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Maxeiner und Miersch: Standpunkte. Thema Naturkatastrophen
The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20080607025147/http://www.maxeiner-miersch.de:80/standp2005-08-31a.htm
Wortmarke Maxeiner und Miersch

Standpunkte

Naturkatastrophen

Hintergrund:
Ein Hochwasser in Bayern und ein schwerer Wirbelsturm im Süden der USA werden in der Öffentlichkeit als Zeichen einer Klimakatastrophe interpretiert.

 

Deiche statt Symbolpolitik

von Dirk Maxeiner und Michael Miersch

Das Haus, in dem Maxeiner in Augsburg wohnt, steht an einem Graben. Meist ist darin überhaupt kein Wasser. Im Flut-Sommer 2002 entwickelte das Rinnsal sich zu einem reißenden Strom und die Keller mussten geräumt werden. Inzwischen wurden Schutzmassnahmen ergriffen und Rückhaltebecken gebaut. Letzte Woche dann erneut Hochwasser-Alarm: Der Bach schwoll an, blieb aber ungefährlich. Nicht überall in Bayern gelang es die Fluten zu kanalisieren, aber vielerorts verhinderten erfolgreiche Anpassungs-Maßnahmen Schlimmeres - was in der Medienflut ein wenig unterging.

Was die praktische Vernunft im lokalen Rahmen gebietet, gilt genauso für die globale Situation. Der beste Schutz gegen Katastrophen sind Anpassungsmaßnahmen. An deutschen Flüssen wären beispielsweise mehr Auenwälder und andere Überschwemmungsflächen eine große Hilfe. Doch Prävention kostet Geld. In viele Länder sind die Menschen zu arm, um standhafte Deiche zu errichten oder sich sturmsichere Häuser leisten zu können. Das war früher hierzulande nicht anders: Im Jahr 1342 führte - wie vergangene Woche auch - ein Genua-Tief zur schlimmsten Flutkatastrophe Europas, das als "Magdalenen-Hochwasser" in die Geschichte einging. Allein in der Donauregion starben damals mehr als 6000 Menschen.

Praktische Anpassung sollte Priorität vor einer fragwürdigen Klimapolitik haben. Denn selbst Wissenschaftler, die von einer menschengemachten Erwärmung überzeugt sind, räumen ein, dass das Kyoto-Protokoll bis zum Jahr 2050 bestenfalls eine Temperaturverminderung von wenigen Hundertstel Grad bringen wird. Und dafür wird jährlich ein Mehrfaches der gesamten globalen Entwicklungshilfe ausgegeben.

Feste Deiche helfen in jedem Fall, egal ob ein Desaster nun natürlich oder vom Menschen gemacht ist. Der Streit darüber nimmt ohnehin absurde Züge an. So hat sich In Deutschland eine Handvoll Klima-Wissenschaftler darauf spezialisiert, egal welche Laune der Natur sofort mit der globalen Erwärmung zu begründen. Ein Anruf genügt und schon kommt das gewünschte 15 Sekunden-Mantra übers Mikrophon. Mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme wird die Schuld des Menschen beklagt und anschließend ins Land verbreitet.

Halten wir deshalb mal kurz fest, was unter Klimaforschern Konsens ist. Erstens: Die globale Durchschnittstemperatur ist in den vergangnen 100 Jahren um etwa 0,6 Grad gestiegen. Zweitens: 6,2 Milliarden Menschen mit ihren 20 Milliarden Haustieren, ihren Feuerstellen, Autos, Fabriken und Kraftwerken sind ein Klimafaktor. Alles andere ist heftig umstritten. Besonders die Frage: Wie gewichtig ist der Einfluss des Menschen verglichen mit natürlichen Faktoren?

Politiker wollen ihre Entscheidungen mit einem wissenschaftlichen Konsens legitimieren. Sollte sich die Faktenlage ändern, kann man zumindest sagen: Wir haben nach dem damaligen Stand des Wissens gehandelt. Das ist verständlich und geht auch in Ordnung. Nicht in Ordnung geht, wenn eine Reihe von Klimaforschern ihren heutigen Erkenntnisstand zum Dogma erklärt und sich mit dem Hinweis auf einen angeblichen Konsens gegen wissenschaftliche Kritik immunisiert. Motto: Wer an unseren Aussagen zweifelt ist ein Außenseiter, ein Irrer oder bösen Willens.

Chris Landsea, einer der weltweit führenden Hurrikan-Forscher, hat deshalb kürzlich seine Mitarbeit im UN-Klimarat IPCC aufgekündigt. Über die letzten 60 Jahre gibt es laut dem Forscher keinen eindeutigen Trend in Richtung häufigerer oder intensiverer Hurrikans. Dennoch behauptete ein Sprecher des Gremiums in einer Pressekonferenz die globale Erwärmung führe zu mehr schweren Stürmen. So kann man auch einen Konsens herstellen.

 

 

Erschienen in Die Welt vom 31.08.2005