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„Textilie“ – Versionsunterschied – Wikipedia
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Die [[Jungsteinzeit]] ging einher mit der [[Domestizierung]] von Pflanzen und Tieren und der Nutzbarmachung ihrer Eigenschaften. Textilreste Mitteleuropas sind bis in die Zeit des [[Spätneolithikum]]s jedoch nach wie vor nur aus Pflanzenfasern überliefert ([[Lein]] bzw. [[Flachsfaser]], [[Hanf]], Gehölzbast). Die bereits im 6. Jahrtausend v. Chr. in Südosteuropa ([[Sesklo]]-Kultur) und dem [[Vorderer Orient|Vorderen Orient]] auftretenden [[Spinnwirtel]] aus gebranntem Ton belegen das Spinnen. Tönerne Spinnwirtel gibt es vereinzelt auch in der mitteleuropäischen [[Linearbandkeramische Kultur|Bandkeramik]]. Es ist jedoch unklar, ob diese ausschließlich für die Verarbeitung von Pflanzenfasern gedient haben oder bereits auch für das Spinnen von Tierhaaren bzw. [[Wolle]].
 
Die Existenz von [[Weben|Webtechniken]] kann indirekt bereits für das 7.&nbsp;vorchristliche Jahrtausend bewiesen werden, da webmusterartige geometrische Wandbemalungen im türkischen [[Tell (Archäologie)|Tell]] von [[Çatalhöyük]] stark an gewebte [[Kelim]]s erinnern. Von einer Bestattung in Haus VI&nbsp;1 von Çatalhöyük gibt es einen verkohlten Weberest, der auf etwa 6000 v.&nbsp;Chr. datiert und heute im [[Museum für anatolische Zivilisationen]] in [[Ankara]] aufbewahrt wird. Diese Reste wurden erst 2021 als Eichenbast identifiziert.<ref>Rast-Eicher, A., Karg, S., & Bender Jørgensen, L.: The use of local fibres for textiles at Neolithic Çatalhöyük. Antiquity, 95(383), 2021, S. 1129–1144. doi:10.15184/aqy.2021.89</ref> Ein weiterer früher Gewebefund aus dieser Region ist aus [[Cayönü]] bekannt. Eindrücke von Geweben in Tonwaren aus dem 7.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr. liegen aus [[Jarmo]] im nördlichen Irak vor. Nach einer Vermutung des Grabungsleiters [[James Mellaart]] seien in Schicht VI des Tells von Çatalhöyük die ältesten Reste von [[Filz]] gefunden worden.<ref>E.&nbsp;J.&nbsp;W. Barber: ''Prehistoric textiles: the development of cloth in the Neolithic and Bronze ages with special reference to the Aegean.'' Princeton University Press, 1991, ISBN 0-691-03597-0, S.&nbsp;215–216</ref> Diese Reste wurden erst 2021 als Eichenbast identifiziert.<ref>Rast-Eicher, A., Karg, S., & Bender Jørgensen, L.: The use of local fibres for textiles at Neolithic Çatalhöyük. Antiquity, 95(383), 2021, S. 1129–1144. doi:10.15184/aqy.2021.89</ref> Auch die ab etwa 6000 v.&nbsp;Chr. übliche Keramikbemalung, die sich von Anatolien über Südosteuropa ([[Sesklo]], [[Karanowo-Kultur]], [[Vinča-Kultur]]) bis nach Mitteleuropa (Bandkeramik) ausbreitete, weist zumeist geometrische Muster auf, wie sie für Webtechniken typisch sind. Da in Fundstellen dieser Kulturen keine tönernen Webgewichte gefunden wurden, wird die Verwendung kleiner, mobiler Webrahmen angenommen. Die älteste Abbildung eines horizontalen Webrahmens ist als Ritzzeichnung auf der Innenseite einer Keramikschale vom Fundplatz [[Badari-Kultur|Badari]] ([[Ägypten]]) erhalten und wird auf etwa 4400 v.&nbsp;Chr. datiert. Bei dem dort gezeigten Webgerät handelt es sich um einen einfachen Pflockwebstuhl.<ref>G. Vogelsang-Eastwood: ''Textiles.'' In: P.&nbsp;T. Nicholson and I. Shaw (Hrsg.): ''Ancient Egyptian Minerals and Technology.'' Cambridge University Press. Cambridge, 2000, ISBN 978-0-521-45257-1, S.&nbsp;268–298.</ref><ref>[http://www.reshafim.org.il/ad/egypt/timelines/topics/flax.htm#rem9 Ancient Egypt: Flax – harvest, linen production] (Engl. Website, abgerufen am 9. Januar 2011)</ref> Die Schale (Badari, Grab 3802) wird zusammen mit etwa gleich alten Leinresten im Londoner [[Petrie Museum of Egyptian Archaeology]] ausgestellt.
 
Erst im [[Spätneolithikum]] (ab etwa 3500 v.&nbsp;Chr.) kann – mit tönernen [[Webgewicht]]en – für Mitteleuropa der archäologische Nachweis des [[Gewichtswebstuhl]]s erbracht werden. Hier ist jedoch nach wie vor unklar, ob neben pflanzlichen Fasern bereits Wolle gewebt wurde. Erste Hinweise auf Verarbeitung von [[Schafwolle]] gibt es in Mitteleuropa bei spät- bzw. [[Endneolithikum|endneolithischen]] Kulturen (um 3000 v.&nbsp;Chr.), zum Beispiel in der ostbayerischen [[Chamer Kultur]]. Einen Beweis für die gezielte Haltung von Wollschafen bietet die veränderte Demographie spätneolithischer Schafherden, da dort eine Zunahme älterer Hammel zu verzeichnen ist. Zu den seltenen direkten Belegen gehören Wollhaare in der französischen Seeufersiedlung [[Clairvaux-les-Lacs]] (frühes 3.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.) sowie Wollreste an einem endneolithischen Feuersteindolch aus [[Wiepenkathen]], einem Ortsteil von [[Stade]].<ref>Katharina von Kurzynski: ''„… und ihre Hosen nennen sie bracas“, Textilfunde und Textiltechnologie der Hallstatt- und Latènezeit und ihr Kontext.'' Internationale Archäologie, Band 22, VML Verlag, Espelkamp 1996, ISBN 978-3-924734-40-4, S.&nbsp;20–22.</ref>