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Burkini-Urteil: Schwimmunterricht für muslimisches Mädchen - DER SPIEGEL
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Burkini-Urteil Musliminnen müssen am Schwimmunterricht teilnehmen

Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt ein Grundsatzurteil im Burkini-Streit gefällt. Gemeinsamer Schwimmunterricht mit Jungen ist Musliminnen trotz ihres Glaubens zumutbar. Die Mädchen können ja einen Ganzkörperbadeanzug tragen.
Muslimische Schülerin im Schwimmbad (Archiv): Wie weit reicht die Religionsfreiheit?

Muslimische Schülerin im Schwimmbad (Archiv): Wie weit reicht die Religionsfreiheit?

Foto: Rolf Haid/ picture-alliance/ dpa

Es ist entschieden: Muslimischen Schülerinnen kann die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen zugemutet werden. Um ihren religiösen Bekleidungsvorschriften gerecht zu werden, könnten sie einen Burkini, einen Ganzkörperbadeanzug, tragen, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Damit scheiterte eine 13 Jahre alte Gymnasiastin aus Frankfurt am Main mit ihrer Klage. Die Eltern des marokkanisch-stämmigen Mädchens hatten die Befreiung ihrer damals elf Jahre alten Tochter vom gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen beantragt. Die Teilnahme am koedukativen Schwimmunterricht sei mit den muslimischen Bekleidungsvorschriften nicht vereinbar. Die Schule lehnte die Befreiung vor rund zwei Jahren ab.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel gab der Schule recht und wies die Klage ab. Es sei der Schülerin zuzumuten, in einem Ganzkörperbadeanzug teilzunehmen. In dem Revisionsverfahren ging es jetzt darum, wann das Grundrecht auf Glaubensfreiheit eine Befreiung vom Schulunterricht begründen kann.

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Muslimische Mädchen im Burkini: Hier gerät die Schulpflicht ins Schwimmen

Foto: Rolf Haid/ picture-alliance/ dpa

Das Mädchen, um deren Fall es konkret geht, besuchte bis zu ihrem achten Lebensjahr eine Schule in Marokko. In Frankfurt am Main schaffte sie es aufs Gymnasium, regelmäßig bringt sie Bestnoten nach Hause, wie der SPIEGEL berichtet. Nachdem die Schule damals ihren Antrag auf Befreiung abgelehnt hatte, mied sie den Schwimmunterricht. Im Halbjahreszeugnis bekam sie eine 6, im Ganzjahreszeugnis wurde daraus eine 4, weil sie am normalen Sportunterricht teilnahm, allerdings nahezu komplett verhüllt.

Die Bundesverwaltungsrichter ließen nicht gelten, dass die Schülerin aus religiösen Gründen keine männlichen Mitschüler in Badekleidung hätte sehen dürfen. Den Anblick hätte sie auf sich nehmen müssen, entschieden die Richter, denn: "Das Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhaltensgewohnheiten Dritter - einschließlich solcher auf dem Gebiet der Bekleidung - konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten bzw. zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet sind."

Dass muslimische Mädchen im Schwimmbad einen Burkini tragen, ist immer häufiger zu sehen. Der Badeanzug verhüllt bis auf Gesicht, Hände und Füße alle Körperpartien. Jeder Burkini hat auch eine integrierte Kopfbedeckung, an der ein Kopftuch angenäht ist. Sie erinnert an die Haube der Eisschnellläufer.

Burkinis ähneln Taucheranzügen, sie sind aber nicht einteilig, sondern bestehen aus mehreren wassertauglichen Kleidungsstücken. Die meisten sind weit geschnitten. Selbst wenn die Schwimmerin aus dem Wasser steigt, klebt der Stoff nicht am Körper. So werden keine weiblichen Rundungen sichtbar, dafür sorgt das Material: Weite, mehrteilige Burkinis bestehen meist aus Polyester. Es saugt sich nicht mit Wasser voll. Es gibt aber auch eng anliegende Burkinis, die wie herkömmliche Bademode aus Elastan bestehen und Wasser aufnehmen.

Manchmal improvisieren Schülerinnen und Lehrer aber auch. Eine Freiburger Pädagogin etwa besorgte Ganzkörper-Schwimmanzüge für die Mädchen in ihrer Klasse: "Gut ist, was funktioniert", sagt sie im Interview.

Aktenzeichen: BVerwG 6 C 25.12

otr/dpa