Privatschule

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Eine Privatschule ist eine Schule in freier Trägerschaft, nicht in der Trägerschaft des Staates. Private Schulen sind somit keine öffentlichen Schulen.

Die Träger können kirchliche Organisationen, Gewerkschaften, Vereine, Privatpersonen und sonstige Gesellschaften sein. Gründe für die Bildung von Privatschulen sind besondere Kapitalinteressen, Weltanschauungen oder andere erzieherische Konzepte (Freie Alternativschulen). Der älteste Privatschulverband ist der Verband Deutscher Privatschulverbände (VDP).

Leistungen der Privatschulen

Bei der Betrachtung der PISA-Ergebnisse 2006 (Naturwissenschaften) ließ sich feststellen, dass in den meisten Ländern Privatschulen öffentlichen Schulen zwar tatsächlich überlegen waren, dies jedoch ausschließlich daran lag, dass sie eine anders zusammengesetzte Schülerschaft hatten. Rechnet man jedoch die Effekte des familiären und sozioökonomischen Hintergrunds der Schülerschaft statistisch heraus, so erweisen sich in den meisten betrachteten OECD-Ländern (so auch in Deutschland) die öffentlichen Schulen als den Privatschulen überlegen, in einigen erweisen sie sich als gleichwertig und nur in einem Land (Kanada) erweisen die Privatschulen sich als überlegen.[1]

Anteil der Schüler an Privatschulen

Je nach Land schwankt der Anteil der Schüler, die eine private Schule besuchen stark. Im OECD-Durchschnitt lag er 2006 bei 14 %. In Deutschland war er niedriger und lag bei 6 % und in der Schweiz bei 5 %. Zu den europäischen Ländern, in denen Privatschulen relativ verbreitet sind zählten 2006 die Niederlande (67 % der Schüler besuchen eine Privatschule, sämtliche niederländische Privatschulen sind jedoch finanziell vom Staat abhängig), Irland (58 % der Schüler besuchen eine Privatschule), Spanien (35% der Schüler besuchen eine Privatschule) und Dänemark (24 % der Schüler besuchen eine Privatschule).[2]

Privatschulen in Großbritannien

Sieben Prozent der britischen Schulkinder gehen in Public schools, deren Kosten mitunter höher sind als ein durchschnittliches Jahresgehalt. Die Bezeichnung Public school geht auf Stipendien zurück, die ein hoher Prozentsatz der Schüler bezieht und die anders als früher, ganz überwiegend die akademische Leistung würdigen. Im 18. und 19. Jahrhundert hatten Adelige ihre Kinder in Public Schools geschickt unter der Prämisse, dass diese es nie nötig haben sollten, selbst etwas zu verdienen. Im 19. Jahrhundert wies der Lehrplan von Eton College etwa die Fächer alte Sprachen (Latein und Griechisch), Mathematik und neue Sprachen im Verhältnis 15:3:1 auf. [3]

Privatschulen in der Schweiz

In der Schweiz wird das öffentliche Bildungssystem als ausreichend empfunden. Die häufigsten Privatschulen sind Waldorfschulen. Dazu gibt es Bildungseinrichtungen, dank welcher Menschen ihre Matura nachholen oder sich auf eine bestimmte Eintrittsprüfung vorbereiten können.

Grundsätzlich kann jede Person in der Schweiz eine Privatschule eröffnen. Qualitätsstandards und andere Vorschriften gibt es keine, solange die Schule keine staatlichen Gelder erhält und auch keine Kinder innerhalb der obligatorischen Schulzeit unterrichtet. Die Interessen der schweizerischen Privatschulen werden durch deren Verband VSP wahrgenommen, in dem auch praktisch alle bekannten Schweizer Privatschulen Mitglied sind.

Privatschulen in Deutschland

Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft (auch Privatschulen genannt) wird durch Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes ausdrücklich gewährleistet. Der hohe Rang der Gewährleistung (Art. 7 GG zählt zu den Grund- und Menschenrechten) resultiert aus der Erfahrung im Nationalsozialismus. Um eine Gleichschaltung der Bildung zu vermeiden, wird das Bestandsrecht von Schulen in freier Trägerschaft garantiert.

Um dieses grundgesetzlich gedeckte Recht auf Gründung von 'Schulen in freier Trägerschaft' nicht ins Leere laufen zu lassen, verpflichtet sich der Staat dazu, die Gründung von Privatschulen zu unterstützen. Die Höhe der Zuschüsse, und die daraus resultierende Höhe des Schulgeldes, sind umstritten und schon mehrfach Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen gewesen. (Siehe dazu auch Sonderungsverbot). Da das Schulwesen in Deutschland in der Hoheit der Länder liegt, gibt es in jedem Bundesland andere Bedingungen für Schulen in freier Trägerschaft. In allen Bundesländern werden jedoch ein Großteil der Kosten für das Lehrpersonal, teilweise nach einer Gründungskarenzzeit (z.B. 2 Jahre), durch das Land übernommen. Es gab bereits Fälle insolventer Privatschulen, einesteils trotz der öffentlichen Finanzierung, zumeist jedoch in den ersten Jahren, bevor die Förderung einsetzt.[4]

Man unterscheidet Ersatzschulen, Ergänzungsschulen und sonstige Bildungsmaßnahmen.

Ersatzschulen

Wenn Privatschulen anerkannte Abschlüsse (zum Beispiel Abitur, Realschulabschluss, Wirtschaftsschulabschluss) vergeben wollen und/oder durch ihren Besuch die Schulpflicht erfüllt werden soll, dann handelt es sich um Ersatzschulen, deren Besuch den Besuch einer entsprechenden staatlichen Schule ersetzt. Ersatzschulen bedürfen einer eigenen staatlichen Anerkennung oder Genehmigung und sind der staatlichen Aufsicht unterworfen.

Solche Privatschulen erhalten eine staatliche Refinanzierung je nach Landesrecht. Die Pflicht zur Förderung der Privatschulen resultiert aus Art. 7 GG., zu ihrer Höhe siehe Abschnitt „Finanzierung“.

Aus Gründen der Vergleichbarkeit der Abschlüsse sollte die staatliche Kontrolle überall greifen, sie ist allerdings nicht überall gleich stark. So erhielten früher Lehrer an Ersatzschulen nur dann eine Unterrichtsgenehmigung, wenn ihre Ausbildung der Ausbildung vergleichbarer Lehrer an öffentlichen Schulen entsprach. Wegen Lehrermangel werden seit einigen Jahren auch Lehrkräfte ohne entsprechende Ausbildung eingesetzt, sofern dies ebenso an staatlichen Schulen geschieht. Staatlich anerkannte Ersatzschulen führen in Eigenregie wie staatliche Schulen die Abschlussprüfungen nach Vorgabe des Kultusministeriums durch, da sie staatliche Hoheitsrechte mit der Anerkennung übertragen bekommen haben. Genehmigte Ersatzschulen, in Nordrhein-Westfalen anerkannte Ergänzungsschulen, besitzen diese Hoheitsrechte nicht, ihre Schüler müssen daher sogenannte Externenprüfungen ablegen um ein entsprechendes staatliches Zeugnis zu erhalten. Mitunter wird bei Prüfungen durch den Staat ein externer Prüfungsausschuss-Vorsitzender, z.B. der für die Schule zuständige Oberschulrat, bestimmt. Die genaue Regelung unterliegt hier, wie immer beim Bildungsrecht, den einzelnen Bundesländern. Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes verlangt ausdrücklich, dass "eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird" und macht dies zur Voraussetzung für die Erteilung einer Anerkennung oder Genehmigung.

Ergänzungsschulen

Ergänzungsschulen sind Schulen in freier Trägerschaft, die keine Ersatzschulen sind. Schüler, die eine Ergänzungsschule besuchen, erfüllen dadurch in der Regel nicht die Schulpflicht (außer in Nordrhein-Westfalen auf staatlich anerkannten Ergänzungsschulen. Diese Besonderheit gibt es, weil in Nordrhein-Westfalen nicht zwischen anerkannten und genehmigten Ersatzschulen unterschieden wird und die anerkannte Ergänzungsschule die Funktion der genehmigten Ersatzschule in den anderen Bundesländern übernimmt.) In einigen Bundesländern besteht die Möglichkeit, dass Schüler, die eine Ergänzungsschule besuchen, von der Schulpflicht befreit werden. Ergänzungsschulen müssen nicht staatlich genehmigt werden. Ihre Eröffnung muss den staatlichen Behörden lediglich angezeigt werden.

Ergänzungsschulen bereichern das Schulwesen durch neue Bildungsgänge. So finden sich insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung viele Ergänzungsschulen, für die es keine Entsprechungen bei staatlichen Schulen gibt, z.B. die einjährige Höhere Berufsfachschule, Sprachschulen, Schauspielschulen oder Dolmetscherschulen.

Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen Privatschulen die schulische Versorgung in Regionen, in denen der Staat noch nicht in der Lage war, für eine ausreichende Zahl von Schulplätzen zu sorgen, z. B. in dem Eifelstädtchen Prüm.

Als Folge des sogenannten Pillenknicks und einer gegen Privatschulen eingestellten Grundstimmung in der Bevölkerung mussten in den 1980-er Jahren viele Privatschulen schließen. Es zeigte sich aber, dass insbesondere die alteingesessenen und renommierten Privatschulen mit ihren langjährigen Erfahrungen in der pädagogischen Arbeit gestärkt aus der Krise hervorgingen.

Die Privatschule ist in Deutschland ein Randphänomen. Dagegen gibt es sie in Irland, Dänemark, den Niederlanden, den USA und in Großbritannien recht häufig. Auch in Frankreich und Spanien besucht ein beträchtlicher Teil der Schüler der Primar- und Sekundarstufe Privatschulen, die fast ausschließlich in kirchlicher Trägerschaft sind. Es gibt auch Privatschulen für schwer erziehbare Kinder (auch bekannt als „Anstalten“). Im Mittelalter war die Privatschule üblich, meistens gab es gar keine anderen Schulen, so dass die Kinder reicher Eltern auf Klosterschulen geschickt wurden.

Freie Unterrichtseinrichtungen

Freie Unterrichtseinrichtungen zählen im allgemeinen Sprachgebrauch nicht zu den Privatschulen. Es handelt sich hierbei um Unterrichtseinrichtungen wie Musik-, Tanz-, Karate- oder Judoschulen.

Studie 2006

Nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes vom 28. Dezember 2006 werden immer mehr deutsche Kinder an Privatschulen unterrichtet. Seit 1992 ist die Zahl der Privatschüler um mehr als die Hälfte (52 Prozent) auf insgesamt 873.000 im Schuljahr 2005/06 gestiegen. Auch die Zahl der Privatschulen hat zugenommen: Im Schuljahr 2005/06 gab es 4637 private allgemeinbildende und berufliche Schulen. Das sind 43,5 Prozent mehr als 1992 und 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die wenigsten Privatschüler gibt es in Schleswig-Holstein (3,3 Prozent), die meisten in Sachsen (11,4 Prozent). Die größte Gruppe unter den Privatschülern stellen die Gymnasiasten mit 40,4 Prozent.

Finanzierung und steuerliche Berücksichtigung

In Deutschland

Privatschulen finanzieren sich zum Teil aus dem staatlichen Finanzausgleich für Ersatzschulen, der je nach Bundesland verschieden hoch ist und bestimmten Bedingungen unterliegen kann, so etwa der Kostenfreiheit des Schulbesuchs. Des Weiteren finanzieren sie sich aus Schulgeld, Beiträgen schulspezifischer Fördervereine und Spenden.[5]

Bis 2008 konnten in Deutschland 30 % der Kosten für Privatschulen ohne Begrenzung als steuerliche Sonderausgaben geltend gemacht werden. Ab 2009 können weiterhin 30 % der Kosten, höchstens aber 5000 Euro pro Jahr und Kind geltend gemacht werden.[6]

Literatur

  • Reiner Tillmanns: Die Freiheit der Privatschulen nach dem Grundgesetz. in: Heft 62 der Gelben Reihe Pädagogik und freie Schule, Köln 2006
  • Christian Füller: Ausweg Privatschulen? Was sie besser können, woran sie scheitern, edition Körber-Stiftung, Hamburg 2010

Einzelnachweise

  1. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: "PISA 2006 - Schulleistungen im internationalen Vergleich - Naturwissenschaftliche Kompetenzen für die Welt von Morgen". 2007. Bertelsmann Verlag, S. 268 - 270
  2. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: "PISA 2006 - Schulleistungen im internationalen Vergleich - Naturwissenschaftliche Kompetenzen für die Welt von Morgen". 2007. Bertelsmann Verlag, S. 269
  3. Privatschulen in England - FAZ 27. Juni 2009, S. Z1,2
  4. www.schulen-vergleich.de Risiko: Finanzierung
  5. Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.: Wie finanzieren sich Privatschulen?
  6. Barbara Brandstetter in Welt Online: Wie sich der Staat am Schulgeld beteiligt, 13. Februar 2009

Siehe auch

Wiktionary: Privatschule – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen