St. Peter und Paul (Weil der Stadt)

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Katholische Stadtkirche St. Peter und Paul

St. Peter und Paul ist die katholische Stadtkirche in Weil der Stadt. Die heutige Kirche wurde am Ausgang der schwäbischen Spätgotik errichtet.

Geschichte von Stadt und Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenansicht
Das bemalte Gewölbe des Kirchenschiffs

Die erste Erwähnung fand das Dorf 1075 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Hirsau. Denkbar ist aber auch, dass das Dorf nicht erst im Hochmittelalter gegründet wurde, sondern bereits zur Zeit der Merowinger. Die Kirche war damals wohl eine Wehrkirche. Zur Stadt wurde die Siedlung unter den Staufern ausgebaut, weil sie verkehrsgünstig an einem Flussübergang und einer Straßenkreuzung lag. Dabei ging der dörfliche Grundriss verloren. Die Straßen der neuen Kernstadt wurden rechtwinklig angelegt. Nach dem Zusammenbruch der Staufer und kurzem Interregnum wurde unter Rudolf von Habsburg die Stadt 1275 Reichsstadt. Mit der Einsetzung eines Pfarrers wurde 1295 die damals allein St. Petrus geweihte Kirche, St. Paulus trat erst nach Mitte des 17. Jahrhunderts als zweiter Schutzpatron hinzu, zur Pfarrkirche. Im 14. und 15. Jahrhundert baute Weil zwar seine Rechte aus, konnte jedoch kein nennenswertes Territorium hinzugewinnen. Die Reformation konnte sich in Weil nicht durchsetzen, Stadt und Kirche blieben katholisch. Als die Stadt 1648 von französischen Truppen zerstört wurde, brannte auch die Kirche aus. 1802 gelangte die bis dahin freie Reichsstadt an Württemberg.

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ältesten bekannten Reste eines Sakralbaus, die Gründung einer Apsis, liegen unter der Sakristei. Weiteres Mauerwerk dieses Baus ist nicht erhalten. Zwischen 1180 und 1220 wurde mit einem Neubau begonnen, einer dreischiffigen Basilika ohne Querschiff. Am Ende der Seitenschiffe im Osten, wo der Chor beginnt, wurden zwei Türme errichtet. Der Chor lief in einer Rundapsis aus, die Seitenschiffe endeten unter den Türmen. Das heutige Langhaus besaß annähernd dieselben Dimensionen wie das spätgotische. Der Bau dieser Basilika hat sich länger hingezogen. Um 1370–80 wurde im Westen ein dreigeschossiger rechteckiger Turm angefügt. Das achteckige Geschoss für den Glockenstuhl wurde erst später aufgesetzt. Erste Veränderungen an der Basilika erfolgten um 1460–70. Eine spätere Umbauphase begann 1492 und war 1519 mit der Einwölbung des Chores weitgehend vollendet. Sie kam einem Neubau gleich. Langhaus, Chor und Sakristei wurden neu gestaltet. Die drei Türme und Teile der Fundamente wurden wieder verwendet. Nach dem Brand 1648 wurde die Kirche ab 1655 wieder hergestellt. Sie erhielt im Innern, das Gewölbe des Langhauses wurde bei dem Brand zerstört, eine hölzerne Flachdecke, die bemalt wurde. Bei den wenig beschädigten Umfassungswänden begnügte man sich mit Reparaturen. In den 1860er Jahren wurden Reparaturarbeiten unaufschiebbar. Man entschloss sich zur durchgreifenden Erneuerung der Kirche. Mit der Durchführung wurde Joseph von Egle beauftragt. Das gotische Gewölbe wurde annähernd in Höhe, Gewölbeschnitt und Rippenstruktur rekonstruiert. Eine weitere grundlegende Erneuerung der Kirche fand 1938–1940 statt. Umfangreiche Renovierungsarbeiten erfolgten 1978–1989.

Baubeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rokoko-Kanzel von 1742

Das Langhaus der heutigen dreischiffigen Hallenkirche ist mit einem Satteldach bedeckt. Die Strebepfeiler des Langhauses wurden nach innen genommen. Die Lisenen des Langhauses und die äußeren Strebepfeiler des Chores sind mit Fialen geschmückt. Im Innern wurde das dreischiffige Langhaus der Basilika zugunsten einer dreischiffigen Halle umgestaltet. Im Erdgeschoss der in das Langhaus integrierten Türme sind Kapellen eingerichtet. Das Kirchenschiff und der Chor wurden einst durch einen Lettner getrennt. Reste befinden sich am Triumphbogen. Den Chor überspannt ein Sterngewölbe. Die nördlich an den Chor angebaute Sakristei mit polygonalem Abschluss besitzt ebenfalls ein Sterngewölbe.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Ausstattung dominiert der Barock. Der Hochaltar wurde 1700 fertiggestellt und im Chor aufgestellt. Ein Werk des Rokoko ist die 1742 angebrachte Kanzel. Ob die zahlreichen spätgotischen Statuen den Brand von 1648 überdauerten oder aus profanierten anderen Kirchen stammen, ist unbekannt.

Bekannt ist die Kirche auch für ein Glasfenster, das 1939/40 von JoKarl Huber geschaffen wurde. Es befindet sich auf der rechten Seite, hinter dem Taufstein, und zeigt auf neun Tafeln Szenen aus dem Leben Jesu. In der Szene, die die Versuchung Jesu darstellt, hat der Künstler der Figur des Teufels die Gesichtszüge Adolf Hitlers gegeben.[1]

In der Nordwestecke des Langhauses erinnern gotische Epitaphe an Patrizier des 15. bis 17. Jahrhunderts, am Außenbau entstammen sie der Zeit der Renaissance.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vleugels-Orgel

Der barocke Orgelprospekt von 1730 ist mit vergoldeten Engeln, Putten und dem großen Wappen der Stadt versehen. Im Laufe der Jahrhunderte erfolgten darin verschiedene Neu- und Umbauten der eingebauten Instrumente. Das heutige Orgelwerk mit 33 Registern auf drei Manualen und Pedal sowie 2368 Pfeifen stammt aus der Orgelbauwerkstatt Vleugels (Hardheim) und wurde 1969 neu hergestellt. Die Disposition des Instruments lautet:[2]

I Hauptwerk C–g3
Quintade 16'
Prinzipal 08’
Holzflöte 08'
Oktave 04'
Nachthorn 04'
Scharfquinte 0223'
Superoktave 02'
Mixtur V-VI
Trompete 08'
Tremulant
II Rückpositiv C–g3
Musiziergedeckt 8'
Flötenpraestant 4'
Trichterflöte 2'
Quintan II 113
Scharf III-IV
Krummhorn 8'
Tremulant
III Brust-Schwellwerk C–g3
Rohrflöte 08'
Harfpfeife 08'
Spillflöte 04'
Nasard 0223'
Oktave 02'
Blockflöte 02'
Terzflöte 0135'
Oktävlein 01’
Scharfzimbel III-V
Sordun 16'
Tremulant
Pedalwerk C–f1
Prinzipalbaß 16'
Pommerbaß 16'
Oktavbaß 08'
Rohrpfeife 08'
Gemshorn 04'
Rauschbaß V
Posaune 16'
Clairon 04'

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im gemauerten Oktogon des Turms hängt ein sechsstimmiges Bronzegeläute der Glockengießer Conrad Flach, Heinrich Ludwig Gosmann und F.W. Schilling aus den Jahren 1611, 1718 und 1958 mit Schlagtonfolge B0 - c1 - d1 - f1 - g1 - b1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Peter und Paul (Weil der Stadt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Felix Hammer: Katholische Stadtkirche St. Peter und Paul Weil der Stadt. Schnell, Kunstführer Nr. 965. Regensburg 2006, ISBN 978-3-7954-4698-7.
  • Helmut Völkl: Orgeln in Württemberg, Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1986, S. 48.
  • St. Peter und Paul, Weil der Stadt: Festschrift und Dokumentation zur Altarweihe 1983. Kirchengemeinde St. Peter u. Paul (Hrsg.), Weil der Stadt 1983.
  • Siegfried Schütz: Die Stadtkirche von St. Peter und Paul in Weil der Stadt. Volksbank Weil der Stadt (Hrsg.), Weil der Stadt 1985
  • Sankt Peter und Paul, Weil der Stadt: Geschichten und Bilder. / Texte und Bildauswahl von Wolfgang Schütz. Mit einem Beitrag von Elmar Schmitt. Kath. Kirchengemeinde St. Peter u. Paul (Hrsg.), Weil der Stadt 1989.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hitler in der Kirche. In: bahnhofkirche.ch. 14. Oktober 2022, abgerufen am 15. Februar 2024.
    Rayna Breuer: Warum sich in manchen Kirchen Hitler-Abbildungen befinden. In: dw.com. 22. Januar 2022, abgerufen am 15. Februar 2024.
  2. Weil der Stadt · St. Peter und Paul: Orgel. In: kirchen-online.com. 29. Mai 2015, abgerufen am 15. Februar 2024.

Koordinaten: 48° 45′ N, 8° 52′ O