Josefsehe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kindheit Christi, Ölgemälde von Gerrit van Honthorst, um 1620

Eine Josefsehe (auch Engelsehe, weiße Ehe, Jungfernehe, Quasimatrimonium, Matrimonium virgineum)[1][2][3] ist eine Form der Ehe, in der beide Ehepartner aus Glaubensgründen auf Geschlechtsverkehr verzichten. Der Begriff ist hergeleitet vom hl. Josef, der nach Überlieferung und Lehre der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirchen eine solche Ehe mit Maria geführt haben soll.

Im Neuen Testament ist in Lukas 8,19–21 EU von Jesu Brüdern und in Matthäus 13,55–56 EU sowie Markus 6,3 EU von Jesu Brüdern und Schwestern die Rede. Dies konnte im damaligen Sprachgebrauch aber auch nahe Verwandte bezeichnen, weshalb die katholische und orthodoxe Kirche an der immerwährenden Jungfräulichkeit Marias festhalten und die Worte in Matthäus 1,25a EU, „Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar.“ – so interpretieren, dass sie keine Aussage über einen tatsächlichen Vollzug der Ehe nach der Geburt Jesu bedeuten.[4] „Erkennen“ ist eine in der Bibel übliche Umschreibung für Geschlechtsverkehr.[5]

Die christliche Ikonografie unterstreicht die Lehre von der immerwährenden Jungfräulichkeit der Gottesmutter in manchen Darstellungen dadurch, dass Josef als älterer Mann dargestellt wird. Die Vorstellung eines verwitweten Josef basiert auf apokryphen Berichten wie dem Protoevangelium des Jakobus.

Nach dem Kirchenrecht kommt eine Ehe nicht gültig zustande, wenn das gegenseitige Recht auf den ehelichen Akt von vornherein ausgeschlossen wird. Beide Partner können jedoch auf Dauer oder zeitweise auf die Ausübung dieses Rechts verzichten. Gegen den Willen eines Ehegatten ist die Josefsehe ehewidrig. Eine gültig geschlossene Ehe kann nach Kirchenrecht aufgelöst werden, solange diese noch nicht vollzogen wurde (vgl. Ehenichtigkeit).

Nach dem Privatrecht Deutschlands kann trotz § 1353 BGB eine Abrede über zeitweilige oder dauernde Enthaltsamkeit in der Ehe geschlossen werden.[6]

Einigen Heiligen wird zugeschrieben, ganz oder zeitweise in einer Josefsehe gelebt zu haben, etwa den hll. Pulcheria, Cäcilia, Hedwig von Andechs und Katharina von Schweden, wie auch dem Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Josefsehe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Josephsehe. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 10: Ionĭer–Kimono. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 315 (Digitalisat. zeno.org).
  2. Engelsehe. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 5: Deutschland–Euromos. Altenburg 1858, S. 698 (Digitalisat. zeno.org).
  3. Quasimatrimonium. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 13: Pfiff–Reidsville. Altenburg 1861, S. 742 (Digitalisat. zeno.org).
  4. In diesem Sinne Josef Blinzler: Die Brüder Jesu. In: Josef Blinzler: Gesammelte Aufsätze. Band 1: Aus der Welt und Umwelt des Neuen Testaments. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1969, S. 54–61 (= Stuttgarter Biblische Beiträge). Noch ausführlicher in: Josef Blinzler: Die Brüder und Schwestern Jesu. 2., durchgesehene Auflage. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1967 (= Stuttgarter Bibelstudien, 21).
  5. Fußnote zu Matthäus 1:25 in der Einheitsübersetzung, Katholische Bibelanstalt, Stuttgart, 1980
  6. Dieter Hahn. In: Wolfgang Hau, Roman Poseck (Hrsg.): BeckOK BGB. 64. Edition. C. H. Beck, München 2022, BGB § 1353 Rn. 10: „Unstreitig ist ferner, dass Eheleute rechtlich nicht gehindert sind, zeitweilige oder dauernde geschlechtliche Enthaltsamkeit zu vereinbaren“.