Die Bundesregierung und insbesondere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stehen möglicherweise vor einer schwierigen Situation: Die Entlassung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert im Zusammenhang mit dem von einem Bundeswehroberst angeordneten Luftschlag nahe des afghanischen Kundus könnte keinen Bestand haben. Möglicherweise müsse sie wieder rückgängig gemacht werden, berichtet die Leipziger Volkszeitung und stützt sich dabei auf eine Einschätzung des Obmanns der Union in einem früheren parlamentarischen Untersuchungsausschuss, Willy Wimmer.

Grund für eine mögliche Wiedereinsetzung des Generals und des Ministerialen ist Wimmer zufolge die Begründung, die mit der Demission der beiden Führungskräfte einhergegangen ist. Guttenberg berief sich dabei auf verheimlichte und unvollständige Information seiner Person durch Schneiderhan und Wichert. Mit der Begründung habe er gegen geltendes Recht verstoßen.

Dies ergebe sich aus den Erfahrungen der Wörner/Kießling-Untersuchung von 1983 und 1984. Der frühere Vier-Sterne-General Günter Kießling war in Zeiten von CDU-Verteidigungsminister Manfred Wörner zu Unrecht in den Verdacht der Erpressbarkeit wegen behaupteter Homosexualität geraten und deshalb vorübergehend aus dem Amt gedrängt worden.

Der Fall beschäftigte auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und die Gerichte. Am Ende der politischen und juristischen Auseinandersetzung war seinerzeit verbindlich festgestellt worden, dass Spitzenbeamte der Regierung zwar jederzeit, jedoch nur ohne Begründung vom Dienstherrn in den vorzeitigen oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können.  

Wimmer, der damals mit im Untersuchungsausschuss vertreten war, sagte der Volkszeitung: "Es müsste zum Rüstzeug jedes Verteidigungsministers gehören, dass die Konsequenzen aus der Wörner-Kießling-Affäre beherzigt werden". Der frühere Obmann erinnerte daran, dass General Kießling seinerzeit nach seiner Entlassung "voll umfänglich" wieder in sein Amt eingesetzt werden musste. "Vor diesem Hintergrund kann ich der Bundesregierung nur dringend raten, noch vor der Arbeitsaufnahme des jetzigen Untersuchungsausschusses Konsequenzen des Tuns des Verteidigungsministers zu überdenken."

Wimmer verbindet seine Erläuterungen mit einem Angriff gegen CSU-Politiker: "Wer wie der unerfahrene Karl-Theodor zu Guttenberg Entlassungen begründet, hat seinen Kopf schon in die Schlinge gelegt". Es sei eben "eine sträfliche Fahrlässigkeit, ein so großes Haus wie das Verteidigungsministerium in die Hände von unerfahrenen oder unfähigen Chefs zu legen", fügte er hinzu.

Neben diesen rechtlichen gibt es auch juristische Bedenken gegen die Entlassung von Schneiderhan und Wichert. So berichteten der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, dass die beiden ihren Minister bereits am 25. November, also einen Tag bevor Guttenberg sie zum Rücktritt zwang, "korrekt und vollständig" informiert, ihn also über weitere Unterlagen neben dem offiziellen Nato-Bericht unterrichtet hätten. Der Verteidigungsminister bestreitet das und begründet, Schneiderhan habe ihm seine Versäumnisse inzwischen sogar schriftlich bescheinigt.