Zweieinhalb Jahre nach der geplatzten Eröffnung ist immer noch kein Starttermin für den BER in Sicht. Der ehemalige Flughafenchef will mit den technischen Problemen nicht zu tun haben.

Diesen Auftritt werden die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses so schnell wohl nicht vergessen: Der ehemalige Chef der Berliner Flughäfen, Rainer Schwarz, hat am Freitag vor dem Gremium wortreich alle Schuld am Desaster um die mehrfach geplatzte Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER von sich gewiesen.

In der teils sehr gereizt geführten Befragung unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Marin Delius (Piratenpartei) sagte Schwarz, der Bau des Airports sei nicht seine Aufgabe gewesen. „Aus der Geschäftsordnung ergibt sich, dass ich keine Verantwortung für technische Dinge habe im Unternehmen.“

Zuständig sei Technik-Geschäftsführer Manfred Körtgen gewesen. Dieser habe ihm über den Bau nur das gesagt, was nötig sei, um zu beurteilen, ob das Projekt läuft. „Ich bin natürlich nicht daran interessiert, jede Detailinformation zu erhalten“, so Schwarz, der anders als sein Nachfolger Hartmut Mehdorn nicht Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft und damit gesamtverantwortlich, sondern nur ihr Sprecher war.

Vorwürfe gegen Planer

Der Manager, der seit einigen Tagen Chef des Flughafens Rostock-Laage (Mecklenburg-Vorpommern) ist, kann sich eigenen Angaben zufolge auch nicht an frühe Warnungen vor Termin- und Kostenrisiken erinnern. Gutachter hatten bereits Ende des Jahres 2008 darauf hingewiesen, dass der geplante Eröffnungstermin im Oktober 2011 stark gefährdet sei. „Kann sein, dass der Körtgen das mal erzählt hat, kann auch nicht sein“, sagte Schwarz lapidar vor den Ausschussmitgliedern im Preußischen Landtag. In der Befragung machte er auch dem Controller CBP und den Architekten Vorwürfe: „Wie kann es eigentlich sein, dass sowohl Architekten als auch ein Projektcontroller bis Ende April erzählen, das geht alles, und dann sechs Wochen vor der geplanten Inbetriebnahme erklärt, es geht nicht?“

Nur im nicht öffentlichen Teil wollte der Ex-Geschäftsführer Fragen zu einem Gespräch mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Ende März 2012 beantworten. Darin ging es um ein Gutachten der Unternehmensberatung McKinsey. Sie hatte Mitte März 2012 davor gewarnt, die Eröffnung am 3. Juni 2012 sei nicht sicherzustellen. Im Prozess um seine fristlose Kündigung vor dem Berliner Landgericht hatte Schwarz ausgesagt, dass er Wowereit in einem Gespräch am 30. März 2012 über die Warnschreiben mündlich informiert habe. Dem Ex-Flughafenchef wird auch vorgeworfen, umfangreiche Planänderungen auf den Weg gebracht zu haben. Wegen steigender Passagierzahlen wurden doppelstöckige Fluggastbrücken gebaut und zwei Ebenen im Terminal miteinander getauscht. „Es lag offensichtlich das Placet der Planer vor, dass das alles geht, auch im zeitlichen Rahmen“, rechtfertigte sich Schwarz. Der Aufsichtsrat habe alles genehmigt.

Schwarz drohte mit Ende der Befragung

Während der Befragung kam es mehrfach zum Streit. Schwarz warf dem Ausschussvorsitzenden Delius vor, seine Antworten nicht hören zu wollen und drohte mit einem Ende der Befragung. Delius hingegen warnte, er werde bei Gericht ein Ordnungsgeld beantragen, wenn Schwarz auf die Fragen nicht eingehe. Stefan Evers, Vize-CDU-Fraktionschef und Ausschussmitglied, sagte nach der Sitzung: „Einen so respektlosen Auftritt eines Zeugen hat der Untersuchungsausschuss bisher nicht erlebt. Wir haben nichts anderes als den Versuch mitbekommen, wortreich die eigene Nichtverantwortung für das Flughafen-Desaster zu begründen.“ Der Sprecher der SPD-Fraktion im Ausschuss, Ole Kreins, nannte das Verhalten von Schwarz „unangemessenen und unkooperativ“. Jutta Matuschek (Linke) sagte: „Der Auftritt war nicht nur skandalös arrogant, er ließ vor allem keine Bereitschaft zur Aufklärung erkennen.“

Eine Woche vor der nächsten BER-Aufsichtsratssitzung hat auch der Projektausschuss des Kontrollgremiums getagt, zum letzten Mal mit dem scheidenden Berliner Regierungschef Wowereit. Er machte bereits vorab deutlich, dass Flughafenchef Mehdorn – anders als angekündigt – am 12. Dezember möglicherweise doch noch keinen Terminkorridor für die BER-Eröffnung nennen wird. Der Aufsichtsrat werde über die Länge des „Terminbandes“ sprechen, „wenn es denn überhaupt vorgeschlagen wird“, so Wowereit. In der rund fünfstündigen Sitzung wurde heftig über einen möglichen Eröffnungstermin diskutiert – allerdings ohne Ergebnis. Wie die Berliner Morgenpost erfuhr, haben sich die Flughafengesellschaft und der Bund im Streit um den künftigen Regierungsflughafen am BER geeinigt. Der Bund wollte das alte Terminal in Schönefeld nutzen, bis der neue Regierungs-Airport nebenan am BER fertig ist. Doch Mehdorn möchte – wegen der Kapazitätsprobleme am BER – das alte Terminal miteinbeziehen. Der Bund erklärte sich nun offenbar bereit, übergangsweise auf einen anderen Standort auf dem Gelände von Schönefeld-Alt auszuweichen. Eine Interimslösung, bis der Regierungsflughafen auf dem zugesagten Gelände fertig ist.

Zusatzpavillon für Abfertigung

Um die Kapazitätsprobleme am BER zu lösen, soll Flughafenchef Mehdorn außerdem vorgeschlagen haben, das Nordpier durch einen Abfertigungspavillon zu verlängern, um mehr Passagiere abfertigen zu können. Eine Entscheidung trifft der Aufsichtsrat. Er wird nach dem Abschied von Wowereit einen neuen Vorsitzenden wählen. Der designierte neue Regierungschef Michael Müller (SPD) will dieses Amt nicht übernehmen. Das Gremium wird personell umgebaut – und künftig mit weniger Politikern besetzt sein.