugen mit
ihrem Panägyptologismus in dieselbe Kerbe. Dieser funktionale Zusammenhang wurde
bislang viel zu wenig berücksichtigt. Denn, wie der Arierkomplex zur Chimäre wurde, hat
sein Gegenstück in der Gestalt der Hamiten nie bestanden. Mit den Ariern sind auch die
Hamiten verschwunden.
Zu den faszinierendsten Bereichen des menschlichen Wissens gehört das Grenzland
zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten. Behauptungen zu Ort und Zeit, die nicht
historisch belegbar sind, sind auch schlecht zu widerlegen. Den Ismen kann keine
Patentlösung entgegengesetzt werden, weil dies nur einen weiteren Mythos ergeben würde.
Die Hamiten bergen für diejenigen, die die Geschichte Afrikas nicht aufregend genug finden,
274
Geheimnis und Romantik zugleich. Ob sie wie im dritten Teil dargestellt als Erben von
Atlantis auftreten oder sich in einem rätselhaften Felsbild verkörpern ist nicht so wichtig.
Am meisten fällt wohl ins Gewicht, dass dieses Thema eine Saite zum Klingen bringt, die
etwas mit Melancholie zu tun hat. Etwas Schönes und Wertvolles sei verlorengegangen, das
Afrika vor der Kolonisation durch die Europäer besessen hatte. In diesem Sinne werden uns
die Hamiten stets begleiten.
275
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Namenindex
D’Abbadie,
M.
Antoine,
französischer
Abessinienreisender 96
Asienreisender 56
Adametz, Leopold [1861-1941], Wien, Zoologe,
Haustierhistoriker 155-160, 201
[1490-ca.1550],
aus
Granada
stammender maurischer Geograf 49
Kulturkreistheoretiker 91, 149, 206, 211
[839-923],
persisch-arabische
und Heiliger 16-18, 22, 26'
Afrikareisender 182-183
John
[1764-1848],
Heinrich
englischer
[1821-1865],
deutscher
Baumann, Hermann [1902-1972], deutscher
Afrikanist und Ethnologe
159, 175, 204,
211-222, *214, *220, 224-225
[1778-1842],
deutscher
Afrikareisender
Breuil, Abbé Henri [1877-1961], französischer
Carl
Brockelmann,
[1868-1956],
Breslau,
William
Browne,
George
[1768-1813],
Bruce
von
Kinnrad,
schottischer
James
[1730-1794],
Abessinienreisender
und
Freimaurer 67, 162
Brugsch,
Heinrich
[1832-1891],
deutscher
Ägyptologe 251, 260
Baumann, Oskar [1864-1899], österreichischer
111, 135, 139, 155-165,
De Buffon, George Louis Leclerc [1707-1788],
französischer Naturforscher 56, 81
Bunsen, Christian Carl Josias [1791-1860],
*158, 170-174
Beda, der Venerable [672-735], angelsächsischer
Ägyptologe,
Beke, Charles Tilstone [1800-1874], englischer
Abessinienreisender 77-79, 84, 95, 104, 124125, 226
und
preußischer
Burton, Richard Francis [1821-1890], britischer
Reiseschriftsteller 162
Camper,
Benjamin, Ben Jonah von Tudela [12 Jhd.],
[1886-1962],
Peter
[1722-1789],
holländischer
Anatom 58, *59, 242
Carus, Carl Gustav [1789-1869], Dresden,
Reisender jüdischer Herkunft 47-48
französischer
deutscher Physiker und Landschaftsmaler
185
Schriftsteller 268-269
Hugo
Theologe
Diplomat 78-79, 105-106, 164
Kirchenhistoriker 36
österreichischer
Clemens
Brentano,
englischer Reisender 71-72
Afrikareisender und Geograf 107, 166, 183
Bernatzik,
Brauer, Erich [1895-1942], Leipzig, deutscher
deutscher Semitist 99, 118, 196
Reiseschriftsteller 102-104, *103
Pierre
Anthropologe,
Prähistoriker und Archäologe 264, *265, 266
Von Barnim, Adalbert [1841-1860], deutscher
Benoit,
Anatomist,
Romantiker 19
Augustinus, Aurelius [354-430], Kirchenlehrer
Barth,
deutscher
Ethnologe 188
Historiker 32
Barrow,
Blumenbach, Johann Friedrich [1752-1840],
Freimaurer 56-58, 67-68, 73, 123, 128
Ankermann, Bernhard [1859-1943], deutscher
At-Tabari
Bleek, Wilhelm Heinrich Immanuel [18271875], deutscher Afrikanist 105-106, 169
Leo Africanus (Al Hasan Ibn Muhammad Al
Wassan)
Bernier, François [1620-1688], französischer
Adolf
[1898-1954],
Ethnologe
Reiseschriftsteller 120, 196, 201, 211
und
Chamberlain, Houston Stewart [1855-1927],
britisch-deutscher Schriftsteller 142
317
Champollion,
Jean
Baptiste
[1790-1832],
französischer Ägyptologe 78
deutscher Enzyklopädist 70, 72-73
Childe, Gordon Vere [1892-1957], britischer
Archäologe 11
Schriftsteller 268
Orientalist, Kolonialbeamter 92
Naturforscher 61, *62-63, 162, 227
[geb.
1921],
britischer
Fischer,
Eugen
[1874-1967],
deutscher
Wilhelm
200, 202-203, 211, 216-217
deutscher Südseereisender und Freimaurer
60, 71
[1889-1953],
österreichischer Ägyptologe und Afrikanist
118, 151, 153
Fritsch,
Gustav
Raymond
Arthur
[1893-1988],
[1838-1927],
deutscher
Afrikareisender 149, 215
Frobenius,
südafrikanischer Paläoanthropologe 262
Leo
[1873-1938],
deutscher
Afrikareisender und Kulturmorphologe 2324, 133, 147, 184, 189-190, 200, 204-213,
Darwin, Charles Robert [1809-1882], britischer
Naturforscher 52, 76, 85-86, 124, 126, 131,
150, 182
222, 227-238, 235, 238, 240, 251, 266, 269271, *271
Gascendi, Pierre [1592-1655], französischer
De Denon, Pierre Prud’hon Dominique Vivant
[1747-1825],
französischer
Maler
und
Reisender 69
Schriftsteller 267-268
Saint-Clair,
Gerland, Georg [1833-1919], deutscher Geograf
Glaser, Eduard [1855-1908], österreichischer
Arabienreisender 17, 228, 252-254
afroamerikanischer
[1889-1977],
De Gobineau, Joseph Arthur [1816-1882],
französischer Schriftsteller und Diplomat 64,
Afrikahistoriker 6, 197, 223-224
Albert
Materialist 56
127-129, *128
Donnelly, Ignatius [1831-1901], amerikanischer
Drexel,
D.
Forster, Johann Georg Adam [1754-1794],
De Cuvier, George [1769-1832], französische
Drake,
John
Anthropologe und Rassentheoretiker 198-
Cust, Robert Needham [1821-1909], englischer
Dart,
Fage,
Afrikahistoriker 231, 262
Churchward, James [1852-1936], britischer
Czermak,
Ersch, Samuel [1766-1828], Halle an der Saale,
Innsbruck,
österreichischer Afrikanist 118, 196
Von Eickstedt, Egon [1892-1965], Breslau,
schlesischer Anthropologe 10, 151, 175-175,
197, 200, 203, 216-218, *218, 222
Elliot-Smith, Grafton [1871-1837], australischer
Anatomist und Ägyptologe 9, 142, 228-232,
235, 238, 270, 273
Epiphanius [315-403], Bischof von Salamis und
Kirchenlehrer 15-16, 25
75, 77, 79-83, 124-125, 127, 161, 164, 168,
180, 231, 254
Greenberg, Joseph Harold [1915-2001], USamerikanischer Afrikanist 116, 223-224
Gruber, Johann Gottfried [1774-1851], Halle an
der Saale, deutscher Enzyklopädist 70, 72-73
Grünewald,
Matthias
[1460/1470-1528],
deutscher Maler 40
Günther, Hans Friedrich Karl [1891-1968],
Jena, deutscher Rassenkundler 142, 200, 217
Eratosthenes von Kyrene [276-194 v. Chr.],
Haddon, Alfred Cort [1855-1940], britischer
libysch-griechischer Geograf und Biblio-
Anthropologe 9, 61, 148, 223, 226-227, 229,
thekar 25
232-233, 235
318
Ernst
Haeckel,
[1834-1919],
deutscher
Naturforscher und Darwinist 85-87, 124-126,
130, 132, 172, 227, 268
Schriftsteller 228, 257, 259-260
Eduard
Harry
[1857-1929],
deutscher
213
Robert
[1831-1893],
nieder-
sächsischer Zoologe und Ethnologe
106,
139, 144, 149, 166, 181-183, 222
William
Jones,
229, 240-
deutscher Philosoph 6, 73-75, 80-81, 112,
126, 147
[1746-1794],
britischer
Orientalist und Jurist in Bengalen 95
Hermann
[1877-1962],
österreichischer Ägyptologe
Wien,
117-118, 166,
235
Kant,
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich [1770-1831],
Immanuel
[1724-1804],
Königsberg,
deutscher Aufklärungsphilosoph 56-57, 74
Keane, Augustus Henry [1835-1913], irischer
Anthropologe und Orientalist 61, 227-228
Heller von Hellwald, Friedrich Anton [18421891], österreichischer Schriftsteller und
Darwinist 127, 130-131, 181-182, 227
Claude
Helvétius,
[1858-1927],
Afrikanist und Kolonialbeamter
Junker,
Hartmann,
Hamilton
246, *244
Wirtschaftsethnologe und Zoologe 193-194,
Adrien
Richard
[1874-1951],
deutscher Geograf
Kern, Fritz [1884-1950], Bonn, deutscher
Historiker 192, 217
Khaldun, Ibn [Abd ar-Rahman ibn Mohammed],
[1715-1777],
französischer Philosoph und Freimaurer 71
Hennig,
Kirchenschriftsteller 21-22
Johnston,
Haggard, Henry Rider [1856-1925], britischer
Hahn,
Johannes Cassianus [um 360-435], Mönch und
Düsseldorf,
36, 48, 101, 160, 228,
249, 255-256
[1332-1406], berberisch-arabischer Historiker
90, *103
Kircher,
Athanasius
[1601-1680],
Rom,
Polyhistor und Sprachgelehrter 53, 73
Klemm, Gustav Friedrich [1802-1867], Dresden,
Herskovits, Melville Jean [1885-1963], US-
deutscher Kulturhistoriker 165, 180, 185
amerikanischer Kulturrelativist 212, 223
Koelle, Sigismund [1823-1902], LMS-Missionar
Hieronymus, Sophronius Eusebius [ca. 347419/420], lateinischer Kirchenlehrer und
Bibelübersetzer 17-18, 20
Hirschberg,
Walter
Von Köppen, Karl Friedrich [1734-1797],
deutscher Freimaurer 68
[1904-1996],
österreichischer Ethnohistoriker
Wien,
145, 197,
215, 238
Honorius
am Fourah Bay College in Freetown 99
Kossinna,
Gustaf
[1858-1931],
deutscher
Prähistoriker 119, 135-136, 142, 195
Krause, Fritz [1881-1963], Leipzig, deutscher
von
Autun
[ca.
1090-1156],
französischer Scholastiker 33
Hörbiger, Hanns [1860-1931], österreichischer
Ingenieur 199
Horn, Georg [1620-1670], Leiden, deutscher
Geschichtstheologe 55-56
Amerikanist und Ethnosoziologe 215
Krause, Gottlob Adolph [1850-1938], deutscher
Afrikareisender und Linguist 107
Krapf, Johann Ludwig [1810-1881], deutscher
LMS-Missionar in Ostafrika 97-98
Lafiteau,
Joseph-François
Isidor von Sevilla [ca. 560-636], Bischof,
französischer
Theologe und Geschichtskompilator 20, 25
Ethnograf 89
[1681-1746],
Jesuitenmissionar
und
319
Lanz von Liebenfels, Jörg (eigentlich Josef
Oswald
Menghin,
[1888-1973],
Wien,
Adolf Lanz) [1874-1954], österreichischer
österreichischer Kulturkreistheoretiker und
Rassenideologe und Sektengründer 146
Prähistoriker 192, 195, 222
Lepsius, Carl Richard [1810-1884], Berlin,
deutscher Ägyptologe 78, 84, 91-92, 99-100,
105-108, 111, 117, 123, 251
und Freimaurer 64
[1867-1908],
deutsche
Schutztruppe 173, 177
Milton,
Lessing, Gottfried Ephraim [1729-1781], Dichter
Moritz
Merker,
John
[1608-1674],
englischer
Barockdichter 19
Moffat, Robert, [1795-1883], schottischer LMS-
Lhote, Henri, französischer Archäologe 269
Von Linné, Karl [1770-1778], schwedischer
Missionar 104-106, 110
De Montesquieu, Charles de Secondat, de La
Botaniker und königlicher Leibarzt 56-57,
Brède
102
Staatsphilosoph und Freimaurer 64, 67
Lugard, Frederick John Dealty [1858-1945],
britischer Kolonialbeamter 246
Von
Luschan,
Felix
[1854-1924],
Berlin,
90, 106, 115, 119, 125, 142-154, *152, 175178, 184, 186, 211, 223, 263, 273
Martin
[1483-1546],
Emil
[1904-1988],
Mukarovsky, Hans Günther [1922-1992], Wien,
österreichischer Afrikanist 4, 120-121
Müller, Friedrich Max [1823-1900], britischer
Indologe deutscher Herkunft 91, 232
deutscher
Kirchenreformer 39, 49, 51-52, 64, *65
Mader, Ernst Friedrich Wilhelm [1866-1947],
österreichischer Jugendbuchschriftsteller 259
Martin, Rudolf [1864-1924], Paris, München,
schweizer Anthropologe 122
Müller, Friedrich Wilhelm Karl [1834-1898],
Wien, Orientalist und Darwinist 77, 87, 92,
99, 107, 115, 123-127, 130-134, 138-139,
144, 168, 172, 178, 190
Naville,
Edouard
[1844-1926],
schweizer
Ägyptologe 254-255
Martini, Martin [1614-1661], österreichischer
Chinamissionar und Historiker 52-53
Mas’udi, Abu’l Hasan ‘Ali [ca. 900-956],
arabischer Entdeckungsreisender 100-101
De Maupertuis, Pierre Louis Moureau [16981759], französischer Mathematiker 81
Mauritius, christlicher Heiliger und Märtyrer
Niebuhr,
Barthold
Georg
[1776-1831],
Historiker und preußischer Diplomat 78
Nikolaus von Verdun [nachw. 1181-1205],
lothringischer Goldschmied und Emailmaler
34, *35, 43
Ol’derogge, Dmitrij Aleksejwitsch [1903-1987],
baltischer Afrikahistoriker 197, 222-223
Oliver, Roland A. [geb. 1923], britischer
39-40, *41-42
Meiners, Christoph [1747-1810], Göttingen,
Polyhistor und Antiabolitionist 58-60, 147,
Afrikahistoriker 231, 240-241
Origines
von
Alexandria
[185-253],
griechischer Kirchenlehrer und Philosoph 36
242
Meinhof,
Wilhelm
Mühlmann,
französischer
deutscher Ethnosoziologe 66
österreichischer Anthropologe und Ethnologe
Luther,
[1689-1755],
Carl
[1857-1944],
Hamburg,
Afrikanist 6, 86, 107-118, *109, 142-143,
148, 153, 176, 186, 195, 204, 223
Otto von Freising [1114-1158], Zisterzienser
und Bischof 34, 36
320
Passarge, Siegfried Otto Karl [1867-1958],
Anders
Retzius,
Adolf
[1796-1860],
Hamburg, deutscher Anthropogeograf 175,
schwedischer Physiker und Anthropologe
212, 215
122-123
Paulitschke,
Phillip
[1854-1899],
Wien,
österreichischer Geograf 48
Peschel, Oskar
[1826-1875], Geograf und
Carl
britischer
Ritter, Carl [1779-1859], Berlin, deutscher
Geograf 86-88, 256
[1856-1918],
deutscher
Schriftsteller und Kolonialpolitiker 124, 166,
228, 260-261
Edith,
Sanders,
132
US-amerikanische
Afrikahistorikerin 6, 33, 46, 50, 64, 70, 234
Heinrich
Schäfer,
Petráček, Kárel, Prag, tschechischer Afrikanist
[1868-1957],
Berlin,
deutscher Ägyptologe 261
Schedel, Hartmann [1440-1514], Nürnberg,
De La Peyrère, Isaak [1596-1676], jüdischfranzösischer Kalvinist 52
jüdisch-hellenistischer Stoiker 15, 18
der
Ältere
Humanist und Physiker *14, 29, 43, *44
Von
Philon von Alexandria [20 v.- ca. 45 n.Chr],
Plinius
Nairobi,
Sozialanthropologe 7, 161
Darwinist 87-88, 101, 135
Peters,
Peter,
Rigby,
[23/24-79],
Scherzer,
[1821-1903],
österreichischer Forschungsreisender 89
Adolf
Schleicher,
römischer
Karl
Walter
[1854-1894],
Mediziner und Afrikanist 134-135
Enzyklopädist und General 26, 29, *30, 45
Schleicher, August [1821-1868], Darwinist und
Plutarchos von Chaironeia [45- ca. 120],
Sprachwissenschaftler 86, 113, 124, 227
griechischer Neuplatoniker 20, 68, 72
Pöch,
Rudolf
[1870-1921],
Von Schlözer, August Ludwig [1735-1809],
Wien,
österreichischer Anthropologe und Mediziner
153-155, 257
Geograf und Astronom 25, 160
Reiseschriftsteller 18-19, 24
[1844-1904],
Geograf,
deutscher Anthropogeograf 87-92, 135, 147,
[1832-1919],
Wien,
österreichischer Ägyptologe und Afrikanist
4, 10, 73, 118-129, 123, 125, 131-134, 190,
252
[1868-1954],
St.
Gabriel bei Mödling, Kulturkreistheoretiker
Schön, Jakob Friedrich [1803-1889], deutscher
Schopenhauer, Arthur [1760-1840], Frankfurt
Schuchardt,
Carl
[1859-1943],
deutscher
Archäologe 119
deutscher Romanist und Baskologe 118-119
Schurtz,
[1823-1892],
französischer
Religionshistoriker und Orientalist 83-84
Heinrich
[1863-1903],
Bremen,
deutscher Evolutionist und Diffusionist 206
Schwab,
Ernest
Wilhelm
Schuchardt, Hugo Ernst Mario [1842-1927],
171, 179, 181
Renan,
Pater
am Main, deutscher Skeptiker 73, 75-76, 131
1874], belgischer Statistiker 122
Leo
und
Missionar und Afrikanist 107
Quétélet, Lambert Adolphe Jacques [1796-
Reinisch,
Historiker
174-175, 184, 189-198, 212-215, 222-223
Purchas, Samuel [ca. 1575-1626], britischer
Friedrich
deutscher
Philologe 94
Schmidt,
Ptolemäus, Claudius [100-160], Alexandria,
Ratzel,
Göttingen,
Gustav
Benjamin
deutscher Schriftsteller 38
[1792-1850],
321
Seligman,
Charles
Gabriel
[1873-1940],
Jean-Marie
Voltaire,
Arouet
[1694-1778],
britischer Ethnologe 6, 9, 188-189, 223-226,
französischer Aufklärer und Freimaurer 16,
229-240, *237, *239, 270, 273
64, 6
Sergi, Giuseppe [1841-1936], Rom, italienischer
Anthropologe
119-120, 136-142, *140,
*141, 184, 230-231, 273
Spannaus,
Günther
[1901-1984],
Leipzig,
Afrikareisender 90, 161-168, 174, 190, 226
[1880-1936],
München,
deutscher Geschichtsphilosoph 207-208
Jena, Anthropologe und Afrikanist 169, 202
Franz
Ludwig
[1863-1928],
Hamburg, Amani, deutscher Zoologe und
Kolonialbeamter
111-112, 135, 139, 167-
170, 177, 227
Tertullian
[1813-1887],
München,
deutscher Naturforscher und Darwinist 83.
Waitz,
Theodor
Franz
W.
[1821-1864],
Marburg, Philosoph, Völkerpsychologe 127,
129, 183
Weiss,
Struck, Bernhard Friedrich Eduard [1888-1971],
Stuhlmann,
Moritz
88-89
Speke, John Hanning [1827-1964], britischer
Oswald:
117-118, 236
Wagner,
deutscher Ethnologe 187-188, 223
Spengler,
Vycichl, Werner, österreichischer Afrikanist 99,
Max
Karl
Georg
Vermessungstechniker
und
[1874-?],
Expeditions-
fotograf 175-178
Werner, Alice [1859-1935], London, britische
Afrikanistin 116-117
Westermann, Dietrich Hermann [1875-1956],
Berlin, deutscher Afrikanist, Missionar und
[160-220],
Karthago,
ältester
lateinischer Kirchenschriftsteller 37
Richard
Historiker 6, 108, 111, 118, 174-175, 202204, 211, 213
[1869-1940],
Weule, Karl [1864-1924], Leipzig, deutscher
Ethnosoziologe und Funktionalist 153-154,
Ethnologe 90, 150, 165, 174-175, 184-189,
168, 175, 211
211, 215
Thurnwald,
Tobias,
Phillip
V.,
südafrikanischer
Anthropologe 262
Laguna, österreichischer Ethnolinguist und
Tylor, Edward Burnett [1832-1917], Oxford,
Evolutionist und Religionsethnologe
130,
179, 182, 226, 229
Ussher,
James
Rudolf
[1580-1656],
irisch-
Wolgemut, Michael [1434-1519], Maler und
[1822-1902],
deutscher
De Volney, Constantin François Chasseboef
französischer
Philosoph und Freimaurer 70-73
Wyclif,
John
[ca.
1320-1384],
Oxforder
Theologieprofessor und Reformer 49
Mediziner und Anthropologe 132, 136, 182
[1757-1820],
Anthropologe 4, 118-121, 196-202, 251
Zeichner 43
anglikanischer Erzbischof 51-52
Virchow,
Wölfel, Dominik Josef [1888-1963], Wien, La
Reisender,
Zedler, Johann Heinrich [1706-1763], Leipzig,
Verleger und Enzyklopädist 21, 24, 39, 70,
183
Zyhlarz,
Ernst
[1890-1964],
Hamburg,
österreichischer Afrikanist 117-119, 197
322
Verwendete Abkürzungen
ADEVA
Akademische Druck- und Verlagsanstalt
BSAAAS The British and South African Associations for the Advancement of Science
IAI
Internationales Afrikainstitut
LMS
London Missionary Society
LSE
London School of Economics
MAGW
Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft Wien
NSDAP
Nationalsozialistische Arbeiterpartei
RAI
Royal Anthropological Institute
SAAB
South African Archaeological Bulletin
SOAS
School of Oriental and African Studies
SOS
School of Oriental Studies
SVD
Societas Verbi Divini (Gesellschaft des Göttlichen Wortes)
UCP
University of Capetown
WITS
Witwatersrand, University of Johannesburg
ZfE
Zeitschrift für Ethnologie