Das Schicksal des deutschen Führerscheins entscheidet sich irgendwann zwischen der "Orientierungsaussprache über öffentliche Personenverkehrsdienste" und Luxemburgs Standpunkt zur "Kriegsrisiko-Versicherungsregelung".

Sie merken es vielleicht schon an der sperrigen Wortwahl: Wir haben es mit der EU zu tun. Deren Ministerrat trifft sich am 27. März in Brüssel. Tagesordnungspunkt vier: das endgültige Aus für die verschiedenen nationalen Führerscheine in der EU – also auch für die graue Pappe und den rosa Schein aus Deutschland. Künftig soll es in ganz Europa nur noch ein einheitliches Dokument geben. Die alten Papiere müssen dann umgetauscht werden. Zwangsweise.

Diesen Plan verfolgt die EU schon lange. Doch zusammen mit anderen Nationen wie Frankreich, Luxemburg oder Dänemark hat Deutschland immer dagegen angekämpft. Hierzulande müßten 30 Millionen Führerscheine getauscht werden, den Staat kostet das etwa 800 Millionen Euro – und jeden einzelnen Bürger 30 Euro Gebühren. Das hat Ex-Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) berechnet, der die Neuregelung im Sommer 2005 gerade noch stoppen konnte. Sein Nachfolger und Parteifreund Wolfgang Tiefensee will den EU-Plänen nun doch zustimmen. Und zerschlägt damit die Front der Umtausch-Gegner: "Wenn Tiefensee einknickt, kann die Regelung auch im Parlament nicht mehr verhindert werden", sagt der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU). Und fordert: Rettet unseren FÜhrerschein!

Grund für Tiefensees Sinneswandel: Zu dem Paket, das in Brüssel verhandelt wird, gehört auch das Ende des Führerscheintourismus. Bislang können die in Deutschland mit Fahrverbot belegten Verkehrssünder im EU-Ausland eine neue Fahrlizenz erwerben, die hier nicht wieder eingezogen werden darf. Tiefensee sagt: "Das Problem kann nur gelöst werden, wenn in ganz Europa für Führerscheine endlich einheitliche Regeln für Ausstellung und Entzug gelten."

Daß dafür die alten Führerscheine geopfert werden, mit denen für viele Besitzer große Emotionen und viele schöne Jugenderinnerungen verbunden sind, ist Nebensache. Daß die neuen Dokumente auch nicht mehr unendlich lange gelten, sondern nach den bisherigen Plänen alle zehn Jahre neu beantragt werden müssen – zählt nicht.

Immerhin will Verkehrsminister Tiefensee sich jetzt dafür einsetzen, daß die neuen Führerscheine fünf Jahre länger gelten als geplant. Und daß für den Umtausch eine Frist von 20 Jahren gilt. EU-Parlamentarier Markus Ferber denkt aber schon weiter: "Ich habe die Befürchtung, daß da jetzt eine Hintertür aufgemacht wird – und die Autofahrer irgendwann auch gezwungen werden, alle 15 Jahre eine ganz neue Prüfung zu machen."