Landgericht Offenbach

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Das Landgericht Offenbach war von 1823 bis 1879 ein Landgericht des Großherzogtums Hessen in der Provinz Starkenburg mit Sitz in Offenbach am Main.

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1816 fiel das Fürstentum Isenburg, nachdem es als einer der wenigen in napoleonischer Zeit erhaltenen Deutschen Staaten noch durch den Wiener Kongress mediatisiert worden war, in Teilen an das Großherzogtum Hessen. Diese Teile bildeten eine Standesherrschaft im Großherzogtum.

Ab 1821 trennte das Großherzogtum Hessen auch auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung. Für die Verwaltung wurden Landratsbezirke geschaffen, die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichten übertragen.[1]

Bei dieser Verwaltungsreform konnte der Staat zunächst ausschließlich die Gerichtsbarkeit dort neu regeln, wo er über sie uneingeschränkt verfügen konnte. Die Gebiete, in denen die staatliche Souveränität entsprechend weit reichte, wurden als Dominiallande bezeichnet. In den Gebieten, in denen Standesherren und anderer Adel weiterhin eigene Gerichtshoheit ausübten, den Souveränitätslanden, musste der Staat zunächst mit jedem der einzelnen Gerichtsherren vertragliche Vereinbarungen treffen, um die von diesen bis dahin ausgeübte Gerichtshoheit in die staatliche Rechtsprechung einzugliedern. Das zog sich für den Bereich des Landgerichts Offenbach bis 1823 hin, als der Staat entsprechende Vereinbarungen mit den Fürsten und Grafen von Isenburg schließen konnte.[2] Dazu gehörte auch, dass das Gericht offiziell als Großherzoglich Hessisches Fürstlich Isenburgisches Landgericht Offenbach firmierte und die Standesherrschaft zunächst auch weiter ein zweitinstanzliches Gericht, die Justizkanzlei Büdingen, unterhielt.

Bezirk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bezirk des Landgerichts Offenbach umfasste die vormaligen Ämter Offenbach und Dreieich (ohne die Exklave Geinsheim am Rhein).

Gemeinde Herkunft Zugang Abgang Nach
Bieber Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Bürgel Amt Offenbach 1823 1879 Amtsgericht Offenbach
Dietesheim Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Götzenhain Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Langen
Hausen Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Heusenstamm Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Lämmerspiel Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Mühlheim am Main Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Münster Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Umstadt
Neu-Isenburg Amt Offenbach 1823 1879 Amtsgericht Offenbach
Obertshausen Landgericht Seligenstadt 1853 1879 Amtsgericht Offenbach
Offenbach am Main Amt Offenbach 1823 1879 Amtsgericht Offenbach
Offenthal Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Langen
Rumpenheim Justizamt Hanau II (Kurhessen)[3] 1867 1879 Amtsgericht Offenbach
Philippseich Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Langen
Sprendlingen Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Langen
Urberach Amt Dreieichenhain 1823 1853 Landgericht Langen

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Revolution 1848/1849 verschwanden die letzten Reste standesherrlichen Einflusses auf das Gerichtswesen im Großherzogtum. Durch mehrere Verwaltungsreformen, 1832, 1848 und zuletzt 1852 hatten sich nicht nur die Bezeichnungen der Verwaltungsbezirke, sondern auch deren Grenzen geändert. Um das wieder anzugleichen, revidierte das Großherzogtum 1853 – nun ohne auf standesherrliche Interessen Rücksicht nehmen zu müssen – in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen umfassend die Zuständigkeitsbereiche der Gerichte. Die Folge waren auch umfangreiche Änderungen für den Sprengel des Landgerichts Offenbach[4] (siehe Übersicht).

Durch den Friedensvertrag vom 3. September 1866, der nach dem Krieg von 1866 den Konflikt zwischen dem Großherzogtum Hessen und dem Königreich Preußen beendete, kam der vormals kurhessische Ort Rumpenheim zum Großherzogtum[5] und wurde Anfang des Jahres 1867 dem Landgericht Offenbach zugewiesen.[6]

Ende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[7] So ersetzte das Amtsgericht Offenbach das Landgericht Offenbach. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Offenbach wurde dem Bezirk des Landgerichts Darmstadt zugeordnet.[8]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  2. Die neue Eintheilung des Fürstlich Isenburgischen Standesbezirks betreffend vom 23. Januar 1823. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 6 vom 21. Februar 1823, S. 53.
  3. Rumpenheim, Stadt Offenbach am Main. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. August 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Bekanntmachung, 1. die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt und Waldmichelbach,
    2. die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichtsbezirke in der Provinz Starkenburg betreffend
    vom 20. Mai 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1853, S. 221–230 (224).
  5. Art. 15 Friedensvertrag zwischen dem Großherzogthum Hessen und dem Königreiche Preußen vom 3. September 1866. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 43 vom 2. Oktober 1866, S. 403 (407).
  6. Ziff. III und Nr. 3 Bekanntmachung betreffend die Gerichtsbarkeit in den durch den Friedensvertrag mit der Krone Preußen vom 3. September v. J. erworbenen Gebietstheilen vom 18. Dezember 1866. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 2 vom 9. Januar 1867, S. 9f.
  7. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  8. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.