Waldram (Wolfratshausen)

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Waldram
Koordinaten: 47° 54′ N, 11° 27′ OKoordinaten: 47° 53′ 58″ N, 11° 26′ 38″ O
Postleitzahl: 82515
Vorwahl: 08171
Waldram (Bayern)
Waldram (Bayern)

Lage von Waldram in Bayern

Waldram ist ein Stadtteil der Stadt Wolfratshausen im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.

Der Ort liegt südöstlich des Wolfratshauser Stadtteils Farchet und befindet sich auch südöstlich des Wolfratshauser Zentrums. Am westlichen Rand von Waldram verläuft die B 11 und am nördlichen Rand der Loisach-Isar-Kanal. Östlich fließt die Isar, an der sich das 372 ha große Naturschutzgebiet Pupplinger Au erstreckt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das heutige Wohnviertel mit überwiegender Eigenheimbebauung entstand aus der Umnutzung des ehemaligen jüdischen DP-Lagers Föhrenwald[1] als Wohnraum für Teile der nach dem Zweiten Weltkrieg zu Millionen in Restdeutschland angekommenen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen aus ehemaligen deutschen Gebieten im östlichen Europa, die bei der Kapitulation am Kriegsende anderen Staaten zugeordnet wurden. Zwischen 1945 und 1957 lebten in Föhrenwald zeitweilig über 5000 Juden.[2] Ursprünglich wurde das Lager von den Nationalsozialisten im Jahr 1939 errichtet als Lagersiedlung für die Zwangsarbeiter der nahen Rüstungsbetriebe, der Sprengstoff- und Munitionsfabriken[3] der Deutschen Sprengchemie GmbH (DSC) und der Dynamit Actien-Gesellschaft (DAG) im Staatsforst von Wolfratshausen. Namensgebend war damals der ursprüngliche Flurname „Forst Ferchach“[4], wobei „Ferch“ der bayerische Begriff für die Föhre ist. Diesen bayerischen Ausdruck verhochdeutschte die Reichsleitung der NSDAP in Berlin, als dort die Entscheidung fiel, die kriegswichtigen Munitionsfabriken im „Forst Ferchach“ südlich von Wolfratshausen zu bauen. Ein früherer Plan, diese Fabriken im Forstenrieder Wald südlich von München zu errichten, war am Widerstand weiter Bevölkerungsteile gescheitert.[5]

Kurz vor der Auflösung des DP-Lagers erwarben Ende 1955 das katholische Diözesansiedlungswerk und die Erzdiözese München und Freising das gesamte Gelände[6] und ließ alle Gebäude sanieren und mit einem Badezimmer ausstatten. Damit verlor auch das bis dahin gemeinsam genutzte Sanitärgebäude des Lagers, das Badehaus, seine Funktion. Die Umbenennung von Föhrenwald zu Waldram wurde am 24. Juni 1956 vom Siedlungswerk[7] bei der Stadt Wolfratshausen beantragt, die diesen Antrag gemäß den bayerischen Bestimmungen[8] an die Rechtsaufsichtsbehörde, der Regierung von Oberbayern, weiterleitete. Dieser Antrag wurde am 7. November 1957 von der Bayerischen Staatsregierung genehmigt. Die Ursache für die Umbenennung des Ortes war der Wunsch, die Geschichte des Ortes als Zwangslager (zunächst Zwangsarbeiter, dann Zwangslager für Displaced Persons) zu überwinden. Für den neuen Namen Waldram stand der Abt Waldram Pate, der gemäß den Annalen das Kloster Benediktbeuern gegründet hatte.[9] Das Kloster Benediktbeuern war lange der Grundherr über diese Flur.[10]

Auf einem kreisförmigen Denkmal, welches seit 1998 auf dem Prälat-Maier-Platz in Waldram zu finden ist und welches vom Künstler Ernst Grünwald stammt, wird mittels einer Texttafel versucht, die Waldramer Geschichte für die Nachkriegsgenerationen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.[11] Zusätzlich erinnert seit 2010 am Ortseingang eine Gedenktafel an die Geschichte des Lagers Föhrenwald.[12] Seit 2018 erzählt das Museum Erinnerungsort Badehaus in seiner Dauerausstellung die Geschichte des Ortsteils.

Durch die international bekannte Flüchtlingskrise der letzten Jahre hat Waldram (das frühere Lager Föhrenwald) sich an seine Geschichte als DP-Lager erinnert und einige Flüchtlinge aufgenommen.[13]

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende Einrichtungen der Infrastruktur sind in Waldram vorhanden:

  • Kindergarten St. Josef sowie städtischer Kindergarten
  • Spielplätze
  • Kinderhort
  • Grund- und Mittelschule Wolfratshausen-Waldram
  • Gymnasium, Kolleg und FOS St. Matthias
  • Stadtbücherei Wolfratshausen Zweigstelle Waldram
  • Museum Erinnerungsort Badehaus
  • katholische Kirche „St. Josef der Arbeiter“
  • Friedhof
  • Fußballverein DJK Waldram
  • Sportplätze
  • Supermarkt
  • Bank
  • Gasthof
  • Café
  • diverse Spezialgeschäfte und Dienstleister

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Industrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zweiten Weltkrieg befand sich nur wenige Meter südlich der heutigen Siedlung die größte Munitionsfabrik des gesamten Deutschen Reiches. Die Bauwerke waren meist unterirdisch um sie für Luftaufklärer des Gegners schwerer auffindbar zu machen. Nach dem Krieg wurde diese riesige Industrieanlage aufgegeben und in den späten 1940er Jahren auf Anweisung der amerikanischen Militärregierung größtenteils gesprengt bzw. zurückgebaut. Heute findet man nur noch wenige Überreste in Form von kurzen Tunneln im Wald.

Nach dem Krieg siedelte sich Pana Textil GmbH an, ein Unternehmen, welches Badezimmerteppiche herstellte. Dieser Betrieb ging 2010 nach einer Übernahme durch ein indisches Unternehmen (Faze Three Limited) in die Insolvenz. Zuletzt hatte Pana noch 35 Mitarbeiter beschäftigt.

Heute hat Waldram keine produzierenden Industriebetriebe mehr.

Handwerk und Einzelhandel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Waldram gibt es zahlreiche Handwerksbetriebe zur Befriedigung des täglichen Bedarfs (Bäckerei, Friseur etc.). Etliche Geschäfte bieten neben Dingen für den Alltag auch ein etwas spezialisierteres Angebot für unterschiedliche Hobbys sowie diverse Dienstleistungen an.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waldram ist an die Bundesstraße 11 (München – Innsbruck), welche in diesem Bereich vierspurig ausgebaut ist, mit einer eigenen Anschlussstelle angebunden.

An den öffentlichen Personennahverkehr ist Waldram über ein Buslinie mit mehreren Haltestellen angebunden, mit der Wolfratshausen mit seiner S-Bahn-Station im Norden und die Nachbarstadt Geretsried im Süden erreichbar ist.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Liste der Baudenkmäler in Wolfratshausen ist für Waldram kein Baudenkmal aufgeführt.

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Braun, Joachim: Ende und Neubeginn. Die NS-Zeit im Altlandkreis Wolfratshausen, Wolfratshausen 1995.
  • Reiss, Josef; Steppan, Eugen: Waldram. Anspruch auf Vergangenheit und Zukunft Waldram 1982
  • Alois Berger: Föhrenwald – das vergessene Schtetl. Ein verdrängtes Kapitel deutsch-jüdischer Nachkriegsgeschichte. München 2023.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Waldram – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alois Berger: Föhrenwald - ein Schtetl in Bayern - Verschwiegene Nachkriegsgeschichte. In: deutschlandfunkkultur.de. 1. Juni 2020, abgerufen am 17. Februar 2024.
  2. Bernd Noack: Wie Deutschland 1957 jüdische Geschichte zum Verschwinden brachte. In: nzz.ch. 26. Juli 2023, abgerufen am 30. Januar 2024.
  3. https://www.braun-in-wolfratshausen.de/galerie
  4. https://geoportal.bayern.de/bayernatlas/?zoom=11&lang=de&topic=ba&bgLayer=historisch&E=681810.67&N=5309091.15&catalogNodes=11,122,12&layers=tk_by&layers_visibility=false
  5. https://www.braun-in-wolfratshausenwolfratshausen.de/galerie
  6. https://www.eigenheimerverband.de/ov/waldram/geschichte/
  7. https://www.eigenheimerverband.de/ov/waldram/geschichte/
  8. https://www.stagn.de/SharedDocs/Downloads/DE/StAGN_Publikationen/081001_Grothenn_Zusammenfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=3
  9. http://www.waldram.de/4.html
  10. https://www.eigenheimerverband.de/ov/waldram/geschichte/
  11. https://www.eigenheimerverband.de/ov/waldram/geschichte/
  12. https://www.eigenheimerverband.de/ov/waldram/geschichte/
  13. https://www.kolping-waldram.de/wb/pages/veranstaltungen/pizza-essen-fuer-fluechtlinge.php