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Mehr Bäume auf der Nordhalbkugel: Die Erde wird grüner - DER SPIEGEL
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Mehr Bäume auf der Nordhalbkugel Die Erde wird grüner - aber

Auf der Erde wachsen immer mehr Bäume, zeigen Satellitenaufnahmen. Vor allem die Nordhalbkugel wird grüner. Forscher sind dennoch besorgt.
Blick vom Amazon Tall Tower Observatory (ATTO) in Sao Sebastiao do Uatuma

Blick vom Amazon Tall Tower Observatory (ATTO) in Sao Sebastiao do Uatuma

Foto: Bruno Kelly/ REUTERS

Gibt es auf der Erde immer mehr Wälder oder nicht? Diese Frage wird in der Wissenschaft heftig diskutiert. Eine US-Studie stärkt nun jene Position, welche die Baumbedeckung des Planeten auf einem guten Weg sieht. Forscher um den Geografen Xiao-Peng Song von der University of Maryland berichten im Fachblatt "Nature" , dass die Erde an Baumflächen gewinne, zudem würden kahle Gebiete abnehmen.

Das Team wertete Satellitenbilder aus den Jahren 1982 bis 2016 aus und analysierte, wie sich die Landschaft veränderte. Die Forscher teilten diese dazu in drei Kategorien ein: kahle Böden, kurzer Pflanzenbewuchs und Baumbewuchs, zu dem Vegetation über fünf Metern Höhe zählte.

Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Baumbedeckung im Beobachtungszeitraum um über sieben Prozent zunahm. Konkret sind dies 2,24 Millionen Quadratkilometer. Der Anteil kahler Flächen sank demnach um 1,16 Millionen Quadratkilometer.

Das klingt gut, allerdings gibt es regional deutliche Unterschiede und die Forscher warnen: Baumbewuchs sei nicht synonym mit Wäldern.

Generell lasse sich feststellen, dass der Baumbewuchs auf der Nordhalbkugel zunimmt, während er auf der Südhalbkugel schrumpfe, so die Wissenschaftler. Zuwächse beim Baumbewuchs gab es so vor allem in subarktischen, subtropischen und gemäßigten Zonen - und häufiger in den Bergen.

In trockenen und halbtrockenen Regionen - etwa in Australien, China und im Südwesten der USA - nahmen die Baumflächen dagegen ab. Kahle Flächen verschwanden vor allem in den landwirtschaftlich genutzten Gebieten Asiens.

Rodung für Ackerflächen in Südamerika

Die größten Verluste an Baumbewuchs gab es jedoch in Südamerika:

  • In Brasilien schwand diese Fläche um 385.000 Quadratkilometer oder acht Prozent,
  • in Argentinien um 113.000 Quadratkilometer oder 25 Prozent,
  • in Paraguay um 79.000 Quadratkilometer oder 34 Prozent.

Zum Vergleich: Deutschland hat eine Fläche von 357.000 Quadratkilometern.

In Südamerika mussten die Bäume vor allem Ackerflächen weichen. In anderen Regionen wie dem Westen der USA waren Insekten, Waldbrände, Hitzewellen und Dürren ursächlich für den Schwund.

Fraglich ist so, ob der Zuwachs an Baumflächen auf der Nordhalbkugel den Verlust von Regenwäldern in Südamerika ausgleichen kann. Derartige Untersuchungen ließen vor allem Aussagen über die Quantität der Landbedeckung zu, nicht aber über deren Qualität, sagt etwa Melvin Lippe vom Thünen-Institut für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie, der nicht an der Studie beteiligt war.

Insgesamt sei die Analyse sauber, vor allem der lange Untersuchungszeitraum sei eine große Stärke. Es gibt nur einen Wermutstropfen: "Die ersten Satellitenbilder hatten eine Auflösung von einem Quadratkilometer, was eher ungenau ist." Heute könne die Auflösung unter einem Quadratmeter liegen.

Weniger Primärwälder, mehr von Menschen angelegte Plantagen

Die Forscher betonen auch, dass die Veränderungen der Landbedeckung zu 60 Prozent direkt auf menschliche Aktivitäten zurückgingen und zu 40 Prozent auf indirekte Einflüsse wie den Klimawandel. Die Ergebnisse bedeuteten nicht einfach, dass der Planet grüner werde, vielmehr zeigten sie eine veränderte Landnutzung durch den Menschen. So schreiben die Wissenschaftler von einem mittlerweile "menschlich dominierten Erdsystem".

Auch Lippe betont, man könne nicht einfach von einem globalen Begrünungstrend sprechen: "Grundsätzlich stimmt es, dass die Erde grüner wird. Das sagt aber nichts darüber aus, wie viel Biomasse entstanden ist oder welche Holzqualität der Zuwachs hat." Man könne davon ausgehen, dass es weniger Primärwälder gebe und mehr von Menschen angelegte Plantagen und degradierte Waldflächen von geringerer ökologischer Qualität.

Ist eine Baumplantage schon ein Wald?

Erst kürzlich stritten Biologen im Fachblatt "Science"  darüber, wann ein Wald eigentlich ein Wald ist. Eine Gruppe um Jean-François Bastin von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hatte geschrieben, dass es 4,67 Millionen Quadratkilometer mehr Wald auf der Erde gebe als bisher verzeichnet.

Darauf regte sich Kritik von Wissenschaftlern um den Waldökologen Daniel Griffith von der Oregon State University: Bastin und sein Team hätten Wälder ungenau definiert, viele der neu klassifizierten Forste seien eigentlich Savannen.

Einen ähnlichen Streit gab es zwischen der FAO und Umweltschützern: So hatte die FAO 2015 verkündet, dass sich der Schwund der Wälder verlangsame. Seit 1990 sei der weltweite Waldbestand "nur" um drei Prozent geschrumpft. Umweltschützer halten dem entgegen, dass die FAO auch industrielle Baumplantagen als Wälder zähle. Das verfälsche Zahlen über die Waldbedeckung der Erde und verschleiere das wahre Ausmaß der Waldvernichtung.

joe/dpa