Was hat Horst Seehofer da geritten? Eigentlich hatte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef zur Kabinetts-Pressekonferenz geladen. Aber dann zeterte und schimpfte er eine halbe Stunde lang über "die beiden Minister" in Berlin, die nach seiner Sichtweise fast das Aus für das Versandhaus Quelle im bayerischen Fürth verursacht hätten. Seehofer warf ihnen vor, die Verhandlungen über den schließlich am Montagabend gewährten Überbrückungskredit verzögert, und damit das Unternehmen und die Arbeitsplätze unnötig in neue Gefahr gebracht zu haben. "Stümperhaft" und "fahrlässig" sei das gewesen, polterte er.

Pikant an der Schimpfarie: Verantwortlich für das Hin und Her war neben SPD-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) der eigene Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Mann also, den Seehofer selbst vor wenigen Monaten, nach dem Rücktritt von Michael Glos, ins Kabinett nach Berlin entsandte. "Seinen besten Mann", wie er damals sagte.

Doch seitdem hat sich einiges gewandelt. Seehofer beobachtet offenbar mit wachsendem Missvergnügen, wie sich sein Zögling emanzipiert und wie schnell er sich zum Shootingstar der Partei entwickelt hat – neben oder fast über ihm. Seehofer erwähnte ihn in seiner gestrigen Tirade zwar namentlich kein einziges Mal. Aber er schimpfte über Politiker, die auch in einer Insolvenz des bayerischen Versandhauses "eine Chance" sähen. Da wusste jeder, dass zu Guttenberg damit gemeint war, der sich auch schon im Fall Opel für eine Insolvenz ausgesprochen hatte.

Es war nicht das erste Mal, dass Seehofer und Guttenberg aneinanderrasselten. Anfang Juni hatte es bereits einen ähnlichen Disput zwischen ihnen um den Quelle-Mutterkonzern Arcandor gegeben. Auch hier wünschte sich Seehofer ein Engagement des Staates, Guttenberg war zurückhaltender. Auch damals verpasste Seehofer zu Guttenberg eine Watschn, als er den Bundesminister als "großes Politik-Talent" bezeichnete. Das war nicht nett, sondern despektierlich gemeint.

Auch als zu Guttenberg jüngst öffentlich über eine schwarz-grüne Koalitionen auf Bundes- und Bayern-Ebene räsonierte, ließ die Reaktion nicht lange auf sich warten. Er halte "überhaupt nichts" von solchen unausgegorenen Mutmaßungen, konterte Seehofer.

Das sei typisch für den CSU-Chef, sagt ein Parteiinsider. "Seehofer macht gerne klar, wer der Häuptling ist." Er sehe sich als "neuen König von Bayern, der bloß Prinzen neben sich haben möchte". Die hohen Popularitätswerte zu Guttenbergs beobachte er von Bayern aus "mit gemischten Gefühlen", heißt es.

Tatsächlich ist der 37-jährige Wirtschaftsminister rasant emporgestiegen. Er hat sich binnen kurzer Zeit einen Ruf als standfester Ordnungspolitiker erworben, der auch in den Medien zu glänzen weiß. Die Parteibasis verehrt ihn, mehr denn je, seit die SPD-Spitze ihn zur Zielscheibe im Wahlkampf ("Baron aus Bayern") auserkoren hat. Auf Parteiveranstaltungen erhält der junge Minister seither oft mehr Applaus als sein Parteichef. Wer Seehofer kennt, weiß, dass so etwas wurmt.