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Muster für Klagen von überlebenden Lebenspartnern gegen Erbschaftssteuerbescheide
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Muster für Klagen von überlebenden Lebenspartnern gegen Erbschaftssteuerbescheide

Noch nicht aktualisiert!



Vorbemerkung
Einspruchsbegründung
Klage


Lebenspartner sind durch die Erbschaftsteuerreform seit dem 01.01.2009 weitgehend mit Ehegatten gleichgestellt worden. Nur bei den Steuersätzen gibt es noch erhebliche Unterschiede. Die Freibeträge sind aber so hoch, dass hinterbliebene Lebenspartner normalerweise keine Erbschaftsteuer zu zahlen brauchen, siehe die Darstellung „Erbschaftsteuerrecht“ und den Ratgebertext „Erbschaft- und Schenkungsteuer“.

Wenn der Partner nach dem 31.12.2006 verstorben ist, kann der hinterbliebene Lebenspartner wählen, ob die Erbschaft nach altem oder neuem Recht versteuert werden soll. Das gilt auch für bereits rechtskräftig abgeschlossene Fälle. Der Antrag muss dann bis zum 30.06.2009 gestellt werden.

Wenn in solchen Fällen neues Recht gewählt wird, gilt das nicht für die neuen hohen Freibeträge. Die Wahl des neuen Rechts lohnt sich deshalb in der Regel nur, wenn zum Nachlass ein Familienwohnheim gehört, in dem der hinterbliebene Lebenspartner wohnen bleiben will. Dann braucht er für das Familienwohnheim nach neuem Recht keine Erbschaftsteuer zu zahlen.

Wenn Lebenspartner früher verstorben sind und die Erbschaftsteuerveranlagung noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, werden ihre Partner wie Fremde behandelt. Das verstößt gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Bundesfinanzhof ist anderer Ansicht und hat die Revisionen zweier Betroffener durch Beschluss v. 01.02.2007 i.V.m. Gerichtsbescheid v. 08.11.2006 - II R 43/05 - sowie durch Beschl. v. 20.06.2007 - II R 56/05 - BStBl. 2007, 649, als unbegründet verworfen. Gegen diese Entscheidungen ist jeweils Verfassungsbeschwerde eingelegt worden. Die Verfahren sind beim Ersten Senat des Bundesverfassungsgericht unter den Az. 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07 anhängig. Dieser hat inzwischen die Verfassungsorgane und die Verbände zur Stellungnahme aufgefordert. Das lässt darauf schließen, dass er die Verfassungsbeschwerden nicht für offensichtlich unbegründet hält. Offenbar will er der Sonderrechtsprechung der deutschen Gerichte zum Nachteil von Lebenspartnern, die die 1. Kamer des Zweiten Senats gebilligt hat, nicht folgen. Das ist möglich, weil es sich bei den Beschlüssen der 1. Kammer des Zweiten Senats um Nichtannahmebeschlüsse handelt, die keine Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entfalten.

Von einer positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden aber nur diejenigen Betroffenen profitieren, deren Erbschaftsteuerbescheide dann noch nicht rechtskräftig sind. Deshalb empfehlen wir, gegen Erbschaftsteuerbescheide Einspruch einzulegen und gleichzeitig zu beantragen, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ruhen zu lassen.



Einspruchsbegründung

Antrag: Gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom .......... lege ich Einspruch ein.

Ich rüge nicht, dass Sie das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz falsch angewandt haben, sondern ich bin der Meinung, dass das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil Lebenspartner bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer wie Ledige behandelt werden.

Der Bundesfinanzhof ist zwar anderer Ansicht - Beschluss v. 01.02.2007 i.V.m. Gerichtsbescheid v. 08.11.2006 - II R 43/05 - sowie Beschl. v. 20.06.2007 - II R 56/05 - BStBl. 2007, 649. Dagegen sind aber Verfassungsbeschwerden eingelegt worden. Die Verfahren sind beim Ersten Senat des Bundesverfassungsgericht unter den Az. 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07 anhängig. Dieser hat inzwischen die Verfassungsorgane und die Verbände zur Stellungnahme aufgefordert. Das lässt darauf schließen, dass er die Verfassungsbeschwerden nicht für offensichtlich unbegründet hält. Offenbar will er der Sonderrechtsprechung der deutschen Gerichte zum Nachteil von Lebenspartnern, die die 1. Kamer des Zweiten Senats gebilligt hat (Beschl. v. 20.09.2007 - 2 BvR 855/06; NJW 2008, 209) nicht folgen. Das ist möglich, weil es sich bei den Beschlüssen der 1. Kammer des Zweiten Senats um Nichtannahmebeschlüsse handelt, die keine Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entfalten.

Ich bin damit einverstanden, dass das Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ruht.



Klage

Hinweis: Damit das nachfolgende Muster lesbar und verständlich bleibt, ist dort nur von "dem Kläger" die Rede. Für Klagen von Frauen muss es natürlich "die Klägerin" heißen.

Der Text stammt im Wesentlichen aus Klageschriften und aus der Verfassungsbeschwerde von Rechtsanwalt und Notar Dirk Siegfried, Motzstrasse 1, 10777 Berlin, Tel.: 030 21568-03 oder -11, Fax: 030 2156813, eMail: d.siegfried(at)snafu.de, gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.01.2006 zum Familienzuschlag.

____________________

An das

Finanzgericht

..................

 

Klage

1) des

Prozessbevollmächtigte/r:

- Kläger -

gegen

das Finanzamt ......

vertreten durch seinen Leiter

wegen Erbschaftsteuer

- Beklagte -

Namens und gemäß beigefügter Vollmacht des Klägers erheben wir Klage und beantragen,

unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom .......... und der Einspruchsentscheidung vom .......... die Erbschaftssteuer des Klägers auf 0 Euro/.......... Euro festzusetzen.

I.

Der Kläger begründete am ... Datum ... mit ... Name des verstorbenen Partners ....vor dem ... Standesamt/zuständige Behörde ... die Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. ... Name des verstorbenen Partners .... ist am ... Datum ... verstorben und vom Kläger beerbt worden. Zum Nachlass gehören ..........

Mit Erbschaftsteuerbescheid vom ... Datum ... setzte die Beklagte gegen den Kläger eine Erbschaftsteuer von .......... Euro fest. Dabei ging die Beklagte von einem Wert des Erwerbs von .......... Euro aus, berücksichtigte einen Freibetrag von 5.200 Euro gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG und legte seinem Bescheid im Übrigen die Steuerklasse III gemäß § 15 ErbStG sowie einen Steuersatz von ..... % gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG zu Grunde.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom ... Datum .... Einspruch ein. Die Beklagte hat den Einspruch mit Bescheid  vom ... Datum ... zurückgewiesen.

Wenn der Kläger wie ein Ehegatte zur Erbschaftsteuer veranlagt worden wäre, hätte ihm nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ein Freibetrag von 307.000 zugestanden,

# so dass er überhaupt keine Erbschaftsteuer hätte zu bezahlen brauchen.

# und sein Steuersatz hätte sich gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG auf ..... % belaufen. Er hätte dann nur ......... Euro Erbschaftsteuer zu bezahlen brauchen.

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger dagegen, dass ihn die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden wie einen Fremden behandelt hat. Er verkennt nicht, dass dies im Einklang mit dem Erbschaftsteuergesetz in der derzeitigen Fassung steht. Mit der Klage wird jedoch die Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen, soweit sie eine Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehepartnern nicht vorsehen, geltend gemacht, so dass wir anregen,

den Rechtsstreit nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

II.

  1. Das Bundesverfassungsgericht hat die Gestaltungsbefugnis des Erbschaftsteuergesetzgebers bei Ehegatten wie folgt eingegrenzt:

    Der Spielraum für den steuerlichen Zugriff auf den Erwerb von Todes wegen findet seine Grenze dort, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt. Deshalb darf die Ausgestaltung und Bemessung der Erbschaftsteuer den Sinn und die Funktion des Erbrechts als Rechtseinrichtung und Individualgrundrecht nicht zunichte oder wertlos machen (BVerfGE 93, 165).

    In der Lebenswirklichkeit schaffen Ehegatten die wirtschaftliche Grundlage für die individuelle Lebensgestaltung ihrer Familie in der Erwartung, dass sie den individuellen Lebenszuschnitt der Familie auch noch im Alter der Ehegatten prägt und nach dem Ableben eines von ihnen dem Überlebenden zugute kommt (BVerfG 93, 121 [142]). Deshalb muss der erbschaftsteuerliche Zugriff bei Ehegatten so beschränkt werden, dass ihnen der jeweils auf sie überkommene Nachlass – je nach dessen Größe – zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei zugute kommt. Ein tauglicher Anhalt für den Betrag des Nachlasswertes, der dem Ehegatten ungeschmälert verbleiben muss, ist der Wert des persönlichen Gebrauchsvermögens (BVerfGE 93, 165 [174 f.]. Es liegt nahe, dass sich dieser Wert an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser orientiert (BVerfGE 93, 121 [141]).
    Aufgrund dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Erbschaftsteuergesetzgeber Ehegatten einen Freibetrag von 307.000 € zugestanden (§ 16 Abs. 1 Nr. 1; Bundestags-Drucksache 13/4839 S. 70).

    Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zwar vom Bundesverfassungsgericht mit der Pflicht des Staates begründet worden, die Ehe zu fördern (Art. 6 Abs. 1 GG), sie konkretisiert aber gleichzeitig die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

    Für die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft von Lebenspartnern gelten durchweg dieselben Reglungen wie für Ehegatten. Das Überarbeitungsgesetz hat die Lebenspartnerschaft zivilrechtlich völlig der Ehe angeglichen. Die Situation von Lebenspartnern (ohne Kinder) ist deshalb mit der Situation von Ehegatten (ohne Kinder) vergleichbar (BAG, NZA 2005, 57, 60; Rengier, BB 2005, 2574, 2577f.). Sie sind ihren Partnern in gleicher Weise zum Unterhalt verpflichtet wie Ehegatten. Sie leben, wenn sie nichts anderes vereinbart haben, wie Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und bilden daher wie Eheleute eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs. Dementsprechend findet auch bei ihnen ein Versorgungsausgleich statt, wenn ihre Lebenspartnerschaft aufgehoben wird, und ihr gesetzliches Erbrecht entspricht dem von Ehegatten (§ 10 LPartG).

    Lebenspartner schaffen daher die wirtschaftliche Grundlage für die individuelle Lebensgestaltung ihrer Partnerschaft genauso wie Ehegatten in der Erwartung, dass sie den individuellen Lebenszuschnitt der Partnerschaft auch noch im Alter der Lebenspartner prägt und nach dem Ableben eines von ihnen dem Überlebenden zugute kommt. Es verstößt deshalb gegen die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts durch Art 14 I 1 GG, wenn der Gesetzgeber diese Besonderheiten überhaupt nicht berücksichtigt, sondern überlebende Lebenspartner bei der Einteilung der Steuerklassen, der Höhe des Steuersatzes und der Freibeträge wie Fremde behandelt.

    Obwohl der Kläger mit seinem Partner bis zu dessen Tod zusammengelebt und an der wechselseitig übernommenen Verantwortung in vollem Umfang festgehalten hat, wird er noch schlechte behandelt als ein geschiedener Ehegatte, der in die Steuerklasse II fällt (§ 15 Abs. 1 ErbStG). Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist keinesfalls mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren.
  2. Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung berufen sich die Finanzgerichte auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Gesetzgeber die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften begünstigen dürfe, weil Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen (BVerfGE 105, 313, 348). Auch das  Bundesverwaltungsgericht wertet in seinem Urteil vom 26.01.2006 die Verweigerung des Familienzuschlags der Stufe 1 für verpartnerte Beamte nicht als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil der „Unterschied zwischen dem Familienstand ‚verheiratet’ und dem Familienstand ‚eingetragene Lebenspartnerschaft’ ..... unterschiedliche Rechtsfolgen (BVerwG, Beschluss vom 29. Februar 2000 - BVerwG 1 B 82.99 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 41)“ rechtfertige. Das Bundesverwaltungsgericht meint: „Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften zu begünstigen (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002  1 BvF 1, 2/01  a.a.O. S. 348). Das Bestehen einer Ehe ist ein zureichender Grund für die Besserstellung. Es ist nicht, wie die Klägerin meint, weiter erforderlich, dass die Begünstigung des Verheirateten auch durch seine Situation im Übrigen, wie beispielsweise durch eine im Vergleich zu einem Ledigen höhere Unterhaltspflicht, gerechtfertigt ist. Der "besondere" verfassungsrechtliche Schutz, den nach Art. 6 Abs. 1 GG nur die Ehe genießt, stellt  bereits  den die Verschiedenbehandlung rechtfertigenden Unterschied dar (vgl. Urteil vom 3. November 2005 - BVerwG 2 C 16.04  zur Veröffentlichung vorgesehen).
  3. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht den Maßstab für eine etwaige Rechtfertigung der Ungleichbehandlung verkannt. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seiner Entscheidung vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92, BVerfGE 88, 87, 96f., grundlegend ausgeführt:
              “Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (...) Diese Bindung ist um so enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, dass eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Die engere Bindung ist jedoch nicht auf personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (...). Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann...)."
    Danach
              “prüft das Bundesverfassungsgericht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im Einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (...)“.

    Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts befasst sich nicht einmal ernsthaft damit, welche dieser Kriterien erfüllt sein könnten und welcher Maßstab danach zu gelten hätte. Bei Beachtung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:
  4. Äußerer Anknüpfungspunkt für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer ist die Ehe. Der Kläger hat in einer Lebenspartnerschaft gelebt. Der maßgebliche Unterschied zwischen diesen Rechtsinstituten besteht in der Geschlechtskombination der Partner (vgl. BVerfGE 105, 313, 345, 350f.; Beschl. v. 06.12.2005, 1 BvL 3/03, FamRZ 2006, 182, 186). Gleichwohl handelt es sich nicht um eine unmittelbar an Art. 3 Abs. 3 GG zu messende Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts (vgl. BVerfGE 105, 313, 351f.).
  5. Die Frage bleibt somit, ob die Geschlechtskombination, die den Unterschied zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft ausmacht, den personenbezogenen oder den verhaltensbezogenen Merkmalen zuzurechnen ist. Als personenbezogenes Merkmal käme die sexuelle Identität in Betracht. Zwar ist eine bestimmte sexuelle Identität nicht Voraussetzung für die Eingehung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft (vgl. BVerfG, FamRZ 2006, 182, 186). Eine Ehe mit einem verschiedengeschlechtlichen Partner kann ebenso durch einen Homosexuellen begründet werden wie eine Lebenspartnerschaft mit einem gleichgeschlechtlichen Partner durch einen Heterosexuellen.

    Jedoch gilt nach dem oben zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 88, 87, 96) die enge Bindung auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Insoweit kann nicht außer Betracht bleiben, dass sich das Rechtsinstitut der Ehe typischer Weise an heterosexuelle Menschen richtet, denen auf diese Weise eine rechtliche Absicherung einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ermöglicht wird, während sich das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft typischerweise an homosexuelle Menschen richtet, denen auf diese Weise eine rechtliche Absicherung ihrer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften ermöglicht wird.

    Dementsprechend hat es das Bundesverfassungsgericht in dem zitierten Beschluss (FamRZ 2006, 182, 186) als maßgeblich angesehen, dass ein homosexuell orientierter Mann-zu-Frau-Transsexueller sich mit einer Frau verbinden möchte, und beanstandet, dass dies nach derzeitigem Recht ausgeschlossen ist. Wäre nicht letztlich die sexuelle Orientierung maßgeblich für die Frage, welches der beiden Rechtsinstitute (Ehe oder Lebenspartnerschaft) für die Begründung einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft in Betracht kommt, wäre der dortige Antragsteller darauf zu verweisen gewesen, es stehe ihm ja frei, mit einem Mann eine Lebenspartnerschaft einzugehen.

    Es wird hierdurch augenfällig, dass die Entscheidung für den Partner eines bestimmten Geschlechts zur Begründung einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft maßgeblich von der eigenen sexuellen Orientierung abhängt.

    Dem entspricht auch, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Lebenspartnerschaftsgesetz eine Austauschbarkeit zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft und somit eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG durch die Schaffung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft nicht gesehen hat, weil der Adressatenkreis, an den sich das Institut richtet, nicht den der Ehe berührt (BVerfGE 105, 313, 351). Dem liegt zugrunde, dass es nicht im freien Belieben einer Person steht, sich bei der Wahl des Partners für eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft für das eine oder andere Geschlecht zu entscheiden. Wäre das Geschlecht des für eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft in Betracht kommenden Partners nicht bereits vorgegeben durch die eigene sexuelle Identität, wären Ehe und Lebenspartnerschaft austauschbar – mit der Folge – dass die Lebenspartnerschaft durchaus eine Konkurrenz zur Ehe darstellte und die Schaffung dieses Rechtsinstituts somit gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstieße.

    Die Adressaten von Ehe und Lebenspartnerschaft unterscheiden sich also in ihrer sexuellen Identität voneinander. Diese ist nicht beliebig wählbar.
  6. Hieraus wiederum ergibt sich, dass die Bindung an den Gleichheitssatz vorliegend besonders eng ist. Denn die Differenzierung bewirkt – jedenfalls mittelbar – eine Ungleichbehandlung von Personengruppen. Zudem kommt das Merkmal sexuelle Identität den in Art. 3 Abs. 3 GG benannten Merkmalen sehr nahe, insbesondere dem des Geschlechts. Diesem Umstand hat bereits 1988 das BVerwG Rechnung getragen, indem es die irreversible, schicksalhafte homosexuelle Prägung den in Art. 1 A Nr. 2 GK ausdrücklich genannten Merkmalen und Eigenschaften gleichgestellt hat (vgl. BVerwGE 79, 143). In der jetzigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Familienzuschlag fehlt dagegen jegliche Auseinandersetzung mit der Nähe des Merkmals der Homosexualität zu den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmalen und den sich hieraus für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Konsequenzen.
  7. Es kommt hinzu, dass die Ungleichbehandlung bei der Erbschaftsteuer sich nur und gerade dann auswirkt, wenn der Steuerpflichtige von dem jeweils zur Verfügung stehenden Rechtsinstitut zur Absicherung einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft Gebrauch gemacht hat. Diese Freiheit ist im Falle der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG und im Falle der Lebenspartnerschaft durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (vgl. u.a. BVerfG [3. Kammer des ersten Senats] Beschl. v.. 04.10.1993 - 1 BvR 640/93, NJW 1993, 3058f.; Urt. v. 18.07.2001 - 1 BvQ 23, 26/01, BVerfGE 104, 5; BVerwG, Urt. v. 27.02.1996 - 1 C 41.93, BVerwGE 100, 287, 299). Die Ungleichbehandlung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft wirkt sich somit gerade im Bereich grundrechtlich geschützter Freiheiten aus und unterliegt somit auch aus diesem Grunde besonderen Beschränkungen.
  8. Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen vorbehaltlos gewährten Grundrechtspositionen und anderen verfassungsrechtlich geschützten Positionen nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine widerstreitende Rechtsposition maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren.
  9. Die Finanzgereichte und das Bundesverwaltungsgericht meinen, eine solche Abwägung sei bei einer unterschiedlichen Behandlung von Ehen und Lebenspartnerschaften nicht erforderlich. Dafür berufen sie sich auf den Hinweis des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zum Lebenspartnerschaftsgesetz, dem Gesetzgeber sei es wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen (BVerfGE 105, 313, 348). Dabei die Finanzgerichte und das Bundesverwaltungsgericht übersehen, dass das Bundesverfassungsgericht an anderer Stelle der Entscheidung ausgeführt hat (S. 356f.):
         „Dass die beabsichtigte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der mit dem LPartDisBG in seinem Art. 1 §§ 5, 12 und 16 begründeten Unterhaltslasten für Lebenspartner wegen ihrer Aufnahme in den Entwurf des LPartGErgG nicht erfolgen kann, weil dieses Gesetz bisher nicht zustande gekommen ist, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen des LPartDisBG.
    Zwar ist die wirtschaftliche Belastung durch Unterhaltspflichten für den Steuerpflichtigen ein besonderer und unvermeidbarer, die Leistungsfähigkeit mindernder Umstand, dessen Nichtberücksichtigung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen kann (.....). Durch die Einführung der Unterhaltspflichten für Lebenspartner ist jedoch kein Rechtszustand eingetreten, der diese Belastung einkommensteuerrechtlich außer Betracht lässt. Nach § 33 a EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für den Unterhalt einer ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen, in Höhe einer für das jeweilige Kalenderjahr festgesetzten Summe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Da der Unterhaltsanspruch eines Lebenspartners gesetzlich statuiert ist, ist er nach § 33 a EStG als außergewöhnliche Belastung einkommensteuermindernd zu berücksichtigen. Ob diese Berücksichtigung ausreichend auch im Vergleich zur steuerrechtlichen Behandlung von Ehegatten ist, ist keine Frage, die das LPartDisBG betrifft. Sie wäre durch verfassungsrechtliche Prüfung der einkommensteuerrechtlichen Regelungen zu klären, die nicht von den Normenkontrollanträgen umfasst sind."

    Diese Ausführungen wären unverständlich, wenn nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 GG tatsächlich die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Verhältnis zwischen Ehen und Lebenspartnerschaften ausschließen und der Gleichbehandlungsgrundsatz somit für Lebenspartnerschaften nicht gelten würde. Dann hätte an dieser Stelle der Hinweis genügt, dass die steuerliche Besserstellung von Ehegatten durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt ist.

    Die Finanzgerichte und das Bundesverwaltungsgericht hätten sich deshalb mit dem Spannungsverhältnis zwischen Art. 6 Abs. 1 GG einerseits und Art. 3 Abs. 1 sowie Art 2 Abs. 1 GG andererseits auseinandersetzen und dieses sachgerecht und der Grundrechtsdogmatik folgend auflösen müssen.

    Dazu hätten die Finanzgerichte und das Bundesverwaltungsgericht abwägen müssen, ob das Gebot, die Ehe zu fördern, eine unterschiedliche Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern rechtfertigt, obwohl Lebenspartner in gleicher Weise verbunden sind wie Ehegatten und die Bindung des Gesetzgebers an den Gleichbehandlungsgrundsatz in diesem Fall besonders eng ist, weil Lesben und Schwulen aufgrund ihrer schicksalhaft vorgegebenen sexuellen Identität nicht beliebig zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft wählen können, so dass eine Ungleichbehandlung  zur Diskriminierung dieser Bevölkerungsgruppe führt und sich nachteilig auf ihre grundgesetzlich gewährte Freiheit auswirkt, eine verbindliche Partnerschaft mit einem Partner ihrer Wahl einzugehen.

    Wenn das Bundesverwaltungsgericht diese Abwägung vorgenommen hätte, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass die jetzige Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG, nach der nur verheiratete Beamte einen Familienzuschlag erhalten, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG verstößt. Dasselbe gilt für die unterschiedliche Belastung von Lebenspartnern und Ehegatten bei der Erbschaftsteuer.

Da das Erbschaftsteuergesetz dies bei der Einteilung der Steuerklassen, der Höhe des Steuersatzes und der Freibeträge nicht realitätsgerecht berücksichtigt, verstößt die Vorschrift insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Rechtsstreit muss deshalb ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt werden.

 
 

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