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Plagiats-Affäre: Uni Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel - DER SPIEGEL
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Plagiats-Affäre Uni Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel

Karl-Theodor zu Guttenberg ist seinen Doktor endgültig los. Die Universität Bayreuth entzog dem Verteidigungsminister den Titel am Mittwochabend. Einige Stellen seien als Plagiat zu bezeichnen, begründete der Hochschulpräsident die Entscheidung.
Verteidigungsminister Guttenberg:

Verteidigungsminister Guttenberg: "Sehr fehlerhafte Doktorarbeit"

Foto: THOMAS PETER/ REUTERS

Bayreuth - Es war eine Entscheidung im Eilverfahren: Die Universität Bayreuth hat in der Plagiatsaffäre Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) den Doktortitel aberkannt. Das gab Hochschulpräsident Rüdiger Bormann am Mittwochabend nach einer Sitzung der Promotionskommission der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bekannt. "Die Kommission, darauf weisen die Mitglieder einstimmig hin, hat sich davon überzeugt, dass Herr Freiherr zu Guttenberg gegen diese wissenschaftlichen Pflichten in erheblichem Umfang verstoßen hat. Dies hat er auch selbst eingeräumt", sagte Bormann.

Die wörtliche und sinngemäße Übernahme von Textstellen ohne hinreichende Kennzeichnung verstoße gegen die Rechtsprechung und die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens, erläuterte Bormann. Die aus der Literatur ohne Kennzeichnung übernommenen Stellen seien als Plagiat zu bezeichnen, sagte der Hochschulpräsident.

Nicht geklärt hat der Ausschuss die Frage, ob Guttenberg bewusst getäuscht hat. "Das wäre sicherlich ein längerer Prozess gewesen, das dezidiert nachzuweisen", sagte Bormann. Die Universität habe darauf verzichtet, weil Guttenberg selbst um die Rücknahme seiner Dissertation gebeten habe. Wenn sich in solch einem strittigen Fall Einmütigkeit anbiete, werde der einfachere Weg und nicht der zeitlich längere gewählt, sagte Bormann. Dies sei so üblich. Das Verfahren der Promotionskommission ist damit beendet.

Guttenberg wird vorgeworfen, Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben zu haben und Zitate aus anderen Texten nicht hinreichend belegt zu haben. Der Verteidigungsminister hatte die Plagiatsvorwürfe in der vergangenen Woche erst als "abstrus" zurückgewiesen. Später gestand er Fehler in seiner Arbeit ein und erklärte, er wolle auf seinen Doktortitel dauerhaft verzichten. Den Vorwurf der bewussten Täuschung weist Guttenberg jedoch strikt zurück. Nach der Promotionsordnung musste ihm der Doktorgrad aber formell von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät aberkannt werden.

Am Mittwoch hatte die Promotionskommission der rechts- und wissenschaftlichen Fakultät der Hochschule getagt - und beriet damit im Eiltempo: Erst am Montagabend hatte Guttenberg einen Brief an die Uni geschickt, in dem er um Aberkennung seines Titels bat. Der Minister hatte darin "gravierende handwerkliche Fehler" bei seiner Doktorarbeit eingeräumt. Bormann betonte, es habe bei der Bewertung des Falles keinen politischen Druck gegeben.

Guttenberg äußerte sich am Nachmittag im Bundestag zu den Vorwürfen

Eigentlich hatte die Universität dem Minister noch bis zum März Zeit gegeben, Stellung zu den Plagiatsvorwürfen gegen seine mit der Bestnote summa cum laude bewerteten Jura-Arbeit zu beziehen. Guttenberg hatte über mehrere Jahre hinweg an seiner 475 Seiten starken Doktorarbeit mit dem Titel "Verfassung und Verfassungsvertrag" geschrieben. Am 27. Februar 2007 hatte er seine mündliche Prüfung. Nachdem er die Pflichtexemplare seiner Doktorarbeit abgegeben hatte, durfte er den Titel offiziell seit dem 28. Januar 2009 führen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Aberkennen des Doktortitels von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als richtig und logisch bezeichnet. "Die Entscheidung der Uni Bayreuth liegt auf der Linie dessen, was der Verteidigungsminister vorgegeben hat. Sie macht daher Sinn." Das Votum zeige, dass zu Guttenberg mit seiner Selbsteinschätzung richtig liege. Der Minister sei durch die Uni-Entscheidung daher in seinem Amt nicht geschwächt.

Guttenberg ließ am Nachmittag im Kreuzfeuer der Oppositionskritik alle Rücktrittsforderungen an sich abprallen. Bei seinem ersten Auftritt im Bundestag nach Beginn der Plagiatsaffäre warfen SPD, Linke und Grüne dem CSU-Politiker Hochstapelei und Lüge vor. Guttenberg räumte erneut Fehler ein, wies aber Vorwürfe absichtlicher Täuschung und Zuhilfenahme eines Ghostwriters zurück.

Er habe eine "offensichtlich sehr fehlerhafte Doktorarbeit geschrieben", sagte Guttenberg am Mittwoch in der Fragestunde des Parlaments. Fremde Hilfe habe er aber bei der 2007 abgeschlossenen Arbeit nicht in Anspruch genommen. "Ich habe mehrfach gesagt, dass ich diese Doktorarbeit persönlich geschrieben habe."

Der Minister verwies erneut auf die Mehrfachbelastung durch Beruf, wissenschaftliche Arbeit und Familie: "Ich war sicher so hochmütig zu glauben, dass mir die Quadratur des Kreises gelingt." Dies sei aber gescheitert. "Dazu stehe ich auch. Ich glaube, das ist kein Grund zur Häme." Er akzeptiere den Vorwurf, dass Teile der Arbeit nicht dem wissenschaftlichen Kodex entsprächen.

Brief an die Uni Bayreuth mit Briefkopf des Ministeriums

Union und FDP stellten sich vor ihn, während die Opposition heftige Kritik an Guttenberg äußerte: "Sie haben getäuscht, Sie haben betrogen, Sie haben gelogen", rief Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion dem Minister zu.

Dass Guttenberg mehr als hundert Seiten aus Texten anderer Autoren in seiner Dissertation kopiert und insgesamt nicht nur vier, sondern sogar sechs Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags benutzt habe, seien keine "handwerklichen Fehler", sondern die planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts. Der Ältestenrat wird sich voraussichtlich an diesem Donnerstag mit den Vorwürfen um die Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes beschäftigen.

Die Grünen warfen ihm vor, er habe mit seinem Brief an die Universität Bayreuth zum Titelverzicht Privates und Ministeramt vermischt, weil er den Briefkopf des Ministeriums verwendet habe.

Die Union stärkte dem Minister dagegen den Rücken. "Minister werden hier in diesem Hause, in diesem Lande nicht wegen ihrer wissenschaftlichen Qualitäten beurteilt, sondern ihrer Fähigkeit, die Bundeswehr ordentlich zu führen", sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. CDU-Verteidigungsexperte Andreas Schockenhoff sagte, es gebe keinen Grund für Rücktrittsforderungen. "Ihnen geht es darum, einen beliebten und erfolgreichen Verteidigungsminister in den Dreck zu ziehen, und das lassen wir nicht zu."

In der Bevölkerung hat Guttenberg einer Umfrage zufolge nicht an Beliebtheit eingebüßt - im Gegenteil. 73 Prozent sind mit seiner politischen Arbeit zufrieden - zu Monatsbeginn waren es noch 68 Prozent, ergab eine Umfrage für die ARD. 72 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, dass Guttenbergs Doktortitel-Verzicht reiche, um im Amt zu bleiben. Nur 24 Prozent finden, er müsse zurücktreten.

lgr/dpa/AP/AFP/Reuters