Wochenlang war über seinen Aufenthaltsort gerätselt worden . Mal wollten Augenzeugen Muammar Gaddafis Konvoi in der Grenzregion zu Algerien gesichtet haben, mal auf dem Weg durch die unendlichen Weiten der libyschen Wüste in Richtung Niger . In Wirklichkeit jedoch hatte sich "Bruder Führer" nach dem Fall von Tripolis am 20. August 2011 in seine Geburtsstadt Sirte geflüchtet.

Alle drei, vier Tage wechselten der Despot und seine zwei Dutzend Getreue ihr Versteck, der 69-Jährige schwankend zwischen Wutausbrüchen und Depression, ständig in panischer Angst vor Luftangriffen der Nato . Unterschlupf fanden sie in verlassenen Häusern, meist ohne Strom, Fernsehen und Radio. Als einzige Verbindung zur Außenwelt blieb Gaddafi ein Satellitentelefon, mit dem er über den irakisch-syrischen TV-Sender Arrai in Damaskus seine Durchhalteparolen verbreitete.

Telefonnummer im Tausch gegen Schonfrist

Und dessen Nummer wurde, so jedenfalls berichtet jetzt der britische Daily Telegraph , vom syrischen Geheimdienst an französische Agenten weitergereicht – "ein außergewöhnlicher Verrat eines nahöstlichen Diktators durch einen anderen". Als Gegenleistung, so zitiert die Zeitung den ehemaligen Geheimdienstchef der libyschen Übergangsregierung, Rami El-Obeidi, habe Bashar al-Assad für sich und sein Regime im Kampf gegen die Massendemonstrationen und die Freie Syrische Armee von Paris eine politische Schonfrist verlangt und zugesichert bekommen.

In Libyen ging laut Daily Telegraph dann alles sehr schnell. Das Satellitenhandy wurde geortet, als Gaddafi mit seinen letzten Getreuen telefonierte – Yusuf Shakir und Ahmed Jibril, einem radikalen Palästinenser, der in Syrien lebt. Am 20. Oktober 2011 gegen acht Uhr vormittags verriet die Satelliten-Peilung die Flucht des Diktators aus der Stadt, eine halbe Stunde später wurde sein Konvoi von Nato-Jets bombardiert.

Beteiligung französischer Agenten

Mindestens ein ausländischer Agent, "höchstwahrscheinlich ein Franzose", sei vor Ort an dem Hinterhalt beteiligt gewesen, meldete ergänzend die italienische Zeitung Corriere della Sera unter Berufung auf westliche Diplomaten in Tripolis . Die Rebellenkämpfer seien gezielt zu dem Fluchtweg von Gaddafis Konvoi dirigiert worden, sagte der Ex-Geheimdienstchef der Rebellen, Rami El-Obeidi. "Französische Agenten spielten eine direkte Rolle bei dem Tod Gaddafis, inklusive seiner Ermordung."

Dagegen lautet die offizielle Version der Nato bisher, der ungewöhnlich große Konvoi Gaddafis sei bei seiner Flucht aus Sirte zufällig von einem Aufklärungsflugzeug entdeckt worden. Der Rest ist bekannt: Durch den Nato-Beschuss gingen in Gaddafis grünem Toyota-Geländewagen die Airbags los. Der Diktator flüchtete zu Fuß weiter und versteckte sich mit seiner vergoldeten Pistole in einem Regenwasserrohr, was unter der Straße durchführte. Dort wurde er von Rebellen geschnappt, verprügelt und anschließend auf dem Weg nach Misrata durch zwei Kopfschüsse getötet.