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William Bligh - NATIONAL GEOGRAPHIC
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William Bligh

William Bligh hat James Cook als Steuermann auf dessen dritter Fahrt in den Pazifik gedient. Als Kommandant einer späteren Expedition nach Tahiti verliert er sein Schiff wegen einer Meuterei, die in die Geschichte eingehen wird.

Ein Schiff wie die „Bounty“ hat es unter englischer Flagge zuvor nicht gegeben. Ihr Deck überzieht ein undurchdringlicher Mantel aus Blei. Kein Tropfen Wasser soll, wenn die kostbare Fracht, nach der man sucht, erst einmal aufgenommen ist, zu dem darunter gelegenen Zwischenboden vordringen. 629 Vertiefungen in der Art von Pflanzlöchern haben die Zimmerleute dort in die Planken geschnitten. Tatsächlich dienen sie genau diesem Zweck. Sie sind für Schösslinge des polynesischen Brotfruchtbaums bestimmt, eine Spezies aus der Familie der Maulbeergewächse. Die einem botanischen Laboratorium nicht unähnliche Kammer unter dem Hauptdeck wird durch zwei Luken mit Frischluft versorgt. An den Seiten liegen Rohre. Durch sie fließt das Kondenswasser ab, das von den Blättern der aus Tontöpfen wachsenden Pflanzen tropft.

Mit dem polynesischen Brotfruchtbaum hat es eine eigene Bewandtnis. Die Pflanze zeichnet sich durch Anspruchslosigkeit aus. Ihre geschmacklosen Früchte ähneln Melonen oder Kürbissen, überzogen von einer rissigen Haut. Ihrem hohen Nährwert verdankt sie ihren populären Namen: Brotfrüchte sind auf Bäumen wachsendes Brot. Für Europäer verkörpern sie die Sorglosigkeit, mit der die Polynesier, von der Natur reichhaltig mit Gaben bedacht, in den Tag hineinleben. Jenseits solcher Fantasien vom Schlaraffenland im Pazifik sind aber auch ökonomische Interessen im Spiel. Sollte es gelingen, die Brotfrucht im ebenfalls tropischen Westindien heimisch zu machen, wäre damit eine einfache und preiswerte Ernährungsgrundlage für die dort auf den Plantagen arbeitenden Sklaven gefunden.

William Bligh wird am 16. August 1787 zum Kommandanten der „Bounty“ gemacht. Sein Auftrag lautet, um Kap Hoorn in den Südpazifik nach Tahiti zu segeln. Dort gilt es, die 629 Tontöpfe im Zwischendeck mit den Ablegern der Brotfrucht zu füllen. Für die gewissenhafte Pflege der Pflanzen hat man als Erstes, noch vor der Rekrutierung der Mannschaft, zwei Experten verpflichtet: den Botaniker David Nelson und den Gärtner William Brown aus den Royal Botanic Gardens in Kew. Ziel der Reise sind, nach Aufnahme der Fracht, die britischen Besitzungen in der Karibik. Wegen ihrer technischen Besonderheiten ist die „Bounty“ eines der ersten planvoll gestalteten Forschungsschiffe in der Entdeckungsgeschichte.

William Bligh hat das Meer schon dort, wo er geboren und aufgewachsen ist, praktisch zu Füssen gelegen. An der Felsenküste von Cornwall ist man vertraut mit den Tücken und den Verheißungen der See. Blighs Eintritt in den Dienst der Britischen Admiralität ist die logische Konsequenz seiner Herkunft. William Bligh verfügt über organisatorisches Talent, ausgezeichnete navigatorische Fähigkeiten und eine gute physische Konstitution. Man sagt ihm auch eine gewisse Selbstherrlichkeit nach. In der Admiralität geht man aber davon aus, dass dies zu den Grundvoraussetzungen gehört, um den Beruf eines Seeoffiziers auszuüben.

1776 wird Bligh von James Cook als Steuermann für dessen dritte Reise in den Pazifik verpflichtet. Sie segeln zunächst nach Tahiti. Unterwegs werden 61 der noch wenig erforschten Tongainseln kartographiert. Nach der Entdeckung von Hawaii und verschiedenen Vorstößen an die Nordwestküste Nordamerikas scheitert der Versuch, mit der „Resolution“ und der „Discovery“ über die Beringstraße hinaus vorzudringen. Packeis versperrt die gesuchte Durchfahrt zum Nordosten des Kontinents. Am 16. Januar 1778 liegt die „Resolution“ in der Kealakekua Bay vor Big Island. William Bligh geht an Land, um die Gegebenheiten zu erkunden. Sie scheinen recht günstig, bis zu dem Augenblick, an dem die Briten wegen verschiedener Diebstähle mit großer Härte gegen die Hawaiianer vorgingen. An die Lektion, die folgt, wird sich Bligh elf Jahre später als Kommandant der „Bounty“ erinnern. Am 22. Februar steht er salutierend an Deck der „Resolution“, als der Leichnam des von Eingeborenen in einem Handgemenge erschlagenen James Cook in den Fluten des Pazifiks versinkt. Vier Jahre und drei Monate nach Antritt der Reise, am 4. Oktober 1780, enden die Lehrjahre des Steuermanns und Entdeckungsreisenden William Bligh.

Insgesamt zwei überaus erfolgreiche Jahrzehnte bei der Royal Navy liegen hinter Bligh, als er im Sommer 1787 seine Mannschaft für die „Bounty“ aussucht. Zum Kapitänsoffizier macht er einen Freund der Familie. Fletcher Christian, 23 Jahre alt, ist bereits zweimal unter seinem Kommando nach Westindien gereist. Auch bei den anderen Besatzungsmitgliedern lässt Bligh jede erdenkliche Sorgfalt walten. William Bligh ist ein außerordentlich gewissenhafter Mann, für den es keine Zufälle gibt.

Nach einer wenig ermutigenden Fahrt von Deptford zum Kap der Guten Hoffnung wird Kurs auf Tahiti genommen. Dort bessern sich sprunghaft die Lage und die Laune aller Beteiligten. Die Insel erweist sich als exakt der paradiesische Ort, nach dem man sich auf der stürmischen Überfahrt gesehnt hat. Fünf Monate benötigen die Gärtner Nelson und Brown für das Heranziehen und Stauen ihrer lebendigen Fracht.

Der 28. April 1789 wäre, hätte es Fletcher Christian nicht gegeben, ein Tag wie jeder andere in der an vielen Tagen eines Jahres ereignislosen Südsee geworden. Kurz vor Sonnenaufgang betritt Christian, von drei Mitgliedern der Besatzung begleitet, die Kabine des Kapitäns der „Bounty“. Sie fesseln ihren Befehlshaber und übernehmen das Schiff. Bligh und 18 loyale Angehörige der Besatzung werden in einer offenen, 23 Fuß langen Barkasse in der Nähe der Tongainsel Tofua auf offener See ausgesetzt. Die Meuterer von der „Bounty“ verbrennen ihr Schiff nach einer längeren Irrfahrt vor der 1767 von Philipp Carteret entdeckten Insel Pitcairn.

Eine Entdeckungsreise wie die, die sich an diesen Vorfall anschließen wird, hat es zuvor so wenig wie das Schiff „Bounty“ gegeben. Bligh steuert die Barkasse zunächst zum ihm von seiner Fahrt mit Cook bekannten, 30 Meilen entfernten Tofua. Bei Zwischenfällen mit Eingeborenen verliert dort einer seiner Matrosen das Leben. Der Kapitän entschließt sich daraufhin, mit der offenen Barkasse und Proviant für gerade fünf Tage durch die Torresstraße nach dem unter portugiesischem und niederländischem Einfluss stehenden Timor zu segeln. Es gelingt William Bligh, mit dem winzigen, kaum navigationstauglichen Boot die Distanz von 3618 Seemeilen zu überbrücken. Über Batavia und Kapstadt erreicht er am 14. März 1790 London. Man feiert ihn als Nationalhelden. Ein Gericht spricht William Bligh von jeder Schuld an der Meuterei frei. Sein in eine literarische Form gebrachtes Logbuch, A Narrative of the Mutiny on Board His Majesty’s Ship The „Bounty“, verkauft sich glänzend.

1791 erhält William Bligh erneut das Kommando über eine Expedition nach Tahiti. Diesmal gelingt es ihm, die Brotfrucht nach Westindien zu bringen. Im weiteren Verlauf seiner Karriere kommt es aber zu zwei weiteren Meutereien gegen ihn. Er gilt als rehabilitiert, muss aber stets um seinen Ruf fürchten. Seine schwierigste Entdeckungsreise führt ihn in das eigene Selbst. Bligh sieht sich mit Lesarten seiner Geschichte konfrontiert, bei denen es nicht um sein Handeln als Offizier geht, sondern um dessen vieldeutige Folgen. Nach inzwischen mehr als 200 Büchern über die Meuterei, fünf Verfilmungen des Stoffs und endlosen Interpretationen ist von dem außergewöhnlichen Seemann William Bligh daher kaum etwas übrig geblieben.

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