Jim Crow

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Thomas D. Rice als Jim Crow

Der Ausdruck Jim Crow („Jim, [die] Krähe“) war in den USA im 19. Jahrhundert die Bezeichnung für das Stereotyp eines tanzenden, singenden Schwarzen, der vor allem in den Minstrel Shows ein beliebtes Thema war. Geschaffen wurde die Bühnenfigur vermutlich vor 1832 von dem weißen Komiker Thomas D. Rice, der als Blackface auftrat.

Der Begriff wurde mit der Zeit im Rahmen der Rassendiskriminierung von Afroamerikanern und anderen Schwarzen kritisch genutzt, vor allem für die „Jim-Crow-Gesetze“. Heute dient Jim Crow als Bezeichnung für das umfassende System zur Aufrechterhaltung einer Rassenhierarchie in allen Bereichen der amerikanischen Gesellschaft.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 19. Jahrhundert wurde „Jim Crow“ die Bezeichnung für das Stereotyp eines tanzenden, singenden, mit sich und der Welt zufriedenen, aber faulen und zum Teil auch stehlenden Schwarzen, der vor allem in den Minstrel-Shows ein beliebtes Thema war. Entsprechende schwarze Figuren wurden mindestens seit dem frühen 19. Jahrhundert von mehreren weißen Komikern als sogenanntes Blackface dargestellt. Geprägt wurde die Figur von dem Komiker Thomas D. Rice und dessen charakteristischer Nummer Jump Jim Crow,[2] die auf Folklore der schwarzen Sklaven beruht. Sie bezeichneten ihn nach der intelligenten und diebischen Krähe als trickreichen Schwindler und widmeten ihm das Lied Jump Jim Crow[3]. Ausgehend von dieser Bedeutung wurde eine Reihe von US-Gesetzen, mit denen von 1877 bis 1964 die Rassentrennung (vor allem zwischen Afroamerikanern und Weißen) festgeschrieben wurde, von Kritikern die „Jim-Crow-Gesetze“ (Jim Crow Laws) genannt. Diese Zeit wird als „Jim-Crow-Ära“ (Jim Crow Era) bezeichnet.[4]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellten das Ende der Sklaverei nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg und die Emanzipationsbestrebungen die allgemein verbreitete Rassendiskriminierung sowie die vor allem in den Südstaaten traditionelle Rassentrennung in Frage. Nach dem Abschluss der Reconstruction verabschiedeten mehrere Bundesstaaten Gesetze, welche die Rassentrennung im täglichen Leben rechtlich zementierten. Der Oberste Gerichtshof, der Supreme Court, bestätigte die Gesetze 1896 de facto in seiner Entscheidung Plessy v. Ferguson und bestimmte, dass Rassentrennung – im konkreten Fall ging es um getrennte Eisenbahnabteile – zulässig sei, wenn die den Weißen und Schwarzen zustehenden Einrichtungen gleichwertig seien. Dieser Grundsatz wurde als Separate but equal („getrennt, aber gleich“) bekannt.

Diese Gesetze sowie ihre Umsetzung wurden im Zuge der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (Civil rights movement) in den 1950er und 1960er Jahren nach und nach abgeschafft bzw. aufgehoben. Der Supreme Court urteilte 1954 im Prozess Brown v. Board of Education, dass Gleichheit bei Rassentrennung in der Praxis unmöglich sei, und erklärte die Rassentrennung an staatlich finanzierten Schulen für unzulässig. Der Civil Rights Act von 1964 hob alle noch bestehenden Jim-Crow-Gesetze auf.

Jim Crow Car[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waggon im Eisenbahnmuseum von Kentucky: Jim Crow Car

Eisenbahnwagen wie der Combine Car Number 665, auch als Jim Crow Car bekannt, wurden auf den Strecken der Louisville and Nashville Railroad vorwiegend in Kentucky, Tennessee und Alabama mit getrennten Abteilen und Toiletten für weiße und schwarze Fahrgäste von 1913 bis 1965 eingesetzt.[5]

Gegenwart laut Cornel West[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der afroamerikanische Theologe und Ethiker Cornel West spricht von einer neuen Jim-Crow-Welle, die sich in der heutigen Zeit in den USA ausgebreitet habe; diese äußere sich nicht durch in Gesetzen manifestierte Rassentrennung, sondern durch die de facto schlechtere Behandlung von Afroamerikanern durch die Polizei oder vor Gericht. Als Beispiele hierfür nennt er unter anderem die prozentual höhere Verurteilungsrate von Afroamerikanern gegenüber Weißen für die gleichen Delikte und die in New York City gängige Polizeipraxis des Stop and frisk, bei der vor allem Afroamerikaner und Latinos ohne speziellen Verdacht auf der Straße angehalten und nach Waffen oder Drogen durchsucht werden.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Minstrel Show. In: Richard Moody (Hrsg.): Dramas from the American Theatre 1762–1909. Houghton Mifflin, New York 1966.
  • John Hope Franklin: An Illustrated History of Black Americans. Time Life Books, New York 1970, ISBN 0316845965.
  • Davison Douglas: Jim Crow Moves North: The Battle over Northern School Segregation, 1865-1954. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 978-0-521-84564-9.
  • Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. The New Press, New York 2011.
  • Leslie V. Tischauser: Jim Crow Laws. Greenwood, Westport 2012, ISBN 978-0-313-38608-4.
  • Stephen A. Berrey: The Jim Crow Routine: Everyday Performances of Race, Civil Rights, and Segregation in Mississippi. University of North Carolina Press, Chapel Hill 2015, ISBN 978-1-4696-2093-0.
  • Richard Archer: Jim Crow North: The Struggle for Equal Rights in Antebellum New England. Oxford University Press, New York 2017, ISBN 978-0-19-067664-3.
  • Anders Walker: The Burning House: Jim Crow and the Making of Modern America. Yale University Press, New Haven 2018, ISBN 978-0-300-22398-9.
  • Douglas J. Flowe: Uncontrollable Blackness: African American Men and Criminality in Jim Crow New York. University of North Carolina Press, Chapel Hill 2020, ISBN 978-1-4696-5572-7.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Online-Text auf der Seite des sogenannten Jim Crow Museum of Racist Memorabilia auf den Seiten der Ferris State University (abgerufen 30. Januar 2017)
  2. Zum Songtext, mit dem Rice die von ihm geschaffene Figur besang, siehe: „Jim Crow“ (or „Jump Jim Crow“)
  3. Blackface!-Origins of Jump Jim Crow. Abgerufen am 12. Februar 2019 (englisch).
  4. Heather Casey: Guides: A Brief History of Civil Rights in the United States: Jim Crow Era. Abgerufen am 17. März 2018 (englisch).
  5. Kincaid A. Herr: The Louisville & Nashville Railroad, 1850-1963. Lexington, Kentucky 2009, ISBN 978-0-8131-4750-5.
  6. Race Matters: Cornel West kritisiert Barack Obama und den Rassismus der USA auf SRF, Sternstunde Philosophie, 24. März 2014