Der Juye-Vorfall (chinesisch: 曹州
Das Missionsgelände, auf dem sich der Vorfall ereignete, befand sich im Dorf Zhang Jia (vereinfachtes Chinesisch: 张家
Weniger als zwei Wochen nach dem Juye-Vorfall nutzte das Deutsche Reich die Morde an den Missionaren als Vorwand, die Konzession der Kiautschou-Bucht an der Südküste von Shandong zu beschlagnahmen. Unter deutscher Drohung mit Kanonenbooten war die Qing-Regierung auch gezwungen, viele Shandong-Beamte (einschließlich Gouverneur Li Bingheng) von ihren Posten zu entfernen und drei katholische Kirchen in der Region zu bauen (in Jining, Caozhou und Juye), auf eigene Kosten.[11] Bischof Johann Baptist von Anzer hatte zuvor, weil seine „Mission in China unter dem Schutze des Deutschen Reiches steht“, „den Schutz Sr. Majestät des deutschen Kaisers“ angerufen, „und zum Schutze meiner Mission hat Kaiser Wilhelm den Hafen von Kiüo-Tschau besetzt und solche Maßregeln getroffen, die geeignet sind, künftig Leben und Eigenthum der deutschen Missionäre zu schützen“.[12]
Die angegriffene Mission erhielt ebenfalls 3.000 Taels Silber als Entschädigung für gestohlenes oder beschädigtes Eigentum und erhielt das Recht, sieben befestigte Wohnhäuser in der Gegend zu errichten, ebenfalls auf Kosten der Regierung.[13] Diese Siedlung stärkte die Missionsarbeit in der südlichen Provinz Shandong und war Teil der Ereignisse, die zum Boxeraufstand (1899/1900) führten, einer Bewegung, die sich gegen die christliche und ausländische Präsenz in Nordchina richtete.[14] In Nachahmung Deutschlands begannen andere Mächte (Russland, Großbritannien, Frankreich und Japan) ein Gerangel um Konzessionen, um ihren eigenen Einflussbereich in China zu sichern.[15]
Der Historiker Paul Cohen hat den Juye-Vorfall den Eröffnungskeil in einem Prozess stark verstärkter imperialistischer Aktivitäten in China genannt[16] und Joseph W. Esherick kommentiert, dass die Morde in Juye eine Kette von Ereignissen ausgelöst haben, die den Verlauf der chinesischen Geschichte radikal verändert haben.[17]
Literatur
Bearbeiten- Anthony E. Clark (2011): China's Saints: Catholic Martyrdom During the Qing (1644–1911). Bethlehem, ISBN 978-1-61146-016-2.
- Paul Cohen: (1997): History in Three Keys: The Boxers as Event, Experience, and Myth. New York, ISBN 0-231-10650-5.
- Joseph W. Esherick (1987): The Origins of the Boxer Uprising. Berkeley, ISBN 0-520-06459-3.
- Georg Maria Stenz (1915): Life of Father Richard Henle, S.V.D. missionary in China. Assassinated November 1, 1897. Techny.
- R. G. Tiedemann (2007a): The Church Militant: Armed Conflicts between Christians and Boxers in North China. in: Robert Bickers und R. G. Tiedemann (Hrsg.): The Boxers, China, and the World. Plymouth, S. 17–41, ISBN 978-0-7425-5395-8.
- R. G. Tiedemann (2007b): Not Every Martyr is a Saint! The Juye Missionary Case of 1897 Reconsidered. in: Noël Golvers and Sara Lievens (Hrsg.): A lifelong dedication to the China mission. Essays presented in honor of Father Jeroom Heyndrickx, CICM, on the occasion of his 75th birthday and the 25th anniversary of the F. Verbiest Institute, K.U. Leuven. Leuven, S. 589–618, ISBN 90-801833-8-5.
- Catholic Cyclopaedia: Chinese Martyrs
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Der ermordete Missionär Richard Henle. In: Der St. Pöltner Bote. Lokalblatt von St. Pölten und dem Kreise O. W. W. / St. Pöltner Bote / St. Pöltner Zeitung. Gegründet als „St. Pöltner Bote“. (Organ des Bauernvereines für das Viertel ober dem Wienerwalde), 14. April 1898, S. 1 (online bei ANNO).
- ↑ Ermordung katholischer Missionäre in China. In: Wiener Bilder, 12. Dezember 1897, S. 9 (online bei ANNO).
- ↑ Ermordete Missionäre in China. In: Grazer Volksblatt, 7. November 1897, S. 6 (online bei ANNO).
- ↑ Chronik. Asien. In: Monatsschrift für den Orient, Jahrgang 1898, S. 28 (online bei ANNO).
- ↑ Stenz 1915
- ↑ Stenz 1915
- ↑ Stenz 1915
- ↑ Esherick 1987
- ↑ Clark 2011. S. 52.
- ↑ Stenz 1915
- ↑ Esherick 1987 S. 131.
- ↑ Bischof Anzer in Amerika. In: Das Vaterland, 22. März 1898, S. 11 (online bei ANNO).
- ↑ Tiedemann 2007a, S. 27–28.
- ↑ Esherick 1987, S. 134–35; Cohen 1997, S. 21.
- ↑ Esherick 1987, S. 129–30.
- ↑ Cohen 1997, S. 21
- ↑ Esherick 1987, S. 123.