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Maxeiner und Miersch: Standpunkte. Linke und Islamisten
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Wortmarke Maxeiner und Miersch

Standpunkte

Linke und Islamisten

Hintergrund:
Bei Anti-Israel-Demonstrationen in Europa marschieren Linke und Islamisten Seite an Seite.

 

Die neue rot-grüne Allianz

von Dirk Maxeiner und Michael Miersch

Erschienen am 28.07.2006 in DIE WELT

Vergangene Woche begegneten wir einer Anti-Israel-Kundgebung in München. Zu unserer Freude war sie viel kleiner als die in Berlin. Das Häuflein, dass auf dem Odeonsplatz versammelt war, bestand aus unentwegten Politaktivisten, die größtenteils schon Jahrzehnte Kampferfahrung auf dem Buckel hatten. Dennoch blieben wir ein Weilchen stehen und staunten über die Zusammensetzung der Demonstranten. Manche riefen "Hoch Hisbollah!" andere schwenkten Pace-Fahnen, Halbmond und Stern waren auf Transparenten zu sehen, Tauben und Maschinenpistolen. Tief verschleierte Frauen liefen neben jungen Männern mit Basecap und Muscle-Shirt. Ähnliche multikulturelle Mischungen sahen wir auf Fotos von den großen Demonstrationen in London und anderen Städten Europas und Nordamerikas. Sozialistisches Rot einträchtig neben dem islamistischen Grün. Die einen rufen nach Frieden, die anderen nach Vernichtung Israels. Diese merkwürdige Allianz ist zwar nicht mehr ganz frisch. Man kennt solche Bilder von früheren Demonstrationen gegen den Afghanistan-Krieg oder gegen George W. Bush. Aber als wir das weltanschauliche Gemenge so leibhaftig vor uns sahen, waren wir doch ziemlich sprachlos.

Da liefen Anarchos, die es bereits für nackten Faschismus halten, wenn sie ihr Straßenbahnticket vorzeigen müssen, neben Menschen für die Atheismus ein Schwerverbrechen darstellt. Kämpferinnen gegen männliche Formen in der Grammatik marschierten neben Kämpfern gegen weibliche Teilnahme am Schulunterricht. Was geht in Linken vor, die Arm in Arm mit den reaktionärsten klerikal-faschistischen Kräften der Welt marschieren?

Die Verbrüderung mit den Djihadisten, die Blindheit gegen deren offene Bekenntnisse zu anti-humanen Zielen und Methoden, kennzeichnen einen Tiefpunkt linker Verwirrung. Der Identität stiftende anti-faschistische Pathos ist zur folkloristischen Tünche verkommen. Und das leider nicht nur bei den extremistischen Spinnern, die unermüdlich demonstrieren. Bei der Münchnern Kundgebung waren auch Vertreter von PDS und WASG zugegen. Und prominente Sozialdemokraten, darunter Entwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, ereifern sich öffentlich mehr über den Waffengang Israels als über die Raketenangriffe islamistischer Milizen. Blätter, die stets am Puls des linksliberalen Mainstreams schreiben, wie "Stern" und "Süddeutsche Zeitung" empören sich über die Heftigkeit israelischer Militärschläge und ignorieren, dass das Land von fanatischen Feinden umgeben ist, die es auslöschen wollen.

Wenn wir so etwas lesen, fragen wir uns oft, wie wohl die Kommentare ausfielen, wenn etwa die österreichische FPÖ eine Miliz aufstellen würde, die mit Raketen über den Inn auf Passau und Altötting feuert. Die mangelnde Empathie für die Lage der einzigen echten liberalen und rechtsstaatlichen Demokratie im Nahen Osten ist beklemmend. Wie kommt es, dass Linke sich lieber mit mörderischen Gotteskriegern solidarisieren als mit Israel?

Historiker und Islamwissenschaftler haben ausführlich beschrieben, dass Islamisten zentrale Muster des nationalsozialistischen Antisemitismus übernommen haben. Hitlerdeutschland hat sie im Nahen Osten nicht nur mit Waffenlieferungen und diplomatischer Hilfe unterstützt, sondern auch ideologisch aufgerüstet. Die neuen Feinde, gegen die sich Israel wehren muss, sind in vieler Hinsicht die alten. Eigentlich müssten alle linken Alarmglocken läuten. Stadtessen orientiert man sich lieber an Karl May als an Karl Marx und idealisiert bärtige Turbanträger als edle Wilde, die sich gegen arrogante jüdische Kolonialisten zu Wehr setzen.

Der linke Grimm gegen Israel, ruft bereits Unterstützer auf den Plan, deren Applaus nachdenklich machen sollte. Anfang dieser Woche rief die NPD zur "Solidarität mit Heidemarie Wieczorek-Zeul" auf. Wer weiß, wer in Zukunft noch alles gemeinsam für "Frieden" demonstrieren wird. Mischt man im Farbkasten Rot und Grün, kommt Braun dabei heraus.