„Roger Bacon“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Roger-bacon-statue.jpg|mini|Statue Roger Bacons, [[
'''Roger Bacon''' (* um
== Leben ==
Roger Bacons Familie entstammte der oberen Mittelschicht, jedoch wurde während der Herrschaft [[Heinrich III. (England)|Heinrichs III.]] das Vermögen beschlagnahmt und zahlreiche Mitglieder der Familie wurden ins Exil vertrieben.
Roger Bacon studierte an der [[University of Oxford|Universität Oxford]], hielt dann Vorlesungen über [[Aristoteles]] und [[Pseudo-Aristoteles|pseudo-aristotelische]] Schriften. Er wurde vermutlich 1233 [[Bachelor|Baccalaureus]] und ging nach Frankreich, um als Vertreter des [[Aristotelismus]] an der [[Universität von Paris]] zu arbeiten, die das damalige Zentrum des intellektuellen Lebens in Europa war. An der [[Fakultät (Hochschule)|Fakultät]] der ''Artes'' hielt er zwischen 1242 und 1245 als ''Magister artium'' vielbesuchte Vorlesungen. Etwa 1246 kehrte er nach Oxford zurück. Er schloss zwischen 1247 und 1251 Freundschaft mit einflussreichen Personen wie [[Adam de Marisco]] (Adam Marsh) und [[Robert Grosseteste]],
Nachdem er sich rund zehn Jahre lang intensiv mit seinen Forschungen beschäftigt hatte, kehrte er nach Paris zurück und trat – körperlich und seelisch erschöpft – 1257 dem Franziskanerorden bei. Dort allerdings geriet er bald in Verdacht, „gefährliche“ Lehren zu verbreiten, und wurde unter strenge Aufsicht gestellt. Wieder im Pariser Konvent, geriet er in Konflikt mit der Weisung des [[Bonaventura
Etwa 1278 wurde er unter Arrest gestellt; die Gründe waren wohl seine ungezügelten Angriffe gegen die [[Scholastik]]er und sein Hang zum [[Mystik|Mystizismus]] (insbesondere zu den [[Prophezeiung]]en des [[Joachim
== Leistung ==
[[Datei:Roger Bacon optics01.jpg|mini|Buchseite über Optik aus Roger Bacons ''Opus maius'' aus dem Jahr 1267]]
=== Überwindung der Scholastik ===
Die wissenschaftliche Ausbildung, die Bacon genossen hatte, resultierte aus dem Studium der arabischen Autoren des Mittelalters, die Aristoteles (bzw. die ihm zugeschriebenen Schriften) als den Größten ansahen. Sie zeigten die Mängel der akademischen Ausbildung im [[
Bacon hatte sich aus arabischen und griechischen Schriften sowie durch eigene Beobachtung eine ungewöhnliche Kenntnis der Wissenschaften angeeignet und versuchte, auf diesen Grundlagen ein System der Erfahrungsphilosophie zu errichten, das er der Scholastik entgegensetzte. Bacon empfahl das Erlernen der arabischen Sprache, da an arabischen Hochschulen ein sehr großes Wissen herrschte. Bacon nannte vier ''offendicula'' (Hindernisse), die uns den Weg zur wahren Naturerkennung versperren: 1. Respekt vor Autoritäten, 2. Gewohnheit, 3. Abhängigkeit von den marktgängigen Meinungen der Menge und 4. Unbelehrbarkeit unserer natürlichen Sinne (insofern war er ein Vorgänger seines Namensvetters Sir [[Francis Bacon]]).
Er lehnte schließlich die [[Scholastik]] völlig ab. Der einzige Dozent, den er anerkannte, war „Petrus de Maharncuria Picardus“ bzw. „Petrus aus der Picardie“ (vermutlich identisch mit dem Mathematiker [[Petrus Peregrinus de Maricourt
Bereits in seinen Schriften für Clemens IV. rief Bacon zu einer [[Reform]] des theologischen Studiums auf. Philosophische Haarspaltereien sollten weniger betont werden, als es in der Scholastik der Fall war. Stattdessen sollte die Bibel selbst wieder in den Mittelpunkt rücken. Das Studium der heiligen Schrift sollte in der originären Sprache erfolgen. (Die Fehlübersetzungen und Fehlinterpretationen waren Legion.) Ferner drängte er daher die Theologen, die ''gesamten'' Wissenschaften zu studieren, um sie der universitären Ausbildung hinzuzufügen.
=== Erkenntnisse als Forscher ===
Bacon wies die blinde Gefolgschaft früherer Autoritäten von sich, nicht nur in theologischer, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht. Sein ''Opus maius'' enthielt Kapitel über [[Mathematik]] und [[Optik]], [[Alchemie]] und die Herstellung von [[Schwarzpulver]] (das bei ihm eine der frühesten Erwähnungen im lateinischen Westen fand und dessen Anwendung in Kinder-Feuerwerkskörpern erwähnt wurde) sowie die Position und Größe von [[Himmelskörper]]n. Er beschrieb richtig die Gesetze der [[Reflexion (Physik)|Spiegelung]] und der [[Brechung (Physik)|Lichtbrechung]], untersuchte das Zustandekommen des [[Regenbogen]]s sowie den Zusammenhang der [[Gezeiten]] mit der Mondposition.
Auch die [[Brille]] soll er – basierend auf Vorarbeiten von [[Alhazen]] – erfunden haben. Zumindest berichtete er 1276 über eine vergrößernde Wirkung von Glaskugelteilen.<ref>Carl Hans Sasse: ''Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle'' (= ''Bücherei des Augenarztes.'' Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 56.</ref> Zugleich soll er Erfindungen wie das [[Mikroskop]], das [[Teleskop]], fliegende Maschinen ([[Ornithopter]])<ref name="EpistolaDeSecretis1618" /> und Dampfschiffe vorausgesagt haben.
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Er galt zwar als Befürworter empirischer und experimenteller Methoden (Scientia experimentalis), was aber durchaus auch „magisch“ motivierte Praktiken umfasste, denn an der Wirksamkeit [[Magie|magischer]] Praktiken zweifelte Bacon ebenso wenig wie seine Zeitgenossen; es sei aber schwierig, meinte er, zwischen Magie und (empirischer) Wissenschaft zu unterscheiden. Er glaubte, dass die Himmelskörper Einfluss auf das Schicksal und den Geist der Menschen ausübten. Das behauptete er auch in seiner Alchemie, deren Hauptziel die Erzeugung von Medikamenten und die Verlängerung des Lebens war und dazu die Herstellung eines Körpers mit perfekt ausbalancierten Element-Qualitäten (Corpus aequalis complexionis), dessen Unzerstörbarkeit sich auch auf den menschlichen Körper übertragen sollte.<ref>William R. Newman, Roger Bacon, in: [[Claus Priesner]], [[Karin Figala]]: Alchemie. Lexikon einer hermetischen Wissenschaft, Beck 1998, S. 68.</ref><ref>E. Withington: ''Roger Bacon and Medicine.'' In: A. G. Little (Hrsg.): ''Roger Bacon Essays [...].'' Oxford 1914, S. 337–258.</ref> Seine alchemisch zubereiteten Medikamente hatten unter anderem Blut und Quecksilber als Basis und auf diesem Gebiet war er von Pseudo-Aristotelischen Schriften, Avicenna bzw. diesem zugeschriebene Schriften und [[Artephius]] beeinflusst, alles Schriften, die ursprünglich aus dem arabischen Raum kamen und damals auch im lateinischen Westen bekannt wurden. Er übte einen beträchtlichen Einfluss auf die Alchemie bis in die frühe Neuzeit aus, wobei ihm eine größere Anzahl an Schriften fälschlicherweise zugeschrieben wurde.
Bacon kritisierte den [[Julianischer Kalender|julianischen Kalender]], der damals noch benutzt wurde, und machte
== Zitate ==
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In seinem Hauptwerk ''Opus maius'' heißt es über die Rolle der Mathematik:<ref>Zitiert aus: [[Rupert Lay]]: ''Die Ketzer, Von Roger Bacon bis Teilhard'', Albert Langen·Georg Müller Verlag 1981, S. 33.</ref>
{{Zitat
|Text=Alle Dinge des Himmels
Über die Bedeutung der Erfahrung und des Experimentes sagte Bacon:<ref>Zitiert aus: [[Rupert Lay]]: ''Die Ketzer, Von Roger Bacon bis Teilhard'', Albert Langen·Georg Müller Verlag 1981, S. 34f.</ref>
{{Zitat
|Text=In den Naturwissenschaften kann man ohne [[Erfahrung]] und [[Experiment]] nichts Zureichendes wissen. Das Argument aus der Autorität bringt weder Sicherheit, noch beseitigt es Zweifel. [
Ein Beispiel seiner technischen Voraussagen ist in ''Epistola de secretis operibus artis et naturae'' zu finden:
Zeile 58:
Bacon wurde und wird mitunter als (Mit-)Urheber des sogenannten [[Voynich-Manuskript]]s angesehen.
Der [[Mondkrater]] [[Baco (Mondkrater)|Baco]] (deutsche Form von Bacon) und der [[Asteroid]] [[(69312) Rogerbacon]] wurden nach ihm benannt.
Im [[Maximilianeum]] wurde Bacon ein Gemälde gewidmet, das sich an der Wand im Akademiesaal befindet.
== Literatur ==
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