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Giovanni Caboto - NATIONAL GEOGRAPHIC
The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20101230051800/http://www.nationalgeographic.de/entdecker/giovanni-caboto

Giovanni Caboto

Ein italienischer Landsmann will Kolumbus ausstechen. Giovanni Caboto sucht einen Weg nach Asien auf einer kürzeren, nördlicheren Route – und erreicht tatsächlich neues Land. Von seiner zweiten Atlantikfahrt aber kehrt er nie zurück.

Die einen stehen im Brennpunkt der Geschichte, die anderen in deren Schatten. Giovanni Caboto, ein Zeitgenosse des großen Christoph Kolumbus , mag es öfter so empfunden haben – erst recht aber alle Historiker, die sich nach seinem Tod mit Giovanni Caboto beschäftigten.

Es ist denkbar, dass Caboto zur selben Zeit in Genua, derselben Stadt wie Kolumbus, aufgewachsen ist. Es ist wahrscheinlich, dass er wie Kolumbus zu Europas mächtigsten Herrschern gepilgert ist, um sie für seinen kühnen Plan zu gewinnen. Es ist sicher, dass Giovanni Caboto Land betreten hat, das seit den Wikingern kein Europäer mehr gesehen hatte. Dennoch bleibt sein Leben für die Chronisten großenteils im Dunkeln. Kein Dokument über die ersten 25 Jahre. Kein Tagebuch, kein Augenzeugenbericht über seine erste Reise. Kein Brief von Giovanni Caboto, keine Notiz, nicht einmal eine Unterschrift. Keine Spur mehr von ihm, nachdem er zum zweiten Mal aufgebrochen war. Und nur spärliche Dokumente über den Triumph und die Tragödie, die bei ihm so nahe beieinander liegen.

Dabei stehen im Grunde alle Zeichen gut für einen kühnen Segler wie Giovanni Caboto. In allen europäischen Ländern wächst der Unmut über die arabischen Händler und Zwischenhändler, die das Monopol über den Gewürzhandel haben und die Preise nach oben treiben. Jeder Weg, der an ihnen vorbeiführt, wäre den Mächtigen des Abendlandes, Königen wie Kaufleuten, hochwillkommen. Die achtbändige „Geographia“ des alexandrinischen Astronomen und Mathematikers Claudius Ptolemäus ist gerade ins Lateinische übersetzt worden. Sie stimuliert, mit der Vorstellung einer runden Welt, die Fantasie aller Entdecker und Erforscher dieser Zeit.

Der Weg zu den Gewürzen lässt dem jungen Seefahrer keine Ruhe. 1476 in Venedig eingebürgert, segelt Giovanni Caboto im Auftrag von Händlern über das Mittelmeer bis zu den Gestaden des Libanon. Er kommt vermutlich sogar nach Mekka, wie später Raimondo Soncino, Mailands Gesandter in London, notieren wird. Dort fragt er, so Soncinos Bericht, die eintreffenden Karawanenführer, woher denn die riesigen Mengen an Pfeffer, Nelken und Muskat kämen, die sie auf ihren Kamelen transportierten – und erhält eine Antwort, die seine Neugier nur noch weiter anstachelt: Sie wüssten es selber nicht, sie hätten die Ladung ja von Mittelsleuten übernommen.

Caboto geht wahrscheinlich nach Spanien, just in den Jahren, da sich die Nachrichten von neuen Entdeckungen geradezu überschlagen. In den Archiven von Valencia findet sich später ein Hinweis auf einen „Johan Cabot Montecalunya“, der von 1490 bis 1493 in dem Seehafen lebt. Dieser Mann wird Zeuge der Sensationsnachricht, mit der Kolumbus von seiner ersten Fahrt nach Westen zurückkehrt. Giovanni Caboto versucht verzweifelt, erst den spanischen, dann den portugiesischen König zu überzeugen, dass es einen kürzeren, schnelleren Weg nach Asien geben müsse – weiter im Norden, wo der Erdumfang laut Ptolemäus ja deutlich geringer sei als am Äquator. Doch auf der Iberischen Halbinsel geht Giovanni Caboto unter im Jubel, der um seinen Genueser Landsmann herum aufbrandet.

Mit seiner Frau und seinen drei Söhnen zieht der Italiener 1494 nach England. Ein Jahr darauf wird Giovanni Caboto in Bristol, der zweitgrößten Hafenstadt, zwölf Kilometer landeinwärts am Fluss Avon gelegen, sesshaft.
Dort kommt Caboto wie gerufen. Die englischen Kaufleute zahlen die höchsten Gewürzpreise in ganz Europa, weil an ihrer Ware außer den Arabern auch noch die Venezianer verdienen. Seit Jahren schon schicken sie zudem von Bristol aus Expeditionen in den Atlantik, die nach neuen Fischgründen und der legendären Insel Brasil suchen sollen. Und der englische König Heinrich VII. ist außer sich über den Vertrag von Tordesillas, geschlossen in eben diesem Jahr, in dem Spanien und Portugal die gesamte neu zu entdeckende Welt untereinander aufteilen. In England findet Giovanni Caboto, der nun den englischen Namen John Cabot führt, endlich offene Türen und offene Ohren.

König Heinrich VII. sichert John Cabot (ehemals Giovanni Caboto) 1496 in einem Vertrag das Recht zu, «zu allen Gegenden, Ländern und Meeren im Osten, Westen und Norden unter unserem Banner und mit unseren Insignien zu segeln». Er erlaubt Cabot und seinen Söhnen, allerdings auf eigene Kosten, alle «Inseln, Länder, Regionen und Provinzen von Heiden und Ungläubigen» in Besitz zu nehmen, «was immer und wo immer auf der Welt sie auch seien, sofern sie bis dahin unbekannt für alle Christen gewesen sind» – ein offener Affront gegen den Vertrag von Tordesillas.

Mit nur einem einzigen Schiff, der „Mathew“, sticht John Cabot (ehemals Giovanni Caboto) am 20. Mai 1497 in See. Er hat insgesamt 18 Männer an Bord, seine drei Söhne sind vermutlich auch dabei. Ein Mann aus Burgund und ein Friseur aus Castiglione bei Genua sind mit von der Partie, der Rest sind Engländer. Bei Dursey Head, ein Kap im Südwesten von Irland, lässt der Kapitän Europa hinter sich. Er hält sich stets auf der Höhe von Bristol, auf gut 51 Grad nördlicher Breite. Nach 33 Tagen Richtung Westen, am 24. Juni 1497, sichtet er morgens um fünf Uhr Land. So wenigstens geht es aus einem Eintrag auf einer Karte seines Sohns Sebastian aus dem Jahr 1544 hervor. Cabot sieht Gras und Büsche, aber keine Menschen. Dies ist Asien, das steht für ihn fest. Er hat gefunden, was er suchte.

John Cabot (ehemals Giovanni Caboto) tastet sich die klippenreiche Küste entlang. Cape Freels, Cape Bonavista, Cape Broyle – so versuchen Historiker später die Fahrt zu rekonstruieren. Bei Cape Pine, 46 Grad 37 Minuten nördliche Breite, erreicht er vermutlich seinen südlichsten Punkt. Dann fährt er, um seine Erkenntnisse zu festigen, dieselbe Route nach Norden zurück, bis zur Stelle, wo er das erste Land gesichtet hat. Nichts wird von ihm über Nebel, nichts über Eisberge berichtet, die in dieser Region allen künftigen Seefahrern zu schaffen machen werden. Doch vielleicht tut er es nur deswegen nicht, weil er – wie viele andere Entdecker auch – „sein“ neues Land nicht schlecht machen will.

Cabot (ehemals Giovanni Caboto) segelt nach Hause, so schnell es geht. Günstige Winde bringen ihn in einer Rekordzeit von ganzen 15 Tagen nach Europa zurück, zuerst an die bretonische Küste, zwei Tage später, am 6. August, nach Bristol. Die ganze Stadt jubelt, ihr Sohn ist in Asien gewesen.

Der Seefahrer macht sich gleich auf den Weg nach London, am 9. August ist er beim König. Die Karte, die er für ihn mitgebracht hat, wird später verloren gehen. Doch Urkunden belegen, dass der Herrscher ihn mit zehn Pfund dafür belohnt, dass er «die neue Insel gefunden hat». Cabot hat zwar auch, so zeitgenössische Berichte, von terra firma, also Festland, gesprochen. Das könnte bedeuten, dass er an der Südküste Labradors war. Heinrich VII. aber glaubt nur an ein neu gefundenes Eiland. Es wird als „Neufundland“ in den Sprachschatz eingehen.
John Cabot (ehemals Giovanni Caboto) fühlt sich nun selber wie ein König. Er spaziert in kostbarer Seide durch die Londoner Lombard Street. Die Leute, so Soncino, rennen «wie Verrückte hinter ihm her». Grosszügig verspricht er seinen Leuten ganze Inseln, sobald er zu den neu entdeckten Gestaden zurückgekehrt sei.

Schon im Jahr darauf, Anfang Mai 1498, ist John Cabot (ehemals Giovanni Caboto) wieder auf dem Wasser. Diesmal kommandiert er fünf Schiffe, davon eines vom König und vier von Bristols Kaufleuten ausgerüstet. 200 Leute an Bord sind voller Erwartung. Sie segeln die Mündung des Avon hinaus – und werden nie wieder gesehen. Ein Schiff läuft wegen Problemen einen irischen Hafen an. Die anderen vier, und mit ihnen Cabot, bleiben für immer verschollen. Sind sie im Sturm gekentert? Sind sie an einer Klippe zerschellt? Oder haben sie einen Eisberg gerammt? Es bleibt für immer ein Rätsel.

Drei Jahre später, 1501, bringen portugiesische Schiffe 57 Indianer vom Stamm der Beothuk mit nach Hause, die auf Neufundland gefangen wurden. Sie haben ein zerbrochenes goldenes Schwert und silberne Ohrringe in ihrem Besitz – alles hergestellt in Italien. Diese Gegenstände können nur von Cabot (ehemals Giovanni Caboto) stammen, sei es von der ersten, sei es von der zweiten Reise. Es sind die einzigen Spuren, die er in Nordamerika hinterlassen hat.

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