Liberale Demokratie

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Als liberale Demokratie werden in der Politikwissenschaft Staaten bezeichnet, deren politisches System nach liberalen und demokratischen Grundsätzen konstruiert ist. Liberale Demokratien sind durch freie Wahlen, Gewaltentrennung, Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Bürgerrechte sowie bürgerliche und politische Freiheitsrechte charakterisiert, die durch eine Verfassung garantiert werden.[1]

Das von dem Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel entwickelte Konzept der eingebetteten Demokratie charakterisiert die liberale Demokratie als ein aus fünf Teilregimen bestehendes System: a) ein demokratisches Wahlregime, b) das Regime politischer Partizipationsrechte, c) das Regime bürgerlicher Freiheitsrechte, d) die institutionelle Sicherung der Gewaltenkontrolle sowie e) die Garantie, dass die effektive Regierungsgewalt den demokratisch gewählten Repräsentanten obliegt.[2] Anhand der Funktionsweise dieser fünf Teilregime lässt sich die liberale Demokratie von den verschiedenen Typen der defekten Demokratie (zu denen auch die illiberale Demokratie gehört) unterscheiden.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprünge der liberalen Demokratie liegen im Zeitalter der Aufklärung. Die Schriften von John Locke, Montesquieu, Jeremy Bentham und John Stuart Mill gelten als prägend.[1] Ausgehend von Großbritannien und den USA im 18./19. Jahrhundert haben sich diese Systeme im 20. Jahrhundert in der westlichen Hemisphäre ausgebreitet und sind seit dem Ende des Kalten Krieges weltweit auf dem „Vormarsch“.[4] Vor allem in den ehemals sozialistischen Staaten Osteuropas findet ein Transformationsprozess hin zu liberal-demokratischen Systemen statt.[5][6]

Trotz teilweiser Anzweifelung der Eignung für alle Kulturen durch die herrschenden Schichten (z. B. Volksrepublik China, arabische Staaten) kann mit der Bezugnahme auf demokratische und liberale Werte selbst durch Diktatoren gewissermaßen von einem weltweiten ideologischen „Sieg“ des Begriffes Demokratie ausgegangen werden. Francis Fukuyama nahm dies 1989 zum Anlass, von einem Ende der Geschichte zu sprechen, und ging von einer baldigen weltweiten Etablierung der liberalen Demokratien aus. Diese These sieht Fukuyama inzwischen jedoch selbst widerlegt durch die Bedrohung des islamischen Terrorismus, den wiedergekehrten geopolitischen Wettbewerb mit den autoritären Mächten Russland und China sowie den Vormarsch von illiberalem Populismus innerhalb der liberal-demokratisch verfassten Staaten.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gottfried Dietze: Liberale Demokratie (= Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte. Band 18). Duncker & Humblot, Berlin 1992.
  • Claus Offe: Liberale Demokratie und soziale Macht. Demokratietheoretische Studien. Springer VS, Wiesbaden 2019.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Oliver Dlabac, Hans-Peter Schaub: Ein duales Messkonzept für liberale und radikale Demokratiequalität. Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft, 2012.
  2. Wolfgang Merkel: Die „eingebettete“ Demokratie − Ein analytisches Konzept. In: WZB-Mitteilungen. Nr. 106, 2004, S. 7–10 (PDF; 160 KB).
  3. Wolfgang Merkel, Hans-Jürgen Puhle u. a. (Hrsg.): Defekte Demokratie. Band 1: Theorie. Leske + Budrich, Opladen 2003, ISBN 978-3-8100-3234-8.
  4. Ludger Helms: Die Institutionalisierung der liberalen Demokratie. Deutschland im internationalen Vergleich. Campus, 2007, ISBN 978-3-593-38369-9 (323 S.).
  5. Jan-Werner Müller: Wo Europa endet. Ungarn, Brüssel und das Schicksal der liberalen Demokratie. Suhrkamp Verlag, 2013, ISBN 978-3-518-74076-7 (nordsamisch, 79 S.).
  6. Hans Rauscher: Kampf um Demokratie in Osteuropa. In: Der Standard. 24. September 2023, archiviert vom Original am 1. Oktober 2023; abgerufen am 19. November 2023.
  7. Francis Fukuyama: The End of History and the Last Man. Updated with a new afterword. Penguin Books, 2020, ISBN 978-0-7432-8455-4, S. 355–356.