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29.10.2011, 12:00
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Megacitys:
Nur mit Handy auf den Highway
Maut, Carsharing und kluge Infosysteme sollen dem Verkehrsinfarkt in Metropolen vorbeugen. Dazu kommen Sonderrechte für Elektroautos.
von Margret Hucko Hamburg,
Ruth Fend Peking
und Angela Maier München
Jeden Morgen legt sich grauer Smog über Peking. Wie ein Bettlaken hüllt der Nebel Hochhäuser und Straßen ein. Durch die trübe Luft tönt das gereizte Hupen von Taxen und schwarzen Audi- oder Hyundai-Modellen. Auf den mehrspurigen Straßen der Zwölf-Millionen-Metropole bewegt sich nichts mehr. Tag für Tag klettert der Verschmutzungsindex in Höhen, bei denen US-Gesundheitsbehörden den Notstand ausrufen würden. Der steigende Wohlstand Chinas hat die Hauptstadt an den Rand eines Verkehrskollaps gebracht.
Peking steht stellvertretend für das, was anderen Städten in Zukunft droht: in einem Jahr, vielleicht einem Jahrzehnt - sicher aber noch in diesem Jahrhundert. Schon jetzt leben über 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten. 2030 werden es 60 Prozent sein. Damit all diese Menschen nicht an Abgasen und Rußpartikeln ersticken, müssen neue Mobilitätskonzepte her: kleinere Autos, sauberere Autos, weniger Autos.
Über Pekings Stadtautobahnen hängt alltäglich eine Smogwolke. Da immer mehr Menschen in die Städte ziehen, droht Metropolen weltweit dicke Luft
Die Stadtregierung in Peking hat dem Stau und dem Feinstaub längst den Kampf angesagt. Eine Lotterie entscheidet seit Januar darüber, wer eine der 20.000 möglichen Neuzulassungen im Monat gewinnt. Aber es zeichnet sich ab, dass Peking schwerere Geschütze auffahren wird. Seit einiger Zeit wird gemunkelt, die Stadt erwäge die Einführung einer drastischen Maut für das Stadtzentrum - so wie London es vor Jahren vorgemacht hat. Offiziell spielt die Regierung verschiedene Gebührenmodelle durch, um den Verkehr auf bestimmten Ringen einzudämmen.
Weltweit gibt es erst einige Dutzend dieser City-Maut-Systeme, doch diese Form des Verkehrsmanagements ist immer stärker auf dem Vormarsch. Beispiel London: Dort nehmen Videosysteme bei Einfahrt in die Innenstadt die Autokennzeichen auf und erkennen nach Abgleich mit einer Datenbank, ob die Maut gezahlt wurde. Registrierte Elektroautos fahren kostenlos. Dadurch schrumpfte das Verkehrsaufkommen um ein Fünftel, die durchschnittliche Geschwindigkeit in der staugeplagten Stadt legte um knapp 40 Prozent zu. "Das hat dazu geführt, dass es in der Londoner Innenstadt überhaupt wieder einen Verkehrsfluss gibt", sagt Roland Edel, der bei
Siemens die Abteilung Innovative Mobilitätslösungen leitet. Der Münchner Konzern hat in London unter anderem die Videosysteme sowie ein satellitengestütztes Leitsystem geliefert, das Fahrrouten der rund 8000 Londoner Busse optimiert.
Für die Autohersteller sind Maßnahmen wie in London eine Herausforderung. Um ihr Geschäftsmodell für die Zukunft abzusichern, müssen sie in die Entwicklung von Elektroautos investieren, die kostenlos oder zu besseren Konditionen in die Citys strömen dürfen. Mittlerweile arbeiten alle Pkw-Produzenten sowohl an rein batteriebetriebenen Elektroautos als auch an Hybridfahrzeugen - Modelle also, die Elektro- und Verbrennungsmotor kombinieren. Während
Peugeot oder
Mitsubishi bereits strombetriebene Kleinwagen anbieten, bringen die deutschen Hersteller erst ab 2013 Modelle auf den Markt.
Teil 2: Autos nutzen, statt sie zu besitzen
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FTD.de, 29.10.2011
© 2011 Financial Times Deutschland,
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