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Kant-Lexikon: Charakter | Rudolf Eisler
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Charakter

Charakter. Ein Charakter ist die „praktische konsequente Denkungsart nach unveränderlichen Maximen“, KpV 2. T. (II 192). Der Mensch hat einen „physischen“, und er hat „moralischen“ Charakter. Einen Charakter hat „der Mann von Grundsätzen, von dem man sicher weiß, wessen man sich nicht etwa von seinem Instinkt, sondern von seinem Willen zu versehen hat“. Im Charakter sind enthalten: Naturell (Naturanlage), Temperament (Sinnesart) und Charakter schlechthin (Denkungsart); letztere ist die moralische Anlage, welche anzeigt, was der Mensch aus sich selbst zu machen bereit ist, Anthr. 2. T. A (IV 226). Einen Charakter schlechthin haben, ist „die Eigenschaft des Willens, nach welcher das Subjekt sich selbst an bestimmte praktische Prinzipien bindet, die es sich durch seine eigene Vernunft unabänderlich vorgeschrieben hat“. Auch wenn diese Grundsätze falsch sein sollten, bleibt der Charakter immer „etwas Schätzbares und Seltenes“; der Charakter hat einen „inneren Wert“, ibid. A III (IV 235), „Selbst ein Mensch von bösem Charakter (wie Sylla), wenn er gleich durch die Gewalttätigkeit seiner festen Maximen Abscheu erregt, ist doch zugleich ein Gegenstand der Bewunderung.“ Jedoch: „Der steife, unbeugsame Sinn bei einem gefaßten Vorsatz (wie etwa an Karl XII.) ist zwar eine dem Charakter sehr günstige Naturanlage, aber noch nicht ein bestimmter Charakter. Denn dazu werden Maximen erfordert, die aus der Vernunft und moralisch-praktischen Prinzipien hervorgehen“, ibid. V. d. Eigenschaften (IV 236 f.). Die Gründung eines Charakters ist „absolute Einheit des inneren Prinzips des Lebenswandels überhaupt“, ibid. (IV 238). Es ist das Charakteristische der Menschengattung, sich einen Charakter überhaupt zu verschaffen, ibid. 2. T. E c (IV 284 f.). Der gute Charakter wird durch eine „Revolution“ der Denkungsart erworben (s. Böse). — Der Charakter besteht in der „Fertigkeit, nach Maximen zu handeln“, im „festen Vorsatze, etwas tun zu wollen“ und dann auch in der wirklichen Ausführung desselben, Üb. Pädagogik (VIII 232, 239). Charakter bedeutet, „daß die Person die Regel ihrer Handlungen aus sich selbst und der Würde der Menschheit entlehnt“, N 1179; vgl. 1155 bis 1234.

Bestimmtheit des Handelns durch den empirischen Charakter ist psychologische Freiheit. Die transzendentale Freiheit (s. d.) aber ist die dem Zusammenhange der Handlungen als Erscheinungen zugrundeliegende zeitlose Tat des „intelligiblen“ oder „transzendentalen“ Charakters (vgl. Antinomien). Es muß eine jede wirkende Ursache einen „Charakter“ haben, d. i. „ein Gesetz ihrer Kausalität, ohne welches sie gar nicht Ursache sein würde“. An jedem Subjekt ist ein „empirischer“ und ein „intelligibler“ Charakter zu unterscheiden oder ein Charakter in der Erscheinung und ein Charakter des Ding an sich (vgl. Freiheit). Der empirische Charakter ist der, durch den die Handlungen eines Wesens als Erscheinungen mit anderen Erscheinungen nach beständigen Naturgesetzen im Zusammenhange stehen und von ihnen als ihren Bedingungen abgeleitet werden könnten. Durch seinen intelligiblen Charakter ist das Wesen zwar die Ursache jener Handlungen als Erscheinungen, er selbst aber steht unter keinen Bedingungen der Sinnlichkeit und ist selbst nicht Erscheinung. Unmittelbar erkennbar ist der transzendentale Charakter nicht, er wird nur als Grund des empirischen gedacht, wir haben von ihm nur einen „allgemeinen Begriff“ als von der „transzendentalen Ursache“ des empirischen Charakters, durch den, als sein „sinnliches Zeichen“, seine „Erscheinung“, er angegeben wird. Durch seinen intelligiblen Charakter ist der Mensch frei, während alle seine Handlungen, als Gegenstände der Erfahrung, determiniert sind, ohne daß ein Widerspruch zwischen zeitloser Freiheit intelligibler Einflußnahme und zeitlich-kausaler Bedingtheit des Handelns besteht, KrV tr. Dial. 2. B. 2. H. 9. Abs. III Kausalität durch Freiheit (I 473 ff.—Rc 607 ff.); ibid. Erläuterung (I 478 f.—Rc 613 f.). Vgl. Mensch, Noumenon, Vernunft, Intelligible Welt, Rasse, Nation, Frau.