Martin Stratmann

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Martin Stratmann, 2018
Martin Stratmann, 2018

Martin Stratmann (* 20. April 1954 in Essen) ist ein deutscher Elektrochemiker und Materialwissenschaftler; von Juni 2014 bis Juni 2023 war er Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). Zuvor leitete Stratmann seit 2000 als Wissenschaftliches Mitglied der MPG und Direktor am Max-Planck-Institut für Eisenforschung (Düsseldorf) die Abteilung „Grenzflächenchemie und Oberflächentechnik“. Seit 2008 war er Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft.[1] Der Wissenschaftsjournalist Jan Martin Wiarda bezeichnete Stratmann als „scheinbar unscheinbare(n) Präsident(en)“.[2]

Beruflicher Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach seinem 1973 mit Auszeichnung bestandenen Abitur am neusprachlichen Gymnasium in Traben-Trarbach (Rheinland-Pfalz) begann Stratmann im Anschluss an den Wehrdienst 1974 ein Chemie-Studium an der Ruhr-Universität Bochum. Gefördert wurde er durch ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Sein Diplom schloss er 1979 mit einer Diplomarbeit am Lehrstuhl für Physikalische Chemie I mit dem Titel: „NMR-Untersuchungen der Diffusion von Anionen und Kationen in SrCl2“ ab. Er promovierte 1982 am Max-Planck-Institut für Eisenforschung über elektrochemische Untersuchungen zu Phasenumwandlungen in Rostschichten. Zwischen 1983 und 1984 forschte Stratmann an der Case Western Reserve University in Cleveland (USA) als Stipendiat der Max-Planck-Gesellschaft. Zurück am MPI für Eisenforschung war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bis 1987 in der Arbeitsgruppe für Korrosionsforschung beschäftigt, bis er 1987 Gruppenleiter dieser Arbeitsgruppe wurde. 1994–1999 wechselte Stratmann an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wo er den Lehrstuhl für Korrosion und Oberflächentechnik als Nachfolger von Helmut Kaesche innehatte. 2000 kehrte Stratmann als wissenschaftliches Mitglied und Direktor der Abteilung „Grenzflächenchemie und Oberflächentechnik“ an das MPI für Eisenforschung zurück und wurde zwei Jahre später Vorsitzender der Geschäftsführung (letzteres Amt turnusgemäß bis 2010).

2006 bis 2008 übernahm Stratmann den Vorsitz der Chemisch-Physikalisch-Technischen Sektion der MPG und wurde 2008 Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft. Von 2008 bis 2014 war er zudem Geschäftsführer der Minerva Stiftung, die als Tochtergesellschaft der MPG in den sechziger Jahren gegründet wurde und heute als Flaggschiff der deutsch-israelischen Wissenschaftskooperationen gilt.

Forschungsschwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Forschungsschwerpunkte von Stratmann liegen auf den Gebieten der Elektrochemie und der Korrosionsforschung. Er verbindet elektrochemische mit spektroskopischen und grenzflächenanalytischen Methoden und führte als erster die Rasterkelvinsonde in die Korrosionsforschung ein. Damit zeigte er, dass elektrochemische Untersuchungen auch unter ultradünnen Elektrolytfilmen und isolierenden Schichten möglich sind. Mit Hilfe der von ihm entwickelten Sonden gelang es Stratmann, die atmosphärische Korrosion von Eisen und Eisenlegierungen sowie die Enthaftung polymerer Beschichtungen von reaktiven Metalloberflächen weitgehend aufzuklären. Basierend auf der Erkenntnis, dass die Ausbildung elektrochemischer Elemente und hier insbesondere die Reduktion molekularen Sauerstoffs der Schlüssel zum Verständnis der Stabilität von Metall/Polymer verbunden ist, entwickelten Stratmann und Mitarbeiter neue grenzflächenchemische Konzepte, die zu einer höheren Stabilität des Verbundes und auch zur Selbstheilung defekter Grenzflächen führen. Diese Konzepte konnten auch in die industrielle Praxis überführt werden. Zusammen mit Allen J. Bard war er „Editor in Chief“ der zehnbändigen Encyclopedia of Electrochemistry (2007).[3]

Wirken als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem politisch in die Diskussion geriet, dass die Anstellung von Doktoranden in der Max-Planck-Gesellschaft häufig über Stipendien erfolgte, wurde diese problematische Praxis beseitigt.[4][5] Im Frühjahr 2015 wurde daraufhin die Förderung von Doktoranden in der Max-Planck-Gesellschaft fast ausschließlich auf Anstellungsverträge umgestellt. Nach Angaben der Max-Planck-Gesellschaft entstehen dadurch Mehrkosten von 50 Millionen Euro pro Jahr.[6][7]

Im Sommer 2015 bezog Martin Stratmann – mit damaligem Vorsitz der Allianz der Wissenschaftsorganisationen – in einem Brief an die Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka Stellung zur geplanten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, welches ein Sonderbefristungsrecht für wissenschaftliches Personal darstellt. In seinem Brief[8] forderte er die Abkehr von potentiellen Einschränkungen der Befristungsmöglichkeiten, sodass auch in Zukunft sachgrundlose Kurzzeit- und Kettenbefristungen möglich seien.[9]

In die Amtszeit von Stratmann fiel der Beginn des „Lise-Meitner-Exzellenzprogramms“, in dem die Max-Planck-Gesellschaft seit 2018 für außergewöhnlich qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen Stellen ausschreibt, die in eine dauerhafte Beschäftigung bei der MPG münden sollen.[10] Weiterhin wurde im Jahr 2019 das Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre in Bochum gegründet, das zum Thema Cybersicherheit forscht.

Mit den „Max Planck Schools“ wurde ein Doktorandenprogramm gemeinsam mit zahlreichen Universitäten gegründet, das von 2018 bis 2025 in einer Pilotphase läuft. In einem Interview zu einer Zwischenevaluation äußerte Stratmann, dass die richtigen Fellows ausgewählt worden seien und dadurch die „bundesweit verteilte Exzellenz verdichtet“ worden sei.[11]

Stratmann hat sich mehrfach für Open Access in der Wissenschaft eingesetzt. 2017 forderte er in einem Gastbeitrag im Berliner Tagesspiegel, „dass Open Access der Regelfall des wissenschaftlichen Publizierens“ werden sollte. Dies sei ohne zusätzliche Finanzmittel möglich.[12] Zu einem Rahmenvertrag mit Springer Nature im Jahr 2019 beim Projekt DEAL äußerte er: „Angesichts des Umfangs der deutschen Forschungspublikationen in Springer Nature-Zeitschriften ist diese Einigung ein wichtiger Meilenstein für die Befreiung der Wissenschaft von den Bezahlschranken des Subskriptionsmodells.“[13]

Weiterhin hat Stratmann gegenüber dem BMBF die Gründung der Bundesagentur für Sprunginnovationen vorgeschlagen.[14]

Zur besseren Kooperation mit Staaten in Mittel- und Osteuropa wurde das Dioscuri-Programm begonnen, Dioscuri-Zentren existieren in Polen und in Tschechien.[15]

Auszeichnungen, Ehrungen und Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Jochem Marotzke (Hrsg.): Die Zukunft des Klimas : neue Erkenntnisse, neue Herausforderungen ; ein Report der Max-Planck-Gesellschaft, München : Beck 2015, ISBN 978-3-406-66967-5

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Hergersberg: Haut mit hohem Rostschutzfaktor, in: MaxPlanckForschung 4/2012, Seite 64–70 online, PDF (über das Forschungsgebiet von Stratmann)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Martin Stratmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Profil von Martin Stratmann bei der MPG
  2. Siehe Der scheinbar unscheinbare Präsident, jmwiarda.de, 26. Juni 2019 abgerufen am 7. Juni 2023.
  3. Masamichi Fujihira, Martin Stratmann, Patrick R. Unwin, Ernesto Julio Calvo, Allen J. Bard, Eliezer Gileadi, S. Licht, Hans J. Schäfer, George S. Wilson, Fritz Scholz, Digby D. Macdonald, et al.: Encyclopedia of Electrochemistry. Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-61042-6, doi:10.1002/9783527610426.
  4. Sven Grünewald: Forschungsstipendien: Schwarzarbeit in der Max-Planck-Gesellschaft? Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 10. Juni 2012, abgerufen am 25. Oktober 2017.
  5. Britta Mersch: Wut der Doktoranden: Schafft die Stipendien ab! In: Spiegel Online. 28. März 2012 (spiegel.de [abgerufen am 25. Oktober 2017]).
  6. Martin Spiewak: Max-Planck-Institut: „Das ist einmalig“ – Wie die Max-Planck-Gesellschaft die Stellung ihrer Doktoranden verbessern will. In: Zeit Online. 9. April 2015, abgerufen am 24. September 2017.
  7. 50 Millionen Euro für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Max-Planck-Gesellschaft, 26. März 2015, abgerufen am 3. Januar 2017.
  8. Martin Stratmann: Brief an die Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka. Allianz der Wissenschaftsorganisationen, 3. Juni 2015, archiviert vom Original am 23. Oktober 2017; abgerufen am 25. Oktober 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-heidelberg.de
  9. Kate Maleike: Zeitverträge in der Wissenschaft - „Es gibt noch keine Einigkeit“. Deutschlandfunk, abgerufen am 25. Oktober 2017.
  10. Siehe Seite über das Lise-Meitner-Exzellenzprogramm auf mpg.de, abgerufen am 29. März 2023.
  11. Siehe Graduiertenschulen: Max Planck Schools ziehen positive Zwischenbilanz, Forschung und Lehre 24. Juni 2021, abgerufen am 29. März 2023 (Interview mit Stratmann)
  12. Siehe Neue Dynamik für Open Access, Webseite der MPG, 21. März 2017, abgerufen am 30. Mai 2023. Gleichlautend im Tagesspiegel, 21. März 2017
  13. Siehe DEAL und Springer Nature erzielen Verhandlungserfolg, Meldung auf www.boersenblatt.net vom 22. August 2019 abgerufen am 30. Mai 2023.
  14. "Die habe ich ja selber der Bundesregierung vorgeschlagen: so etwas wie eine Darpa-Agency - und auch die muss man endlich frei laufen lassen." in: MPG-Präsident Stratmann: Mehr Freiheitsgrade für die Wissenschaft, in: Table.Media, 26. Februar 2023 online, kein Volltext
  15. Siehe Seite über das Dioscuri-Programm auf mpg.de, abgerufen am 22. Juni 2023.
  16. Yasmin Ahmed Salem: Hohe Auszeichnung für Düsseldorfer Stahlforscher. Max-Planck-Institut für Eisenforschung, 28. November 2013, abgerufen am 24. September 2017.
  17. Prof. Dr. Martin Stratmann. In: awk.nrw. Abgerufen am 23. Juni 2023.