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Matthew Flinders - NATIONAL GEOGRAPHIC
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Matthew Flinders

Als Matthew Flinders vor der Küste Australiens eintrifft, weiß noch niemand, wie es wirklich um dieses Land steht. Am Ende seiner Reise hat der Kontinent seinen heutigen Namen und die allen bekannten Konturen.

Er nimmt Peilungen vor, zeichnet, rechnet, korrigiert Eintragungen. Doch die wahre Gestalt dieses Kontinents, der seinen Namen Australien von Matthew Flinders erhalten wird, liegt noch im Verborgenen. Der Kapitän, hoch oben im Mast der „Investigator“, sorgt mit brennendem Ehrgeiz dafür, dass das nicht so bleibt.

Schon sein erstes Abenteuer hat Flinders, nach einer wenig verheißungsvollen Dienstzeit auf Schiffen, die kaum einmal den Hafen verließen, mit bemerkenswerten Menschen in Verbindung gebracht. Einem von ihnen, William Bligh , ging der Ruf des rücksichtslosen Antreibers voraus, aber auch der eines Manns, dessen seemännische Fähigkeiten und navigatorische Kenntnisse untadelig waren. Unter seinem Kommando, an Bord der „Providence“, ist Flinders erstmals mit Australien in Berührung gekommen. Auf der Reise, einer Neuauflage der gescheiterten Mission der „Bounty“, sollte mit der „Providence“ und der von Kapitän Portlock befehligten „Assistant“, noch einmal versucht werden, Schösslinge des Brotfruchtbaums von Tahiti nach Westindien zu bringen. «Wahrscheinlich », notiert Flinders Jahre später über die Passage durch die Torresstraße, die einmal fast ein Heimatgewässer für ihn sein wird, «enthalten keine dreieinhalb Längengrade mehr Gefahren..., aber mit Vorsicht und Ausdauer überwanden Bligh und Portlock sie in einer annehmbaren Zeit.»

Matthew Flinders erweist sich als ein gelehriger Schüler. 1794, er ist gerade 20 geworden, befindet er sich an Bord der „Reliance“. Das Schiff soll den neuen Gouverneur der Kolonie Neusüdwales, John Hunter, nach Port Jackson bringen. Die Reise verläuft nicht, wie noch unter Bligh drei Jahre zuvor, um das Kap der Guten Hoffnung, sondern über Rio de Janeiro. Eine neue Weltordnung ist nach der Revolution in Frankreich im Entstehen begriffen. Republikanische Truppen sind dabei, die Niederlande an sich zu reißen. In England rechnet man damit, dass auch die Kolonien der Holländer im südlichen Afrika und in Südostasien früher oder später unter französischen Einfluss geraten. Hunter urteilt in der Angelegenheit anders. Das wirkliche Augenmerk der Franzosen, glaubt er, sei nicht auf das Kap und Niederländisch-Indien gerichtet. Vielmehr seien sie an einer raschen Erkundung und Einnahme der noch unerforschten Gebiete des fünften Erdteils interessiert. Man müsse daher, um den französischen Rivalen zuvorzukommen, den Kontinent schnellstmöglich und in eigener Regie umfassend kartographieren und kolonisieren.

Am 26. Oktober 1795 sticht von Port Jackson, dem Sitz des Gouverneurs, ein Boot in See, bei dessen Anblick mancher geglaubt haben mag, es ginge der Besatzung entweder um eine Vergnügungsfahrt oder darum, die großen Entdeckungsreisen in einer Parodie darzustellen. An Bord befinden sich Flinders, dazu der Schiffsarzt der „Reliance“, George Bass, und dessen Diener, ein Junge namens William Martin. Das Boot war von Bass aus Plymouth mit der „Reliance“ nach Port Jackson überführt worden. Den Bewohnern der Kolonie, überwiegend Sträflinge, ist es untersagt, eigene Fahrzeuge zu bauen. Bass, der wie Flinders auf eine fast kindliche Weise davon träumt, seinen Namen irgendwann im „Buch der Geschichte der Entdeckungen“ zu finden, hat sein 2,4 Meter langes und 1,5 Meter breites, als Schoner getakeltes Schiffchen auf den durch und durch realistischen Namen „Tom Thumb“ (= Däumling) getauft. Die drei jugendlichen Entdecker schaffen es auf Südkurs bis zur nicht allzu weit gelegenen Botany Bay. Die Genugtuung steht ihnen ins Gesicht geschrieben: In dieser Bucht hatte James Cook am 19. April 1770, von Neuseeland kommend, Anker gelegt und die erste zeitweilige britische Siedlung auf dem australischen Festland errichtet. Nach ihrer Rückkehr ist Gouverneur Hunter so beeindruckt von Flinders’ Kartenskizzen, dass er am Georges River die Siedlung Bankstown anlegen lässt.

Das nächste Schiff, schon ein wenig größer, trägt wieder den Namen „Tom Thumb“. Auf dieser Reise finden sie ein Steinkohlevorkommen und eine Insel, die sie, nun schon Entdecker mit Namensrecht, nach dem jüngsten Besatzungsmitglied Martin Island benennen. Danach segelt Bass allein zu der Bucht, an der später Melbourne entsteht. Flinders führt vor Tasmanien, damals noch Van-Diemens-Land, Vermessungen durch. Die drei Freunde können aber voneinander nicht lassen. Der vierte im Bunde, Gouverneur Hunter, empfindet mittlerweile nur noch Wohlwollen für sie. Er stellt ihnen ein richtiges, mit 25 Tonnen vermessenes Schiff, die „Norfolk“, zur Verfügung. Mit diesem wird vom 7. Oktober 1798 bis zum 11. Januar 1799 Tasmanien erkundet. Flinders’ Karten zeigen, als sie zurückgekehrt sind: Van-Diemens-Land ist eine eigene, vom fünften Erdteil durch eine Meerenge getrennte Insel. Im „Buch der Geschichte der Entdeckungen“ stehen dazu bis heute die folgenden Namen: Hunter Islands, Flinders Island und, für die Meerenge, Bass-Straße. Aus jugendlichen Träumern sind wirkliche, respektable Entdecker geworden.

Flinders’ Selbstbewusstsein ist grenzenlos, als er am 26. August 1800 in Plymouth eintrifft. Er veröffentlicht sein Material mit einer Widmung an Sir Joseph Banks. Banks hatte Cook als Botaniker auf dessen erster Reise begleitet. Jetzt amtiert er als Präsident der Royal Society und berät König Georg III. in allen wissenschaftlichen Fragen. Am 6. September erhält Banks von Flinders, einem 26 Jahre alten Nobody aus der Royal Navy, einen für damalige Verhältnisse bemerkenswert respektlosen Brief. Matthew Flinders verweist darin auf die Notwendigkeit, Australien endlich wenigstens in seinen Küstenlinien zur Gänze zu erforschen. Für diesen Fall stünden seine Dienste uneingeschränkt zur Verfügung. Was Flinders nicht wissen kann: Frankreich hat Großbritannien zu dem Zeitpunkt um freies Geleit für eine Expedition nach Neuholland gebeten. Die Zeichen stehen günstig für ihn, weil Kapitän Nicolas Baudin, der Kommandeur dieses noch vom inzwischen 70 Jahre alten Louis Antoine de Bougainville angeregten Unternehmens, schon am 19. Oktober aus Le Havre auslaufen soll. Flinders wird vom Fleck engagiert. Am 19. Januar 1801 wird er zum Kommandanten der „Investigator“ bestimmt. Am 16. Februar versetzt man ihn in den Rang eines Kapitäns, am 18. Juli verlässt das Schiff Spithead-Reede. Der Wettlauf um Australien beginnt.

In den folgenden Tagen und Wochen steht Matthew Flinders rastlos ganz oben im Mast. Er lässt Boote aussetzen, peilt, lotet, zeichnet, rechnet, gleicht ab, schafft ein Kartenwerk, das wegen seiner Genauigkeit noch bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs seine Gültigkeit behält. Manche seiner unglaublich präzisen Zeichnungen finden sich noch heute auf den British Admiralty Charts. Mit gespannter Aufmerksamkeit umrundet Flinders als Erster den gesamten australischen Kontinent, von dem manche noch glauben, dass er aus zwei durch eine Meerenge getrennten Teilen bestehe. Flinders beseitigt auch diese Legende. Am 8. April 1802 trifft er in der Encounter Bay auf das französische Schiff „Le Géographe“ unter dem Kommando von Nicolas Baudin. Die Franzosen begreifen, dass sie, trotz ihres Vorsprungs, gegen diesen umtriebigen und kenntnisreichen Konkurrenten nur wenig werden ausrichten können.

Flinders’ Unternehmen führt dazu, dass am Ende ganz Australien einen Umriss auf den Landkarten hat. Die Aufnahme einiger Küstenabschnitte im Carpentariagolf bleibt ihm verwehrt, weil er mit der „Investigator“, die nicht mehr seetüchtig ist, nach Timor abdrehen muss. Matthew Flinders kehrt nach Port Jackson zurück, gibt das Schiff auf, havariert als Passagier an Bord der „Porpoise“ an Wreck Reef, nimmt stattdessen die „Cumberland“, ohne zu ahnen, dass sich England und Frankreich mittlerweile im Krieg befinden, und wird für sechseinhalb Jahre auf der damals französischen Insel Mauritius in den Kerker geworfen. Als 1814 in London das Protokoll seiner Reise erscheint, hat er, erst 40 Jahre alt, auf dem Sterbebett bereits das Bewusstsein verloren. Matthew Flinders hat Australien zu seinem kartographischen Gesicht und seinem kartographischen Namen verholfen.

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