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Zu viele Mythen in Nahost
23. Mai 2003 11:09

Alia Rayyan
Foto: Netzeitung
Verständigung in Nahost kann nur erreicht werden, wenn die Unwissenheit über die Lebensumstände und die Geschichte auf beiden Seiten weniger wird. Darauf einigten sich aus der Region stammende und in Deutschland lebende Journalisten im Redaktionsgespräch bei der Netzeitung.

 
Nach dem Ende des Irakkriegs rücken die Probleme des Nahen Ostens wieder in den Vordergrund: Gewalt und Gegengewalt eskalieren. Die Netzeitung lud deshalb in Deutschland lebende Journalisten, die aus Israel/Palästina und Libanon stammen, zum Gespräch. Organisiert wurde die Runde von Igal Avidan, der für die Netzeitung ein knappes Jahr lang die politischen Debatten in Israel in seiner Kolumne «Deadline» zusammenfasste, moderiert wurde das Gespräch von Chefredakteur Michael Maier.

Mehr in der Netzeitung
  • Igal Avidans Kolumne:
    Deadline, Presseschau aus Israel
  • Architektur der illegalen Siedlungen:
    Kartographie der zivilen Besatzung
  • Obwohl mancher Teilnehmer nicht glauben mochte, dass Journalisten den Konflikt lösen können, beleuchtete die Debatte doch einige Probleme, die üblicherweise nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Medien stehen. Ayala Goldmann etwa, die mehrere Jahre als Journalistin in Israel war und heute in Berlin unter anderem für die Nachrichtenagentur «AP» arbeitet, wies auf ein Problem hin, das die Rolle der Medien im Konflikt berührt.

    Die Wahrheit kommt zu kurz

    Es sei oft Unwissenheit über die Lebensumstände des jeweils Anderen, die sich als fundamentales Hindernis für Verständigung festmachen lasse, meint Goldmann: Auch die politische Linke in Israel tue sich noch heute schwer mit der fundamentalen Tatsache, dass viele Palästinenser in der Zeit der Staatsgründung Israels aus ihrem Land vertrieben wurden. Erst eine junge Generation von israelischen Historikern habe diesen von vielen Mythen überdeckten Teil der eigenen Geschichte aufgearbeitet, dennoch hätten sich ihre Erkenntnisse als «offizielle» Sichtweise in der Gesellschaft nicht durchsetzen können.

    Igal Avidan
    Foto: Netzeitung
    Umgekehrt hätten es führende Palästinenser, an erster Stelle Jassir Arafat versäumt, etwa im Zuge der gescheiterten Verhandlungen von Camp David im Jahr 2000, ihrem Volk die Wahrheit zu sagen: Nicht für alle palästinensischen Flüchtlinge wird eine Rückkehr möglich sein.

    Die Anerkennung des Leidens des Anderen sei die Grundlage jeden Fortschritts in der Region. In der palästinensischen Gesellschaft wisse man kaum etwas über die Geschichte des jüdischen Volkes und die daraus abgeleitete Notwendigkeit eines starken Staates Israel, ergänzte Alia Rayyan. Rayyans Familie väterlicherseits lebt in Ramallah, wo die Journalistin in den Neunzigern unter anderem eine Studie über die Rolle der Medien im Demokratisierungsprozess in den palästinensischen Gebieten machte.

    Extreme Hürden im Alltag

    Nahezu unbekannt sei den Israelis die konkrete Situation in den Palästinensergebieten. Sie sei in den Neunzigern so schlimm geworden, dass die Eskalation bereits 1999 absehbar war – lange vor dem Scheitern der Verhandlungen von Camp David und unabhängig von den Streitigkeiten über das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge. Die Aufteilung der Gebiete in die Zonen A, B und C erschwere das Alltagsleben auf extreme Weise, die direkten Verbindungen zwischen den palästinensischen Städten seien gekappt. Angesichts dieser Lage habe man sich dort gefragt, was die Palästinenser von einem Friedensprozess halten sollten, der die Lage im Vergleich zur ersten Intifada noch verschlimmert habe.

    Ayala Goldmann
    Foto: Netzeitung
    Zwischen 1996 und 1999 habe man in Israel den politischen Fehler gemacht, zu glauben, das Problem mit den Palästinensern sei schon irgendwie zu lösen, während es de facto keinerlei Verbesserungen in deren Alltagsleben gab. Insofern sei es auch Aufgabe der Journalisten, das Wissen über die konkreten Lebensumstände an der Basis zu befördern, und die eigene Arbeit auf einer persönlichen Ebene anzusiedeln. Wenn den Israelis der Alltag der Palästinenser präsenter wäre, würden sie vermutlich die Lage anders einschätzen.

    Austausch statt Provokation

    Salame Itidal, die für einen Radiosender in Paris und ein in London erscheinendes saudi-arbisches Magazin arbeitet, und deren Familie aus Jaffa vertrieben wurde und nun in Libanon lebt, wies darauf hin, dass trotz der Notwendigkeit der Aufklärung bestimmte Fakten einer Verständigung im Weg stünden, allen voran der stetige Ausbau der Siedlungen in den besetzten Gebieten. Die Siedlungen seien Gift für den Frieden, weil sie nicht das Territorium der Palästinenser nicht nur immer weiter verkleinerten, sondern sie trügen dazu bei, das zukünftige Staatsgebiet in unzusammenhängende Teile zu zerschneiden.

    Simon Harik
    Foto: Netzeitung
    Auf medialer Ebene eine Politik der Provokation hinzu. Dafür stehe etwa der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon, der keine Botschaft für die Belebung der Beziehungen formuliere. Simon Harik, ein aus dem christlichen Teil des Libanon stammender und in Berlin lebender Fotojournalist, präzisierte das Problem: Einen nicht unwesentlichen Teil zum Ausbruch der zweiten Intifada habe Scharons Auftritt vor der Moschee am Tempelberg beigetragen, der klar die Muslime provozieren sollte. Die Effekte solcher Provokationen würden auf beiden Seiten unterschätzt, sie prägten vor allem die junge Generation und verlängerten das Problem.

    Dramatisch sei die Lage geworden, ergänzte Harik, als Rabin ermordet wurde, den er hoch achte. Rabin habe verstanden, dass beide Völker nur miteinander leben können, wenn es kulturellen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen Austausch gibt. Dies sei die einzige Chance für die beiden Völker, die Nachbarstaaten und die Welt.

    Die Chancen von Machmud Abbas

    Ob die Wahl und Einsetzung Machmud Abbas zum palästinensischen Ministerpräsidenten Anlass zur Hoffnung gibt, bleibt hingegen umstritten. Immerhin eine knappe Hälfte der Palästinenser äußert sich laut einer aktuellen Umfrage skeptisch, dass Abbas eine Veränderung herbeiführen könne. Igal Avidan, der seit dem Mauerfall in Berlin lebt, und seither für verschiedene israelische und später auch deutsche Medien arbeitete, darunter die israelische Tageszeitung «Maariv», wies auf das Bild Abbas in Israel hin: Dort gelte er als Pendant zum gescheiterten Vorsitzenden der israelischen Arbeitspartei. Er habe keine Machtbasis hinter sich. Die gängige Meinung sei: Abbas sage, was er nicht sagen solle, und was er sagen sollte, sage er nicht. Die Erwartung, Abbas werde sofort die radikalen Anhänger der Hamas verhaften lassen, sie vor Gericht stellen und ihre Waffendepots konfiszieren, sei von Anfang an überzogen gewesen. Diese Macht habe er nicht.

    Dennoch hätten die Israelis sehr wohl registriert, dass Abbas sich in den verganenen zwei Jahren offen gegen Terror und Gewalt ausgesprochen hat. Dazu gehöre Mut, da es nicht ungefährlich sei. Diesen Mut respektiere man in Israel. Dennoch nutze Arafat sichtlich jedes Fettnäpfchen, in das Abbas trete, um ihn zu diskreditieren.

    Für Alia Rayyan sitzt Abbas zwischen den Stühlen, zuviele Interessengruppen und Einzelpersonen versuchten ihn zu instrumentalisieren. Dennoch verspreche die neue Zusammensetzung des Parlaments Besserung. Die größte Fraktion der PLO, Fatah, habe neue Minister - wie den neuen parteilosen Kulturminister - eingebracht. Auf viele der neuen Parlamentarier setze man die Hoffnung, den Demokratisierungsprozess voran zu bringen. Dieser werde unter dem Banner der nationalen Frage allzu oft von Interessengruppen gebremst, dennoch hätten sich in den letzten Jahren die demokratischen Strukturen immer weiter entwickeln können.

    Nicht nur in der palästinensischen Politik gebe es viele Kräfte, die die Demokratisierung sabotieren. Auch die Israelis seien nie wirklich an ihr interessiert gewesen, weil die Bekämpfung des Terrors ohne das Oberste Gericht und Menschenrechtsorganisationen einfacher sei, ergänzte Avidan. Beide Regierungen würden von ihren eigenen Extremisten in Schach gehalten. Avidan schlug ein Experiment vor: Die einzige Lösung für dieses Dilemma wäre, dass die Israelis die palästinensische Führung, die Palästinenser hingegen die israelische Regierung wählten. So könne man auf Politiker hoffen, die miteinander reden wollten.

    Das Gespräch protokollierte Ulrich Gutmair.


     


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