US-Lager Guantánamo: Etwa 50 Gefangene dort können nicht in ihre Heimat zurückkehren

US-Lager Guantánamo: Etwa 50 Gefangene dort können nicht in ihre Heimat zurückkehren

Barack Obama hält Wort. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat der neue amerikanische Präsident die umstrittenen Militärprozesse gegen Terrorverdächtige aus dem noch umstritteneren Gefangenenlager Guantánamo gestoppt. Bis zum Mai soll entschieden werden, ob die Angeklagten vor ordentliche Gerichte gestellt werden oder wie sonst mit ihnen weiter verfahren wird.

Noch wichtiger ist aber die Frage, was mit den übrigen Gefangenen geschehen soll, die die alte Bush-Regierung zum Teil seit Jahren ohne jede Anklage in dem Lager auf Kuba eingesperrt hat. Etwa 50 von ihnen können nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, weil ihnen dort Folter und neue Inhaftierung drohen. Obama hatte deshalb schon vor seinem Amtsantritt insbesondere die europäischen Länder gebeten, einige von ihnen aufzunehmen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte dazu Bereitschaft bekundet.

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Doch so prompt wie die Entscheidung von Obama kam jetzt auch die Antwort von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Wenn die Häftlinge aus Ländern stammten, in die sie aus Menschenrechtsgründen nicht zurückkehren könnten, "müssen sie eben in den USA bleiben", beschied der CDU-Politiker in einem Zeitungsinterview so kaltherzig wie schroff. Er kenne keinen Grund, weshalb jemand, der zu gefährlich für Amerika sei, von einem EU-Land aufgenommen werden müsse.

Der Satz enthüllt eine verhängnisvolle Sichtweise, von der schon die Regierung Bush getrieben wurde und die auch Schäubles eigenes Vorgehen in der Inneren Sicherheit bestimmt: Im Kampf gegen den Terror müssen Menschenrechte im Zweifel hintenanstehen, die Sicherheit geht allem vor. Nichts anderes hat dem Ansehen der Vereinigten Staaten in der Zeit von Bush weltweit so geschadet, und nichts anderes schadet so dem Ruf von Schäuble.

Sicherlich sind die USA in allererster Linie für dieses schreckliche Erbe verantwortlich und damit die neue Regierung in Washington. Aber wenn Obama, in den so viele Hoffnungen und Erwartungen gesetzt werden, auch von der Bundesregierung, ausdrücklich um Unterstützung bittet, dürfen wir sie ihm nicht verweigern.

Deutschland hat die Menschenrechtsverletzungen in Guantánamo und Abu Ghraib, die Verschleppungen in heimliche Gefängnisse auch in Folterstaaten, stets zu Recht kritisiert. Deshalb steht es nun auch in der Pflicht, daran mitzuwirken, sie zu beenden – egal, ob Deutschland dafür selber Verantwortung trägt oder nicht. Das gebietet nicht nur die Menschlichkeit, nicht nur die Freundschaft zu Obama und die Solidarität des Westens, sondern auch und vor allem die Verpflichtung gegenüber dem Rechtsstaat. Denn die gilt weltweit.

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