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Müritz und Schorfheide - NATIONAL GEOGRAPHIC
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Müritz und Schorfheide

Autor: Stefan Schomann  —  Bilder: Norbert Rosing

Nördlich von Berlin liegt eine großartige Seenlandschaft, die Erinnerungen an die kanadische Wildnis weckt – wie hier am Ufer der Müritz. Allein im Nationalpark wurden 107 Seen gezählt. Auch die Schorfheide ist, trotz ihres Namens, seenreich – aber wenig besucht.

Auf dem Marktplatz von Neustrelitz lässt ein kleiner, drahtiger Herr einen Luftballon steigen. Er blickt ihm nach, bis er im Azur des Abendhimmels verschwindet. Michael Körner nickt zufrieden: labile Warmluft, Bodenwind um Süd, in einer Höhe von 1 000 Fuß Abweichung um 40 Grad. Wir können starten. Wenig später bereitet er auf dem Schlossberg einen größeren Ballon vor. Der Gasbrenner faucht, die zarte Hülle bläht sich und bläääht sich und blääääääht sich, bis sie drall und mächtig über der Wiese steht, beinah so hoch wie die Türme der Schlosskirche. Wir klettern in die Gondel, die wie ein übergroßer Picknickkorb unten dranhängt. Noch ein paar Schübe aus dem Brenner, dann entschweben wir in die mecklenburgisch-vorpommerschen Lüfte.

Schon liegt der Marktplatz unter uns, von dem die Straßen strahlenförmig in die barocke Residenzstadt abgehen. Die Bahnstrecke, der Yachthafen am Zierker See, die Laubenkolonien: Menschenwerk wird Miniatur. Ringsum erstreckt sich so viel Wald, wie man hier zu Lande nur selten findet. Die Herzstücke gehören zum Müritz-Nationalpark. Der Hauptteil erstreckt sich nach Nordwesten hin, im Osten schimmert dunkel der Buchenurwald Serrahn.

Eingeschlossen in diesen grünen Teppich liegen etliche große Seen, dazu gibt es eine Vielzahl von Kleingewässern. Wie Spiegel blinken sie zu uns hoch. Weit drüben im Westen aber dehnt sich eine riesige Wasserfläche, fast eine Art Meeresbucht: die Müritz, mit 117 Quadratkilometern der zweitgrößte See Deutschlands, nach dem Bodensee.

Landschaften haben ein langes Gedächtnis und zeigen dies in ihren Oberflächenformen. Im Formenreichtum der Mecklenburgischen Seenplatte ist noch die Eiszeit eingeprägt, und aus der Luft kann man darin lesen wie in einem geologischen Lehrbuch. Die lang gestreckten Seen: tiefe Rinnen, vom Schmelzwasser ausgespült. Die kilometerlangen Wälle: aufgestauchte Endmoränen. Die zahlreichen Kies- und Sandgruben: Depots von Gletscherschutt. Michael Körner erstaunen besonders die vielen „Oasen“, baumumstandene Wasserlöcher mitten in den Feldern. Relikte des Eises auch sie – man nennt sie Toteislöcher.

Gravitätisch zieht der Ballon darüber hinweg, ein Spielball des Windes. Der Korb gleicht einer Kanzel, vielleicht fühlt sich Körner auch deshalb so wohl hier oben. Denn er war Pfarrer, bevor ihn 1989 der Wind der Wendezeit in die Politik trieb. Für den vielbeschäftigten Landtagsabgeordneten stellt das Ballonfahren die beste Entspannung dar. Und eine Metapher fürs Leben schlechthin. Den Startplatz, sinniert er, könne man meist selber bestimmen. Doch wohin die Reise gehe, und wo man am Ende lande, das sei von stärkeren Mächten abhängig.

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