Grasbrook
Der Grasbrook (auf älteren Karten auch als Hamburger Brook, Neuer Brook oder nur Brook bezeichnet) war eine sumpfige Insellandschaft im Urstromtal der Elbe vor Hamburg, die bis in das 19. Jahrhundert hauptsächlich als Viehweide diente. Mit der Stadt verbunden war er über das Brooktor und die dazugehörige Brücke, in etwa bei der heutigen Kornhausbrücke. Die Insel war nie eingedeicht und somit immer vom Hochwasser der Elbe und von Sturmfluten bedroht.
Am westlichen Ende des Grasbrooks befand sich lange Zeit der für die Hinrichtung von Seeräubern bestimmte Richtplatz von Hamburg, auf dem bis 1624 mindestens 428 Seeräuber enthauptet wurden. Unter ihnen waren auch die Vitalienbrüder, Klaus Störtebeker und Gödeke Michels.[1] Zahlreiche Schädel mit typischen Pfählungs-Verletzungen wurden später beim Bau der Speicherstadt gefunden und zum Teil ins Museum für Hamburgische Geschichte verbracht.
1532 wurde der nördliche Teil des Grasbrooks, die später als Kehrwieder und Wandrahm bezeichneten Inseln, in die befestigte Stadt einbezogen. Zwischen 1568 und 1605 wurde die restliche Insel mit einem Durchstich für die umgeleitete Norderelbe geteilt, um den Hamburger Hafen für Seeschiffe tauglich zu machen. So entstanden die beiden getrennten Gebiete:
- Großer Grasbrook (nördlich der Norderelbe), seit 2008 Teil des neu gebildeten Stadtteils HafenCity, und
- Kleiner Grasbrook (südlich der Norderelbe), seit 1894 als eigener Stadtteil.
Großer Grasbrook
Mit dem Bau der neuen Hamburger Wallanlagen von 1616 bis 1628 wurde das Stadtgebiet stark vergrößert, die Befestigungsanlage auf dem Großen Grasbrook verlief in etwa an dem heutigen Straßenzug Am Sandtorkai und Brooktorkai, die mit ihren Namen noch auf die beiden Tore in der Stadtmauer verweisen, im Westen mit der Bastion Georgius vor der Kehrwiederspitze und im Osten mit der Bastion Ericus, der späteren Ericusspitze.
Ab etwa 1740 siedelten sich auf dem Großen Grasbrook namhafte Hamburger Werften an. Zu ihnen gehörte die Werft Johns, nach der die Johns’sche Ecke benannt ist, die Sommsche Werft und einige andere. Die Blüte dieser Werften wurde um 1850 erreicht, als unter anderem die ersten Segler der neu gegründeten Reederei HAPAG hier gebaut wurden (die „Nord Amerika“, das zweite Schiff der HAPAG, wurde bei Johns gebaut). Der Hafenausbau mit der Anlage des Sandtorhafens und des Grasbrookhafens ab Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Priorität. Die Werftbesitzer wurden vom Hamburger Senat enteignet und auf die südliche Elbseite umgesiedelt. Ab 1844 entstanden zudem auf der östlichen Seite der Insel die Hamburger Gaswerke mit dem Gasometer Grasbrook, der nach Schließung des Gaswerks 1976 dann 1984 abgerissen wurde. Anschließend hatte hier das Cellpapp-Terminal seinen Standort.
Seit 1997 wird an diesem Ort der neue Stadtteil HafenCity mit Gewerbeflächen, Wohnungen sowie Bildungs- und Kultureinrichtungen errichtet. Zu diesem Zweck wurde das neu zu bebauende Gelände durch Aufschüttung auf eine hochwassersichere Ebene gebracht.
Kleiner Grasbrook
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Gepfählter Schädel eines mutmaßlichen Seeräubers, entdeckt 1878 beim Bau der Speicherstadt
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Störtebeker-Denkmal von Hansjörg Wagner in der Hafencity
Siehe auch
Literatur
- Florian Balbiani et al.: Das Lagerhaus G am Dessauer Ufer. Ein ehemaliges Außenlager des KZ Neuengamme auf dem Kleinen Grasbrook. Hamburg 2022: Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte.
- Matthias Blazek: Seeräuberei, Mord und Sühne – Eine 700-jährige Geschichte der Todesstrafe in Hamburg 1292–1949. Stuttgart 2012: ibidem, ISBN 978-3-8382-0457-4
- Hermann Boßdorf: Der Schädel vom Grasbrook und andere kuriose Geschichten. Hamburg 1920: Hermes.
- Deutsche Shell Aktiengesellschaft, Schmierstoffwerk Grasbrook: Grasbrook. Hamburg 1980: Deutsche Shell Aktiengesellschaft.
- Hamburgische Commerz-Deputation: Die Hafenanlagen auf dem Grasbrook. Hamburg 1858: Voigt.
- Christin Springer: Wilhelmsburg- & Elbinselbuch. Finkenwerder, Kirchdorf, Reiherstiegviertel, Steinwerder, Kleiner Grasbrook, Veddel und Wilhelmsburg-Mitte. Hamburg (2013): Junius, ISBN 978-3-88506-024-6.
Einzelnachweise
- ↑ Blazek: Seeräuberei, Mord und Sühne – Eine 700-jährige Geschichte der Todesstrafe in Hamburg 1292–1949, S. 41 f.
Koordinaten: 53° 32′ N, 10° 0′ O