Fast zwei Jahre nach der verheerenden Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zieht die Bundesregierung weitere Konsequenzen aus der Finanzkrise und bringt mit einem Kabinettsbeschluss das wichtigste Finanzgesetz des Jahres auf den Weg. Dabei werden die Institute über eine Bankenabgabe gezwungen, für wirtschaftliche Probleme in ihren Reihen vorzusorgen. Zudem räumt sie der Bankenaufsicht weitreichende Befugnisse ein: Im Ernstfall könnte sie Banken zerschlagen und abwickeln.

Mit dem "Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten" will die Regierung den Banken das Erpressungspotenzial nehmen, sie bei einer drohenden Pleite mit Steuermilliarden zu retten. Der chaotische Lehman-Zusammenbruch im Herbst 2008 hatte weltweit Finanzinstitute ins Trudeln gebracht. Daraufhin war vereinbart worden, keine für das Finanzsystem unverzichtbare Bank mehr Pleite gehen zu lassen und ein auf Banken zugeschnittenes Insolvenzrecht zu entwickeln.

In dem Gesetzentwurf wird ein zweistufiges Verfahren beschrieben, das darauf abzielt, ungeordnete Pleiten zu verhindern und die für das Funktionieren des Finanzsystems zentralen Geschäftsbereiche stark vernetzter Banken weiterzuführen. In einem ersten Schritt kann die Bank selbst ein Sanierungsverfahren initiieren und weitgehend unter Eigenregie abwickeln. Hat die Bankenaufsicht aber Zweifel, dass dieser Weg zum Erfolg führt, kann sie gegen den Willen von Vorstand und Aktionären die Führung des Instituts übernehmen und ein Reorganisationsverfahren anordnen. Dabei reichen ihre Befugnisse künftig so weit, dass sie systemrelevante Teile aus einer Bank heraustrennen, auf einen privaten Erwerber oder eine staatliche Brückenbank übertragen kann. Der Rest könnte dann in die Insolvenz gehen. 

Um die systemrelevanten Teile der Bank zu sanieren oder zumindest so abzuwickeln, dass andere Institute nicht ebenfalls in Schieflage geraten, stehen dem Staat in Zukunft die Mittel aus dem sogenannten Restrukturierungsfonds zur Verfügung. Diesen verwaltet die Finanzmarkt-Stabilisierungs-Anstalt (FMSA), die schon den Bankenrettungsfonds Soffin kontrolliert. In den neuen Fonds zahlen alle Banken ein: private, Landesbanken, Sparkassen und Genossenschaften sowie Spezialinstitute wie Immobilienbanken. Die Höhe richtet sich nach Größe, Geschäftsfeldern und Vernetzung sowie der individuellen Risiken der betroffenen Bank.

Ganz aus der Haftung nimmt das Gesetz die Steuerzahler allerdings nicht: Sollten die Mittel des Fonds nicht ausreichen, springt der Bund mit Krediten und Garantien ein. Dazu sollen Mittel aus dem bisherigen Bankenrettungsfonds Soffin, die nicht gebraucht wurden, umgewidmet werden. So sollen 20 Milliarden Euro an Krediten und 100 Milliarden Euro an Garantien für die neue Bankenrettung zur Verfügung stehen. Ab 2013 soll der Bankenfonds den Soffin-Rettungsschirm endgültig ablösen.

Der Gesetzentwurf soll in einem beschleunigten Verfahren bis zum Jahresende von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. In anderen europäischen Ländern wird an ähnlichen Verfahren gearbeitet, die von den Regierungen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer auf Weltfinanzgipfeln verabredet worden waren. Für die Bundesregierung ist das deutsche Modell auch Vorbild für die Einführung einer europäischen Bankenabgabe.