Während das Thema Eurofighter in Europa zwischen den beteiligten Nationen und dem Hersteller EADS schwierig bleibt, sieht die Rüstungsindustrie langfristig noch ganz andere Probleme. Wie andere Industrien schon längst würden auch die Fabrikanten von Militärgerät künftig global agieren müssen, sagt der Chef der Verteidigungssparte von EADS, Stefan Zoller, voraus. Ein globales Modell an Wertschöpfungsketten, die um den Globus gehen. Was es z.B. in der Autoindustrie schon lange gibt.
Zollers Argumentationslinie, gestern abend vorgetragen bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik: Zwar ist die Rüstungsindustrie in der Regel an einen staatlichen Monopolkunden gebunden, zwar existieren für ihre Exporte weitgehende Beschränkungen. Doch den Unternehmen kommt diese Kundenbasis zumindest quantitativ abhanden. In Deutschland steht der Verteidigungshaushalt langfristig nicht für große neue Projekte. Auf europäischer Ebene ist ebenfalls nicht viel neues absehbar, was der Größenordnung der multilateralen Vorhaben Eurofighter oder A400M entspricht (mit denen es ja genügend Probleme gibt), und auch transatlantisch, also in Zusammenarbeit mit den USA, ist genau so wenig was Großes in Aussicht.
Also versuchen sich die Unternehmen im Export. Zum Beispiel mit dem angestrebten Verkauf des Eurofighters an Indien. Allerdings verlangen die Inder Kompensationsgeschäfte, den so genannten Offset - und wollen 50 Prozent (!) der Wertschöpfung beim Bau dieses Kampfjets im eigenen Land herstellen. Was wiederum, so Zoller, bedeutet, dass die Europäer den Indern erst mal helfen, die entsprechende Industrie aufzubauen - weil es bislang keine indischen Unternehmen gibt, die das leisten können.
Und dann könnten die Europäer, also in diesem Fall EADS, auch gleich zusehen, dass sie in Indien Konstruktions- und Fertigungskapazitäten aufbauen. Denn Ingenieure, in Deutschland Mangelware, gibt es da genug. Auch wenn alles noch nicht auf europäischem Stand ist: langfristig, so verstehe ich den Rüstungsmanager, gäbe es dann eben EADS India - Warum könnten wir nicht auch Inder sein? Die, wenn sie die entsprechende Leistung liefern kann, wiederum Kapazitäten in Europa überflüssig macht.
Single Source heisst das Prinzip: Eine Konzerntochter entwickelt und baut bestimmte Teile für den ganzen Konzern. Und wenn Deutschland oder ein anderes europäisches Land das nicht möchte? Dann, sagt Zoller ganz klar, müssten die zunächst sagen, welche Kernfähigkeiten sie im eigenen Land behalten möchten. Vor allem aber müssten sie willens (und in der Lage) sein, das auch zu bezahlen.
Also bauen die Inder vielleicht demnächst den Eurofighter? Oder zumindest wichtige Teile davon? Warten wir mal ab. Zunächst mal muss sich ja Indien für dieses Flugzeug entscheiden. Und das scheint inzwischen ein bisschen schwieriger geworden zu sein. Rüstungsexperte Sascha Lange von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) erzählte mir gestern am Rand der Veranstaltung von dem neuen Angebot des US-Flugzeugherstellers Boeing, sein Kampfflugzeug F-15 auf die Variante F-15 SE zu modernisieren. Durch diese innovative Weiterentwicklung verliert der Eurofighter/Typhoon in den verschiedenen internationalen Ausschreibungen (Japan, Südkorea, Singapur) für neue Kampfflugzeuge deutlich an Boden, da der Konkurrenzdruck steigt. Die EADS und BAE müssen sich ihrerseits etwas einfallen lassen um mit ihren Kampfflugzeugangeboten wieder besser ins Spiel zu kommen. Sagt Lange. Und schon jetzt verlangen die Inder für einen möglichen Indo-Eurofighter modernste Technik - die in den europäischen Versionen noch gar nicht eingerüstet ist.
Bei allen diesen Überlegungen ist aber eines beruhigend: Die Chinesen, mit ihren Produkten sonst weltweit präsent, kommen für die europäische Rüstungsindustrie als Partner bis auf Weiteres nicht infrage. Weil es da ein Embargo gibt.
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