Canina (Taxon)

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Canina

Wolf (oben), Rothund (unten, links) und Afrikanischer Wildhund (unten, rechts)

Systematik
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Hunde (Canidae)
Tribus: Echte Hunde (Canini)
Untertribus: Canina
Wissenschaftlicher Name
Canina
Fischer de Waldheim, 1817

Die Canina sind eine Gruppe (Subtribus) der Echten Hunde (Canini), die unter anderem die Gattung der Wolfs- und Schakalartigen, den Rothund, den Afrikanischen Wildhund, sowie die fossile Gattung Eucyon[1] umfasst. Sie ist die Schwestergruppe der Cerdocyonina, die die heutigen südamerikanischen Canini umfasst.

Die Mitglieder dieser Subtribus sind durch zwei Merkmale gekennzeichnet, die der letzte gemeinsame Ahn dieser Gruppe erworben hatte (Synapomorphien):[2]

  • ein Jochbogen, der von hinten nach vorn deutlich (dorsoventral) gekrümmt ist, und
  • es gibt üblicherweise einen zweiten hinteren (posterioren) Höcker auf den vierten (p4) unteren Vormahlzähnen (Backenzähnen Prämolaren), der zwischen dem ersten hinteren Höcker und dem Zingulum (vorstehender Wulst aus Zahnschmelz) positioniert ist.

Alle Mitglieder der Gruppe haben mehr oder weniger die gleiche allgemeine Form: markante Eckzähne, einen geschmeidigen Körper mit relativ langen Gliedmaßen, alles Anpassungen für die Jagd nach Beute.[3] Der Schwanz ist buschig, Länge und Behaarung können nach Jahreszeit variieren. Mit Ausnahme der Afrikanischen Wildhunde gibt es fünf Zehen an den Vorderbeinen, aber der Daumen ist reduziert, so dass er nicht den Boden zu berührt. Die Hinterbeine haben vier Zehen, aber bei einigen Haushunden kann es auch einen zusätzlichen verkümmerten Zeh geben.[4]

Die Tiere der hier zusammengefassten Arten neigen zur Vergesellschaftung (Rudelbildung). Da die Welpen nach der Geburt relativ klein sind und langsam reifen, ist es nützlich, wenn mehrere Helfer zur Verfügung stehen. Eine Konsequenz dieser Organisation in den größere Gruppen ist die Fähigkeit, große Beute zu erlegen.[5] Die Reproduktion wird in der Regel von einem dominanten Weibchen monopolisiert.[4]

Systematik und Evolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Äußere Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb der Familie der Canidae spaltete sich von der Linie, die zu den heutigen Grauwölfen führen sollte, zunächst vor etwa 40–46 Millionen Jahren die nur fossil überlieferte Unterfamilie Hesperocyoninae ab,[6] dann vor etwa 33–34 Millionen Jahren die ebenfalls nur fossil überlieferte Unterfamilie Borophaginae (mit Gattung Borophagus).[7] Die Abspaltung der Vorfahren der Graufüchse von der Tribus Canina (mit allen anderen heutigen Hunden) erfolgte wahrscheinlich vor etwa 16,5 Millionen Jahren. Die Graufüchse sind damit innerhalb der rezenten (heutigen) Canidae die am frühesten von allen anderen abzweigende Gruppe (d. h. ‚basal‘).[8]

Verwandtschaftsverhältnisse der rezenten Hunde…
 Hunde (Canidae) 
 Graufuchsklade 
(Urocyon

Graufuchs (Urocyon cinereoargenteus


   

Insel-Graufuchs (Urocyon littoralis



 Caninae 
 Rotfuchsklade
(Echte Füchse, Vulpini) 


Vulpes (Rotfuchs und engste Verwandte)


   

Marderhund (Nyctereutes procyonoides)



   

Löffelhund (Otocyon megalotis)



 Echte Hunde (Canini) 

Südamerikaklade (Cerdocyonina)


   

Wolfsklade (Canina)





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…ermittelt aus Vergleichen von Sequenzen der Kern-DNA (‚nukleäre‘ DNA aus dem Zellkern)
(nach Lindblad-Toh et al. 2005[9])

Innere Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Traditionell umfasst die Subtribus Canina die folgenden Gattungen:

Dabei werden Schabracken- und Streifenschakal als Spezies der Gattung Canis geführt. Neuere molekulargenetische Untersuchungen zeigten, dass diese beiden Arten (im Gegensatz zum Goldschakal) nur weitläufig mit dem Grauwolf verwandt sind, insbesondere weitläufiger als der Afrikanische Wildhund und der Rothund (die traditionell als eigenständige Gattungen Lycaon bzw. Cuon geführt wurden).[9] Eine Lösung der Problematik ist noch in der Diskussion:

  • Für Streifen- und Schabrackenschakale könnten, wie dies vorsichtige Systematiker schon seit langem tun,[10] die Gattung Thos Oken, 1816 reaktiviert oder die von Zrzavý und Řičánková 2004 aufgestellten monotypischen Gattungen (mit den Spezies Schaeffia adusta beziehungsweise Lupulella mesomelas)[11] allgemein anerkannt werden.
  • Einer von Wang et al. (2008)[12]:S. 148 und Tedford et al. (2009)[2]:S. 181 präsentierten Hypothese zufolge könnte man die bisherigen Gattungen Lycaon und Cuon auf den Rang einer Untergattung herabstufen und in die Gattung Canis stellen. Ähnliches wurde auch für den fossilen Xenocyon vorgeschlagen.[13] Streifen- und Schabrackenschakal könnten dann in der Gattung Canis verbleiben, etwa als Untergattung Thos.
  • Möglich wäre auch eine Kombination beider Vorschläge.
Verwandtschaftsverhältnisse der rezenten Canina,…
 Canina 
3,5 
 3,0 
 2,7 
 1,9 
 1,6 
 1,3 

Haushund (Canis lupus familiaris)


   

Grauwolf (Canis lupus lupus)


   

Himalaya-Wolf (Canis lupus filchneri)


   

Kojote (Canis latrans)


   

Afrikanischer Goldwolf (Canis lupaster)


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Äthiopischer Wolf (Canis simensis)



   

Goldschakal (Canis aureus)



   

Rothund (Cuon alpinus)



   

Afrikanischer Wildhund (Lycaon pictus)



 2,6 

Streifenschakal (Canis adustus)


   

Schabrackenschakal (Canis mesomelas)




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…ermittelt aus Vergleichen von Sequenzen der Kern-DNA (‚nukleäre‘ DNA aus dem Zellkern; außer beim Himalaya-Wolf)[9][14] und der mitochondrialen DNA.[14][15] Die Zahlen an den Knoten beziehen sich auf die mittels der „molekularen Uhr“ ermittelte zeitliche Trennung (Divergenz) der jeweiligen Entwicklungslinien (Mittelwerte, in Millionen Jahren vor heute).[14]
Phylogenie (auf Grundlage morphologischer Merkmale) und Fossilbericht der Canina (aus Tedford et al., 2009[2]).

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bei manchen Autoren ist Eucyon eine Untergattung von Canis.
  2. a b c Richard H. Tedford, Xiaoming Wang, Beryl E. Taylor: Phylogenetic Systematics of the North American Fossil Caninae (Carnivora: Canidae), in: Bulletin of the American Museum of Natural History, AMNH, New York 2009, Vol. 325, S. 1–218, PDF, doi:10.1206/574.1
  3. Xiaoming Wang, R. H. Tedford, B. Van Valkenburgh, R. K. Wayne: Phylogeny, Classification, and Evolutionary Ecology of the Canidae, in C. Sillero-Zubiri, M. Hoffman, & D. W. MacDonald: Canids: Foxes, Wolves, Jackals and Dogs - 2004 Status Survey and Conservation Action Plan, 8–20. IUCN/SSC Canid Specialist Group, ISBN 2-8317-0786-2.
  4. a b J. R. Castelló, Canids of the World, Princeton, 2018, p. 74, ISBN 978-0-691-17685-7
  5. R. Estes, The behavior guide to African mammals: including hoofed mammals, carnivores, primates, University of California Press, 1992, pp. 384–392, ISBN 0-520-08085-8
  6. Hesperocyoninae, auf: Encyclopedia of Life
  7. Borophaginae - Bone-crushing Dog, auf: Encyclopedia of Life
  8. Katrin Nyakatura, Olaf RP Bininda-Emonds: Updating the evolutionary history of Carnivora (Mammalia): a new species-level supertree complete with divergence time estimates. BMC Biology 10, 2012. doi:10.1186/1741-7007-10-12
  9. a b c Kerstin Lindblad-Toh et al.: „Resolving canid phylogeny.“ Abschnitt in: Kerstin Lindblad-Toh et al.: Genome sequence, comparative analysis and haplotype structure of the domestic dog. Nature 438, Dezember 2005; Seite 803–819.
  10. Eberhard Trumler: Meine wilden Freunde. Die Wildhundarten der Welt. München, Piper Verlag, 1981. ISBN 3-492-02483-1. S. 68 f. — Für einen Überblick über die Thos/Canis-Debate siehe: Holger Homann: Thos vs. Canis. 2004 (englisch). (Memento vom 13. November 2014 im Internet Archive) Ursprünglich in: holgerhomann.us.
  11. Jan Zrzavý, Věra Řičánková: Phylogeny of Recent Canidae (Mammalia, Carnivora): Relative Reliability and Utility of Morphological and Molecular Datasets, in: Zoologica Scripta Band 33, Nr. 4, Juli 2004, S. 311–333, doi:10.1111/j.0300-3256.2004.00152.x.
  12. Xiaoming Wang, Richard H. Tedford: "Dogs: Their Fossil Relatives and Evolutionary History.", Columbia University Press, New York 2008. Buch, PDF
  13. Lorenzo Rook: The Plio-Pleistocene Old World Canis (Xenocyon) ex gr. falconeri, in: Bolletino della Società Paleontologica Italiana 33, 1994 (via Research Gate online seit 28. Dezember 2015), S. 71–82.
  14. a b c Klaus-Peter Koepfli, John Pollinger, Raquel Godinho, Jacqueline Robinson, Amanda Lea, Sarah Hendricks, Rena M. Schweizer, Olaf Thalmann, Pedro Silva, Zhenxin Fan, Andrey A. Yurchenko, Pavel . Dobrynin, Alexey Makunin, James A. Cahill, Beth Shapiro, Francisco . Álvares, José C. Brito, Eli Geffen, Jennifer A. Leonard, Kristofer M. Helgen, Warren E. Johnson, Stephen J. O’Brien, Blaire Van Valkenburgh, Robert K. Wayne: Genome-wide Evidence Reveals that African and Eurasian Golden Jackals Are Distinct Species. In: Current Biology. 25. Jahrgang, Nr. 16, 17. August 2015, S. 2158–2165, doi:10.1016/j.cub.2015.06.060, PMID 26234211 (cell.com).
  15. Geraldine Werhahn, Helen Senn, Jennifer Kaden, Jyoti Joshi, Susmita Bhattarai, Naresh Kusi, Claudio Sillero-Zubiri, David W. MacDonald: Phylogenetic evidence for the ancient Himalayan wolf: Towards a clarification of its taxonomic status based on genetic sampling from western Nepal. In: Royal Society Open Science. 4. Jahrgang, Nr. 6, 2017, S. 170186, doi:10.1098/rsos.170186, PMID 28680672, PMC 5493914 (freier Volltext), bibcode:2017RSOS....470186W.