26.02.2011
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Die Universität Bayreuth hat Verteidigungsminister zu Guttenberg den Doktortitel aberkannt. Das gab Hochschulpräsident Rüdiger Bormann bekannt. Außerdem mußte sich der Minister in einer Aktuellen Stunde des Bundestages den Vorwürfen der Opposition stellen.
Stand: 24.02.2011
Der Minister hatte sich am Montag in einem Brief an die Universität gewandt und "gravierende handwerkliche Fehler" bei seiner Doktorarbeit eingeräumt, die er im Februar 2007 abgeschlossen hatte. Bayreuths Hochschulpräsident Bormann wies darauf hin, dass die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textstellen ohne hinreichende Kennzeichnung die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens verletze. "Die Kommission, darauf weisen die Mitglieder einstimmig hin, hat sich davon überzeugt, dass Herr Freiherr zu Guttenberg gegen diese wissenschaftlichen Pflichten in erheblichem Umfang verstoßen hat. Dies hat er auch selbst eingeräumt."
Plagiatsvorwurf bestätigt
Guttenberg hatte über mehrere Jahre hinweg an seiner 475 Seiten starken Doktorarbeit mit dem Titel "Verfassung und Verfassungsvertrag" geschrieben. Am 27. Februar 2007 wurde er an der juristische Fakultät mündlich geprüft. Wenige Wochen später genehmigte die Hochschule einen Antrag des damals noch einfachen CSU-Bundestagsabgeordneten, dass er seinen Doktortitel vorläufig führen kann. Dies gab er Ende Mai 2007 auch der Bundestagsverwaltung bekannt. Nach Abgabe der Pflichtexemplare seiner Dissertation durfte Guttenberg dann offiziell seit dem 28. Januar 2009 den Doktortitel in seinem Namen führen. Vor einer Woche waren dann erstmals die Plagiatsvorwürfe gegen ihn erhoben worden.
Die der Literatur ohne Kennzeichnung übernommenen Stellen seien als Plagiat zu bezeichnen, betonte Bormann. Die Frage eines möglichen Täuschungsvorsatzes habe die Kommission aber nicht untersucht. Bormann betonte, es habe bei der Bewertung des Falles keinen politischen Druck gegeben. Ungeachtet des Falles werde die Universität alles tun, um die hohen wissenschaftlichen Standards beizubehalten. Jeder müsse künftig mit einer Überprüfung rechnen.
Aktuelle Stunde - Schwere Stunde
Zuvor musste sich der Bundesverteidigungsminister in einer Aktuellen Stunde den Fragen aller Fraktionen stellen. Er betonte im Plenum, dass er an seinem Regierungsamt festhalten wolle. Die Signale, die er als Minister auszusenden habe, orientierten sich am Aufgabengebiet des Bundesverteidigungsministers und nicht die eines Doktoranten. "Und das sind Signale, die ich weiterhin mit dem Verantwortungsbewusstsein ausüben und ausfüllen will, wie ich das bisher getan habe", sagte Guttenberg.
Guttenberg: Befragung im BundestagDie umstrittene Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg stand am Mittwoch im Bundestag auf der Tagesordnung. Der Verteidigungsminister räumte ein, ein schlechtes Signal gegeben zu haben. Er bestritt aber, mit Absicht getäuscht zu haben und er will Minister bleiben.
Guttenberg räumte jedoch zugleich ein, dass er in die Wissenschaft "ein schlechtes Signal" ausgesandt habe, indem er eine "offensichtlich sehr fehlerhafte Doktorarbeit" geschrieben habe.
An den Bundeswehr-Unis in München und Hamburg wurde Täuschung bei Dissertationen bisher hart geahndet. 2008 wurde in München einem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Doktortitel aberkannt, weil er ein Drittel seiner Arbeit abgeschrieben haben soll. In anderen Fällen wurden Geldstrafen verhängt. Vor zwei Jahren wurde ein Offizier degradiert, weil er in seiner Examens-Arbeit teilweise abgeschrieben hatte.
Zugleich verwies er erneut darauf, dass er deswegen die Universität Bayreuth gebeten habe, seinen Doktortitel zurückzunehmen. Er habe sich "aufrichtig und auch von Herzen dafür entschuldigt und wiederhole das auch gerne noch einmal hier in diesem Hohen Hause". Guttenberg wies auf seine Belastung zum Zeitpunkt der Erstellung seiner Doktorarbeit hin. Er sei sicher "so hochmütig" gewesen zu glauben, dass ihm die Quadratur des Kreises gelinge und er als junger Familienvater die politische und wissenschaftliche Arbeit in Einklang bringen könne. Die Kanzlerin bezeichnete die Entscheidung der Uni als richtig und logisch. Das Votum zeige, dass zu Guttenberg mit seiner Selbsteinschätzung richtig liege.
Die Opposition wirft Guttenberg vor, Teile von Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags für seine Dissertation verwendet zu haben. Inzwischen gebe es vier Gutachten, die in Verdacht stehen, in die Doktorarbeit eingeflossen zu sein, ohne dass Guttenberg dies ausreichend kenntlich gemacht und die Bundestagsverwaltung um Erlaubnis gefragt habe. Zu diesem Vorwurf sagte der Minister: "Da ich die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste in den wissenschaftlichen Kontext meiner Arbeit eingestellt und reflektiert habe, sah ich meine Arbeit als vom Zitatrecht des Urheberrechts umfasst an." Er akzeptiere den Vorwurf, dass Teile der Arbeit nicht dem wissenschaftlichen Kodex entsprächen. Auf die Frage nach möglicher Hilfe oder einem sogenannten Ghostwriter betonte der Minister, er habe mehrfach gesagt, dass er die Arbeit persönlich geschrieben habe.
Ein Fall für den Staatsanwalt?
Der FDP-Politiker Stephan Thomae nahm Guttenberg in Schutz: Der Minister habe auf den Doktortitel verzichtet und handwerkliche Fehler eingeräumt. "Die Anschuldigungen sind ernst, keine Kleinigkeit, aber wir vertrauen darauf, dass Sie die gegen Sie erhobenen Vorwürfe rasch ausräumen werden". Dies sei nötig, damit sich Guttenberg wieder mit voller Kraft seiner Arbeit als Verteidigungsminister und der Bundeswehrreform widmen könne.Die SPD fordert auch strafrechtliche Ermittlungen wegen der Plagiatsvorwürfe. Zwei Strafanzeigen wegen Betrugsverdacht geht schon die Staatsanwaltschaft Hof nach. Die SPD begründet ihre Forderung: Auch ein Ladendieb könne sich nicht herausreden, wenn er erwischt würde.
Zur Übersicht: RundschauPlagiatsvorwürfe: Zu Guttenberg muss Stellung beziehenVerteidigungsminister zu Guttenberg geht in seiner Plagiats-Affäre zur Selbstverteidigung über. Er sagte der Uni Bayreuth volle Unterstützung zu bei der Klärung der Vorwürfe, er habe bei seiner Dissertation abgekupfert. Die Justiz in Hof lässt zwei Strafanzeigen ruhen, bis das Ergebnis der Uni feststeht.