Hamburger Terrorzelle

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Die Hamburger Terrorzelle war eine Gruppe radikal-islamistischer Muslime in Hamburg, die die Anschläge vom 11. September 2001 planten und durchführten.

Die Marienstraße in Hamburg-Harburg. In Haus Nummer 54 (links im Bild) wohnten von 1998 bis 2001 mehrere Mitglieder der Hamburger Terrorzelle.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mutmaßlicher Kopf der islamistischen Terrorgruppe war Mohammed Atta, um den herum sich nach den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden in Hamburg eine al-Qaida-Zelle bildete. Geplant wurden die Anschläge offenbar von dem sich im Ausland befindlichen Pakistaner Chalid Scheich Mohammed. Treffpunkt der Gruppe war seit November 1998[1] eine Wohnung in der Marienstraße 54 im Stadtteil Harburg, die Atta gemeinsam mit Ramzi Binalshibh und Said Bahaji bewohnte und von ihren Bewohnern als Dar al-Ansar ("Haus der Unterstützer") bezeichnet wurde.[2] Maßgebliche Mitglieder der Hamburger Zelle waren neben Atta vor allem auch Ziad Jarrah und Marwan al-Shehhi sowie Ramzi Binalshibh, der als Vertrauter und Stellvertreter des "Chefplaners" Chalid Scheich Mohammed betrachtet wird.[3] Die Mitglieder verkehrten zudem häufig in der Hamburger Al-Quds-Moschee.[4] Zum erweiterten Kreis der Hamburger Zelle werden teilweise auch Muhammad Haidar Zammar sowie Mohammed Belfas, ein in Hamburg ansässiger Islamprediger indonesisch-jemenitischer Herkunft gerechnet.[5] Belfas leitete einen islamischen Gebetskreis, an dem auch Mohammed Atta bis ins Jahr 1999 hinein regelmäßig teilnahm.[6] Unklar ist, ob und – wenn ja – wie viel Zammar bzw. Belfas von der Planung der Anschläge wussten.[7]

Alle drei Selbstmordpiloten der Zelle werden der salafistischen, genauer gesagt der dschihadistischen Richtung dieser Strömung des Islam zugerechnet.[8] In der Gruppe spielten Verschwörungstheorien und Antisemitismus eine große Rolle. Im Prozess gegen Mounir al-Motassadeq, der zum erweiterten Kreis der Hamburger Zelle zählte, sagten Zeugen aus, es habe sich alles nur noch um „die Juden“ und Amerika gedreht. Al-Motassadeq soll erklärt haben, einen Frieden mit Israel werde es niemals geben.[9]

Nach den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft war die Gruppe nicht nur ausführendes Organ, sondern neben Chalid Scheich Mohammed auch selbst maßgeblich an der Planung der Anschläge beteiligt. Das Oberlandesgericht Hamburg urteilte 2003, dass die Hamburger Zelle keine selbständige Teilorganisation sei, die als eigenständige terroristische Vereinigung im Sinne von § 129a StGB anzusehen sei.[10] Diese Auffassung wurde jedoch im weiteren Verfahrensverlauf revidiert.[11][12]

Mutmaßliche Mitglieder der „Hamburger Terrorzelle“
Name Anmerkungen
Mohammed Atta (1968–2001) starb beim Anschlag mit American-Airlines-Flug 11
Marwan al-Shehhi (1978–2001) starb beim Anschlag mit United-Airlines-Flug 175
Ziad Jarrah (1975–2001) starb beim Absturz von United-Airlines-Flug 93
Ramzi Binalshibh (* 1972) wird seit 2006 im Lager Guantanamo gefangen gehalten
Said Bahaji (1975–2013) soll 2013 verstorben sein
Zakariya Essabar (* 1977) unbekannter Aufenthaltsort, möglicherweise getötet worden
Mounir al-Motassadeq (* 1974) lebt nach Haftstrafe in Deutschland seit 2018 in Marokko

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • The Hamburg Cell. Dokudrama, 101 Min. Regie: Antonia Bird, Buch: Ronan Bennett, Alice Perman. Vereinigtes Königreich/Kanada 2004.[13]
  • 9/11 – Verschwörung in Hamburg. Dokumentarfilm, 45 Min. Buch: Nathalie Boegel, Cordula Meyer. Deutschland 2021.[14]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Terry McDermott, Perfect Soldiers – The Hijackers: Who They Were, Why They Did It, HarperCollins 2005 (englisch)

Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marc Sageman, Understanding Terror Networks, Philadelphia: University of Pennsylvania Press 2004, S. 105.
  2. Guido Steinberg, Al-Qaidas deutsche Kämpfer. Die Globalisierung des islamistischen Terrorismus, Hamburg 2014, Kapitel 2.1 (Die erste Hamburger Zelle).
  3. Guido Steinberg, Al-Qaidas deutsche Kämpfer. Die Globalisierung des islamistischen Terrorismus, Hamburg 2014, Kapitel 2.1 (Die erste Hamburger Zelle).
  4. Matthias Gebauer: Terror-Razzia in Hamburg „Abgewartet haben wir lange genug“, in: Der Spiegel vom 3. Juli 2002
  5. vgl. Marc Sageman, Understanding Terror Networks, Philadelphia: University of Pennsylvania Press 2004, S. 103 ff.
  6. Terry McDermott, The Plot, Los Angeles Times, 01.09-2002
  7. Marc Sageman, Understanding Terror Networks, Philadelphia: University of Pennsylvania Press 2004, S. 107.
  8. Dirk Baehr, Dschihadistischer Salafismus in Deutschland, in: Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.), Salafismus in Deutschland. Ursprünge und Gefahren einer islamisch-fundamentalistischen Bewegung, Bielefeld 2014, S. 231–249 (S. 233 ff.)
  9. Samuel Salzborn: Globaler Antisemitismus. Eine Spurensuche in den Abgründen der Moderne. Beltz Juventa, Weinheim 2018, S. 117 f.
  10. Atta-Bande war keine terroristische Vereinigung Der Spiegel vom 19. Dezember 2003
  11. Bundesgerichtshof, 3 StR 139/06
  12. Spiegel Online, 11. Mai 2007: Motassadeq scheitert mit Revision. Aktenzeichen beim BGH: 3 StR 145/07
  13. The Hamburg Cell. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 12. September 2021 (englisch).
  14. 9/11 – Verschwörung in Hamburg. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 12. September 2021.

Koordinaten: 53° 27′ 28,4″ N, 9° 58′ 21,3″ O