Zusammensetzung und Abwehrstoffe der Muttermilch
1) Zusammensetzung
Muttermilch (MM) besteht aus Tausenden von Stoffen. Für jeden Stoff ist die
Konzentration fein abgestimmt. Jede Säugetiermilch hat eine andere
Zusammensetzung. Wolfsmilch hätte Romulus und Remus umgebracht. Rohe Kuhmilch in
größeren Mengen macht Kinder bis zu zwei Jahren krank. Der Mensch ist zwei Jahre
lang ein „Säugling“!
MM ist leicht saurer (pH 6,8-7,1) als Blut (7,4). Die Brustdrüsen sind ein
Filter, das Fett und kleine Moleküle (<200 Mgew.) besser aus dem Blut in die MM
lässt.
Die Konzentrationen der einzelnen Stoffe sind nicht konstant, sondern werden
ständig angepasst, vom Kolostrum zur reifen Milch, von wässriger im Sommer zu
energiereicher im Winter, nach der Entwicklungsphase des Kindes, von Tag zu Tag,
von Mahlzeit zu Mahlzeit, zur Sättigung während einer Mahlzeit, bei Krankheit.
Jedes Kind bekommt seine eigene, nur für es selbst bestimmte Milch.
(Die Mengenangaben in diesem Text können wegen der Schwankungen immer nur
sehr ungefähr sein. Die Höhe der Werte ist in jeder Untersuchung anders. Als
Vergleich wurde Kuhmilch herangezogen, weil es eine Menge verschiedener
Flaschenmilchen gibt.)
Hauptbestandteile
(g/100g) |
Eiweiß
(=Protein) |
Kohlehydrate
(z.B. Zucker) |
Fett |
Muttermilch |
1,2 |
7,0 |
4,0 |
Kuhmilch |
3,3 |
4,6 |
3,6 |
Wenn Kuhmilch (KM) in Flaschennahrung umgewandelt wird, ist der Proteingehalt
viel zu hoch. Deshalb wird verdünnt, aber nicht auf den MM-Wert, weil die
Eiweißsorten auch falsch sind. Bei diesem Verdünnen wird der eigentlich richtige
Fettwert zu niedrig; andere Sorten von Fett müssen zugefügt werden. Die
Kohlehydrate reichen sowieso nicht und müssen aus anderen Quellen zugefügt
werden.
Eiweiß
Eiweißzusammensetzung |
MM (% des Eiweißes) |
KM (%) |
Kasein |
40 |
82 |
Molkenprotein |
60 |
18 |
Molkeneiweiß - Haupteiweiß der MM - ist leicht verdaulich, in 2-3 Stunden. Es
macht den Stuhl weich bis flüssig. Kasein - Hauptbestandteil der KM - fällt wie
ein Kloß im Magen aus. Der Stuhl wird hart. Allergien gegen das falsch Eiweiß
der Kuhmilch sind siebenmal häufiger als andere Allergien. Deshalb sollte im
ersten Lebensjahr keine Kuhmilch gegeben werden (auch keine Flaschenmilch). Eine
einzige Flasche reicht für die Auslösung einer Allergie. Auch „hypoallergene“
Nahrung kann Allergien auslösen.
Eiweiße (Proteine) bestehen aus einer Kette von Aminosäuren, die wie Perlen
aneinandergereiht sind. Die meisten Aminosäuren (Perlensorten) kann der Mensch
selbst herstellen, einige „essentielle“ nicht. Diese müssen gegessen werden. Die
Werte in MM sind bei Spiller nachzulesen. In KM sind alle essentiellen
Aminosäuren in so hoher Konzentration vorhanden, dass es auch nach dem Verdünnen
noch immer zu große Mengen von jeder Sorte sind. Dagegen ist die Konzentration
einer anderen Aminosäure, Taurin, zu niedrig. Taurin fördert das Gehirnwachstum.
Kohlenhydrate
Das Hauptkohlehydrat ist Laktose (Milchzucker), in MM (7g/100g) und in KM
(4,7g/100g). Laktose wird der Flaschennahrung zugefügt. Milchzucker fördert die
Aufnahme von Aminosäuren und Mineralien. Laktose ist ein Doppelzucker. Ein Teil
des Doppelzuckers wird im oberen Teil des Darmes gespalten. Die dabei
entstehende Galaktose sorgt für ein schnelles Gehirnwachstum. Der Rest der
Laktose ernährt die nützlichen Bakterien im unteren Teil des Darmes. Der Darm
bekommt durch diese Bakterien einen sauren pH-Wert von <5,5.
Fette
Wichtige Fette (mg/100g) |
MM |
KM |
Linolsäure |
22 |
25 |
Cholesterin |
25 |
12 |
% insgesamt |
4 |
3,6 |
Fettarten |
mehr langkettige,
ungesättigte |
mehr kurzkettige |
Nach der für die Proteinmenge notwendigen Verdünnung der KM ist das Defizit
der wichtigen Fette in KM noch verstärkt. Durch Zugabe von Ölen wird es zum Teil
ausgeglichen.
Der Cholesteringehalt ist besonders wichtig für die rapide Gehirnentwicklung
in den ersten drei Monaten. Jede Gehirnzelle wird durch Zellen eingewickelt, die
voller Cholesterin sind. Nur durch diese Isolierung können die Gehirnströme so
hüpfen, wie es das Denken erfordert. Sind die richtigen Fette nicht vorhanden,
werden falsche eingebaut.
In MM wird das Enzym zum Verdauen des Fettes, Lipase gleich mitgeliefert.
Die Fettartenaufnahme der Mutter spiegelt sich in der MM wider.
Vitamine
Das Sortenmuster der Vitamine ist sehr verschieden in MM und KM. MM enthält
B1, B2, Nicotinamid, Pantothensäure, Folsäure, B6, B12, C, H, sowie A, D, E, K
und mehr.
Von den wasserlöslichen Vitaminen sind B1, B2, Pantothensäure, B6, B12 und H
in viel zu hoher Konzentration in KM, Nicotinamid und Vitamin C viel zu niedrig.
KM hat einen Mangel an Vitamin A, D und E für den Säugling, während K viel zu
hoch in KM ist. Der Vitamin D - Bedarf wird auch durch Selbstsynthese des
Säuglings gedeckt, wenn er etwas Sonnenlicht bekommt. Es wurde jetzt zusätzlich
eine wasserlösliche Form in MM gefunden.
Mineralstoffe und Spurenelemente
Auch Mineralstoffe und Spurenelemente sind in MM vorhanden: K, Cl, Ca, Na, P,
Mg, Zn, Fe, Cu, F, J, Mn und Co, der Reihenfolge nach in absteigender
Konzentration. Grade die höher konzentrierten sind in KM in viel zu hoher
Konzentration, während bei den niedrigkonzentrierten ein Mangel in der KM
vorhanden ist; deshalb werden Zink, Eisen und Kupfer der Flaschennahrung
zugesetzt.
Entscheidend ist aber auch, wie ein Stoff gebunden ist. So wird Eisen aus MM
zu 50-75% aufgenommen, aus KM nur zu 7-10%, aus Flaschennahrung nur zu 5-7%.
2) Abwehrstoffe
Pulvermilch ist tot. Würde man aber MM unter dem Mikroskop betrachten, so
stellte man fest, daß sich da etwas bewegt und schwimmt. Das sind lebendige
Zellen, die weißen Blutkörperchen (Leukozyten).
Es wimmelt nur so! MM ist lebendig!!! Da stülpen Zellen Arme
aus, umfließen Gifte und Reste, machen Jagd auf fremde Stoffe, die nicht in die
MM gehören.
MM darf nicht erhitzt werden, sonst sterben all diese fleißigen Aufräumer.
Füllt man MM in Glas, dann setzen sich die Zellen so auf dem Glas fest, dass sie
nicht wieder ausgegossen werden und verloren gehen. Deshalb gehört MM in
Plastikgefäße.
Unspezifische Abwehr durch ganze Zellen
Makrophagen („große Fresser“) in MM sind weiße Blutkörperchen, die wirklich
jeden unspezifischen Dreck fressen. 75% aller MM-Zellen sind Makrophagen. Sie
eliminieren Bakterien, Pilze und Viren.
Spezifische Abwehr durch ganze Zellen
Andere Zellen gehen gezielter vor. Die Lymphozyten (Lymphezellen) sind in den
Lymphgefäßen, wo die roten Blutkörperchen fehlen, zur Schule gegangen und haben
gelernt, zwischen Freunden und Feinden zu unterscheiden.
Einige von ihnen sind zu Killerzellen (Mördern) ausgebildet worden. Sie legen
sich neben kranke oder infizierte Zellen und bringen sie um. So wirken sie z.B.
gegen Krebs und Viren.
Andere wurden Helferzellen. Sie regulieren den überaus komplizierten Einsatz
der verschiedenen Immunzellen.
5% MM töteten in einem Versuch die Hälfte aller Parasiten in dreißig Minuten.
So etwas kann KM nicht! Deshalb hilft MM auch bei vielen Infektionen, wenn man
sie äußerlich als Medikament aufträgt.
Spezifische Abwehr durch Moleküle („humoral“)
Wieder eine andere Gruppe von weißen Blutkörperchen ist ausgebildet worden,
Eiweißketten (Antikörper) zu bilden. Aus je zwei kurzen und zwei langen Ketten
werden gabelförmige Moleküle gebildet, wie eine Vorlegegabel mit zwei Zinken
nur. Aber diese zwei Zinken sind etwas ganz Besonderes. Jeder der beiden
gleichen Zinken kann nämlich nur einen ganz bestimmten Feind aufspießen. Am
Anfang einer Infektion passt der Feind noch recht schlecht auf die Gabel, aber
die Zellen lernen und machen immer besser passende Zinken. Sie lernen und passen
sich an. Haben sie einmal einen Erreger bewältigt, so werden immer ein paar
Zellen mit passenden Antikörpern aufgehoben, falls der Feind wiederkommt.
Hieraus resultiert z.T. lebenslange Immunität.
Bekommt eine stillende Mutter einen Schnupfen, so steckt sich der Säugling
häufig nicht an, weil ihm die MM die passenden Antikörper schon mitliefert. -
Bekommt der Säugling zuerst den Schupfen, so muss sich erst die Mutter bei ihm
anstecken. Nach etwa zwei Tagen ist die Infektion angewachsen und die Mutter
bildet genug Antikörper, um dem Kind schnell zu helfen. Die Erkältung des
Säuglings ist dadurch sehr kurz.
Eine Untergruppe der Antikörper (sIgA) besteht aus je zwei an den Griffen
zusammengebundenen Gabeln. Diese Moleküle werden bevorzugt in Körpersäfte
ausgeschieden. In MM erreichen sie unglaublich hohe Konzentrationen. Am ersten
Tag sind 20-50mg in einem ml Kolostrum (in einem Liter wäre das ein Esslöffel
voll). Die Menge nimmt danach ab, steigt aber auch wieder an, wenn weniger Milch
gebildet wird.
SIgA bildet im Darm und in anderen Körperöffnungen eine Schutzschicht gegen
Bakterien und Gifte. Außerdem fördert MMsIgA die sIgA-Bildung des Säuglings
selbst.
Einige Zellen haben auf ihrer Oberfläche Moleküle, mit denen die Griffe der
Antikörpergabeln festgehalten werden können. So halten Mastzellen IgE-Antikörper
fest. Kommt dann ein Feind der zu dem IgE passt, so setzt die Mastzelle eine
große Menge Histamin frei. Der Feind wird festgehalten und bekämpft.
Wenn das Abwehrsystem des Körpers nicht richtig trainiert ist, werden auch
falsche Dinge von Antikörpern als Feind erkannt. Das führt zu Atopien
(Allergien, Asthma und Neurodermatitis) und Autoimmunerkrankungen.
Unspezifische Abwehr durch Moleküle
Es gibt eine Menge solcher Faktoren, drei seinen hier vorgestellt.
Laktoferrin : Etwa 20% des MM-Eiweißes bindet Eisen. Da Bakterien Eisen zum
Wachsen brauchen, können sie sich in roher MM nicht entwickeln. Ein Liter MM
enthält zu Anfang 6 g Laktoferrin, im 5. Monat immer noch 1,8g.
Lysozym: Dieses Eiweiß, das auch in Schweiß, Speichel und Tränen vorkommt,
zerstört Bakterienwände. MM enthält 3000 mal soviel Lysozym wie KM.
Frühgeborenenmilch hat noch ein Drittel mehr. Nach einem Jahr Stillen ist die
Konzentration wieder so hoch wie im Kolostrum, aber die höchst Menge wird erst
nach 25 Monaten erreicht!
Bifidusfaktor: Dieser Kohlenwasserstoff begünstigt das Wachstum von
Lactobacillus bifidus. Diese Bakterien bilden zu über 95% die „Bifidoflora“, den
gesunden Bewuchs des Säuglingsdarmes. (Leider wird dieser durch Antibiotika
dauerhaft gestört.)
Kolostrum ist sehr reich an bioaktiven und immunologischen Faktoren, deshalb
ist ein paar Tage Stillen besser als gar nicht. Schon die gelbliche Färbung im
Unterschied zur bläulichen reifen MM verrät die Unterschiede. Manchmal beginnt
die Laktation erst 2-4 Tage nach der Geburt. Das ist normal!
Aus diesem Text sollte eigentlich zu erkennen sein, dass es keine wirkliche
Alternative zur Muttermilch gibt und geben wird. Nichts ist schöner als gesunde
und intelligente Kinder, und das schafft die Natur gratis ganz von alleine.
Literatur zu "Zusammensetzung und Abwehrstoffe der Muttermilch"
1) Wolfgang Spiller: Macht Kuhmilch krank, ISBN 3-89526-001-0
2) Webseite der Pennsylvania State University, Department
of Nutrition:
http://nutrition.psu.edu/undergrad/courses/nutr251/nutr251www/infant/slides/sld001.htm
3) Hanny Lothrop: Das Stillbuch
4)
http://www.healthlibrary.com/re
mit freundlicher Genehmigung von
Christiane Bergmann
Dr. rer. nat. Dipl. Biol.
Ziegeleiweg 14 a
D-25482 Appen-Unterglinde
tel. 04122 / 81797
e-Mail: christiane_bergmann@gmx.de
Eine ausführliche Version dieses Artikels ist nun auf der Webseite von Frau
Bergmann als pdf-Download zur Verfügung.
Hier der Link:
Muttermilch lebt!
http://www.mamanatur.de