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Eusebio Kino - NATIONAL GEOGRAPHIC
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Eusebio Kino

Ein Jesuit aus dem südlichen Tirol erforscht die Sierra Madre und die Wüsten des amerikanischen Südwestens. Der „reitende Pater“ Eusebio Kino legt fast 35000 Kilometer zu Pferd zurück – und entdeckt, dass Kalifornien keine Insel ist.

Sein großer Traum heißt China. Oder Indien. Oder Philippinen. Jedenfalls irgendein Land im Fernen Osten, wo der Glaube an Christus verbreitet werden soll. Welches Land es am Ende werden wird, ist im Grunde egal. Gottes Ratschlüsse sind unerforschlich. Aber sie sind immer gut. Ein Gelübde in jungen Jahren weist Eusebio Chino, Sohn italienischer Eltern aus Segno im südlichen Tirol, den Weg. Eine schwere Krankheit droht 1663 sein Leben schon mit 18 zu beenden. Da verspricht Eusebio Chino vom Bett aus feierlich, sich für immer in den Dienst der Societas Jesu zu stellen – sollte er noch einmal gesund werden.

Die Jesuiten schicken einen der ihren erst dann hinaus in die Welt, wenn er durch hartes Studium gefestigt ist. Als Novize kommt Chino an die Jesuitenkollegs in Freiburg und Ingolstadt, Innsbruck, München und Öttingen. Er vertieft sich in die Theologie und Philosophie, vor allem aber in die Mathematik. Am chinesischen Kaiserhof, das weiß Eusebio Chino, sind Jesuiten vor allem als exakte Wissenschaftler geschätzt. Sie haben dort den Kalender modernisiert und viele neue Landkarten gezeichnet. Doch Gottes Wille lenkt den jungen Ordensmann in ein Land, an das er nie gedacht hat. Am Ende seiner Vorbereitung für den ersten Auslandseinsatz, die Eusebio Kino in Sevilla absolviert, stehen zwei Missionen zur Auswahl: eine auf den Philippinen, eine in Neuspanien, wie Mexiko zu jener Zeit heißt. Chino und sein Südtiroler Landsmann, Antonio Kerschpamer, sind die Kandidaten. Die Vorgesetzten sagen, sie sollten sich untereinander einigen, wer wohin geht. Die beiden losen ihr Reiseziel aus. Kerschpamer zieht – Chino sieht es mit Entsetzen – die Philippinen.

Nach der Ankunft in Mexiko 1681 muss der junge Tiroler zunächst einmal seine Namensschreibung ändern. Denn chino bedeutet auf Spanisch „Chinese“ und würde heillose Verwirrung stiften. Um dies zu vermeiden und die korrekte Aussprache zu erhalten, buchstabiert er den Namen mit „k“. Damit ist, so scheint es, nun auch der letzte Gedanke an China getilgt.

Seine erste Mission führt ihn nach „Kalifornien“, das die Spanier mit Hilfe der Jesuiten kolonisieren möchten. 1683, als die Expedition beginnt, wird unter diesem Namen nichts anderes verstanden als der schmale, lang gestreckte Landstrich, der sich von Norden her wie ein riesiger Finger den Pazifik herunter bis vor die Küste Mexikos erstreckt. Was man bislang davon weiß, ist nur, dass er beiderseits von Wasser umgeben ist. „Kalifornien“ gilt bei den meisten seiner Zeitgenossen als Insel, deren nördliches Ende noch niemand gesehen hat. «Möge Gottes heiliger Wille geschehen», schreibt Kino in einem Brief. «Er weiß immer, was das Beste ist.»

Das Unternehmen unter Leitung von Isidro de Atondo scheitert nach vier Jahren. Wüstenartiger Boden, brutale Hitze, feindliche Indianer – der Aufwand an Kraft, Geld und Leuten lohnt sich nicht. 1687 ziehen die Spanier erst einmal wieder ab. Für Eusebio Kino ist es eine Art Vorspiel gewesen. Die Jesuitenoberen spüren, welcher Tatendrang in dem Südtiroler steckt. Sie schicken ihn auf dem Festland an die Front. In den wilden Bergen der Sierra Madre, die sich südlich der Sonora-Wüste erstrecken, soll Eusebio Kino eine neue Missionsstation errichten. Die Pima, die dort leben, sind noch Heiden. Die Sobaípuri nördlich davon ebenso. Und die kriegerischen Apachen, die in dieses Gebiet häufig einfallen, sind als Räuber und Plünderer gefürchtet. Die „Pimeria Alta“, wie die Gegend heißt, ist nichts für furchtsame Gemüter. Schätzungsweise 30000 Indianer sollen bekehrt, von Nomaden zu Bauern gemacht und dadurch zu treuen Untertanen werden.

Die Pima mögen den Weißen in der schwarzen Robe, der da durch die schroffen Canyons reitet. Eusebio Kino hat keine Soldaten zu seinem Schutz dabei. Er sucht keine Sklaven, um sie zur Arbeit in Minen zu zwingen. Er ist so arm wie sie, aber er versteht etwas von Viehzucht, von Obst- und Gemüseanbau, vom Zimmer- und Schmiedehandwerk. Wenn Kino zu Pferd des Weges kommt, knien sie vor ihm nieder und halten ihm Kleinkinder entgegen, damit sie die Taufe empfangen. 1693 gründet Kino seine erste Station, „Nuestra Señora de los Dolores“. Die Indianer machen ein großes Fest daraus. Sie bemalen sich die Gesichter, schmücken ihre Köpfe mit Federn, behängen die Ohren mit Ringen und die Arme mit Reifen.

Der Jesuit selber freilich hasst nichts mehr als Sesshaftigkeit. Dolores ist für Kino ein Standquartier, von dem aus er in die Wildnis zieht. Er sucht neue Seelen und neues Land, gründet Dörfer und ernennt Dorfaufseher, und nebenbei frönt er seiner Leidenschaft, all das zu kartieren, was er bei seinen Ritten erkundet. Wenn Eusebio Kino zu Indianersiedlungen kommt, fegen sie den Weg vor ihm sauber und halten ihm Kreuze entgegen. Sie nennen Kino den „reitenden Pater“. Im Jahr 1694 entdeckt er Casa Grande, bis zu vier Stockwerke hohe Hausruinen, die vermutlich im 14. Jahrhundert von Anasazi-Gruppen gebaut und bewohnt wurden. 1695 befriedet Eusebio Kino mit seinen Ritten die Region, die monatelang von Aufständen rebellischer Indianer und blutigen Vergeltungsaktionen spanischer Truppen erschüttert worden ist. 1697 dringt er nach Norden bis zum Fluss San Pedro vor. Sobaípuri-Häuptling Coro lässt seine Krieger ihm zu Ehren einen ganzen Tag lang tanzen. In der Mitte des großen Zeremonienkreises hängen Bögen, Pfeile und 13 Skalps von getöteten Apachen, mit denen sein Volk in Feindschaft lebt.

Eusebio Kino führt genau Buch über die Länge seiner Exkursionen im Sattel. Anfang 1698 sind es 100 Leguas im Januar, 90 Leguas im Februar, 100 Leguas im März, 200 Leguas im April. Jede spanische Legua entspricht gut fünf Kilometern. «Wie kann er eigentlich noch die Sakramente spenden und den Katechismus lehren, wenn er immer nur unterwegs und auch nicht eine einzige Woche durchgehend in seinem Bezirk ist?», giftet sein eifersüchtiger Vorgesetzter, Pater Mora, den er ganz in den Schatten stellt. Kinos Expeditionen werden größer und größer. 1698, als er zum Gila River vorstößt, begleiten ihn 25 Pferde und Maultiere, die Vorhut besteht aus 40, die Nachhut aus 20 Tieren. Eusebio Kino glaubt, der Gila River münde ins Meer, das die Insel Kalifornien vom Festland trennt. Umso größer ist sein Erstaunen, als er sieht, dass der Fluss in einen noch viel größeren Strom, den Colorado, mündet. Die Yuma-Indianer schenken ihm Muscheln, die er aus seiner Frühzeit in Kalifornien kennt – sie stammen eindeutig von der Pazifikküste. Kino beginnt zu ahnen, dass der lange Landfinger keine Insel, sondern eine Halbinsel ist.

Im Jahr 1701 will Kino die Frage ein für allemal klären. Er zieht mit einer Lasttierkarawane durch die Stein- und Sandwüste Desierto de Altar nach Westen. Von einem Berg aus sieht er, dass es die Landverbindung nach Kalifornien tatsächlich gibt. Noch ein Jahr vergeht bis zum endgültigen Beweis. 1702 bauen Indianer für ihn ein Floß, ziehen und schieben den 56-Jährigen an einer Furt über den Colorado. Von den mehr als 50 Expeditionen, die Eusebio Kino insgesamt unternimmt, ist diese die wichtigste. Kino zeichnet seine Karten ganz neu. Und schickt sie an Thirso González, den Generaloberen der Jesuiten in Rom. Bald geht in Europa die Nachricht wie ein Lauffeuer um: Es gibt einen Landweg nach Kalifornien! 1705 wird eine französische, 1707 eine spanische, 1708 eine englische Version der Karte gedruckt.

Kino ist als Missionar an die 35000 Kilometer zu Pferd unterwegs gewesen. Erst in den letzten zehn Jahren seines Lebens kommt der „reitende Pater“ ein wenig zur Ruhe. Er baut in der Pimeria Alta sein Netz auf 27 Missionsstationen aus. Und bringt seine Hoffnungen mit Feder und Tinte zu Papier. «Schon bald werden wir, mit der Gnade des Himmels, Vieh über Land nach Kalifornien bringen», schreibt er nach Rom.

In seinem Tagebuch mit dem Titel „Himmlische Gnaden“ schlägt sich die Vison nieder, die seine größte Expedition bei ihm wachgerufen hat. Eusebio Kino sieht das Reich des Herrn von Kalifornien aus wachsen: eine Straße, die Neuspanien (Mexiko) mit Neufrankreich (Kanada) verbindet, einen Seeweg von Kalifornien nordostwärts nach Europa und einen Seeweg von Kalifornien nordwestwärts nach Japan und in die „Große Tartarei“. Kino ist doch noch im Fernen Osten angekommen.

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