Wodka Gorbatschow

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Wodka Gorbatschow

Besitzer/Verwender Gorbatschow Wodka KG

Inhaber Henkell & Co. Sektkellerei KG,
Geschwister Oetker Beteiligungen KG
Einführungsjahr 1921
Produkte Spirituosen
Website www.wodka-gorbatschow.de
Wodka Gorbatschow in einer 0,1-Liter-Flasche
Werbeanzeige 1921 im Berliner Tageblatt

Wodka Gorbatschow ist eine Wodkamarke, die seit 1921 in Berlin hergestellt wird. Sie gehört zu Henkell Freixenet, seit November 2021 Mitglied der Geschwister Oetker Beteiligungen KG. Die Marke ist nicht nach dem ehemaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow benannt, sondern nach dem Firmengründer Lew Leontjewitsch Gorbatschow.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lew Gorbatschow (eigentlich Lew Leóntjewitsch Gorbatschów, russ. Лев Леонтьевич Горбачев,[1] von der Unternehmenswerbung später als Leo Leontowitsch Gorbatschow[2] bezeichnet), Betreiber einer Wodkadestillerie in St. Petersburg, flüchtete während der Oktoberrevolution mit seiner Familie nach Berlin, wo er am 28. April 1921[3] die Genehmigung erhielt, Wodka herzustellen. Der Markenname, die charakteristische Flasche, die an den Zwiebelturm einer russisch-orthodoxen Kirche erinnert, und das blaue Etikett wurden 1923 von der L. Gorbatschow & Co., die ihren Sitz zunächst Unter den Linden, später in der Bayreuther Straße[4] hatte, als Warenzeichen eingetragen. 1928 wurde der bisherige Gesellschafter Josef Kramer Alleininhaber.[5] Das in Gorbatschow Liköre J. Kramer & Co. umbenannte Unternehmen hatte den Sitz in der Ansbacher Straße in Schöneberg. Die Aktiengesellschaft meldete 1929 Konkurs an.[6]

1938 wurde der Betrieb als jüdisches Unternehmen liquidiert[7][8] und im Zuge der Arisierung vom Apotheker und promovierten Pharmazeuten Otto Ludwig Heinen übernommen. Die Firma lautete ab 1942 Gorbatschow-Liköre Dr. Heinen u. Barth.[9][10] Heinen war ab 1939 Mitglied der Waffen-SS und wurde 1940 SS-Obersturmführer. 1943 wurde er auf Befehl des Reichsführers SS in einem Verfahren wegen Volltrunkenheit zum SS-Schützen degradiert und in die SS-Totenkopfverbände kommandiert. Bis 1946 war er interniert und wurde 1948 im Rahmen der Entnazifizierung als Entlasteter eingestuft.[11]

Produktionsstätte in der Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei

Nach dem Krieg hieß das Unternehmen Gorbatschow-Liköre Dr. Heinen & Co. und hatte seinen Sitz in der Ost-Berliner Immanuelkirchstraße.[12] In den 1950er Jahren hatte Gorbatschow-Liköre Barth unter dem neuen Direktor Arthur Barth, der bereits vor dem Krieg in das Unternehmen eingetreten war, seinen Sitz im West-Berliner Ortsteil Friedenau.[13] 1960 erwarb die Söhnlein Rheingold KG die Unternehmensmehrheit von Gorbatschow-Wodka Arthur Barth mit Sitz in der Schöneberger Goltzstraße.[14] Später hatte das Unternehmen „Gorbatschow Wodka GmbH“ seinen Sitz am Salzufer im Bezirk Charlottenburg.[15] Bis 2012 gehörte das Gorbatschow-Haus zur TU Berlin und ist heute Teil eines Bürokomplexes.[16][17] In den 1990er Jahren hatte das Unternehmen seinen Sitz in der Kienhorststraße in Reinickendorf,[18] wo zuvor das zu Edeka gehörige Unternehmen Corona Spirituosen[19] produziert hatte.[20] Die Produktion findet heute in der Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei in der Indira-Gandhi-Straße in Alt-Hohenschönhausen statt.[21] 2021 war Wodka Gorbatschow der meistverkaufte in Deutschland hergestellte Wodka (22,5 Millionen 1/1-Flaschen).[22]

Slogan „Des Wodkas reine Seele“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1975 wurde Wodka Gorbatschow bundesweit unter dem Slogan „Des Wodkas reine Seele“ vermarktet,[23] der auf das Klischee der „russischen Seele“ anspielt und zum geflügelten Wort wurde.[24] Laut einem Bericht des Spiegel entstand der Slogan, nachdem sowjetische Wodkahersteller auf den westdeutschen Markt drängten.[25]

Herstellungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem ursprünglichen Familienrezept Gorbatschows wurde der Wodka zweimalig über Holzkohle filtriert, seit 2007 wird die dreifache Kältefiltration angewendet, bei der der Wodka dreifach über Aktivkohle filtriert wird. Seit 2015 wird durchgehend eine vierfache Kältefiltration angewendet.

Varianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt verschiedene Arten und Abfüllungsgrößen von Wodka Gorbatschow. Am verbreitetsten ist die 0,7-Liter-Flasche mit blauem Etikett und 37,5 % Vol. Alkoholgehalt.

Variante Etikett Alkoholgehalt Markteinführung Abfüllungsgröße Anmerkungen
Wodka Gorbatschow Blau 37,5 % 1l; 0,7l; 0,2l; 0,1l; 40ml Miniatur; 3l Magnum
Wodka Gorbatschow 40% Blau 40 % 1l nur für den Export bestimmt
Wodka Gorbatschow 50% Schwarz 50 % 1l; 0,7l nur für die Gastronomie bestimmt
Wodka Gorbatschow 60% Rot 60 % 1l nur für den Export bestimmt
Wodka Platinum 44 Blau 44 % 2003 0,7l; 3l Magnum andere Herstellungsart & Flaschenform
Wodka Gorbatschow Citron Gelb 37,5 % 2008 0,7l leicht mit Zitrone aromatisiert
Gorbatschow & Lemon 10 % 2010 0,33l Dose Mischgetränk im Stil Wodka Lemon
Gorbatschow & Orange 10 % 2014 0,33l Dose Mischgetränk im Stil Wodka Orange
Gorbatschow & Maracuja 10 % 2016 0,33l Dose Mischgetränk im Stil Wodka Maracuja

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Русский привкус немецкой кухни. Abgerufen am 25. Januar 2022 (russisch).
  2. Vergnügen dabei. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1965, S. 65 (online).
  3. wodka-gorbatschow.de, abgerufen am 28. Dezember 2013
  4. Bayreuther Straße. In: Berliner Adreßbuch, 1925, Teil 4, S. 64.
  5. Berliner Börsen-Zeitung, Abendausgabe, 19. September 1928, S. 10, Digitalisat
  6. Berliner Handels-Register, 65/1929, S. 737, Digitalisat
  7. Suche. In: Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930–1945. HU Berlin, abgerufen am 25. Januar 2022.
  8. Bernhard Lewin. In: stolpersteine-berlin.de. Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin.
  9. Liköre. In: Berliner Adreßbuch, 1941, Teil 2, S. 356.
  10. Liköre. In: Berliner Adreßbuch, 1942, Teil 2, S. 388.
  11. Philipp T. Haase: Otto Ludwig Heinen. In: Beamte nationalsozialistischer Reichsministerien. 27. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2022 (deutsch).
  12. Die Branntweinwirtschaft: Zeitschrift für Spiritusindustrie. 1947, S. 351 (google.de [abgerufen am 25. Januar 2022]).
  13. Warenzeichenblatt: 1953, 17–24. Wila-Verlag für Wirtschaftswerbung, 1950, S. 2356 (google.de).
  14. Die Branntweinwirtschaft: Zeitschrift für Spiritusindustrie. 1960, S. 291 (google.de).
  15. Berliner Stadtadressbuch: 1977, 2. Schmidt-Römhild, 1949, S. 14 (google.de).
  16. Studierende mit Behinderung: Hörsäle und Gebäude. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  17. Schnaps, Backpulver, Blitzableiter – aus drei Bürohäusern wird eins. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  18. Markenblatt. Wila Verlag Wilhelm Lampl GmbH., 1997, S. 4005 (google.de [abgerufen am 29. Januar 2022]).
  19. Who Owns Whom: Continental Europe. Dun & Bradstreet., 1988, S. 194 (google.de [abgerufen am 29. Januar 2022]).
  20. Warenzeichenblatt: 1972, 17 - 24. Wila-Verlag für Wirtschaftswerbung, 1950, S. 2053 (google.de [abgerufen am 29. Januar 2022]).
  21. Gorbatschow Wodka Spirituosenindustrie aus Berlin. In: Firmendatenbank wer-zu-wem.de. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  22. Henkell Freixenet erzielt deutliches Umsatzplus. Abgerufen am 3. Mai 2022.
  23. Pressemappe Wodka Gorbatschow. henkell-sektkellerei.de; abgerufen am 28. Dezember 2013
  24. Nina Janich: Unternehmenskultur und Unternehmensidentität: Wirklichkeit und Konstruktion. Springer-Verlag, 2015, ISBN 978-3-663-11695-0, S. 230 (google.de [abgerufen am 25. Januar 2022]).
  25. Seele und Hits. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1977 (online).