Hermann Otto Solms erhebt Einspruch. Ausgerechnet Solms, der Mann, der nach 41 Jahren in der Partei wie kein anderer die traditionelle FDP verkörpert. Er begehrt gegen die Renaissance eines Kernbegriffs liberaler Wirtschaftspolitik auf, gegen das "Wachstum". "Wir müssen aufpassen, dass wir damit nicht altmodisch wirken", sagt Solms.
Es ist der Morgen des 6. Januar. Auf der Sitzung des FDP-Präsidiums im Stuttgarter Hotel Schlossgarten hat der Vorsitzende Philipp Rösler soeben dem innersten Zirkel dargelegt , wie er seine Partei aus der Misere führen will: indem sie Wachstum propagiert. Ungebremst, unbelastet, euphorisch. Selbst Solms, dem Orthodoxen, geht das zu weit. Von Rösler will er wissen, wie er die verordnete Begeisterung denn begründe. Wolle er Qualität oder, wie früher üblich, allein Quantität? Wachstum wofür, Wachstum wozu? Rösler schiebt Solms Warnung vor der Rückkehr in die Vergangenheit zur Seite. Beim Dreikönigstreffen, dem liberalen Hochamt im Stuttgarter Staatstheater, verkündet er dann: "Wenn alle anderen Parteien sich vom Wachstum distanzieren, braucht Deutschland eine Partei, die sich klar dazu bekennt – die FDP."