Hanns Erich Köhler

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Hanns Erich Köhler (auch: H.E. Köhler, Erik) (* 17. April 1905 in Tetschen,[1] Böhmen; † 7. November 1983 in Herrsching am Ammersee) war ein deutscher Grafiker und Karikaturist.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Köhler wuchs in einer deutschböhmischen Familie auf, sein Vater arbeitete in der Verwaltung einer Papierfabrik. Er absolvierte die Kunstgewerbeakademie in Dresden und war anschließend als Zeichner in München tätig. Es folgte ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien und die Berufstätigkeit als Werbegrafiker in Prag. 1938 zog er nach Reichenberg, der damaligen Hauptstadt des Reichsgaus Sudetenland, und ging bald darauf nach Berlin. Von 1943 bis 1945 unterrichtete Köhler als Professor an der Deutschen Hochschule für Bildende Kunst in Prag. Nach dem Krieg kam er zunächst nach Riedenburg und ließ sich 1953 in Herrsching nieder, wo er auch starb.

Köhler begann schon während der NS-Zeit mit politischen Zeichnungen. Seit Ende der 1930er Jahre arbeitete er für die Zeitschrift Der Volksdeutsche und als Karikaturist – zusammen mit seinem Freund Erich Ohser alias e.o. plauen – für die Wochenzeitung Das Reich. Unter dem Pseudonym Erik zeichnete er mit Tipp und Tapp einen der ersten deutschen Comics, der die Umsiedlung der Wolhyniendeutschen zum Thema hatte; der Text stammte von Walter Pogge. Nach 1945 stieg Köhler zu einem der bekanntesten Karikaturisten der frühen Bundesrepublik auf; unter anderem arbeitete er jahrzehntelang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt und den Münchner Simplicissimus. Zudem veröffentlichte er eine Reihe von Büchern und stellte Werbegrafiken her, darunter 1954 den „Indianer“ für die Schuhmarke Sioux.

1955 schuf Köhler eine international berühmt gewordene Karikatur über die Verhandlungen zum österreichischen Staatsvertrag, auf der der österreichische Außenminister Leopold Figl dem von weinenden sowjetischen Delegationsmitliedern umgebenen, Zither spielenden und singenden Bundeskanzler Julius Raab einflüstert: „Jetzt, Raab – jetzt noch d’Reblaus, dann sans waach!“

Köhlers Nachlass, bestehend aus 4383 Werken, befindet sich seit 1970 im Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover. Der Comicforscher Eckart Sackmann kritisierte 2022 das Museum wegen dessen unkritischem Umgang mit den Werken des NS-belasteten Künstlers.[2]

Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nach der Beschlagnahme...: Politische Karikaturen aus der Kampfzeit der Sudetendeutschen. Stiepel, Reichenberg 1939.
  • Tipp und Tapp, der Junge und der Dackel aus Wolhynien: Eine Umsiedlungsgeschichte mit bunten Zeichnungen von Erik. Mit heiteren Versen von Walter M. Pogge. Verlag Grenze und Ausland, Berlin 1941.
  • Moritaten, Moritaten! Wahre, erschröckliche Begebenheiten einem verehrlichen Publico zur Belehrung. Editiert von Edmund Ullmann und gar kunstfertig niedergeschrieben und zum allgemeinen Verständnis in Bildern aufgezeichnet, dazu mit singbaren Noten versehen von .... Ullmann, Reichenberg, 1943. (Neuausgabe: Droemersche Verlagsanstalt Knaur, München 1985. ISBN 3-426-02139-0)
  • Pardon wird nicht gegeben, Hannover 1957
  • Wer hätte das von uns gedacht, 1959
  • Große Deutsche. München: Bassermann, 1973
  • Die Lage der Nation: [mit 111 Abb. nach Karikaturen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus den Jahren 1958 bis 1974]. Einf. von Nikolas Benckiser. Societäts-Verlag, Frankfurt/Main 1974. ISBN 3-7973-0259-2.
  • Gezeichnete Zeitgenossen. Eingeleitet von Bruno Dechamps. Societäts-Verlag, Frankfurt/Main 1976. ISBN 3-7973-0279-7
  • Unsere Ahnen, die Germanen: 45 Zeichnungen zu Tacitus' Germania; (lat.-dt.). Herder, Freiburg/Br.u. a. 1976. ISBN 3-451-07594-6.
  • Teufel, Teufel: 35 zeichnerische Interpretationen des Leibhaftigen. Stalling, Oldenburg u. a. 1980. ISBN 3-7979-1687-6.
  • O heiliger Bürokratius!: Karikaturen rund um die Steuer. Herder, Freiburg/Br.u. a. 1982. ISBN 3-451-07985-2.
  • Ohne Furcht mit Tadel. Heyne, München 1982. ISBN 3-453-35626-8.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. Kremayr & Scheriau, Wien 1987
  • Simon Benne: Kunst mit düsterer Vergangenheit. Kritik am Busch-Museum: Das Haus zeigt Karikaturen des NS-Künstlers Hanns Erich Köhler. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. - Madsack, Hannover 2022, 222 (22. September), S. 23.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiele für Köhler-Karikaturen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die fast durchgängig anzutreffende Angabe des Geburtsortes Tetschen-Bodenbach ist nicht korrekt. Die Stadt trug lediglich von 1942 bis 1945 dieses Doppelnamen.
  2. Simon Benne: Kunst mit düsterer Vergangenheit. Kritik am Busch-Museum: Das Haus zeigt Karikaturen des NS-Künstlers Hanns Erich Köhler. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 22. September 2022. S. 23.