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Merken   Drucken   24.10.2011, 18:53 Schriftgröße: AAA

Stress, Druck, Überforderung: Das ist Burn-out

Ralf Rangnick hat die Reißleine gezogen. Der Trainer des FC Schalke 04 "kann nicht mehr". Mancher fühlt sich auch im Geschäftsleben so, ohne im Rampenlicht zu stehen. Doch die Diagnose Burn-out anzuerkennen und zu reagieren, fällt vielen schwer. von Sabine Meinert 
Rangnick ist nur das jüngste Beispiel in einer langen Reihe von erfolgreichen Sportlern und Prominenten, die - zeitweise - aussteigen, weil Körper und Seele schlapp machen. Zuletzt sorgten die Fälle des Hannover-96-Torwarts Markus Miller und des Rosenstolz-Musikers Peter Plate für Aufsehen. Gut in Erinnerung hat man noch die Bekenntnisse der Kommunikationsexpertin Miriam Meckel oder des Fußball-Profis Sebastian Deisler. Zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu viel Druck, oft verbunden mit einem physischen Zusammenbruch machen deutlich, die völlige Erschöpfung lässt ein "Weiter so" nicht zu.
Überforderung und übertriebener Ehrgeiz können zum Burn-out führen   Überforderung und übertriebener Ehrgeiz können zum Burn-out führen
Abseits vom Rampenlicht des Sports und der Showbühnen ist das Problem nicht kleiner. Wenn Mitarbeiter wegen eines Burn-outs ausscheiden, sorgt das für hohe Kosten. Die deutsche Wirtschaft büßt jedes Jahr nach Berechnungen des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts (HWWI) mehr als 300 Mrd. Euro wegen psychischer Krankheiten von Mitarbeitern ein. Ganz zu schweigen vom Motivations- und Wissensverlust, den der Weggang von spezialisierten Mitarbeitern verursacht.
Für den Einzelnen ist der Schaden nicht zu beziffern. Burn-out bedeutet für viele, den Job zumindest zeitweise aufgeben zu müssen und damit kein Geld mehr zu verdienen. Wegen der Krankheit ziehen Freunde sich häufig zurück, Beziehungen werden belastet. Das Selbstwertgefühl leidet massiv. Es fehlt die Energie für jeden neuen Schritt. Doch wer so weit ist anzuerkennen, dass er ein Burn-out-Problem hat, ist schon sehr weit gekommen. Meist liegt darin schon eine große Hürde. Eine weitere ist das Unverständnis des Umfeldes, weil über Burn-outs in der Vergangenheit eher geschwiegen wurde. FTD.de beantwortet hier die wichtigsten Fragen.
Wörtlich übersetzt heißt Burn-out "ausgebrannt sein". In der Medizin spricht man vom Syndrom der völligen körperlichen, seelischen und emotionalen Erschöpfung. Häufig haben Betroffene über lange Zeit an ihrer Leistungsgrenze gearbeitet. Neben der Arbeit belasten sie vor allem die eigenen, extrem hohen Erwartungen an sich selbst.
Zudem zeigt sich, die Krankheit kommt nicht von heute auf morgen. Besonders ehrgeizige Workaholics ohne entsprechenden privaten Ausgleich sind potenzielle Burn-out-Fälle.
Der Ehrgeiz der Burn-out-Opfer äußert sich meist in einem Überengagement im Beruf. Die eigenen Bedürfnisse werden weitgehend verleugnet. Dieses Ungleichgewicht schaukelt sich auf, bis der Erschöpfungszustand erreicht und an Arbeiten gar nicht mehr zu denken ist. Das Syndrom tritt oft so schleichend auf, dass es erst sehr spät erkannt wird. Den Betroffenen fällt es auch nach der Diagnose unheimlich schwer, loszulassen und tatsächlich eine Pause einzulegen.
Der Karriereexperte Markus Väth warnt: "Der individuelle Burnout beginnt damit, dass der Mitarbeiter angefixt ist von Geld, Status, Titel." Das sei eine ständige Leiter nach oben und eine nicht enden wollende Suche nach mehr.
Anzeichen sind häufige Flüchtigkeitsfehler, völlige Erschöpfung, chronische Müdigkeit. Hinzu kommen oft Lustlosigkeit, Energiemangel und Konzentrationsstörungen. Schlafforschern zufolge zeigen sich die ersten Signale für einen Burn-out im Traum. Dies führt häufig zu Schlafstörungen.
Meist verursachen und verstärken die Symptome die Angst, den Anforderungen im Beruf nicht mehr gewachsen zu sein. Die Betroffenen reduzieren dann ihr Engagement, einige machen Schuldzuweisungen und werden aggressiv. Folge von Burn-out können auch Depressionen und Angststörungen sein. Ärzte warnen: Dann steigt die Suchtgefahr.
Hintergrund für die zunehmende Zahl an Burn-out-Fällen sind Veränderungen und neue Probleme in der Arbeitswelt, die sich unter anderem mit dem technischen Fortschritt in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Die massive Wissens- und Leistungsverdichtung erhöht den Druck auf den Einzelnen. Zudem verwischt die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr, weil viele Erwerbstätige auch nach der Arbeitszeit noch für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte erreichbar sind - per Smartphone oder Tablet-PC. 88 Prozent aller Arbeitnehmer prüfen auch nach Feierabend regelmäßig noch ihre Mails. Jeder Zweite hat schon mal im Urlaub gearbeitet.
Häufen sich frustrierende Erlebnisse, nimmt die Desillusionierung sowie der Zeit- und Erfolgsdruck im Job zu, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Burn-outs. Auch permanente geistige Überforderung beziehungsweise Unterforderung führt Fachleuten zufolge häufig in die Burn-out-Falle.
Experten empfehlen: Wer einem Burnout-Syndrom vorbeugen will, sollte sein Privatleben stärker pflegen, Konfliktstrategien erlernen, häufiger Kompromisse durchsetzen und sich gegen Überforderung im Beruf wehren. Eine Portion Gelassenheit auch bei Niederlagen im Job hilft. Es gilt, hauszuhalten mit der eigenen Kraft und Energie und sich gleichzeitig einen Ausgleich in der Freizeit zu suchen. Sport und ein aufmerksamer Freundeskreis helfen da schon sehr viel weiter.
Führungskräfte sollten indes darauf achten, wie sich ihre Mitarbeiter verändern, ob sie unter starker Anspannung stehen und ihren Aufgaben gewachsen sind. Ebenso wichtig ist die Teamstimmung: Sind Demütigungen und Konkurrenzgehabe an der Tagesordnung? Werden einzelne Mitarbeiter isoliert, ausgenutzt, möglicherweise sogar gemobbt? Auch die Dynamik nach Beförderungen und Versetzungen sollten Vorgesetzte beobachten. Wenn sich Arbeitnehmer zu Unrecht zurückgesetzt fühlen und sich daraufhin aus dem Team zurückziehen, ist das kein gutes Zeichen.
Sind Symptome zu bemerken, gilt es einzuschreiten. Viel wichtiger sei es jedoch, präventiv tätig zu werden, mahnen Fachleute. Alles was sich positiv auf Arbeitsatmosphäre und Zufriedenheit der Angestellten auswirke, so Tomas Stein, Kardiologe am Diagnostik-Zentrum Fleetinsel in Hamburg, sei ein wichtiger Grundstein, um Arbeitnehmer langfristig leistungsfähig zu halten und Erschöpfungskrankheiten vorzubeugen.
Burn-out hat inzwischen den Ruf, die Krankheit der Weicheier zu sein, abgelegt. Auch ein Fußball-Trainer wie Rangnick kann inzwischen zurücktreten, ohne einen Imageschaden zu erleiden. Und die Erkenntnis, dass nur ein gesunder Mitarbeiter gute Leistung bringen kann, setzt sich durch, wie auch Schalke-Manager Horst Heldts Statement nach dem Trainer-Rücktritt beweist: "Die Entscheidung von Ralf Rangnick verdient höchste Achtung. Wir sind ebenso der Auffassung, dass die Gesundheit in jedem Fall Vorrang vor allen beruflichen Zielen und Herausforderungen haben sollte."
Dennoch fordern Experten mehr Offenheit im Umgang mit der Krankheit. Ebenso müsse es darum gehen, dass Profisportler ihre Karriere auch nach einem "Outing" fortsetzen können, dass die Wiedereingliederung nicht als Ausnahme diskutiert wird. Immerhin hat man das Problem im Sport, wo enormer Leistungsdruck und Ehrgeiz häufig aufeinander prallen, zumindest erkannt. So beschäftigt der Hamburger SV inzwischen bereits einen Psychologen, der sich auch dieses Themas annehmen soll.
Kostenfaktor erkannt
Die deutsche Wirtschaft muss sich mit diesem Problem ebenfalls auseinandersetzen - nicht nur der finanziellen Einbußen wegen. Bereits jetzt fühlen sich vier von fünf Arbeitnehmern aufgrund psychosozialer Probleme in ihrer Leistung eingeschränkt. Und jeder Fünfte sagt, er fühle sich im Job fehl am Platze. Das sollte zu denken geben.
Immerhin bieten viele Unternehmen inzwischen flexible Arbeitszeitmodelle, die Möglichkeit Sabbaticals zu nehmen, Teilzeitarbeit und Home Working an. Sie versuchen zudem, mit Workshops zum Stress- und Zeitmanagement Problemfällen die Brisanz zu nehmen. Gleichzeitig haben sie erkannt, dass gerade Berufseinsteiger sich vor allem für Arbeitgeber interessieren, die eine ausgewogene Work-Life-Balance bieten. Die schließen es nämlich inzwischen aus, der Karriere wegen einen Burn-out zu riskieren.
Nach Ansicht von Experten werden Gesundheitsprobleme und Burn-out-Fälle künftig auch verstärkt die Arbeitsgerichte beschäftigen. Die Veränderungen der Arbeitswelt stellen neue Anforderungen an das Arbeitsrecht, so Achim Schunder, Chefredakteur der "Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht". Die bestehenden gesetzlichen Vorgaben seien teilweise noch zu vage oder nicht mehr zeitgemäß. "Wünschenswert wären klare und verlässliche Kriterien."
  • FTD.de, 24.10.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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