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MAD wollte Uwe Mundlos als Informanten anwerben

Uwe Mundlos (l.), hier im Herbst 1996 in Erfurt Uwe Mundlos (l.), hier im Herbst 1996 in Erfurt
Uwe Mundlos (l.), hier im Herbst 1996 in Erfurt
Quelle: dapd
Immer wieder hatten die Geheimdienste Kontakte mit einem der drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder abgestritten. Nun stellt sich heraus: Schon 1995 versuchte der MAD, Uwe Mundlos als V-Mann zu gewinnen.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat Mitte der 90er-Jahre offenbar versucht, das spätere Mitglied des rechtsextremen „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU), Uwe Mundlos, anzuwerben. Das geht aus einer Akte des Bundeswehrnachrichtendienstes hervor. Bisher hatten die Inlandsnachrichtendienste immer wieder betont, man habe nie versucht, eines der drei NSU-Mitglieder als Quelle zu gewinnen. Nun belegen MAD-Unterlagen, dass dies offenbar nicht der Wahrheit entspricht.

Aus der Akte ergibt sich, dass Mundlos während seines Grundwehrdienstes beim Panzergrenadierbataillon 381 im sächsischen Frankenberg von April 1994 bis März 1995 zu einer Gruppe von sechs Soldaten gehörte, die durch ihre rechtsextremistische Gesinnung auffiel. Der MAD beobachtete die Soldaten und fragte Mundlos, ob er sich etwa vorstellen könne, ihm bekannt werdende Anschläge auf Asylbewerberheime zu melden. Mundlos habe dies jedoch abgelehnt.

Geheimdienste in Erklärungsnot

Die Dienste, die ohnehin seit Monaten in der Kritik stehen, geraten damit ein weiteres Mal in Erklärungsnot. Der Vorgang wurde überhaupt erst durch eine Anfrage des Ausschuss-Mitglieds Hans-Christian Ströbele (Grüne) an die Bundesregierung publik. Die Ausschussmitglieder reagierten empört auf den Fund und warfen der Bundesregierung Vertuschung vor.

Kurzfristig luden sie MAD-Präsident Ulrich Birkenheier für eine nicht-öffentliche Befragung am Nachmittag ein. Der wies Fehler von sich. Aufgabe des Ausschusses ist es, Pannen bei der ergebnislosen Fahndung nach der Terrorzelle aufzuzeigen. Der NSU, dem neben Mundlos auch Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt zugerechnet werden, soll zehn Morde begangen haben.

Der Umgang mit Akten spielt eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung: Vor wenigen Wochen war der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, über einen ihm lange verschwiegenen Aktenfund in seiner Behörde gestürzt.

Parlamentarier fühlen sich getäuscht

Der MAD selbst hatte das nun aufgetauchte Material aufgrund von abgelaufenen Löschfristen zunächst nicht mehr in seinem Archiv. Aber die Akte war in den 90er-Jahren an verschiedene Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) sowie das Bundesamt (BfV) weitergereicht worden. Das LfV in Sachsen teilte schließlich am 8. März dieses Jahres dem MAD mit, dass es Hinweise auf die Existenz eines solchen Dokumentes gefunden habe.

Daraufhin bekam auch ein Referatsleiter im für das MAD zuständigen Verteidigungsministerium einen Hinweis, dass ein Mitglied des NSU-Trios vom Dienst „bearbeitet“ worden sei, wie Ausschussvorsitzender Sebastian Edathy (SPD) von der Befragung berichtete.

Erst Anfang August hakte der MAD beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln nach. Die Behörde fand Ende August schließlich die Aktenfragmente. Nun wurde das Innenministerium in Kenntnis gesetzt, das nach Rücksprachen schließlich am 7. September die Herausgabe des MAD-Dokuments genehmigte.

Die Parlamentarier fühlen sich getäuscht. „Es sollte vor uns offenkundig verborgen werden“, sagte Edathy, der Vorsitzende des Gremiums. Ströbele erklärte: „Die Bundesregierung hat uns diese Informationen vorenthalten.“ Andere Ausschussmitglieder wählten die Worte „Skandal“ oder „Vertrauensbruch“.

MAD-Chef weist Darstellungen zurück

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MAD-Chef Birkenheier wies die Darstellungen zu Mundlos nach seiner Befragung zurück: „Der MAD hat zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, ihn als Quelle zu werben.“ Man habe lediglich überprüfen wollen, wie fest dieser im rechten Milieu stecke. Birkenheier gab zudem an, dass das Protokoll bereits im Frühjahr dem Ausschuss zugegangen sei.

Laut Edathy werde dies geprüft. Der Ausschussvorsitzender sagt jedoch, auch für den Fall, dass Birkenheiers Angaben stimmen würden, wäre es nicht hinnehmbar, dass die Behörden solche Unterlagen bei Nachfragen verschweigen würden. Ausschussmitglieder hatten noch im Sommer nach eigener Aussage beim MAD nachgefragt, ob es Material zu dem Trio gäbe. Das wurde damals verneint.

Was wusste Thomas de Maizière?

Der MAD, dessen Existenzberechtigung vor allem von der FDP angezweifelt wird, wird Antworten liefern müssen. Der FDP-Politiker Hartfrid Wolff forderte ein Überdenken der Sicherheitsarchitektur. Unklar ist bisher auch, was Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wusste.

„Es ist unfassbar, dass wir erneut Akten nicht zugeliefert bekommen haben“, sagte Eva Högl, SPD-Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss. „Offensichtlich ist dem Verteidigungsministerium nicht klar, was wir hier im Untersuchungsausschuss machen.“

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