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Notwendige Reformen:Wo get es hir in die Bildungsrepubliek?
Drei Jahre nach Merkels Bildungsgipfel gibt es wenig Fortschritt. Die Wirtschaft ruft nun nach einem bundesweiten Kernabitur. von Friederike von Tiesenhausen, Berlin
Drei Jahre nach dem deutschen Bildungsgipfel haben Experten eine ernüchternde Bilanz gezogen. "Bei wesentlichen Zielgrößen des Bildungsgipfels läuft die Umsetzung entweder schleppend oder nur mit kaum wahrnehmbaren Fortschritten", sagte der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm. "Es tritt alles auf der Stelle", sagte die Vorsitzende des Bildungsausschusses des Bundestags, Ulla Burchardt (SPD), der FTD.
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Vor drei Jahren hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder in Dresden die "Bildungsrepublik" ausgerufen und einen nationalen Kraftakt in der Bildungspolitik angekündigt. Am Donnerstag besucht Merkel als erste Regierungschefin überhaupt das Treffen der 16 Kultusminister der Bundesländer. Bei dem Gespräch soll es dieses Mal aber nur um ein Thema gehen: die Förderung von Migranten. Burchardt kritisierte die enge Themenauswahl: "Merkel hat sich offensichtlich von einem großen Wurf in der Bildung verabschiedet."
Lichtblick des Bildungsgipfels bleibt allein die hohe Zahl der Studienanfänger. Hier wurde schon 2008 die Zielmarke von 40 Prozent eines Jahrgangs überschritten. Die FTD dokumentiert den schleppenden Fortschritt auf den übrigen Gebieten.
Eigentlich hatten sich die Länder in Dresden vorgenommen, bis zu diesem Jahr gemeinsame Standards für die Abiturprüfungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen vorzulegen. Daraus wird nichts: Die Standards sind immer noch in Arbeit und können frühestens nächsten Sommer beschlossen werden. In den Lehrplänen dürften sie höchstwahrscheinlich erst ab 2014 auftauchen. Bislang gibt es lediglich Standards für den mittleren Abschluss und den Hauptschulabschluss - ihre tatsächliche Umsetzung verläuft allerdings stockend. Das wurmt auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU): Die Zusammenarbeit der Länder müsse besser werden, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Die Kultusministerkonferenz müsse ihre Verantwortung wahrnehmen und "wichtige Themen wie die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen auch anpacken".
Auch die Wirtschaft verzweifelt an den teilweise eklatanten Leistungsunterschieden beim Abitur. Der Verein der Bayerischen Wirtschaft schlug deswegen am Mittwoch ein "gemeinsames Kernabitur" vor - eine deutschlandweite schriftliche Abiprüfung in den drei Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Diese jeweils 90-minütigen Tests sollen laut Vorschlag insgesamt zehn Prozent der Abiturnote ausmachen.
Verabredet wurde in Dresden auch, das Angebot an Krippenplätzen für Unter-Dreijährige so auszubauen, dass 35 Prozent dieser Altersgruppe betreut werden können - und zwar schon 2013. Nach aktuellen Daten wurden 2010 deutschlandweit erst 23,1 Prozent der Kinder in Kindertageseinrichtungen oder in Tagespflege betreut. Waren es in den neuen Ländern und Berlin fast die Hälfte, wurden in den alten Ländern lediglich 17,4 Prozent der Kinder betreut. Angesichts dieser Werte ist kaum vorstellbar, dass es in den zehn alten Ländern bis 2013 zur Erreichung der Zielmarke kommen kann.
Auch die angestrebte Halbierung der Absolventen ohne Hauptschulabschluss auf dann vier Prozent liegt in weiter Ferne. Nach den neuesten Zahlen aus dem Jahr 2009 verlassen immer noch 7,2 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss. Ähnlich ist das Bild bei den Ausbildungsabbrechern: Ihr Anteil liegt unverändert bei 17,2 Prozent (2010). 2015 sollte er eigentlich nur noch 8,5 Prozent betragen.
Glaubt man den vollmundigen Beteuerungen in Dresden 2008, sollten die Ausgaben für Bildung und Forschung im Jahr 2015 stolze zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Dazu müssten vor allem die Länder ihre Ausgaben drastisch erhöhen. Diese aber wollen angesichts klammer Kassen und sinkender Schülerzahlen auch bei der Bildung sparen. Zwar stiegen die gesamten Bildungs- und Forschungsausgaben im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr von 8,6 Prozent auf 9,3 Prozent des BIP. Dieser Anstieg ist aber vor allem der Tatsache zu verdanken, dass die Wirtschaft im Krisenjahr 2009 schrumpfte. Absolut gesehen stiegen die Ausgaben dagegen kaum.
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