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James Bruce - NATIONAL GEOGRAPHIC
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James Bruce

Der Schotte James Bruce zieht durch das unbekannte Bergland Abessiniens, um die Nilquelle zu finden. Bruce begleitet den Herrscher des Reichs auf dessen Kriegszügen. Zum Schluss steht er am Ziel seiner Träume – und hat sich doch geirrt.

Die ersten 25 Jahre seines Lebens sind nicht sehr dramatisch. James Bruce entstammt dem Klan der Kinnaird, einem alten, schottischen Adelsgeschlecht. Nach einem abgebrochenen Jurastudium in Edinburgh zieht er um 1750 nach London. Dort arbeitet Bruce bei einem reichen Weinhändler, dessen Tochter er heiratet. Doch seine Frau stirbt schon nach nur neun Monaten Ehe. Dadurch nimmt sein Leben eine ganz neue Wendung.

James Bruce widmet sich mathematischen und astronomischen Studien, reist dann nach Südeuropa. In Andalusien kommt er das erste Mal mit der orientalischen Kultur in Kontakt. Bruce beginnt, die arabische Sprache zu lernen. Als ihm der Posten als britischer Konsul in Algier angeboten wird, sagt er zu. Im März 1763 kommt James Bruce in Nordafrika an. Er vertieft sich in die arabische Sprache und Lebensweise, unternimmt Reisen zu den römischen Ruinen, die er mit seinem Assistenten, dem italienischen Künstler Luigi Balugani, zeichnet und beschreibt. Nach zwei Jahren bittet er in London um Ablösung von dem Posten. Denn mittlerweile hat sich ein Traum in ihm festgesetzt: Er will die Quellen des Nil finden.

Gemeinsam mit Balugani segelt James Bruce zunächst an der nordafrikanischen Mittelmeerküste entlang. Sie erleiden Schiffbruch, werden von libyschen Räubern bis aufs letzte Hemd ausgeraubt. Nur noch in Fetzen gekleidet, ziehen sie durch die Libysche Wüste und geben sie sich als Derwische aus. Sie erreichen Palästina, besuchen Jerusalem. Anfang Juli 1768 kommen sie in Kairo an.

Hier bereiten Bruce und Balugani ihr eigentliches Unternehmen vor. Von Alexandria aus fahren sie den Nil hinauf. Wenn sie am Ufer anlegen, versuchen die Bewohner der umliegenden Dörfer, an Bord zu gelangen, um mitzufahren. Einmal bringen sie sogar einen toten Heiligen mit. In Assuan erzählt der Kapitän ihrer Barke, weiter im Süden lebten feindliche Völker. Es sei lebensgefährlich, durch deren Gebiete zu ziehen. Bruce beschließt, seine Flussreise zu beenden. Er plant, den Ursprung des Nil auf einem anderen Weg zu erreichen.

Zusammen mit Balugani schließt er sich einer Karawane an. Sie durchqueren die Wüste zum Roten Meer, setzen über nach Dschidda auf der Arabischen Halbinsel. Dort rüstet Bruce eine neue Expedition aus. Er schifft sich wieder zur afrikanischen Seite, nach Massaua, ein. Von dort bricht er im November 1769 ins Bergland von Abessinien (Äthiopien) auf. James Bruce ist sicher, dort das „Haupt des Nils“ zu finden. Zunächst möchte er Gondar, die Hauptstadt des Landes, erreichen. Proviant, astronomische Instrumente, kiloweise Glasmurmeln für die Eingeborenen – Bruce benötigt 20 Träger, um seine Ladung zu transportieren.

Der Aufstieg in die Berge ist mühsam. Die Expedition kommt langsam voran, im Durchschnitt fünf Kilometer am Tag. Sie quälen sich über schlüpfrige Waldpfade, müssen Bäume fällen, um mit Hilfe der Stämme Flüsse zu überqueren. Nachts fressen Hyänen mehrere Maultiere, die Lasten für die verbliebenen Tiere werden immer schwerer. Einmal wird Bruce Zeuge, wie Eingeborene aus einer lebenden Kuh ein Stück Fleisch herausschneiden und es roh essen. In England wird ihm diese Geschichte niemand glauben. Die Gerüchte, die sie hören, stimmen auch nicht froher. In Abessiniens Hauptstadt herrsche ein gewalttätiger König, hören sie von Eingeborenen. Hunderte von Gefangenen säßen dort in Käfigen und warteten auf den sicheren Tod.

Immer wieder werden sie in Kämpfe zwischen verfeindeten Völkern verwickelt. Die beiden Europäer sind schockiert von der Brutalität, mit der diese ihre besiegten Gegner behandeln. Augen ausstechen, Haut abziehen, steinigen – die Foltermethoden sind bestialisch. Dabei hat Bruce nirgendwo sonst auf der Welt so viele Kirchen gesehen wie im christlichen Abessinien.

Die Häuptlinge laden den Schotten zum Essen ein und lassen sich demonstrieren, wie ein Sextant funktioniert. Die Glasmurmeln interessieren sie weniger – sie haben die falsche Farbe.

Nach 95 Tagen Marsch erreichen James Bruce und sein Begleiter im Februar 1770 Gondar. Was für ein entrücktes Reich! Am Hof des Königs gibt es barbarische Strafen für Menschen, die in Ungnade gefallen sind. Die Sitten stehen denen der „wilden“ Untertanen in nichts nach. Das Christentum, das im 4. Jahrhundert eingeführt wurde, wirkt wie eine Insel. Die umliegenden Länder werden seit dem 16. Jahrhundert alle von Muslimen regiert. Der Herrscher Tekle Haimanot II. ist begeistert, sich mit einem europäischen Glaubensbruder unterhalten zu können. Er lässt sich von Bruce in allen Einzelheiten erzählen, wie es in Jerusalem aussieht.

Haimanot ist so begeistert von Bruce, dass er ihn zum Kommandant seiner Reitertruppe ernennt. Schon bald muss sich der Schotte am Kampf des Königs gegen Rebellen im Süden des Tanasees beteiligen. Für ihn ist das eine gute Gelegenheit, seinem eigentlichen Ziel wieder näher zu kommen. Bruce stößt auf den Blauen Nil unterhalb der Stelle, an der er aus dem Tanasee fließt. Der Schotte zieht flussaufwärts und gelangt an die Tisiatfälle. Bruce ist sich sicher, dass der Nil nördlich des Tanasees entspringt, aber er kann der Sache noch nicht auf den Grund gehen. Der Herrscher besteht darauf, dass sein Günstling mit zurück in die Hauptstadt kommt.

James Bruce wird zum Gouverneur der Provinz Ras al-Fil ernannt. Dadurch erhält er eine neue Chance, den Tanasee zu erkunden. Woher kommt sein Wasser? Weder am Nord- noch am Westufer findet Bruce einen bedeutenden Strom. Erst im Süden, ganz in der Nähe des Nil, entdeckt er den gesuchten Zufluss. Nun muss er nur noch dessen Anfang finden. Mit sieben Abessiniern macht Bruce sich auf die Suche. Am 4. November 1770 erreicht er das Tal von Gische, in dem der Fluss unterirdisch entspringt. «Ich riss mir die Schuhe von den Füßen und rannte den Hügel hinunter auf ein Stück Rasen zu, das etwa 200 Meter entfernt lag. Der Abhang war mit Blumenbüschen bewachsen. ...Einige Male stürzte ich schwer. Mühsam watete ich durch den Sumpf und erreichte den Rasenfleck. Da stand ich dann in Verzückung. Ich hatte den Platz erreicht, der 3000 Jahre lang die Fantasie der berühmtesten Männer beschäftigt hatte», schreibt Bruce später.

Zwar haben zwei andere Männer, die portugiesischen Missionare Pedro Paez und Jeronimo Lobo, die Entdeckung schon ungefähr 150 Jahre vorher gemacht. Doch sie hatten keine Messinstrumente dabei. So behauptet der Schotte später, sie wären Lügner und hätten die Quelle nie erreicht. Vielleicht glaubt er das im Lauf der Zeit auch selber.

Nach seiner Entdeckung bleibt James Bruce noch ein Jahr in Gondar. Dann macht er sich entlang des Blauen Nil auf die Heimreise. Als er den Zusammenfluss vom Blauen und Weißen Nil erreicht, fällt ihm auf, dass letzterer der breitere Strom ist. Trotzdem besteht für ihn kein Zweifel, dass der Blaue Fluss der Hauptarm des Nil ist. Erst John H. Speke wird diese Frage fast 90 Jahre später klären.

Bruce gibt 1790 ein umfangreiches Reisewerk heraus. Seine Schilderungen über das Leben seiner Bewohner behalten bis ins 20. Jahrhundert ihre Gültigkeit.

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