Theosophische Societät Germania

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Die Theosophische Societät Germania oder abgekürzt Loge Germania war eine deutsche theosophische Organisation Ende des 19. Jahrhunderts.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gesellschaft wurde am 27. Juli 1884, vor allem auf Betreiben von Mary Gebhard im Haus der Fabrikantenfamilie Gebhard in Elberfeld in der Platzhoffstraße 12 gegründet. Nach der inoffiziell, das heißt ohne Stiftungsurkunde der Muttergesellschaft ins Leben gerufenen Loge Isis in Hamburg, war es die erste offizielle Loge der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland und die zweite in Europa, nach der London Lodge in England. Wilhelm Hübbe Schleiden war erst einen Tag vor der Gründung in die Theosophische Gesellschaft aufgenommen worden und kannte zu diesem Zeitpunkt die Grundschriften der Theosophie wie „Isis entschleiert“ erst wenige Wochen. Henry Steel Olcott, der Präsident der Theosophical Society (Adyar), war selbst zur Gründung der Loge herbeigekommen. Neben Olcott waren bei der konstituierenden Sitzung anwesend die Hausherrin Mary Gebhard (Schülerin von Éliphas Lévi), ihr Sohn Franz Gustav Gebhard, Madame Haemmerle aus Odessa, Coue aus Washington, Wilhelm Hübbe Schleiden aus Hamburg und ein indischer Begleiter Olcotts. Gustav Gebhard, der Mann Mary Gebhards, der zum Gründerkreis der Deutschen Bank gehörte, wurde trotz Abwesenheit zum Schatzmeister gewählt. Als Vorsitzender wurde Wilhelm Hübbe Schleiden ernannt.[1]

Aufgrund einer Werbereise Olcotts und Hübbe Schleidens über Leipzig, Bayreuth, München, Starnberg und Bad Kreuznach wuchs die Zahl der Mitglieder rasch. Am 9. August 1884 fand eine weitere Mitgliederversammlung mit Vorträgen unter freiem Himmel[2] im Wald von Ambach[3] am Starnberger See statt.[4] Als die Gruppe zurückkam, traf auch Helena Blavatsky in Elberfeld ein, und die dadurch möglichen Begegnungen mit der Gründerin der Gesellschaft festigten die Societät Germania. Auf ihrem Höhepunkt im nächsten Sommer zählte die Loge 33 eingetragene Mitglieder, darunter Franz Hartmann, Carl Kiesewetter, Gabriel von Max und Carl du Prel. Als im September 1884 die umstrittene Coulomb-Affäre, welche Frau Blavatsky und damit die gesamte Theosophische Gesellschaft stark in Misskredit brachte, auch in Deutschland bekannt wurde, kam es zu ersten Austritten aus der Loge. Blavatskys Rückkehr nach Indien im Winter 1884–85 konnte die Vorwürfe nicht völlig aufklären. Das Erscheinen des Hodgson Reports im Dezember 1885 erschütterte den kleinen Personenbestand. Ein weiterer Aufenthalt Blavatskys in Elberfeld im Sommer 1886 brachte für viele Mitglieder keine Wiederherstellung des Vertrauens. Mit einem Mitgliederstand von nur noch 13 Personen wurde die Loge deshalb am 31. Dezember 1886 aufgelöst.

Trotz ihres kurzen Bestehens gingen von der Loge Germania wichtige Impulse für die weitere Verbreitung der Theosophie im deutschsprachigen Raum aus. Das geplante Publikationsorgan der Loge, die Zeitschrift Sphinx, bestand auch nach der Auflösung weiter und verbreitete die theosophische Weltanschauung. Das Mitglied Franz Hartmann gründete später die Deutsche Theosophische Gesellschaft (Hartmann). Auch kann die Loge Germania als Vorläuferin der Theosophischen Vereinigung und der Deutschen Theosophischen Gesellschaft (D.T.G.) betrachtet werden. Aus der D.T.G. ging schließlich die Deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft hervor, woraus die Anthroposophische Gesellschaft von Rudolf Steiner entstand.

Die „Loge Germania“ ist nicht zu verwechseln mit der „Germania-Loge Nr. 1“, die ein Teil des Independent Order of Odd Fellows ist.

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. Marie Gebhard (Vice-Präsident)

2. Consul Gustav Gebhard (Schatzamt)

3. Arthur H. Gebhard

4. Rudolf E. Gebhard

5. Dr. Wilhelm Hübbe-Schleiden (Präsident)

6. Franz Gebhard (Secretair)

7. Alme Gebhard

8. Oskar von Hoffmann

9. Evelina von Hoffmann

10. Theodor Diesel

11. Ernst von Weber

12. Prof. Gabriel Max

13. Emma Max

14. Mimmi Kitzing

15. Carl Freiherr du Prel (Vice-Präsident)

16. Albertine Freifrau du Prel

17. Adolf Graf von Spreti

18. Caroline Gräfin von Spreti

19. Franz Urban

20. Baron Adolf von Hoffmann

21. Dr. Hermann Urban

22. Dr. Franz Hartmann

23. Prof. Carl Wilhelm Sellin

24. Otto Neuburg

25. Albrecht Wilhelm Sellin

26. Caroline Sellin

27. Bernhard Hubo

28. August Niemann

29. Dr. Carl von Bergen

30. Sophie von Bergen

31. Franziska Lacher

32. Marie von Schneeweiss

33. Julius Gillis

34. Carl Kiesewetter

35. Sophie Sprenger

36. Anna S.E. Conrad[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klatt, Norbert: Theosophie und Anthroposophie, neue Aspekte zu ihrer Geschichte aus dem Nachlass von Wilhelm Hübbe-Schleiden (1846 - 1916) mit einer Auswahl von 81 Briefen. Klatt, Göttingen 1993, ISBN 3-928312-02-2.
  • Zander, Helmut Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884-1945, Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN=9783525554524.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Protokoll der Versammlung in Ambach, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Nachlass von Hübbe Schleiden, Signatur: Cod MS W. Hübbe-Schleiden 812: 2,1 – Bl. 2-25
  2. Protokoll der Versammlung in Ambach, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Nachlass von Hübbe Schleiden, Signatur: Cod MS W. Hübbe-Schleiden 812: 2,1 – Bl. 2-25
  3. [1] Deutsches Kunstarchiv, Nachlass Gabriel von Max
  4. Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884-1945. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-55452-4, S. 111.
  5. Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884-1945. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-55452-4, S. 113.