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Muster für einen Antrag von Lebenspartnern auf Änderung der Lohnsteuerklassen
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Muster für einen Antrag von Lebenspartnern auf Änderung der Lohnsteuerklassen

Letzte Aktualisierung: 20.10.2011

Inhalt:

Inhalt:
1. Die Lohnsteuerklassen
2. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 08.06.2011
2.1. Vorläufiger Rechtsschutz durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO
2.2. Vorläufiger Rechtsschutz durch Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV)
3. Wie geht es weiter?
4. Antrag an das Finanzamt
5. Einspruch und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
6. Antrag an das Finanzgericht auf Aussetzung der Vollziehung
7. Adresse


1. Die Lohnsteuerklassen

Nach den Eintragungen auf den Lohnsteuerkarten berechnet der Arbeitgeber die Lohnsteuer, die er einbehalten und an das Finanzamt abführen muss. Die Lohnsteuerklassen sind deshalb nur für das Lohnabzugsverfahren durch den Arbeitgeber von Bedeutung, das mit Ende des Jahres abgeschlossen ist. Anträge auf Änderung der Lohnsteuerklassen für 2011 können demgemäß nur bis zum 30.11.2011 gestellt werden.

Ob es noch sinnvoll ist, für 2011 die Änderung der Lohnsteuerklassen zu beantragen, erscheint zweifelhaft. Das Verfahren wird sich wahrscheinlich bis über das Jahresende hinziehen. Dann ist das Lohnabzugsverfahren durch den Arbeitgeber abgeschlossen und die Änderung der Lohnsteuerklassen für das bereits abgelaufene Jahr geht ins Leere.

Bei der Einkommensteuerveranlagung im folgenden Jahr entscheidet das Finanzamt neu über die Frage, ob Lebenspartner zusammen zu veranlagen sind, ohne Bindung an die Eintragungen auf den Lohnsteuerkarten. Deshalb muss man bei der Einkommensteuerveranlagung den Antrag auf Zusammenveranlagung neu stellen und ihn jedes Jahr wiederholen. Der Antrag ist unabhängig davon zulässig und notwendig, ob man vorher die entsprechende Änderung der Lohnsteuerkarten beantragt hat.

Eine Änderung der Lohnsteuerklassen hat nur Sinn, wenn das Einkommen der Partner unterschiedlich hoch ist. Dann kommt ein Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklassen von I / I in III / V in Betracht. Hat nur einer der Partner Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, braucht nur er die Änderung seiner Lohnsteuerklasse I in III zu beantragen.

Die Lohnsteuerklassen IV/IV (im Gegensatz zu III/V) werden von Ehegatten gewählt, bei denen beide ungefähr gleich viel verdienen. Am Jahresende empfiehlt es sich dann, das Ergebnis einer Zusammenveranlagung probeweise auszurechnen. Wenn dabei keine Erstattung herauskommt, können die Eheleute auf eine Einkommensteuererklärung verzichten, falls keine anderen Gründe für die Abgabe einer Jahressteuererklärung vorliegen.

Für Lebenspartner mit gleichem Einkommen bringt ein Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklassen von I / I in IV / IV nichts.



2. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 08.06.2011

Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 08.06.2011 - III B 210/10 - eine Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen vom 01.12.2010 - 13 V 239/10 – aufgehoben, durch die das Finanzgericht einem Antrag eines Lebenspartners auf Änderung seiner Lohnsteuerklasse von I in III stattgegeben hatte.

Der Bundefinanzhof hat es in diesem Beschluss offen gelassen, ob vorläufiger Rechtsschutz gegen dieAblehnung der Änderung der Steuerklassen nach § 69 FGO im Wege der Aussetzung der Vollziehung (AdV) oder nach § 114 FGO im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren ist. Er hat aber hinzugefügt, es spreche viel dafür, dass vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung der Änderung der Steuerklasse ebenso wie bei Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags in die Lohnsteuerkarte durch AdV nach § 69 Abs. 3 FGO zu gewähren ist.



2.1. Vorläufiger Rechtsschutz durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO

Dieser Weg empfiehlt sich nicht. Einstweilige Anordnungen sind zulässig, wenn sie  nötig erscheinen, um „wesentliche Nachteile“ abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nur gegeben, wenn durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht sein würde. Wesentliche Nachteile liegen insbesondere nicht bereits dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen lediglich ein Zinsverlust droht.

Auch schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Lebenspartner vom Splittingverfahren reichen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs zur Annahme wesentlicher Nachteile nicht aus. Hinzukommen muss außerdem, dass der Bundesfinanzhof oder ein Finanzgericht diese Frage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt hat. Das ist bisher nicht geschehen, weil beim Bundesverfassungsgericht bereits einschlägigen Verfassungsbeschwerden von Betroffenen anhängig sind.



2.2. Vorläufiger Rechtsschutz durch Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV)

Dieser Antrag setzt voraus, dass man zunächst beim Finanzamt den Antrag auf Änderung der Lohnsteuerkarten stellt. Das Finanzamt wird den Antrag ablehnen. Dagegen muss man Einspruch einlegen und zusätzlich den Antrag stellen, die Vollziehung der Ablehnung der Änderung der Lohnsteuerklassen nach § 361 Abs. 2 Satz 2 AO auszusetzen, weil „ernstliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Änderung der Lohnsteuerklassen bestehen.

Erst wenn das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Ablehnung der Änderung der Lohnsteuerklassen abgelehnt hat, ist ein Antrag an das Finanzgericht zulässig.

Der Antrag an das Finanzgericht setzt nicht voraus, dass die Aussetzung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, sondern nur, dass „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen“ (§ 361 Abs. 2 Satz 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH, Beschl. v. 23.05.2011 - III B 211/10, Rn. 8).

Die Rechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Einkommensteuergesetz ist ernstlich zweifelhaft, weil inzwischen mehrere Finanzgerichte entschieden haben, dass diese Ungleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.

Durch die Änderung der Lohnsteuerklassen wird die Einkommensteuerveranlagung nicht vorweggenommen. Falls das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht für verfassungswidrig erklären sollte, kann die (vorläufige) Änderung der Lohnsteuerklassen in der Regel im nachfolgenden Veranlassungsverfahren rückgängig gemacht werden (Festsetzung einer höheren Nachzahlung wegen der geringeren Lohnsteuer, die der Arbeitgeber abgeführt hat).

Das ist nur dann nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige nicht verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil er nur Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit bezogen hat (§ 46 Abs. 2 Satz 1 EStG). Man sollte deshalb in dem Antrag auch darauf hinweisen, warum man verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, siehe Abschnitt 4 am Ende. Sonst ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht zulässig.

Ergebnis: Ein  Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklassen ist nach wie vor aussichtsreich, wenn man zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist.



3. Wie geht es weiter?

Die Lohnsteuerkarten 2010 gelten mit den eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmalen weiter. Für Eintragungen auf den fortgeltenden Lohnsteuerkarten 2010 ist das Finanzamt zuständig. Dem Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklassen muss man die Lohnsteuerkarten beifügen. Man muss sie deshalb vorher vom Arbeitgeber zurückfordern.

Den Antrag auf Änderung der Lohnsteuerkarten könnt Ihr entlang des nachfolgenden Musters formulieren.

Wir sind gern bereit, Eure Anträge, Einsprüche und Schreiben an das Finanzamt sowie Eure Anträge und Schriftsätze an das Finanzgericht gegenzulesen, bevor Ihr sie absendet bzw. Euch entsprechende Entwürfe zu übersenden, siehe unten Abschnitt 7.

Wenn man nach der Ablehnung des Antrags auf AdV durch das Finanzamt das Finanzgericht anruft, fordert dieses keinen Gerichtsvorschuss an. Wenn das Finanzgericht den Antrag ablehnt, fallen zwei Gebühren an. Deren Höhe wird nach dem Streitwert bemessen. Dafür werden 25 % des Betrages angesetzt, den man bei einer Zusammenveranlagung sparen würde. Die Gebühren bewegen sich deshalb in der Regel zwischen 50,00 € und 100 €. Hinzu kommen noch die Auslagen des Gerichts, die durchweg gering sind.

Weitere Kosten entstehen nicht, weil Ihr vor dem Finanzgericht keinen Rechtsanwalt braucht und die Gegenseite sich selbst vertritt.

Wenn Ihr eine Rechtsschutzversicherung habt und Streitigkeiten über Abgaben und Steuern in den Versicherungsbedingungen nicht ausgeschlossen sind, können Ihr mit dem Antrag an das Finanzgericht einen Rechtsanwalt beauftragen. Der Rechtsanwalt wird dann die Frage der Kostenübernahme mit der Rechtsschutzversicherung klären. Einen Rechtsanwalt können wir Euch gegebenenfalls empfehlen.



4. Antrag an das Finanzamt

Finanzamt ..............

..............
..............

Änderung unserer Steuerklassen für das Jahr 2012

Unsere IdNr: ............................................................................
Unsere Steuernummern: .......................................................................

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir beantragen,

unsere Steuerklassen für das ganze Jahr 2012 für ................................................. von I in III und für ................................................von I in V zu ändern.

Wir stellen diesen Antrag schon jetzt, damit unseren Arbeitgebern die geänderten Steuerklassen mitgeteilt werden, wenn sie zu Beginn des Jahres 2012 bei der zentralen Steuerklassen-Datenbank unsere Steuerklassen abrufen. Wir würden es deshalb begrüßen, wenn Sie über unseren Antrag zeitnah entscheiden würden. Sollten Sie ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist über unseren Antrag entscheiden, werden wir gemäß § 46 FGO das Finanzgericht  anrufen.

1.     In der zentralen Steuerklassen-Datenbank ist für uns beide die Lohnsteuerklasse I eingetragen. Diese Eintragung ist unrichtig, weil wir am 01.01.2012 nicht „ledig“, sondern „verpartnert" sein werden. Wir haben am ................  die Lebenspartnerschaft begründet. Wir leben nicht getrennt und sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Nach § 39 Abs. 3b Satz 1 EStG sind für die Eintragung der Lohnsteuerklassen in die Lohnsteuerkarten die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres maßgebend. Der Familienstand "ledig" ist etwas anderes als der Familienstand "Lebenspartnerschaft" (BVerfGE 105, 313, 338, 342 f.; BVerwGE 120, 188, 190 f.; BVerwG, NJW 2005, 2938; BAG, NZA 2005, 57, 58; OVG Schleswig-Holstein, NJW 2005, 523). Da wir zu Anfang des Jahres 2012 verpartnert sein werden, darf in unseren Lohnsteuerkarten nicht die Steuerklasse I für Ledige eingetragen werden. Andererseits sind Lebenspartner auch nicht „verheiratet“. § 38b EStG ist im Hinblick auf den Familienstand der Lebenspartnerschaft lückenhaft, weil dort der Familienstand „verpartnert“ nicht geregelt ist.

Sie haben die Lücke durch Anwendung der für ledige Steuerpflichtige geltenden Regelungen ausgefüllt. Richtigerweise muss sie durch Anwendung der für Verheiratete geltenden Reglungen ausgefüllt werden, weil die Lebenspartnerschaft in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht einer Ehe entspricht.

2.    Das ergibt sich aus der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 zur Erbschaftsteuer (1 BvR 611 u. 2464/07, BVerfGE 126, 400). Der Erste Senat hat in diesem Beschluss u.a. ausgeführt:

„Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentliches Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1, 17; 110, 412, 431; 121, 108, 119; 121, 317, 370). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412, 431; 112, 164, 174; 116, 164, 180; 121, 108, 119; 121, 317, 370).“ (Rn 79)

„Geht jedoch die Förderung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht (vgl. BVerfGE 124, 199, 226).“ (Rn 91)

„Die Befugnisse des Staates, in Erfüllung seiner grundgesetzlichen Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG für Ehe und Familie tätig zu werden, bleiben also gänzlich unberührt von der Frage, inwieweit Dritte etwaige Gleichbehandlungsansprüche geltend machen können. Allein der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) entscheidet nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Anwendungsgrundsätze darüber, ob und inwieweit Dritten, wie hier den eingetragenen Lebenspartnern, ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit einer gesetzlichen oder tatsächlichen Förderung von Ehegatten und Familienangehörigen zukommt. Dies verkennt der Bundesfinanzhof in den angegriffenen Entscheidungen, indem er die Förderung der Ehegatten und damit die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner im Erbschaftsteuerrecht im Wesentlichen durch den bloßen Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 GG für gerechtfertigt hält, weil sich nur die Ehegatten, nicht aber die Lebenspartner auf den grundrechtlichen Schutz der Ehe berufen können.“ (Rn 92)

"Es kann dahinstehen, ob die bessere abstrakte Eignung der Ehe, Ausgangspunkt der Generationenfolge zu sein, höhere Freibeträge zugunsten von Ehegatten mit Blick auf die mögliche Weitervererbung des Familienvermögens an gemeinsame Kinder rechtfertigen kann. Sollte der Gesetzgeber diesem Gesichtspunkt in dem geltenden Steuerrecht überhaupt Beachtung geschenkt haben, so hat er dies jedenfalls mit einer Regelung getan, die diesen Ansatz nicht hinreichend umsetzt und daher auch nicht als Grundlage einer unterschiedlichen Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern herangezogen werden kann. Denn das geltende Recht macht - im Unterschied zu früheren Regelungen - die Privilegierung der Ehe nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig, sondern differenziert bei der Höhe des Freibetrages nicht zwischen kinderlosen Ehen und solchen, aus denen Kinder hervorgegangen sind. Der Gesetzgeber hat die Gewährung des persönlichen Freibetrages für Ehegatten nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vielmehr bereits mit der Erbschaftssteuerreform vom 17. April 1974 in Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtslage nicht länger vom Vorhandensein von Kindern abhängig gemacht (vgl. BR-Drucks 140/72, S. 70)." (Rn 107)

Diese Ausführungen des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts können ohne weiteres auf die Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten bei der Einkommensteuer übertragen werden. Die Privilegierung von Ehegatten bei der Einkommensteuer ist ebenfalls nicht davon abhängig, ob die Ehepaare Kinder haben oder hatten.

Da es sich bei den zitierten Ausführungen des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts um Erwägungen handelt, die seine Entscheidung tragen, sind sie gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden bindend (BVerfGE 1, 14, 37; 40, 88, 93; 96, 375, 404, st. Rspr.).

Deshalb sind die die Urteile des Bundesfinanzhofs  vom 26.01.2006 (III R 51/05, BStBl. II 2006, 515) vom 20.07.2006 (III R 8/04, BStBl II 2006, 883) und vom 19.10.2006 (III R 29/06, BFH/NV 2007, 663) überholt.

Demgemäß haben inzwischen mehrere Finanzgerichte entschieden, dass die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Einkommensteuergesetz mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Es handelt sich um folgende Finanzgerichte:

  • FG Niedersachsen, Beschl. v. 09.11.2010 - 10 V 309/10, DStRE 2011, 675, S. 3/4 der Beschlussabschrift. Der BFH hat die Beschwerde des Finanzamts gegen diesen Beschluss aus formalen Gründen als unbegründet verworfen: BFH, Beschl. v. 23.05.2011 - III B 211/10;
  • FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.05.2011 - 9 V  1339/11, S. 5 der Beschlussabschrift;
  • FG Niedersachsen, Beschl. v. 14.06.2011 - 10 V 157/11, S. 3/4 der Beschlussabschrift;
  • FG Münster, Beschl. v. 27.07.2011 – 3 V 1199/11 E, S. 6/7 der Beschlussabschrift;
  • FG Nürnberg, Beschl. v. 16.08.2011 - 3 V 868/11, S. 7-10 der Beschlussabschrift.

Die Beschlüsse können auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland" aufgerufen und heruntergeladen werden: http://www.lsvd.de/1494.0.html#c7338.

3.     Durch die Änderung der Lohnsteuerklassen wird unsere Einkommensteuerveranlagung nicht vorweggenommen. Falls das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in den dort anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht für verfassungswidrig erklären sollte, kann die Änderung der Lohnsteuerklassen im nachfolgenden Veranlagungsverfahren durch Festsetzung einer höheren Nachzahlung rückgängig gemacht werden. Wenn unsere Steuerklassen von I / I in III / V geändert werden,

# ... sind wir gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil wir beide Arbeitslohn beziehen.
# ... sind wir gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil .......... eine Rente/ eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, die den Grenzbetrag von 410,00 € übersteigt.
# ... sind wir gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil .......... freiberufliche Einkünfte hat, die den Grenzbetrag von 410,00 € übersteigen.
# ... sind wir gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil auf der Lohnsteuerkarte von ............. ein Freibetrag eingetragen ist und unsere Einkünfte aus Arbeitslohn 2011 insgesamt höher als 19.400 € sind.
# ... weitere Beispiele siehe § 46 Abs. 2 EStG und die Erläuterungen bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuererkl%C3%A4rung#Abgabepflicht

Mit freundlichen Grüßen,

- das Schreiben muss von beiden Lebenspartnern unterschrieben werden. -

Die Lohnsteuerkarten brauchen dem Antrag nicht mehr beigefügt zu werden.



5. Einspruch und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Finanzamt ..............
..............
..............

Änderung unserer Steuerklassen für das Jahr 2012

Unsere IdNr:                Steuernummer/Aktenzeichen          Ihr Bescheid
..........                        ..........                                         vom ..........
..........

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen Ihren Bescheid vom .......... legen wir Einspruch ein.

Die Änderung unserer Steuerklassen ist aufgrund der von uns zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Finanzgerichte geboten, dass die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Einkommensteuergesetz mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.

Außerdem beantragen wir,

die Vollziehung der Ablehnung der Änderung unserer Steuerklassen gemäß § 361 Abs. 2 Satz 2 AO aufzuheben, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung unseres Antrags bestehen.

1.     Der Bundefinanzhof hat es in dem Beschluss vom  08.06.2011 - III B 210/10 - offen gelassen, ob vorläufiger Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Änderung der Steuerklassen nach § 69 FGO im Wege der Aussetzung der Vollziehung oder nach § 114 FGO im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren ist. Er hat aber hinzugefügt, es spreche viel dafür, dass vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung der Änderung der Steuerklasse ebenso wie bei Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags in die Lohnsteuerkarte durch AdV nach § 69 Abs. 3 FGO zu gewähren ist.

2.     Nach § 361 Abs. 2 Satz 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Aussetzung der Vollziehung „erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen“. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH, Beschl. v. 23.05.2011 - III B 211/10, Rn. 8). Dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. z.B. BFH, BStBI II 1998, 721; BStBI II 2006, 484). Es genügt, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH, BStBI II 2010, 180).

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung unseres Antrags, unsere Steuerklassen von I / I in III / V zu ändern, ergeben sich aus der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 zur Erbschaftsteuer (1 BvR 611 u. 2464/07, BVerfGE 126, 400) und den Entscheidungen mehrerer Finanzgerichte, die wir in unserem Antrag auf Änderung der Steuerklassen angeführt haben.

Zur Frage der „ernstlichen Zweifel“ im Sinne des § 361 Abs. 2 Satz 2 AO verweisen wir zusätzlich auf den Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12.09.2011 - 3 V 2820/11, der auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland" heruntergeladen werden kann: http://www.lsvd.de/1494.0.html#c7338 Dort hat das Finanzgericht auf Seite 6/7der Beschlussabschrift grundsätzliche Ausführungen zu dieser Frage gemacht. Sie gipfeln in der Feststellung: 

"Der Senat muss derzeit für die Annahme ernstlicher Zweifel nicht entscheiden. ob er selbst §§ 26 ff. EStG für verfassungswidrig hält. Für ihn genügt derzeit die Feststellung, dass in der Finanzgerichtsbarkeit zu dieser Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und über die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des BVerfG und des EuGH höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde. Bereits dies genügt im derzeitigen Stadium für die Annahme ernstlicher Zweifel; über die Verfassungsmäßigkeit der §§ 26 ff. EStG ist im Hauptsachverfahren zu befinden."

3.     Unser Aussetzungsinteresse überwiegt die gegen die Gewährung der Vollzugsaussetzung sprechenden öffentlichen Belange. Zwar bedarf ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungswidrigkeit einer Norm begründet wird, auf welcher der Verwaltungsakt aufbaut, wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich eines besonderen berechtigten Interesses an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Ein solcher „Haushaltsvorbehalt“ kann aber nicht jeden legislativen Verfassungsverstoß rechtfertigen. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn eine AdV eine erhebliche finanzielle Breitenwirkung zur Folge hätte. Diese liegt hier nicht vor. Nach der Antwort der Bundesregierung vom 08.08.2011 auf eine kleine parlamentarische Anfrage bestanden im Jahr 2007 15.000, in den Jahren 2008 und 2009 19.000 und im Jahr 2010 23.000 eingetragene Lebenspartnerschaften (vgl. Bundestag-Drucksache 17/6772). Davon hat nur ein Bruchteil unterschiedliche Einkommen und nur wenige von diesen haben sich gegen Ihre Einzelveranlagung gewehrt und Zusammenveranlagung beantragt. Angesichts der danach zu erwartenden geringen Zahl von Fällen betroffener Lebenspartner haben die gegen die Gewährung der Vollzugsaussetzung sprechenden öffentlichen Belange zurück zu stehen. Zudem werden durch die Verplanung bzw. Verausgabung (möglicherweise) verfassungswidriger Steuern eintretende Risiken für die öffentliche Haushaltsführung durch die Gewährung der AdV geradezu vermieden (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.03.2010 - 3 V 5084/09 juris, Rn. 38, und FG Nürnberg, a.a.O., S. 10/11 der Beschlussabschrift).

Ergänzend verweisen wir auch in dieser Frage auf die Ausführungen des Finanzgerichts Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 12.09.2011. Das Finanzgericht hat auf Seite 8/9 der Beschlussabschrift ausführlich dargelegt, dass das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung durch die Gewährung einer AdV nicht gefährdet wird. Diese Ausführungen macht ich mir zu Eigen.

Das Finanzgericht hat abschließend festgestellt:

"aa) Zunächst einmal hat das Finanzamt eine konkrete Gefährdung der geord-neten Haushaltsführung, die das (verfassungsrechtlich geschützte) Interesse der Antragstellerin an der Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes überwiegen könnte, weder konkret dargelegt noch nachgewiesen. Eine solche Gefährdung ist auch nicht sonst ersichtlich. Die Auswirkungen auf die öffentli-chen Haushalte dürften erheblich geringer sein als z.B. im BFH-Beschluss in BFHE 218, 558, BStBl I 2007, 799 zur sog. „Entfernungspauschale“, bei der schon der BFH keine konkrete Gefährdung der Haushaltsführung gesehen und auch das BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 6vL 2/08 (BVerfGE 122. 210, BFHINV 2009, 338) später keine Weitergeltungsanordnung ausgesprochen hat.

bb) Soweit das Finanzamt gleichwohl mutmaßt, das BVerfG werde bei Erfolg der Verfassungsbeschwerden 2 BvR 288/07, 2 BvR 1981/06 oder 2 BvR 909/06 eine Weitergeltungsanordnung erlassen und im AdV-Verfahren dürfe kein weitergehender Rechtsschutz gewährt werden, ist das FA zusätzlich darauf zu verweisen, dass das BVerfG im BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2010,1985 dies gerade nicht getan, sondern wegen der vergleichsweise geringen Zahl eingetragener Lebenspartnerschalten eine rückwirkende Beseitigung der Diskriminierung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab 2001 verlangt hat. Es steht aus Sicht des beschließenden Senats nicht zu erwarten, dass das BVerfG im gedachten Erfolgsfall der Verfassungsbeschwerden bei der Ein-kommensteuer anders verfahren würde als zuvor bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer."

Wir würden es begrüßen, wenn Sie über unseren Aussetzungsantrag zeitnah entscheiden würden. Sollten Sie ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist über unseren Antrag entscheiden, werden wir gemäß § 69 Abs. 4 Nr. 1 FGO das Finanzgericht  anrufen.

Mit freundlichen Grüßen, 

- das Schreiben muss von beiden Lebenspartnern unterschrieben werden. -



6. Antrag an das Finanzgericht auf Aussetzung der Vollziehung

Ort, den ………………….2011


Finanzgericht ..........


Aussetzung der Vollziehung (Änderung der Lohnsteuerklassen für das Jahr 2011)


In der Sache

1. NN

2. NN

beide wohnhaft in
..........

Antragsteller

gegen

Finanzamt

Antragsgegner


beantragen wir,

1. den Bescheid des Antragsgegners vom .................. aufzuheben,

2. die Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom .......... gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 FGO auszusetzen und anzuordnen, dass für das ganz Jahr 2012 die Steuerklasse des Antragstellers zu 1) von I in III und die Steuerklasse des Antragstellers zu 2) von I in V zu ändern sind.

Begründung:

1.    Der Bundefinanzhof hat es in dem Beschluss vom  08.06.2011 - III B 210/10 - offen gelassen, ob vorläufiger Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Änderung der Steuerklassen nach § 69 FGO im Wege der Aussetzung der Vollziehung oder nach § 114 FGO im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren ist. Er hat aber hinzugefügt, es spreche viel dafür, dass vorläufiger Rechtsschutz bei Ablehnung der Änderung der Steuerklasse ebenso wie bei Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags in die Lohnsteuerkarte durch AdV nach § 69 Abs. 3 FGO zu gewähren ist.

2.    Die Antragsteller haben am .......... die Lebenspartnerschaft begründet. Sie leben nicht getrennt und sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Nach § 39 Abs. 3b Satz 1 EStG sind für die Eintragung der Lohnsteuerklassen in die Lohnsteuerkarten die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres maßgebend. Der Familienstand "ledig" ist etwas anderes als der Familienstand "Lebenspartnerschaft" (BVerfGE 105, 313, 338, 342 f.; BVerwGE 120, 188, 190 f.; BVerwG, NJW 2005, 2938; BAG, NZA 2005, 57, 58; OVG Schleswig-Holstein, NJW 2005, 523). Da wir zu Anfang des Jahres 2012 verpartnert sein werden, darf in unseren Lohnsteuerkarten nicht die Steuerklasse I für Ledige eingetragen werden. Andererseits sind Lebenspartner auch nicht „verheiratet“. § 38b EStG ist im Hinblick auf den Familienstand der Lebenspartnerschaft lückenhaft, weil dort der Familienstand „verpartnert“ nicht geregelt ist.

Das Finanzamt hat die Lücke durch Anwendung der für ledige Steuerpflichtige geltenden Regelungen ausgefüllt. Richtigerweise muss sie durch Anwendung der für Verheiratete geltenden Reglungen ausgefüllt werden, weil die Lebenspartnerschaft in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht einer Ehe entspricht.

Deshalb haben die Antragsteller mit Schreiben vom .......... bei dem Antragsgegner beantragt, für 2012 die Steuerklasse des Antragsteller zu 1 von I in III und die Steuerklasse des Antragsteller zu 2 von I in V zu ändern. Das hat der Antragsgegner durch Bescheid vom .......... abgelehnt. Dagegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom ………………. Einspruch eingelegt und zugleich beantragt, die Vollziehung der Ablehnung der Änderung der Lohnsteuerklassen gemäß § 361 Abs. 2 Satz 2 AO auszusetzen, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung bestehen. Das hat der Antragsgegner durch Bescheid vom .......... ebenfalls abgelehnt. Das Einspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

3.     Nach § 361 Abs. 2 Satz 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Aussetzung der Vollziehung „erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen“. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH, Beschl. v. 23.05.2011 - III B 211/10, Rn. 8). Dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. z.B. BFH, BStBI II 1998, 721; BStBI II 2006, 484). Es genügt, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH, BStBI II 2010, 180).

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung unseres Antrags, unsere Steuerklassen von I / I in III / V zu ändern, ergeben sich aus der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 zur Erbschaftsteuer (1 BvR 611 u. 2464/07, BVerfGE 126, 400). Der Erste Senat hat in diesem Beschluss u.a. ausgeführt:

#.......... weiter wie Ziffer 4 .......... #

Die Beschlüsse können auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland" aufgerufen und heruntergeladen werden: http://www.lsvd.de/1494.0.html#c7338.

Zur Frage der „ernstlichen Zweifel“ im Sinne des § 361 Abs. 2 Satz 2 AO verweisen die Antragsteller zusätzlich auf den Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12.09.2011 - 3 V 2820/11, der ebenfalls unter der abgegebenen URL heruntergeladen werden kann. Dort hat das Finanzgericht auf Seite 6/7der Beschlussabschrift grundsätzliche Ausführungen zu dieser Frage gemacht. Sie gipfeln in der Feststellung: 

"Der Senat muss derzeit für die Annahme ernstlicher Zweifel nicht entscheiden. ob er selbst §§ 26 ff. EStG für verfassungswidrig hält. Für ihn genügt derzeit die Feststellung, dass in der Finanzgerichtsbarkeit zu dieser Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und über die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des BVerfG und des EuGH höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde. Bereits dies genügt im derzeitigen Stadium für die Annahme ernstlicher Zweifel; über die Verfassungsmäßigkeit der §§ 26 ff. EStG ist im Hauptsachverfahren zu befinden."

4.      Das Aussetzungsintersse der Antragsteller überwiegt die gegen die Gewährung der Vollzugsaussetzung sprechenden öffentlichen Belange. Zwar bedarf ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungswidrigkeit einer Norm begründet wird, auf welcher der Verwaltungsakt aufbaut, wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich eines besonderen berechtigten Interesses an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Ein solcher „Haushaltsvorbehalt“ kann aber nicht jeden legislativen Verfassungsverstoß rechtfertigen. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn eine AdV eine erhebliche finanzielle Breitenwirkung zur Folge hätte. Diese liegt hier nicht vor. Nach der Antwort der Bundesregierung vom 08.08.2011 auf eine kleine parlamentarische Anfrage bestanden im Jahr 2007 15.000, in den Jahren 2008 und 2009 19.000 und im Jahr 2010 23.000 eingetragene Lebenspartnerschaften (vgl. Bundestag-Drucksache 17/6772). Davon hat nur ein Bruchteil unterschiedliche Einkommen und nur wenige von diesen haben sich gegen Ihre Einzelveranlagung gewehrt und Zusammenveranlagung beantragt. Angesichts der danach zu erwartenden geringen Zahl von Fällen betroffener Lebenspartner haben die gegen die Gewährung der Vollzugsaussetzung sprechenden öffentlichen Belange zurück zu stehen. Zudem werden durch die Verplanung bzw. Verausgabung (möglicherweise) verfassungswidriger Steuern eintretende Risiken für die öffentliche Haushaltsführung durch die Gewährung der AdV geradezu vermieden (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.03.2010 - 3 V 5084/09 juris, Rn. 38, und FG Nürnberg, a.a.O., S. 10/11 der Beschlussabschrift).

Ergänzend verweisen die Antragsteller auch in dieser Frage auf die Ausführungen des Finanzgerichts Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 12.09.2011. Das Finanzgericht hat auf Seite 8/9 der Beschlussabschrift ausführlich dargelegt, dass das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung durch die Gewährung einer AdV nicht gefährdet wird. Diese Ausführungen macht ich mir zu Eigen.

Das Finanzgericht hat abschließend festgestellt:

"aa) Zunächst einmal hat das Finanzamt eine konkrete Gefährdung der geord-neten Haushaltsführung, die das (verfassungsrechtlich geschützte) Interesse der Antragstellerin an der Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes überwiegen könnte, weder konkret dargelegt noch nachgewiesen. Eine solche Gefährdung ist auch nicht sonst ersichtlich. Die Auswirkungen auf die öffentli-chen Haushalte dürften erheblich geringer sein als z.B. im BFH-Beschluss in BFHE 218, 558, BStBl I 2007, 799 zur sog. „Entfernungspauschale“, bei der schon der BFH keine konkrete Gefährdung der Haushaltsführung gesehen und auch das BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 6vL 2/08 (BVerfGE 122. 210, BFHINV 2009, 338) später keine Weitergeltungsanordnung ausgesprochen hat.

bb) Soweit das Finanzamt gleichwohl mutmaßt, das BVerfG werde bei Erfolg der Verfassungsbeschwerden 2 BvR 288/07, 2 BvR 1981/06 oder 2 BvR 909/06 eine Weitergeltungsanordnung erlassen und im AdV-Verfahren dürfe kein weitergehender Rechtsschutz gewährt werden, ist das FA zusätzlich darauf zu verweisen, dass das BVerfG im BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2010,1985 dies gerade nicht getan, sondern wegen der vergleichsweise geringen Zahl eingetragener Lebenspartnerschalten eine rückwirkende Beseitigung der Diskriminierung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab 2001 verlangt hat. Es steht aus Sicht des beschließenden Senats nicht zu erwarten, dass das BVerfG im gedachten Erfolgsfall der Verfassungsbeschwerden bei der Ein-kommensteuer anders verfahren würde als zuvor bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer."

5.     Durch die Änderung der Lohnsteuerklassen wird die Einkommensteuerveranlagung der Antragsteller nicht vorweggenommen. Falls das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in den dort anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht für verfassungswidrig erklären sollte, kann die Änderung der Lohnsteuerklassen im nachfolgenden Veranlagungsverfahren durch Festsetzung einer höheren Nachzahlung rückgängig gemacht werden.Wenn die Steuerklassen von I / I in III / V geändert werden,

# ... sind die Antragsteller gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil beide Arbeitslohn beziehen.
# ... sind die Antragsteller gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil der Antragsteller zu ...... eine Rente/ eine Erwerbsbsunfägigkeitsrente bezieht, die den Grenzbetrag von 410,00 € übersteigt.
# ... sind die Antragsteller gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil der Antragsteller zu .......... freiberufliche Einkünfte hat, die den Grenzbetrag von 410,00 € übersteigen. 
# ... sind die Antragsteller gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, weil auf der Lohnsteuerkarte des Antragstellers zu ..... ein Freibetrag eingetragen ist und die Einkünfte der Antragsteller aus Arbeitslohn 2011 insgesamt höher als 19.400 € sind.
# ... weitere Beispiele siehe § 46 Abs. 2 EStG und die Erläuterungen bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuererkl%C3%A4rung#Abgabepflicht

Mit freundlichen Grüßen,
- das Schreiben muss von beiden Lebenspartnern unterschrieben werden. -

Anlagen:
Kopien der Bescheide des Antragsgegners vom .......... und vom ..........
Ein Doppel dieses Antrages



7. Adresse

Am einfachsten ist es für uns, wenn Ihr uns Euren Schriftwechsel mit dem Finanzamt oder dem Finanzgericht entweder als PDF- oder als Grafik-Datei per eMail an die Adresse recht(at)lsvd.de übersendet. Schickt aber bitte die Bescheide, um die es geht, vollständig mit. Wir können Euch nicht umfassend beraten, wenn Ihr z.B. in den Einkommensteuerbescheiden die Zahlen abdeckt. Wir behandeln alles, was Ihr uns schickt, streng vertraulich.

Euere eigenen Entwürfe, die wir überprüfen sollen, schickt bitte nicht als PDF-, sondern als Textdateien. Textdateien können wir einfacher überarbeiten.

Wenn Euch die Übersendung der Vorgänge per E-Mail nicht möglich ist, übersendet sie uns per Fax oder Briefpost an folgende Adresse:

Manfred Bruns
Lessingstrasse 37i
76135 Karlsruhe
Fax: 0721 831 79 55
E-Mail: recht(at)lsvd.de  

 
 

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